Transfers erklärt: Darum wechselt Cesc Fabregas zum FC Chelsea
England 20.Juli.2014 Michael Waldhauser 0
Nachdem er als 16-Jähriger die Fußballakademie des FC Barcelona verließ und sich dem FC Arsenal anschloss, stieg er bei den Londonern binnen kurzer Zeit vom frisch verpflichteten Nachwuchsspieler zum Stammspieler in der ersten Mannschaft auf. In seiner acht Spielzeiten andauernden Zeit bei den Gunners stieg er sogar zum Kapitän und unumstrittenen Schlüsselspieler auf, verließ den Verein aber 2011 nach langem Hin und Her, um wieder zu seinem Heimatklub zurückzukehren. Als heimkehrender „verlorener Sohn“ tituliert, erlebte der Katalane gleich in seiner Anfangszeit seine wohl beste Phase beim FC Barcelona.
Im 3-3-4 Guardiolas agierte er, mit vielen Freiheiten ausgestattet, als falscher Zehner/als zweite falsche Neun neben Lionel Messi im offensiven Zentrum. Durch die in ihren Bewegungen gleichberechtigten Stars entstanden im Verbund mit den anderen Mitspielern wunderbare Synergien und Kombinationen. Nachdem Guardiola aber das 3-3-4 ad acta legte, verschlechterte sich aber die Situation Cescs. Im 4-3-3 wurde er entweder als Achter im Mittelfeld oder als Messi-Ersatz auf der falschen Neun aufgestellt. Auf beiden Positionen konnte er sich gegen die zugegeben überragende Konkurrenz nicht durchsetzen und musste in Topspielen oft zuschauen oder kam nur von der Bank.
Nachdem Guardiola den Verein verließ, übernahm Tito Vilanova das Traineramt. Während der Saison 12/13 konnte Fabregas einen Stammplatz ergattern. Er profitierte vor allem von der Entscheidung mit vier nominellen Mittelfeldspielern zu agieren. Auch in der ersten Hälfte der abgelaufenen Saison war Fabregas mehr oder weniger Stammspieler. Seinen fixen Platz in der Elf von Tata Martino sicherte er sich aufgrund starker Leistungen zu Saisonbeginn. Des Weiteren kam ihm die vertikalere Spielweise unter Martino zu Gute. Nach schwachen Auftritten vor allem in den Topspielen der zweiten Saisonhälfte verlor er dann aber sogar seinen Stammplatz, auf jeden Fall aber die Gunst der Fans. Diese quittierten seine unauffälligen und schwachen Leistungen mit Pfiffen.
Kreativität für die Blues
Obwohl er sich individuell vor allem in der Defensive gesteigert hatte und von den Zahlen her (8 Tore und 19 in 36 Ligaspielen) eine gute Saison spielte, schien er mit sich selbst und dem Umfeld zu hadern, der Abgang war eine logische Konsequenz seiner Unzufriedenheit. Apropos individuelle Steigerung im Defensivverhalten: das passt doch gut zu seiner neuen Mannschaft, denn nun heuerte Cesc bei Chelsea an. Bei den Londonern soll der Katalane in erster Linie Altstar Frank Lampard, der keinen neuen Vertrag mehr erhielt, ersetzen. Vergleicht man die beiden, so bemerkt man, dass sie durchaus einige Parallelen besitzen. Beide sind sehr torgefährliche Mittelfeldspieler, die gute, dynamikerzeugende lange Bälle spielen können und defensiv nicht herausragend sind. Dies wirkt sich aber im Kontext der defensivstarken Mannschaft Mourinhos nicht so stark aus.
Vom Ballbesitz- zum Umschaltspieler
So könnte Fabregas im in wichtigen Partien häufig genutzten 4-1-4-1/4-5-1 als halblinker, vertikaler Achter agieren, im Umschaltspiel die wichtigen einleitenden Bälle spielen, dabei zwischen langen Diagonalbällen hinter die Kette und kurzen Pässen auf die einrückenden Flügelstürmer variieren, dann aufrücken, mit seinem guten Timing in den Strafraum gehen und dort selbst für Abschlüsse sorgen. Aus dem eigenem Aufbauspiel heraus könnte er durchaus dominant auftreten, die Angriffe in den tiefen Zonen strukturieren, dann mit präzisen Pässen die einrückenden Flügelspieler bedienen oder den spärlich besetzten Zehnerraum mit langen Bällen übergehen. Wird der Ball bereits in höheren Zonen zirkuliert, dann könnte er seine Kreativität und Torgefahr einbringen.
Sollte Fabregas in einem 4-2-3-1 als Zehner agieren, gäbe es zwei potenziell funktionierende Varianten. Einerseits könnte Chelsea das eigene Aufbauspiel quasi aufgeben, Fabregas würde sich hierbei vorausschauend auf Ablagen und Abpraller von langen Bällen positionieren und versuchen, mit seinen Schnittstellenpässen für die gewünschten Durchbrüche zu sorgen. Die zweite Möglichkeit wäre ein Zurückfallen Fabregas´ in den Sechser-/Achterraum, aus dem er angriffsbeschleunigende Pässe spielen könnte und danach wieder nachstoßend agieren würde.
Abgesehen davon, dass der Transfer des zum FC Barcelona heimgekehrten Sohn ausgerechnet zu Mourinhos Chelsea eine gewisse emotionale Brisanz mit sich bringt, bietet Cesc für Chelsea auch durchaus passende taktische Möglichkeiten. Im Konstrukt der auf das Umschaltspiel fokussierten Blues könnte Fabregas die schwierige, aber für Chelsea immens wichtige Aufgabe der Auslösung der Konter übernehmen, ihnen eine kreative Note verleihen und als Mittelfeldspieler zusätzlich für Torgefahr sorgen.
Michael Waldhauser, abseits.at
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