Transfers erklärt: Darum wechselten Jesus Navas und Fernandinho zu Manchester City
England 11.Juni.2013 Rene Maric 0
Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
In dieser Ausgabe blicken wir auf zwei interessante Transfers von Manchester City.
Jesus Navas – der heiß ersehnte Flügelstürmer oder ein neuer Flop?
Vor einem Jahr kaufte sich Manchester City für eine hohe einstellige Millionensumme Scott Sinclair von Swansea. Der Linksaußen sollte ein Loch im Kader stopfen: Die Citizens hatten zwar die Meisterschaft gewonnen, doch in der Champions League fehlte es ihnen einerseits an Kadertiefe, andererseits aber auch an taktischer Vielfalt und Variantenreichtum. Einen Breitengeber in der Offensive gab es nicht wirklich, oftmals bildeten David Silva und Samir Nasri die Flügelzange.
Doch beide ziehen sehr gerne und sehr oft in die Mitte, insbesondere Silva fühlt sich als reiner Breitengeber nicht optimal eingesetzt und besitzt seine Stärken auch woanders. Vielfach wurde darum eine asymmetrische Spielweise mit James Milner als Außenstürmer gewählt, wodurch Silva eine Freirolle erhielt. Auch Adam Johnson spielte ein paar Mal eine solche Rolle, doch beide können auf höchstem Niveau nicht mithalten.
Mit Scott Sinclair wollte Roberto Mancini diese Planstelle besetzen, was aber scheiterte. Auch die Umstellung auf ein 3-5-2 mit zwei Flügelverteidigern, wobei hier die Akteure teilweise sehr wild durchgewechselt und die Positionen unpassend besetzt wurden, sollte das Loch im Kader nicht schließen.
Nun versucht auch Mancinis Nachfolger, Manuel Pellegrini, diese Problematik mit einem Transfer zu schließen. Vom FC Sevilla wurde Jesus Navas verpflichtet, dessen Dienste sich City immerhin 20 Millionen € hat kosten lassen. Silva dürfte somit weiterhin auf dem linken Flügel agieren, denn Navas agiert im Normalfall auf der rechten Außenbahn. Seine Spielweise ist die eines klassischen Außenstürmers. Der kleine Spanier kommt mit enormer Dynamik über die Außenbahn, spielt präzise Flanken und ist ein herausragender Dribbler.
Immer wieder zieht er mit diesen Eigenschaften zur Grundlinie oder diagonal in die Halbräume und versucht seine Mitspieler dann in Szene zu setzen. Womöglich könnte sich damit auch das System der Citizens verändern und zu einem asymmetrischen 4-2-3-1 werden. Mit Agüero und Tevez könnte ein verkappter Mittelstürmer die linke Flügelposition besetzen, zentral hätte Silva endlich jene Freirolle, die er ideal verkörpern kann, ohne dass sie zulasten des kollektiven Defensivspiels geht. Auf rechts wäre Navas vor dem oft unterschätzten Zabaleta ein interessantes Tandem, um schnell über die Flügel zu kommen und dann Silva im Rückraum oder den Flügelstürmer und den Mittelstürmer im Strafraum anzuspielen.
Mit Dzeko könnte gar eine kopfballstarke Alternative in der Mitte aufgeboten werden. Möglich ist aber auch, dass Navas umgeschult wird – mit seinen Fähigkeiten könnte er theoretisch auch als inverser Flügelstürmer, ein diagonaler torgefährlicher Außen im 4-3-3 oder gar ein rechter Flügelläufer werden. Dies ist zwar unwahrscheinlich, aber die Möglichkeiten sind enorm – und allesamt wirken etwa suboptimal. Für die Stürmer der Citizens benötigen sie eigentlich keinen Flankengeber – ein anderer Flügelstürmertypus, der Breite geben, aber auch im Zentrum und den Halbräumen kreativ wirken kann, wäre vielleicht interessanter gewesen.
Auch darum könnte dieser Transfer Pellegrinis interessant werden. Navas könnte wirklich einer jener Spieler werden, mit denen ein Trainer einen für viele überraschenden Erfolg hat, der seine Kompetenz und seine taktische Ideen unterstreicht, oder einen teuren Flop, der ihn in eine Riege mit seinen diesbezüglich viel kritisierten Vorgängern stellt. Wer weiß, am Ende wird Navas zum besten offensiven Rechtsverteidiger der englischen Liga oder überzeugt als enorm hart arbeitender, pressender und balancegebender rechter Flügelstürmer– mit einem Trainer wie Pellegrini, der bei Villareal und Malaga Wunder wirkte, erscheint es im Rahmen des Möglichen.
Fernandinho – ein kommender Superstar?
Sehr kritisch wird der Transfer Fernandinhos von Shakhtar Donezk zu Manchester City gesehen; dabei scheint er auf dem Papier sogar einer der womöglich besten Transfers der Citizens in den letzten Jahren zu sein. Ähnlich wie bei Jesus Navas wurde die Problemstelle im Kader schon unter Roberto Mancini adressiert und man versuchte sie bereits in der vergangenen Saison mit einem teuren Transfer zu schließen.
Javi Garcia kam für die beeindruckende Summe von 20 Millionen € von Benfica Lissabon zum damals noch amtierenden englischen Meister. Er sollte statt Gareth Barry mit Yaya Touré im zentralen Mittelfeld auflaufen und Touré bei dessen Offensivläufen absichern. Doch Garcia kam damit nicht perfekt klar, es fehlten die Automatismen zwischen ihm und seinem Partner, letztlich konnte er sich keinen Stammplatz erobern. Es steuerte auch nur zwei Scorerpunkte in 33 Partien bei, wonach man einen Sechser aber nicht bewerten sollte.
Deutlich aussagekräftiger ist die Statistik, dass er in diesen 33 Partien insgesamt 18 mal ein- oder ausgewechselt wurde. Ein solider Spieler, der aber auf höchstem Niveau etwas abfällt. Womöglich könnte er in der folgenden Saison sogar in die Innenverteidigung rücken, wo er ein paar Mal während seiner Zeit bei Benfica spielte und überzeugen konnte. Die nötige Spielintelligenz und eine passable Technik im Aufbauspiel bringt er mit, es fehlt ihm nur die Dynamik für eine hohe Abwehrreihe.
Jack Rodwell, der ebenfalls für die Position im Mittelfeldzentrum gekauft werde, fehlt es eher an dem Stellungsspiel und der Erfahrung. Körperlich ist der Jungstar sehr weit und agiert meistens als box-to-box-Akteur, kann aber auch als Innenverteidiger eingesetzt werden. Von einem Stammplatz ist er allerdings wegen kleinerer Verletzungen, dem Bedürfnis nach einer intelligent absichernden Sechs und Inkonstanz entfernt.
Ein weiterer anderer Spielertyp auf derselben Position ist nun der Neueinkauf Fernandinho. Er vermischt in gewisser Weise die Fähigkeiten von Gareth Barry (guter und stabiler Passgeber, kein reiner Sechser), von Jack Rodwell (Dynamik und Athletik, Aktionsradius) und von Javi Garcias (intelligentes Bewegungsspiel, gute Entscheidungsfindung). Dazu bringt Fernandinho noch etwas brasilianischen Flair hinein, was eine potenziell herausragende Mischung ergibt.
Fernandinho ist sehr beweglich, auf den ersten Metern extrem dynamisch und kann sich aus engen Situationen nicht nur mit Pässen, sondern auch mit tollen Dribblings befreien. Dadurch ist er kaum zu pressen und könnte mit Yaya Touré eine hervorragende Doppelsechs bilden. Beide könnten sich im Vorwärtsgang abwechseln, beide sind hervorragende Ballverteiler im Aufbauspiel und können sich auch mit Dribblings oder guten Bewegungen aus dem gegnerischen Pressing überwinden.
Trotzdem könnten auf Fernandinho einige Probleme zukommen. Eine große Frage wird natürlich lauten, wie er sich mit Touré ergänzt. Fernandinho kann zwar durchgehend als absichernde Sechs agieren, ist da aber nicht optimal eingesetzt. Auch die Anpassung an den englischen Fußball muss man abwarten. Wird Fernandinho bulliger werden müssen oder reicht seine Dynamik aus, um sofort Fuß in England fassen zu können?
Vom Talent und Potenzial her sollte es aber keine Schwierigkeiten geben, es geht hier eher um die Aspekte im Umfeld. Rein fußballerisch betrachtet könnte sich die Investition in Fernandinho trotz der enorm hohen Ablösesumme von 35 Millionen € für City bezahlt machen. Gehen sie zu einer stärker pressenden und proaktiveren Spielweise über, offensiv wie defensiv, benötigen sie Spielertypen wie Fernandinho dringend. Weiters können sie mit ihm nun auch unterschiedliche Konstellationen in der Mitte spielen.
Bislang beschränkten sich die aufrückenden Läufe der Sechser und die Kreativität im Spiel nach vorne aus diesem Raum einzig auf Touré. Fernandinho schafft Abhilfe. Mit ihm sind auch 4-3-3-Varianten oder eine sehr fluide Spielweise in der Mitte möglich – wenn man ihn denn richtig einsetzt.
René Maric, www.abseits.at
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