Jürgen Klopp meinte nach der jüngsten Niederlage bei Leicester City, er könne sich die Inkonstanz seiner Mannschaft selbst nicht erklären. Trotz einer Phase von 16 Tagen ohne Pflichtspiel und eines Trainingslagers in Spanien wirkte Klopps Mannschaft beim 1:3 mental wie körperlich müde.
Das Topspiel: FC Liverpool vs. Arsenal
Einen Spieltag zuvor hatte Liverpool noch den Tabellenzweiten Tottenham nach allen Regeln der Kunst beherrscht und mit 2:0 besiegt. Wie kann es sein, dass man nun zum wiederholten Male nicht schaffte, gegen einen Abstiegskandidaten die nötigen Punkte im Kampf um die Champions League zu holen, während Liverpool gegen die Großen regelmäßig zu Höchstleistungen fähig ist? Weder Klopp noch seine Spieler konnten darauf bislang schlüssige Antworten geben.
Liegt es wirklich daran, dass Klopp ein Plan B gegen tiefstehende Mannschaften fehlt? Nun, pauschal kann diese Frage nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden, gab es in dieser Saison doch auch überzeugende Siege gegen Teams aus der zweiten Premier League – Etage. Liverpool verfügt im Schnitt zudem über einen Ballbesitz von fast 59 Prozent, womit sie hinter Manchester City den zweiten Platz in dieser Statistik einnehmen. Bei insgesamt 14 Saisonsiegen muss man kein mathematisches Genie sein, um zu erkennen, dass Liverpool sehr wohl etwas mit Ballbesitz anfangen kann; genau dies wird dem Team aber nach einem solchen Spielverlauf wie gegen Leicester gern einmal komplett in Abrede gestellt.
Die Wahrheit liegt wohl wie immer in der Mitte, lässt sich doch auch nicht bestreiten, dass die bisherigen fünf Niederlagen alle nach ähnlichem Schema verliefen: der Gegner formiert zwei tiefe und enge Kette und überlässt Liverpool den Ball, ohne das die zu zwingenden Möglichkeiten kommen. Den Reds aber eine allgemeine Unfähigkeit darin zu attestieren, gegen defensive Gegner zu Toren zu kommen ist absurd, denn irgendwo müssen die 55 Tore nach 26 Spielen – bester Wert der Liga, gemeinsam mit Chelsea – ja herkommen, da man ja nun nicht gerade jedes Wochenende Mannschaften aus den Top Sechs deklassierte.
Ein viel größeres Problem ist wohl die fehlende Breite im Kader, der nicht auf ein erfolgreiches Abschneiden in der Meisterschaft und des gleichzeitigen reüssieren in den Pokalwettbewerben ausgelegt ist. Ausfälle von zentralen Spielern, wie die von Jordan Henderson und Dejan Lovren zuletzt bei Leicester oder der Formverlust einiger Spieler – beispielsweise Roberto Firmino -, können einfach nicht kompensiert werden.
Trotzdem sitzt Jürgen Klopp wohl weiterhin fest im Sattel; was man von seinem Gegenüber Arsene Wenger nicht gerade behaupten kann. Schon in den letzten paar Jahren formierte sich eine Anti-Wenger – Front unter den Arsenal – Fans, die nach jeder titellosen Saison gefühlt mehr Zuwachs erhielt.
Vor allem auf dem Youtube-Kanal Arsenal-Fan-TV wird eine populistische Hetze gegen den Franzosen betrieben, die einen schockiert und sprachlos zurücklässt. Dort wird Wenger sogar von einigen Idioten der Tod gewünscht. Davon mal abgesehen, dass so etwas rein menschlich unterste Schublade ist, kann der allgemeine Grant auf Wenger sportlich nur bedingt nachvollzogen werden. Sicher: die klare Unterlegenheit gegen ein europäisches Schwergewicht wie Bayern München hat den ein oder anderen sicherlich in seinem Stolz verletzt und auch in der Meisterschaft läuft es nicht wie in den wilden Phantasien einiger Anhänger. Lassen wir hierbei jetzt einfach mal die Tatsache beiseite, dass Wenger Arsenal nach dem Amtsantritt 1996 seit 1998 jede Jahr in die Champions League führte, zeigt sich mit Blick auf die Tabelle objektiv folgendes Bild: Arsenal hat drei Punkte Rückstand auf den zweiten Tottenham, der wiederum zehn Punkte Abstand auf Spitzenreiter Chelsea aufweist. 50 Punkte nach 25 Spielen sind wahrlich keine schlechte Bilanz, nur gibt es mit den Blues dieses Jahr nun mal ein Team, das über allen anderen thront.
Generell gab es seit Arsenals letztem Meistertitel 2004, lässt man den „Betriebsunfall“ Leicester mal beiseite, mit den beiden Manchester – Vereinen und Chelsea genau drei Teams, die den Titel unter sich ausmachten. Komischerweise genau die drei Mannschaften, die der restlichen Premier League mittlerweile finanziell enteilt sind. Für einen Verein, der nicht über diese abnormen finanziellen Mittel verfügt und zudem regelmäßig seine besten Spieler verkaufe muss, ist der Gewinn der Meisterschaft in Englands Beletage also verdammt schwer zu realisieren.
Natürlich hat die Medaille auch in diesem Fall zwei Seiten, so hat Wenger sein Team in den letzten Jahren nicht unbedingt weiterentwickeln können und zeigte sich bei Transfers knausrig sowie bei Kritik sehr dünnhäutig. Zudem war das Meisterschaftsfenster in der letzten Saison das erste Mal seit langer Zeit wieder wirklich offen, Arsenal konnte sich im Kampf gegen Leicester aber nicht durchsetzen – woran Wenger natürlich nicht unschuldig war.
Bei aller, teils auch berechtigten, Kritik an Jürgen Klopp und Arsene Wenger, würde es dem ein oder anderen einmal gut tun, etwas nüchterner auf die Dinge zu blicken – vor allem bevor Ärger, wie in Sachen Wenger, in populistische Hetze ausartet.
Nichtsdestotrotz steht für beide am Samstag ein sehr wichtiges Spiel an, dessen Ausgang durchaus als Fingerzeig für die restliche Saison gelten kann. Wer schafft also die Trendwende? Klopp oder Wenger? Am Sonntag werden wir schlauer sein, wobei eines wohl sicher ist: ruhig wird es weder um Liverpool noch Arsenal erstmal nicht werden.
Blick auf die Spiele der österreichischen Legionäre
Tottenham Hotspur vs. FC Everton: Nach dem Spiel Liverpool gegen Arsenal stellt diese Partie zwischen dem Zweiten Tottenham und dem Siebten Everton das zweite Spitzenspiel an diesem Spieltag dar. Kevin Wimmers Chancen bei diesem Match-up von Anfang zu spielen stehen gar nicht so schlecht, da die beiden etatmäßigen Stammverteidiger Jan Vertonghen und Toby Alderweireld zuletzt angeschlagen waren.
Die Spurs sind in dieser Begegnung der Favorit, wobei die Toffees in den letzten sechs Spielen ungeschlagen blieben und dabei vier Siege – u.a. ein 4:0 über Manchester City – einfuhren. Sie dürften also mit einer bereiten Brust an der White Hart Lane anreisen. Apropos breite Brust: falls Wimmer spielen sollte, käme mit Romelu Lukaku eine echte Naturgewalt auf ihn zu.
Stoke City vs. FC Middlesbrough: Gegen Abstiegskandidat Middlesbrough dürfte es für Arnautovic und Co. ein anderes Spiel werden als zuletzt beim 0:4 in Tottenham. Trotz des 17. Tabellenplatzes wird Middlesbrough nicht so einfach zu knacken sein, verfügt das Team von Trainer Aitor Karanka doch über – so kurios das klingen mag – eine der besten Defensiven der Premier League; dafür stellt man im Angriff das mit Abstand schlechteste Team. Da auch Stoke mit bislang 30 Saisontreffern nicht unbedingt zu den Tormaschinen gezählt werden kann, könnte es ein zähes Geduldsspiel werden.
FC Watford vs. FC Southampton: Sebastian Prödl wird bei diesem klassischen Mittelfeldduell eventuell wieder in die Startelf rücken, nachdem er zuletzt beim 1:1 gegen West Ham zuschauen musste. Trotz des niedrigeren Tabellenrangs verfügt Southampton auf dem Papier über die bessere Mannschaft. Die knappe Niederlage im League Cup – Finale gegen Manchester United könnte Watford rein psychologisch jedoch in die Karten spielen.
Ral, abseits.at
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