An diesem Wochenende freut sich der traditionsbewusste englische Fußballfan, steht doch wieder eine Pokal-Runde in seinem Kalender. Während die Meisterschaft erfolgreich zum perfekt durchgestylten,... Wo jeder träumen darf: Die große Tradition des englischen FA Cup

england_fansAn diesem Wochenende freut sich der traditionsbewusste englische Fußballfan, steht doch wieder eine Pokal-Runde in seinem Kalender. Während die Meisterschaft erfolgreich zum perfekt durchgestylten, globalen Kommerz-Produkt Premier League gepusht wurde, konnte der FA-Cup noch viel von seinem ursprünglichen Mythos bewahren. Tradition ist bei diesem Cup das große Schlagwort, zum 134. Mal wird der älteste Fußballbewerb heuer ausgetragen. Nicht zuletzt deswegen ist dem Engländer sein FA-Cup heilig.

Diesmal freuen sich etwa die Kicker des Viertligisten Cambridge United auf das Spiel ihres Lebens. Louis van Gaal wird mit seinen Stars von Manchester United im kleinen, altehrwürdigen Abbey Stadium um den Aufstieg ins Achtelfinale kämpfen.

Aber auch die Drittligisten von Bradford City dürften schon hochmotiviert sein, steht doch am Samstag ein Gastspiel an der Stamford Bridge am Programm. So wie Cambridge und Bradford wollen noch zehn weitere Außenseiter gegen einen Vertreter der Premier League überraschen. So wie es Anfang Jänner der Drittligist Sheffield United tat, der setzte sich mit 3:0 bei den Queens Park Rangers durch und kugelte als Underdog einen Premier-League-Klub aus dem Bewerb.

Außenseiter fordert Premier League

Cambridge United (4) vs Manchester United (1)
Chelsea (1) vs Bradford City (3)
Bristol City (3) vs West Ham United (1)
Rochdale (3) vs Stoke City (1)
Aston Villa (1) vs Bournemouth (2)
Birmingham City (2) vs West Bromwich Albion (1)
Blackburn Rovers (2) vs Swansea City (1)
Brighton & Hove Albion (2) vs Arsenal (1)
Cardiff City (2) vs Reading (2)
Liverpool (1) vs Bolton Wanderers (2)
Manchester City (1) vs Middlesbrough (2)
Sunderland (1) vs Fulham (2)

Premier League Duelle

Southampton (1) vs Crystal Palace (1)
Tottenham Hotspur (1) vs Leicester City (1)

Unterhaus Duelle

Derby County (2) vs Chesterfield (3)
Preston North End (3) vs Sheffield United (3)

Warum ist dieser Cup so stark durch alle Fanschichten verwurzelt? Die Antwort ist vermutlich, weil immer schon jeder englische oder walisische Klub mitspielen konnte. Einzig muss man die Qualitätskriterien der FA (vorallem in puncto Spielort) erfüllen können. So matchten sich heuer insgesamt 736 Teilnehmer, runter bis zur neunten Liga um den ältesten Pokal der Welt. Die ersten 368 Mannschaften starteten schon Mitte August in der ersten von sechs Qualifikationsrunden – ehe im Oktober dann die Dritt- und Viertligisten einstiegen. Mittlerweile hat sich der Traum von der großen Sensation für die meisten Underdogs bereits wieder erübrigt. Den Großteil des Feldes machen jetzt die im Jänner zugestiegenen Mannschaften der Premier League und Championship aus.

Im ohnehin schon vollgestopften Terminkalender der Profis müssen immer wieder Wiederholungsspiele eingeschoben werden. Gibt es nach 90 Minuten keinen Sieger, wird verlängert. Und nicht wie sonst üblich vor Ort und gleich im Anschluss in zwei viertelstündigen Halbzeiten. Die gute alte Tradition sieht ein Wiederholungsspiel vor, dass „ehestmöglich“ (natürlich mit vertauschtem Heimrecht) ausgetragen werden soll. Und bis Anfang der (Neunzehn!-)Neunziger Jahre wurde so lange hin und her gewechselt, bis es einen Sieger gab. Mittlerweile wird im Rückspiel bei Gleichstand eine Verlängerung gespielt und dann gegebenenfalls im Elfmeterschießen der Aufsteiger ermittelt. Damit sind amüsante Anekdoten wie zum Beispiel jene aus dem November 1971 ausgeschlossen: Die beiden Amateurteams aus Alvechurch und Oxford trafen sich damals gleich sechs Mal binnen 16 Tagen um einen Aufsteiger zu ermitteln.

Das Halbfinale und Finale wird mittlerweile nur mehr in einem Spiel ausgetragen. Das sind aber auch schon die einzigen Zugeständnisse, die der gewohnt stets auf Tradition bedachte Brite an seinem Cup zuließ. Während es in vielen nationalen Cupbewerben üblich ist, dass der unterklassige Verein Heimrecht genießt, gibt es auf der Insel so einen Vorteil nicht. Auch vom neumodernen Setzen von Topclubs will man da rein gar nichts wissen. Ausgelost wird einfach und unkompliziert: Alle in einem Topf und der Erstgezogene spielt daheim gegen den Zweitgezogenen. Punkt.

Ab dem Halbfinale wird dann ohnehin auf neutralem Boden gespielt. Auch heuer werden im April wieder zehntausende Fans ins Wembley Stadium pilgern, um ihren Verein ins Finale am 30. Mai zu pushen.

Während bei der Premier League die Anstoßzeiten immer optimal auf die Bedürfnisse der Fernsehzuschauer koordiniert werden, steht beim Cup bei der Beginnzeit doch noch eher der Wunsch der Stadionbesucher im Vordergrund.

Die Fans von Manchester United verbinden mit dem FA-Cup eine ganz besondere Beziehung. Nicht nur dass die Red Devils gemeinsam mit den Gunners Rekordchampion sind – beide stemmten den Pokal je elfmal in die Höhe. Weiters sicherte der Cupsieg 1990 einem gewissen Alex Ferguson seinen Job. Nach vier Saisonen im Amt stand der Schotte vor dem Finale kurz vor seinem Rausschmiss und startete in der Folge seinen Beutezug nach Trophäen.

Einer der finstersten Momente der Fußballgeschichte trug sich ebenfalls im FA-Cup zu. 1989 starben 96 Fans des FC Liverpool im überfüllten Hillsborough Stadion von Sheffield. Der Beginn der stehplatzfreien Stadien in England wurde damit eingeläutet, die mittlerweile auch bei vielen internationalen Bewerben (Europacupspiele, Länderspiele) Standard sind.

Aus österreichischer Sicht sorgte Anfang Jänner Atdhe Nuhiu mit seinem Führungstreffer gegen Manchester City für Aufsehen, die Skyblues konnten das Spiel in der Schlussphase aber dann doch noch drehen. Der einzige heimische Gewinner der legendären „FA Cup Medal“ ist übrigens Paul Scharner. Natürlich passt ein ganz gewöhnlicher 0815-Cupsieg so gar nicht in den Lebenslauf des gebürtigen Niederösterreichers. Sein Team Wigan Athletic sorgte für ein Novum in den 134 Jahren Cup: Als frischgebackener Cupsieger 2013 verabschiedeten sich die Latics nur drei Tage nach dem Triumph in Wembley aus der Premier League und stiegen ab.

In einer Zeit, in der im internationalen Spitzenfußball Vermarktungsrechte und ein von A bis Z durchgestylter Bewerb oberste Priorität haben, hat der FA-Cup bislang zumindest seine Wurzeln noch gut verteidigen können. Und so werden auch weiterhin immer wieder hochmotivierte Hobbykicker aus der neunten Liga von der großen Fußballbühne träumen dürfen. Zumindest im Spätsommer wenn wieder die halbe Insel um ein Ticket im Hauptbewerb des Cups kämpfen wird – so will es die Tradition.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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