Zwischenfazit: So verliefen die ersten Monate für die Neuzugänge des FC Liverpool
England 4.Dezember.2017 Philipp Stottan 0
Ein großes Transferfenster wurde von den Verantwortlichen des FC Liverpool im letzten Sommer angekündigt. Von bis zu sieben Neuzugängen war die Rede, geworden sind es dann immerhin viereinhalb – denn den Ex-Salzburger Naby Keïta konnte man erst für den darauffolgenden Sommer eintüten. Wie es eben jenen vier Spielern bislang in der Arbeiterstadt an der Mersey erging und was man noch von ihnen erwarten darf, erfahrt ihr hier.
Das Geld sitzt in England bekanntermaßen ziemlich locker, die Reds bildeten da in den letzten Jahren aber etwas die Ausnahme in der Top Six der Premier League. Gerade Trainer Jürgen Klopp ist dafür bekannt, lieber mit dem vorhandenen Material zu arbeiten und nur im Notfall am Transfermarkt aktiv zu werden; und dann auch nur auf Sparflamme. Doch diesmal sollte alles anders werden, so die Ankündigungen. Haus- und Hofjournalist James Pearce vom Liverpool Echo prophezeite sogar mehrere Rekordzugänge.
Mit Beginn des Transferfenstes am 1. Juli war er dann auch amtlich, der Rekord. Mohamed Salah kam um rund 42 Millionen Euro von der AS Roma und jubilierte somit seine Rückkehr in die englische Oberklasse. Sein letztes Abenteuer verlief mit 19 Spielen (so viel sei vorweggenommen: Bei den Reds hat er jetzt schon mehr) und späteren Leihen eher weniger wie erwünscht.
Diesmal sollte alles anders werden und man kann getrost postulieren, dass ihm das gelungen ist. 15 Tore und vier Vorlagen in wettbewerbsübergreifenden 20 Spielen sind eine unglaubliche Quote und bringen ihm vorübergehend die Führung in der Torschützenliste der Premier League.
Spielerisch ist er mittlerweile ebenfalls sehr gut eingebunden und eine treibende Kraft im Angriffsspiel des LFC. Nicht nur seine bekannten Läufe in die Tiefe, sondern auch seine Stärke im Hold-Up-Play und in schnellen Kombinationen heben die Offensive seiner Mannschaft auf ein neues Niveau.
Seine Fähigkeiten im Pressing werden ebenfalls immer besser und bislang scheint kein Ende der Leistungen in Sicht, auch wenn die unglaubliche Torquote wohl nicht ewig so steil bergauf zeigen wird.
Der zweite Neuzugang war einer, der schon Monate davor kolportiert wurde. Man angelte sich den damals 19-jährigen englischen Stürmer Dominic Solanke vom FC Chelsea – und das ablösefrei. Dieser wurde, als Empfehlung für seinen neuen Verein, U20-Weltmeister und Spieler des Turniers. Und diesen Schwung sollte er in die Vorbereitung der Reds gleich mitnehmen. Drei Tore und teils sehr starke Leistungen brachten die Fans sogar dazu, ihn in der Rangordnung vor Daniel Sturridge zu stellen.
Doch ganz so schnell ging es dann doch nicht. Solanke trainiert zwar mit den Profis und kann immerhin bereits zehn Einsätze verbuchen, von Beginn an war aber erst einer. Auf eine Torbeteiligung wartet der 20-jährige Engländer bislang ebenfalls vergebens, doch immerhin gab es auch schon einen Einsatz in der Champions League und wer Jürgen Klopp kennt, der weiß, dass der Deutsche mit Talenten meist etwas behutsamer vorgeht. Der Stürmer wird weiterhin zu Kurzeinsätzen kommen und da gilt es dann das enorme Potenzial auf den Platz zu bekommen.
Ende Juli kam dann der langersehnte linke Außenverteidiger; eine Position die von vielen Fans als Baustelle Nummer eins betrachtet wurde. Es wurde aber kein großer Name, sondern wie für Klopp üblich ein junger Spieler mit viel Luft nach oben. Namentlich Andrew Robertson von Absteiger Hull City. Ein 23-jähriger schottischer Nationalspieler mit starkem Offensivdrang, der in der von Kampf und Verteidigen geprägten Abstiegssaison seines Vereins aber an seinem Defensivspiel arbeitete.
Eigentlich sollte Robertson seinen Platz fix haben, denn der etatmäßige Linksverteidiger der Vorsaison James Milner wurde wieder ins Mittelfeld beordert und der andere Konkurrent Alberto Moreno war beim Trainerteam schon lange unten durch und stand auf der Abschussliste. Wäre da nicht Vorbereitung, in der Spanier wie ein Phönix aus der Asche seiner Liverpool-Karriere neues Leben einhauchte und sich zur Stammoption mauserte.
Zu Beginn wurde Robertson noch dreimal in den Kader rotiert und zeigte gute Leistungen, seitdem sah man den 23-Jährigen aber nicht mehr am Feld. Jürgen Klopp meinte zwar der 9-Millionen-Euro-Neuzugang hätte noch Anpassungsschwierigkeiten, lobte seinen neuen Schützling aber auch immer wieder. Die Kritik an Alberto Moreno wurde zuletzt aber wieder etwas größer, weshalb es für Andrew Robertson demnächst vielleicht wieder ein paar Einsatzminuten geben könnte. Stammspielerpotenzial hat der Schotte bereits bewiesen.
Last but not least und ein Monat nach dem letzten Transfer kam Alex Oxlade-Chamberlain für unglaubliche 38 Millionen Euro zum FC Liverpool. Unglaublich deshalb, weil der Vertrag des Flügelspielers beim FC Arsenal im kommenden Sommer ausgelaufen wäre. Doch als direkter Konkurrent mussten die Reds draufzahlen.
Schon die Jahre davor war das Gerücht um ‚The Ox‘ ein ständig wiederkehrendes und am letzten Tag des Sommertransferfensters 2017 war es dann soweit. Etwas ungünstig war der Wechsel wohl deshalb, weil kurz zuvor die Gunners 4:0 gegen die Reds verloren und Oxlade-Chamberlain eine lustlose Darbietung vorgeworfen wurde (was an diesem Tag wohl ab die ganze Mannschaft betraf).
Der Start war für den 24-jährigen Engländer auch alles andere als einfach, denn mit seinem Wechsel brachen die schlechten Leistungen über sein neues Team herein. In den ersten neun Partien gab es nur zwei Siege, doch mit dem ersten Tor des Nationalspielers stieg seine eigene Leistung und auch die des Teams. Noch kommt Chamberlain meist von der Bank und auch Einsätze auf seiner Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld gab es kaum, doch der Engländer fühlt sich mit jedem Spiel sichtlich wohler. Sein ungeheures Tempo und sein Wille die Wege nach hinten ebenfalls mitzugehen, machen ihn zu einem Spieler wie ihn Jürgen Klopp gerne sieht. Seine zwei Tore sind ebenfalls noch ausbaufähig, aber wie erwähnt die Leistungskurve zeigt klar nach oben.
Ein Spezialfall ist dann noch Naby Keïta, den man eigentlich für diese Saison haben wollte, RB Leipzig aber zu keinem Verkauf bereit war. Für den Sommer 2018 besitzt der Guineer aber eine Ausstiegsklausel über 52 Millionen Euro, welche der FC Liverpool mit Bonuszahlungen von 20 Millionen Euro faktisch schon in diesem Sommer ziehen durfte und sich so die Dienste des Mittelfeldspieler sicherte – und verdoppelte obendrein den Rekordbetrag eines Transfers.
Bei seinem derzeitigen Verein ist Keïta wieder das Um und Auf in der Zentrale und spielt trotz seiner dem Übermut geschuldeten drei roten Karten eine gute Saison.
Das Fazit der bisherigen Leistungen fällt definitiv positiv aus, auch wenn beinahe alle Spieler noch Luft nach oben zeigen. Gerade Dominic Solanke und Andrew Robertson haben sich ihr erstes Halbjahr definitiv anders vorgestellt; doch auch sie werden in dieser Saison noch die Chance bekommen sich zu beweisen.
Alex Oxlade-Chamberlain kann als gute Ergänzung für den Kader gesehen werden, die noch Potenzial auf einen Stammplatz besitzt. Die Krönung ist aber ganz klar Mohamed Salah, der wohl als stärkster Transfer innerhalb der Premier League tituliert werden kann und die Offensive der Reds teilweise im Alleingang stemmte. Sonderlob kann man zudem für den Transfer von Naby Keïta aussprechen, da man sich dort sehr klug angestellt hat und sich somit einen der meist begehrtesten Mittelfeldspieler der Welt angeln konnte, sowie für die standhafte Haltung bei der Transferposse um Philippe Coutinho, womit man weiterhin auf das Herzstück des Angriff zählen kann.
Doch auch Kritik müssen sich die Verantwortlichen bei der Kaderplanung gefallen lassen. Das stümperhafte Vorgehen beim Transfer von Virgil van Dijk und der danach fehlende Kauf eines Innenverteidigers auf Topniveau merkt man dem Kader stark an und auch das Mittelfeld wirkt oftmals nicht ganz ausgewogen – wobei da der Ausfall von Adam Lallana stark mit hinein wirkt.
Alles in Allem konnte man mit einem starken Kader in die Saison 2017/18 gehen und für die kommende Saison gilt es, dem Kader den letzten Feinschliff zu verpassen, um endlich ganz oben angreifen zu können. Denn das sollte das Ziel des FC Liverpool in den kommenden Jahren sein.
Philipp Stottan, abseits.at
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