Der fast schon torreiche sechste EM-Tag: Die Wurschtigkeit des Berieselnlassens
EURO 2016 16.Juni.2016 Daniel Mandl 0
Sieben Treffer fielen am gestrigen Mittwoch im Rahmen der drei Spiele der Gruppen A und B. Es war der torreichste Tag des bisherigen Turniers und trotzdem irgendwie ein Spiegelbild für die bisherigen Auftritte.
Die Slowakei wusste kurz zu gefallen, die Russen kurz zurückzuschlagen. Die Rumänen und die Schweizer lieferten sich einen teils beherzten, teils verkrampften Durchschnittskick. Die Albaner entschieden sich wenig überraschend für eine ultradefensive Ausrichtung, was den Kick – ebenso wie zu erwarten – zäh machte. Die Franzosen krampfen sich weiterhin durch die Gruppe, spielen viel zu berechenbar und kamen weiterhin nicht in Fahrt. Und das war er also, der bisher torreichste EM-Tag.
Kein dauerhaftes Interesse
In den sozialen Netzwerken, speziell aber im Austrian Soccer Board, Österreichs größtem Fußballforum, konnte man den Stellenwert der EURO recht gut beobachten. Kaum Zeilen in den Vorbesprechungen, keine polarisierenden Meldungen auf Facebook und Co. Die 0:1-Niederlage Rapids beim Testspiel in St.Margarethen zog deutlich mehr Kommentierende an, als die drei Partien in Frankreich.
Die allzweijährliche Berieselung
Das ist eben der Typus des Turniers. Vor allem aus der Sicht eines Fernsehzusehers. Man lässt sich von 15 Uhr bis fast 23 Uhr berieseln, freut sich über Tore und gute Spiele, hakt jede einzelne Partie – außer die österreichischen – unmittelbar nach dem Schlusspfiff ab. Die Emotionalität ist überschaubar, der geneigte Fan lässt sich unterhalten, kann sich ob des Geschehens auf dem Platz aber keinen Ärger oder große Freude abringen. Es ist halt ein Großereignis und die meisten Teams relativ wurscht. Da braucht man gar nicht allzu viel analysieren.
Genialer Hamsik
Wir haben’s trotzdem versucht und auch an jenem „torreichen“ Mittwoch unseren Emotionssensor ausgefahren. Wir kamen nicht umhin Marek Hamsik zu bemerken, der die Slowaken wieder zurück ins Geschäft schoss – als Vorlagengeber und Torschütze. Dennoch war da auch noch die Nerverl-Mentalität, die die Slowaken gegen Ende der Partie an den Tag legten und die den Russen die Möglichkeit gab noch einmal aufzukommen. Dieses kurzfristig Leichtfüßige wird die Elf von Jan Kozák abstellen müssen, ansonsten ist gegen England Schluss.
Rekordjäger und der dumme Foulspieler
In der Schweiz hat man nun einen Kicker, der bei EM und WM traf. Leverkusen-Legionär Admir Mehmedi traf bei der WM 2014 gegen Ecuador und gestern gegen Rumänien. Er ist damit der erste Schweizer, wenn auch in Mazedonien geboren, der dies schaffte. Bereits ein paar Minuten früher hätte sich Haris Seferovic dieses Abzeichen umhängen müssen, aber der 24-Jährige nimmt im Schweizer Team derzeit dieselbe Rolle ein, die er auch in Frankfurt innehat: Chancentod. Den Titel für die dümmste Attacke des Tages geht auch an einen Schweizer. Stephan Lichtsteiners Elferfoul war eines aus der Kategorie Textilvergehen, die außerhalb des Sechzehners für die Fisch‘ sind, innerhalb des Sechzehners ganze Spiele versauen können.
Französische Problemchen und Probleme
Und dann waren da noch die Franzosen. Auch bei der Equipe Tricolore scheint der Haussegen ein wenig schief zu hängen, denn wirklich begeisternd ist der Kick der Blauen nicht. Die Problemkinder des Kaders schafften es gegen Albanien nicht, sich selbst ein wenig aufzubauen. Paul Pogba war wieder mit Showboating beschäftigt, das Gejammere gegen eine härtere Gangart des Gegners nimmt in etwa portugiesische Züge an und vorne geht nichts rein. Dass Innenverteidiger Rami die Flanke zu Griezmanns entscheidendem Kopfballtor schlug, ist bezeichnend.
Der „offensive“ Andi Lila
Aber zu einem Spiel gehören immer zwei und die Albaner setzten den Franzosen sämtliche Facetten des modernen Destruktivfußballs entgegen. Wenn ein Haudegen wie Andi Lila, der im Laufe seiner Karriere mehr als 100-mal Gelb und 10-mal Rot sah, in der offiziellen Aufstellung als einer der offensivsten Akteure Albaniens ausgewiesen ist, spricht das Bände. Eh klar – diese Herangehensweise ist für einen krassen Underdog wie Albanien legitim, aber die Isländer (und leider auch die Ungarn) zeigten tags zuvor, dass man gegen die Favoriten ruhig ein bisschen versuchen kann mitzuspielen. So richtig auf der Höhe scheinen bisher nämlich nur Deutschland und Italien zu sein, alle anderen patzen…
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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