In dieser begleitenden Serie zur Europameisterschaft in Frankreich werden pro Gruppenspieltag die Schlüsselduelle der einzelnen Begegnungen kurz unter die Lupe genommen. Wer die Duelle für sich entscheiden konnte und ob es überhaupt zu den vorgestellten Auseinandersetzungen gekommen ist, wird am folgenden Tag besprochen. Diesmal mit den Paarungen Island – Österreich, Ungarn – Portugal, Schweden – Belgien und Italien – Irland.
Gylfi Sigurdsson vs. David Alaba
Auch gegen Österreich wird sich die isländische Mannschaft wohl auf ihre Stärken in der Defensive konzentrieren. Sigurdsson wird daher wieder in der Verteidigung gebunden sein und versuchen Nadelstiche in der Offensive zu setzen. Besonders aufpassen muss die österreichische Abwehr dabei auf seine Standards und seine tödlichen Pässe, mit denen er eine Abwehr aus dem Nichts überwinden kann. Leider konnte der Mann von Swansea City bisher offensiv noch keinen großen Einfluss nehmen.
Dies gilt im gleichen Maße für David Alaba. Der Österreicher wirkt nach einer langen Saison bei Bayern München nicht fit und überspielt. Gerade gegen die massive Defensive von Island muss Alaba aber seine individuelle Klasse endlich auf den Rasen bringen, will Österreich seine Chancen auf den Aufstieg ins Achtelfinale wahren.
Laszlo Kleinheisler vs. Cristiano Ronaldo
Der Ungar von Werder Bremen gilt als das wohl vielversprechenste Offensivtalent der Magyaren. Im bisherigen Turnierverlauf präsentierte Kleinheisler sich im Angriff sehr spielfreudig und damit als einer der Aktivposten der Überraschungsmannschaft. In einigen Aktionen merkte man dem 22-Jährigen jedoch seine Unerfahrenheit auf diesem Niveau noch an; auch seinen Pässen fehlt es oft an der nötigen Präzision.
Bisher ist es noch nicht die Europameisterschaft des wohl besten Individuallspielers Europas. Im Auftaktmatch gegen Island wirkte Ronaldo nicht fit; gegen Österreich klebte ihm hingegen das Pech an den Fersen. In beiden Spielen konnte man den Eindruck gewinnen, das Ronaldo noch seinen Platz im portugiesischen Kollektiv sucht. Falls er diesen gegen Ungarn aber findet und seine Kaltschnäuzigkeit zurückkehrt, könnte es für die Magyaren ungemütlich werden.
Viktor Lindelöf vs. Romelu Lukaku
Der U21-Europameister gilt als einer der größten Innenverteidiger-Talente in Europa. Dementsprechend begehrt ist der Mann von Benfica Lissabon mittlerweile bei den kontinentalen Topvereinen. Der Schwede ist für sein Alter erstaunlich abgeklärt und sammelte mit Benfica in der Champions League einiges an internationaler Erfahrung. Bei dieser EM wird jedoch bisher augenscheinlich, dass es dem 21-Jährigen noch an der nötigen Reife in seiner Spielanlage fehlt.
Lukaku ist ein physisches Phänomen; seine Körperkraft und sein Durchsetzungsvermögen sucht in Europa in dieser Altersklasse seines Gleichen. Trotz Körpermaßen von 190cm und 94kg ist der 23-Jährige auch technisch beschlagen. Im Auftaktspiel gegen Italien enttäuschte der Belgier zwar noch, konnte sich mit zwei Treffern beim 3:0-Erfolg gegen Irland aber rehabilitieren.
Stephan El Shaarawy vs. John O‘Shea
Aufgrund der sicheren Qualifikation für das Achtelfinale als Gruppenerster, wird Italiens Nationaltrainer Antonio Conte wohl einige Veränderungen vornehmen. Diese werden nach Informationen diverser Medien Stephan El Shaarawy in die erste Elf spülen. Der Linksaußen, der aufgrund seiner ägyptischen Wurzeln „Pharaoh“ gennant wird, ist sehr schnell und sehr dribblestark. Sein ihm nachgesagtes großes Potential, konnte El Shaarawy in seiner bisherigen Karriere aber noch nicht konstant abrufen. Vor allem taktisch und in Sachen Spielintelligenz verfügt der 23-Jährige noch über einige Mängel.
Der Ire ist ein Abräumer der alten Schule, dessen Stärken vor allem im Zweikampf liegen. Mit mittlerweile 35 Jahren fehlt dem Innenverteidiger mittlerweile die nötige Grundschnelligkeit, was bei der 0:3-Niederlage gegen Belgien doch ziemlich deutlich wurde. Trotz allem ist O’Shea, aufgrund seiner Zeit bei Manchester United, neben Robbie Keane, der international erfolgreichste Ire.
Nachbetrachtung der gestrigen Duelle
Die deutsche Elf zeigte beim 1:0 gegen Nordirland offensiv ihre bis dato beste Turnierleistung. Die Laufwege waren ausgezeichnet, die Variabilität hoch und auch der nötige Zug zum Tor war gegeben. Oliver Norwood und die nordirische Defensive konnten über die gesamte Spielzeit keinen Zugriff gewinnen und machten den Eindruck, als wären sie mit dem angeschlagenen Tempo der Deutschen teils heillos überfordert. Özil spielte seine bis dahin beste Partie bei dieser EM. Der 27-Jährige war sehr präsent und in der Offensive überall zu finden; er suchte dabei oft selbst den Abschluss, überzeugte aber auch mit einigen Traumpässen.
Die Ukraine verabschiedete sich mit einer tadellosen Leistung aus dem Turnier. Gegen schwache Polen, bei denen zum ersten Mal die befürchteten defensiven Probleme zum Vorschein kamen, spielten Yarmolenko und Co. couragiert nach vorne und hätten zum Abschied mindestens ein Remis verdient gehabt. Der ukrainische Superstar überzeugte zum ersten Mal bei dieser EM, ließ aber wiederholt die offensive Durchschlagkraft vermissen. Sein polnisches Pendant Blaszczykowski kam erst zur zweiten Halbzeit in die Partie und verlieh seiner Mannschaft gleich mehr Tempo und Esprit in der Offensive. Folgerichtig war es Kuba, der das Tor des Tages für die Polen erzielte. Mit den bisher gezeigten Leistungen dürfte es für Blaszczykowski kein Problem sein, nach der EM einen neuen Verein zu finden.
Leider kam es im Spiel Kroatien gegen Spanien nicht zum prognostizierten Duell zwischen Mario Mandzukic und Sergio Ramos, da der Kroate leicht angeschlagen war und daher geschont wurde. Ramos zeigte eine ungewohnt schwache Leistung; mit seinem verschossenen Elfmeter avancierte er zudem zur tragischen Figur der Spanier.
In einer eher unterdurchschnittlichen Partie zwischen Tschechien und der Türkei konnte weder Vladimir Darida, noch Selcuk Inan restlos überzeugen. Beide spielten solide, aber unauffällig. Darida brachte immerhin 84 Prozent seiner Pässe an den Mann und hatte 84 Ballkontakte, während der Türke Inan nur ein Passquote von schwachen 71 Prozent und 64 Ballkontakte aufwies.
Ral, abseits.at
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