Ein Punkt gegen Portugal: Österreich mauert sich mit Glück zum Remis
EURO 2016 19.Juni.2016 Alexander Semeliker 0
Nachdem das österreichische Nationalteam zum EM-Auftakt gegen Ungarn überraschend 0:2 unterlag, ging es am zweiten Spieltag gegen Portugal. Der Gruppenfavorit dominierte erwartungsgemäß die Partie, blieb aber ebenso ohne Tor wie die rot-weiß-rote Elf. Diese spielte äußerst reaktiv, verdiente sich diesen Punkt nur aufgrund der hohen Einsatzbereitschaft.
Wie schon im ersten Gruppenspiel hatten die Österreicher die erste gute Chance im Spiel, als Martin Harnik einen Kopfball aus kurzer Distanz neben das Tor setzte. Danach feuerten aber nur mehr die Portugiesen auf das Tor von Robert Almer, der mit einigen guten Paraden seinen Kasten sauber hielt. Zweimal hatte man zudem Glück, dass der Ball nur an die Stange ging – einmal davon bei einem verschossenen Elfmeter von Cristiano Ronaldo.
Drei Neue in der ÖFB-Startelf
ÖFB-Teamchef Marcel Koller veränderte seine Mannschaft gegenüber der Auftaktniederlage gegen Ungarn auf drei Positionen. Statt des gesperrten Aleksandar Dragovic spielte Sebastian Prödl im Abwehrzentrum. Die Zehnerposition des verletzten Zlatko Junuzovic übernahm David Alaba, dafür kam Stefan Ilsanker neu ins defensive Mittelfeld. Marc Janko blieb auf der Bank, stattdessen stürmte Martin Harnik – ein erster Hinweis darauf, dass Österreich defensiv eingestellt in die Partie ging.
Nachdem Portugal in den letzten Spielen mit einer 4-4-2-Grundformation spielte, stellte Trainer Fernando Santos für diese Begegnung wieder auf 4-3-3 um, das durchaus klassisch portugiesisch war. In der Abwehr gab es mit Ricardo Carvalho einen strategisch starken, ruhigen Gegenpol zum heißblütigen Pepe, während die technisch starken Außenverteidiger sich häufig in die Offensive einschalteten. Das Mittelfeldtrio wurde vom stabilisierenden William Carvalho sowie den beiden Pendlern Joao Moutinho und Andre Gomes gebildet. Lediglich im Angriff gab es eine Abweichung vom klassischen 4-3-3.
Reaktiv gegen Portugals bewegliche Offensive
Der Sturm der Portugiesen wurde von drei eigentlichen Flügelspielern gebildet, die in diesem Spiel sehr häufig die Positionen tauschten. Am konsequentesten im Halten seiner Grundposition war am ehesten noch Quaresma, der auf seiner rechten Seiten aber durchaus flexibel agierte. Mal blieb er breit, mal ging er in den Halbraum um für Dynamik zu sorgen, mal versuchte er mit Läufen zwischen Innen- und Außenverteidiger hinter die Abwehr zu kommen.
Diesen ständigen Rochaden trat Österreich mit einer äußerst reaktiven Spielweise gegenüber. Gerade die Maßnahmen gegen Ronaldo waren dabei durchaus effizient, wenn es darum ging ihn mit dem Ball nicht ins Spiel kommen zu lassen. Prödl rückte vereinzelt sehr gut aus der Viererkette heraus, um ein Drehen des Superstars zu verhindern. Zudem wurden die Innenverteidiger von den Sechsern unterstützt, die sich meist tief positionierten und sehr selten nach vorne verteidigten. Somit trat ein großes Problem aus dem Ungarn-Spiel, als man dem Gegner zwischen den Linien zu viel Platz ließ, nicht auf.
Trotz großem Einsatz nicht wirklich stabil
Doch obwohl Ronaldo am Ball weitestgehend aus dem Spiel genommen wurde und der Zwischenlinienraum zugemacht wurde, kam Portugal zu einigen sehr guten Möglichkeiten. Weitere wurden von den Österreichern erst im letzten Moment verhindert, was zeigt, dass diese durchaus Stabilitätsprobleme hatten. Schon in der Vergangenheit griff man ab und zu auf diese Mauertaktik zurück, konnte den Gegner aber ebenfalls nicht dauerhaft am Kreieren von gefährlichen Torchancen hindern.
Aufgrund der tiefen Positionierung der Sechser und der Viererkette hatte man nämlich im zweiten Drittel kaum Zugriff. Nachdem die Rückdeckung nicht im nötigen Ausmaß gegeben war, fokussierten sich Alaba und Harnik – aufgrund ihrer hohen Athletik an und für sich ein passendes Duo für ein Angriffspressing – auf das Versperren der Wege in Zentrum. Die Flügelspieler wurden somit zum entscheidenden Faktor dafür, ob Portugal seine Angriffe durchbringen konnte oder nicht.
Probleme bei Überladungen auf rechts
Links hielten Marko Arnautovic und Christian Fuchs ihre Seite weitestgehend dicht, wohl auch deshalb weil diese Seite von den Portugiesen nicht dermaßen variantenreich bespielt wurde wie die gegenüberliegende. Gerade die Besetzung der Achterposition war dafür entscheidend. Mit Moutinho spielte halbrechts ein spielmachender Akteur, der die Bälle weiträumig verteilte, während halblinks Andre Gomes oft Räume öffnete, auf den Flügel auswich, für Überladungen sorgte und die Österreicher vor Zuordnungsprobleme stellte. Nachstehend ein Beispiel dafür.
Gomes hat sich hier zunächst am Flügel positioniert und entzog sich der Bewachung eines Sechsers. Dafür musste Sabitzer den 22-Jährigen übernehmen und Portugals Linksverteidiger, Raphael Guerreiro, bekommt dadurch die Möglichkeit von hinten mit Dynamik in den freien Raum zu gehen. ÖFB-Rechtsverteidiger Florian Klein kann diesen ebenfalls nicht besetzen, da er von Portugals Linksaußen in die Mitte gezogen wurde.
Problematische Alaba-Rolle
In der obigen Szene deutet auch die Rolle von Alaba ein wenig an. Der Bayern-Legionär spielte zwar nominell auf der gleichen Position wie Junuzovic, die Aufgaben, die er übernahm waren durch due reaktive Ausrichtung jedoch bedeutend anders als sonst. Möglicherweise fand er dadurch kaum ins Spiel und wurde nach 65 Minuten vor dem Schlusspfiff ausgewechselt. Eine detaillierte Analyse dieser speziellen Rolle folgt in einem gesonderten Artikel.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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