Die Außenseiter aus Island schafften ein Remis gegen die Stars aus Portugal. Eine konsequente Ausführung des Spielstils brachte den Isländern dabei den ersten Punkt.
Prinzipielle Ausrichtungen
Die Isländer agierten im Pressing gewohnt im 4-4-2 und recht tief, die Stürmer attackierten erst ab dem Mittelkreis. Man spielte sehr mannorientiert, tat dies jedoch mit der erforderlichen Intensität und Konsequenz. Zudem bewegten sich die Portugiesen zu wenig und auch oft falsch, was den Zugriff für die Isländer erleichterte.
Nach Ballgewinn wurden Konter über die Flügel fokussiert, zwei Mal konnte man auch über links durchbrechen. So brachte in der fünften Minute Swansea-Legionär Gylfi Sigurdsson den Ball gut aufs Tor, Rui Patricio hielt jedoch diesen Versuch. Man agierte sehr vertikal und fand immer wieder Schnittstellen, wo man die in die Tiefe startenden Stürmer einige Male hinter die Abwehr der Portugiesen schicken konnte. Konnte man nicht schnell über die Flügel nach vorne kommen, hatte man meist Probleme den Ball produktiv in gefährliche Zonen zu bringen. Dies lag zu einem daran, dass die Verbindungen aus formativen Gründen schwach waren, zudem fehlte es schlicht und einfach an Qualität, wie zum Beispiel am teilweise nicht vorhandenen Umblickverhalten (ständiges Abscannen der Umgebung nach Mit- und Gegenspieler sowie freien Räumen) der Isländer. So verlor man nach einigen Pässen den Ball oder hatte nur mehr Rückpassmöglichkeiten, von wo aus der Ball hoch nach vorne geschlagen wurde.
Im Aufbau wollten die Portugiesen vermehrt über flache Pässe den Ball nach vorne bringen, dabei sollte vor allem Guerreiro auf dem linken Flügel hoch schieben und Moutinho diagonal in den geöffneten Raum abkippen, um das Ballbesitzspiel anzukurbeln. Die Staffelungen in der ersten Linie waren jedoch deutlich zu flach, sodass man nur selten richtig produktiv nach vorne kam.
Im Pressing nahm man immer wieder 4-1-4-1 und 4-1-3-2 Staffelungen an und richtete diese primär am Mittelfeld aus. Jedoch hatte man in der ersten Halbzeit kaum Situationen, in denen man dies zeigte, da sich die Isländer sehr passiv verhielten und man den Großteil des Ballbesitzes für sich beanspruchen konnte. Das Gegenpressing der Portugiesen kam wie bereits in der Qualifikation nur individuell vor und war zwar in der Intensität meist passend, aufgrund fehlender Unterstützung jedoch oft nicht wirksam genug, sodass die nordischen Gegner in den ersten zehn Minuten zwei gute Konter fahren konnten.
Fehlende Penetration der Portugiesen
Durch die tiefe Ausrichtung der Nordmänner hatte Portugal viel Platz in der ersten Aufbaulinie und konnte so etwas Dominanz aufbauen, wenngleich es etwas an Penetration im Passspiel fehlte. Die Staffelungen waren zudem zu flach, sodass es schwierig war im Gegenpressing, das ohnehin nicht sonderlich forciert wird, Zugriff zu erlangen. Vor allem die erste Aufbaulinie war viel zu flach, der Zwischenlinienraum wurde kaum besetzt und für die Isländer war es einfach dies zu verteidigen. So kam man kaum in die Formation des Gegners und musste versuchen diese zu umspielen. Auf den Flügeln wurde man jedoch immer wieder isoliert, weshalb man wieder nach hinten spielen musste und der Großteil des portugiesischen Passmusters am besten mit einem „U“ zu beschreiben war.
In Minute 20 hatten die Portugiesen die erste große Chance, nach einer Flanke von links stieg Nani, der Superathlet, am höchsten aber köpfte letztendlich nur Torwart Halldorson an. Flanken wurden danach deutlich forciert, mit Cristiano Ronaldo hat man ja auch einen sehr athletischen Stürmer, der sich in Luftduellen durchzusetzen weiß. Flanken sind jedoch meist eine sehr instabile Form der Chancenausarbeitung, sodass daraus zum Großteil keine Gefahr für die isländische Defensive entstand. Schlimmer für die Portugiesen: Durch die aufgerückten Außenverteidiger offenbarte man zu bespielende Räume am Flügel, man ließ also dem Gegner die bevorzugten Räume frei. Durch gutes Gegenpressing kann man hohe Positionen der Spieler im Ballbesitz zwar absichern und teilweise sogar gewinnbringend nutzen, die schnelle Ballrückeroberung gehört jedoch nicht zum Repertoire der Iberer.
Mit individueller Überlegenheit und Nutzung der Mannorientierungen konnte man jedoch das 1:0 erzielen: André Gomes kam entgegen, ließ den Pass von Pepe auf Vierinha prallen. Beim Entgegenkommen von Gomes zog er einen isländischen Verteidiger mit, was Raum öffnete. In diesen Raum kam dann der Pass zurück von Vierinha auf André Gomes, dessen flache Hereingabe im Strafrum Nani zur 1:0 Führung nutzte.
Die Isländer konnten ebenfalls nur in Ansätzen gefährlich sein und versuchten es mit vielen Flanken und forcierten das Spiel um den zweiten Ball. Vor allem aber bei den Flanken gab es einige Situationen, wo die Rückraumbesetzung der Nordmänner nicht passend war und man einmal sogar einen gefährlichen Konter zulassen musste, den die Portugiesen jedoch selbst verspielten. Aufgrund der hohen technischen und athletischen Fähigkeiten der portugiesischen Spieler, die für Konterspiel eigentlich prädestiniert sind, sind solche Gegenstöße potentiell ein großer Gefahrenherd für die Isländer.
Die zweite Halbzeit
Die Portugiesen waren weiterhin die dominantere Mannschaft im Ballbesitz, konnte sich jedoch zu Beginn keine Torchancen heraus spielen. Durch eine Flanke und den im Strafraum allein gelassenen Bjarnasson konnten die Isländer jedoch den 1:1-Ausgleich erzielen. Danach konnten sich die Isländer weiter einigeln und den Portugiesen den Ball überlassen. Jene versuchten es nun öfter mit demselben Spielzug, der zum Tor geführt hatte, jedoch verfolgten die Isländer nun konsequenter ihre Gegner und übergaben diese auch meist zum passenden Zeitpunkt.
Die Iberer schafften es zunehmend die Isländer einzuschnüren und konnten durch zumindest individuelles Gegenpressing gezielte Vertikalbälle nach vorne verhindern. Pepe und Carvalho klaubten viele der hohen Bälle auf und vor allen Erstgenannter zeigte eine gute Spieleröffnung, eine oft unterschätzte Qualität des Spielers von Real Madrid. Durch kluge Bewegungen von Moutinho und Joao Mário brachte man den Ball auch immer besser in die gegnerische Formation hinein, von wo man über die hohen Außenverteidiger Vierinha und Guerreiro zu Hereingaben in den Strafraum kam.
Das Spiel brachte nun kaum Veränderungen mit sich, zwar agierte man teils dynamischer wenn der eingewechselte Renato Sanches am Ball war, das größte Highlight nach dem Ausgleich Islands war in der zweiten Halbzeit bis dahin aber nur die Einwechslung Quaresmas. Die Isländer verteidigten den 1:1-Spielstand über die Zeit.
Fazit
Die Isländer hatten zwei gute Chancen und konnten eine davon nutzen. Ihre Konsequenz in ihrem Spielstil war beeindruckend. Die Portugiesen hatten lange Zeit Probleme damit sich in der Formation der Gegner frei zu spielen. Die überwiegende Dominanz konnte man nicht wirklich in Tore ummünzen.
David Goigitzer, abseits.at
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