Die „Equipe Tricolore“ steht im Endspiel und hat die Chance zum dritten Mal in Folge einen Titel im eigenen Land zu gewinnen. Deutschland machte... Mangelnde Durchschlagskraft und Dynamik: Deutschland scheidet im Halbfinale aus

Joachim Löw - DFB_abseits.atDie „Equipe Tricolore“ steht im Endspiel und hat die Chance zum dritten Mal in Folge einen Titel im eigenen Land zu gewinnen. Deutschland machte über weite Strecken das Spiel, drängte die Franzosen weit zurück, konnte allerdings im letzten Drittel keine dynamischen Folgeaktionen kreieren um ernsthafte Torgefahr zu erzeugen.

Die Grundformationen

Bereits vor dem Spiel wurde heftig über die taktische Ausrichtung der DFB-Elf debattiert. Bundestrainer Joachim Löw passte auch diesmal seine Formation an die möglichen Gegebenheiten des Spiels an und entschied sich für ein 4-3-3-System mit Müller als Spitze, flankiert von Özil und Draxler. Schweinsteiger vertrat Khedira auf der Sechs und besetzte gemeinsam mit Kroos und Can das Mittelfeld. Letztgenannter sollte die Präsenz des physisch starken französischen Mittelfeldes um Pogba und Matuidi ausgleichen. Höwedes und Boateng bildeten die Innenverteidigung, Hector und Kimmich interpretierten ihre Rolle als Außenverteidiger betont offensiv und rückten oftmals bis in das letzte Drittel vor, gaben Breite und dienten als Verlagerungsoption.

Frankreichs Trainer Didier Deschamps veränderte sein Team im Vergleich zum Island-Spiel auf keiner Position. Griezmann agierte hinter Giroud als hängende Spitze, Pogba und Matuidi bildeten eine Doppelsechs. Somit entstand eine 4-4-1-1 Formation, welche gegen den Ball zu einem 4-4-2 wurde, bei dem sich Griezmann an Kroos orientierte.

Deutsche Angriffsstruktur

Die ersten zehn Minuten erinnerten leicht an das WM-Halbfinale 2014 zwischen Deutschland und Brasilien. Frankreich presste hoch, rückte mit allen Mannschaftsteilen weit nach vorne und versuchte die deutsche Mannschaft früh unter Druck zu setzten. Payet konnte ein, zweimal in isolierte Dribblings gegen Kimmich gelangen und Griezmann hätte beinahe die frühe Führung erzielt.

Nachdem die DFB-Elf die erste Pressingphase der „Equipe Tricolore“ unbeschadet überstanden hatte, wurde die deutsche Aufbaustruktur sowie die unterschiedlichen Rollen des Dreier Mittelfeldes sichtbar: Schweinsteiger kippte meist zwischen die beiden Innenverteidiger ab, stellte dadurch Überzahl in der ersten Linie her und sicherte Vorstöße von Boateng ab. Kroos besetzt wie gewohnt den linken Halbraum. Can orientierte sich am offensiven rechten Halbraum und balancierte dadurch rückfallende Bewegungen von Özil aus.

Das Team von Didier Deschamps beschränkte sich fortan vor allem auf die Defensivarbeit. Die Viererkette positionierte sich auf Höhe der Sechzehnerlinie, davor ordnete sich die Vierermittelfeldreihe an. Die weit aufrückenden deutschen Außenverteidiger wurden von Sissoko und Payet mannorientiert verfolgt, Pogba und Matuidi füllten horizontale Lücken in der Abwehrreihe auf. Allerdings rückte das französichen Mittelfeld recht unorganisiert heraus  und ließ dadurch vereinzelt den Zwischenlinienraum verwaisen, welcher von der deutschen Elf konsequent besetzt werden konnte. Hector und Kimmich gaben im letzten Drittel Breite. Dadurch konnte Draxler in das Sturmzentrum rücken und gemeinsam mit Müller durch horizontale Läufe Lücken in die französische Abwehrreihe reißen. Özil  ließ sich fallen und kurbelte gemeinsam mit Kroos den Spielaufbau an. Der Zwischenlinienraum wurde somit häufig von bis zu vier Spielern (Draxler, Müller, Hector und Kimmich) besetzt. Dadurch wurden die Franzosen nach hinten gedrängt und die DFB-Auswahl kam zu einigen langen Ballzirkulationen, in denen jedoch die Dynamik abging. Dribblings von Kroos oder Özil durch die Linien sorgten zwar für Gefahr, scheiterten allerdings in letzter Instanz an den gut verteidigenden Umtiti und Koscielny. Müller und Draxler bewegten sich viel, ihre Bewegungsmuster wirkten allerdings unpassend und wurden selten in den Spielfluss miteinbezogen. Die deutsche Nationalmannschaft dominierte das Spiel, insgesamt fehlte es jedoch an Tiefe und Dynamik im letzten Drittel um zwingend gefährlich zu werden.

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  • Frankreich öffnet den Zwischenlinienraum
  • Özil läßt sich fallen, Can rückt weit auf
  • Außenverteidiger stehen hoch
  • Draxler rückt ins Zentrum
  • Zwischenlinienraum wird mit vier Spielern besetzt

Frankreich sorgte durch vertikale Vorstöße  von  Griezmann für Entlastung. Längere Ballbesitzphasen blieben aber Mangelware, da Payet und Sissoko durch die offensiven deutschen Außenverteidiger hinten gebunden wurden und Pogba und Matuidi zu langsam nachrückten um gefährliche Konteransätze erfolgsstabil auszuspielen.  Die Halbzeitführung durch Griezmann stellte das Spielgeschehen etwas auf den Kopf.

2.Halbzeit

Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich am Spielgeschehen wenig. Beide Mannschaften kamen unverändert aus der Kabine und Deutschland übernahm wieder die Spielkontrolle ohne jedoch zwingend gefährlich zu werden. Frankreich stand nun kompakter und  versperrte der DFB-Elf ein Eindringen in die Zwischenlinienräume. Özil ließ sich seltener fallen und überließ Kroos den Spielaufbau. Die Ballzirkulation konnte weiter nach vorne verlagert werden, doch spätestens nach der Einwechslung von Kante für Payet war die DFB-Elf gezwungen ihre Angriffe auf die Flügel zu verlagern. Kimmich und Hector konnten selten auf die Grundlinie durchbrechen und mussten die Flanken aus dem Halbfeld schlagen, was die französische Verteidigung vor keine großen Probleme stellte.

Der zweiten Treffer von Antonie Griezmann, dem eine gelungen Gegenpressingaktion der Franzosen vorausging, entschied die Partie zu Gunsten der „Equipe Tricolore“, veränderte aber ebenso wenig das Spielgeschehen wie die Einwechslungen von Götze und Sane. Deutschland rannte weiter an, fand jedoch keine Lücken durch die französischen Linien, musste die Angriffe abbrechen und auf den Außen weiterführen.

Fazit

Die deutsche Nationalmannschaft lieferte eines ihrer besseren Spiele dieses Turnieres ab, scheiterte jedoch im Halbfinale an Gastgeber Frankreich. Das Thema mangelnde Durchschlagskraft begleitete die DFB Auswahl durch die gesamte EM. Zwar konnte Trainer Joachim Löw wieder einmal die Offensivstärken eines gegnerischen Teams eliminieren, es mangelte jedoch an Tiefe und Dynamik im letzten Drittel. Es ist müßig zu diskutieren wie die Begegnung mit Gomez im Sturmzentrum abgelaufen wäre. Müller konnte den Stürmer von Besiktas Istanbul nicht ersetzten, seine Läufe wirkten unausgewogen und nicht an den Spielrhythmus angepasst.

Frankreich deutet in den ersten zehn Minuten an mit welcher Wucht und Dynamik sie gegnerische Mannschaften unter Druck setzten können. Danach konzentrierten sie sich auf disziplinierte Defensivarbeit und vereinzelte Konterversuche, welche jedoch häufig an mangelnden offensiven Verbindungen und langsamem Nachrückverhalten scheiterten. Die hohen deutschen Außenverteidiger banden Payet und Sissoko in der eigenen Hälfte, Matuidi und Pogba rückten zu spät nach um Griezmann und Giroud zu unterstützen.

Marius Kaltwasser, abseits.at

Marius Kaltwasser

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