Men To Watch, Gruppe F: Ronaldo weiterhin deutlich Portugals größter Trumpf
EURO 2016 10.Juni.2016 abseits.at Redaktion 0
Zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2016 analysieren die Experten und Autoren von abseits.at die sechs EM-Gruppen. In je zwei Artikeln pro Gruppe werden die Aufsteigertipps und die interessantesten Spieler beleuchtet.
In Gruppe F spielen Österreich, Portugal, Ungarn und Island.
Daniel Mandl
Bei den Österreichern wollen sich naturgemäß einige Spieler in die große internationale Auslage spielen – auch aus Ermangelung an Europacup-Startplätzen. Dies gilt etwa für Junuzovic, Arnautovic, aber auch Hinteregger, der wohl nicht aus vollster Überzeugung nach Salzburg zurückkehren würde. Von David Alaba erwartet Fußballösterreich, dass er in die Führungsrolle schlüpft und auch auf dem pragmatischsten Kicker dieser Elf, Julian Baumgartlinger, ruht die Hoffnung, dass er das ÖFB-Mittelfeld stabilisieren kann.
Im EM-Kader der Portugiesen sind gleich neun Spieler über 30 Jahre alt. So auch der 31-jährige Superstar Cristiano Ronaldo. In der Elf von Fernando Santos wird es von Interesse sein, dass es nun zu einer Art Wachablöse kommt. Interessante junge Kicker, wie der Neo-Bayer Renato Sanches oder Portos Danilo Pereira scharren bereits in den Startlöchern und müssen initiativ werden. Nichts desto trotz wird diese Mannschaft nicht wie ein geöltes Uhrwerk funktionieren, sondern da und dort holprig auftreten. Klasse haben sie zwar, aber die Mentalität könnte zum Stolperstein werden – auch weil es für viele darum geht, die letzte Chance im Nationalteam bei einem Großereignis gut zu nützen. Und das wird den einen oder anderen Spieler nervös und verkrampft zurücklassen.
Bei den Isländern werden die Augen der österreichischen Beobachter naturgemäß auf den neuen Rapid-Spieler Arnór Ingvi Traustason gerichtet sein. Vorsicht ist aber vor allem vor Gylfi Sigurdsson und seinen Freistößen geboten. Die Abwehr wird vom äußerst stabilen, wenn auch nicht mehr zu 100% flinken Ragnar Sigurdsson organisiert. Die Ungarn halte ich für das schwächste Team der Gruppe und auch eines der schwächsten Teams der EURO. Offensiv hat man zwar durch Spieler wie Dzsudzsak, Szalai oder auch dem etwas unterschätzten Lovrencsics den einen oder anderen Vorzug, aber als explosive, offensiv spielende Elf muss man den Ball laufen lassen und der Defensive der Ungarn um die Ohren laufen.
Stefan Karger
Fernando Santos wird seine Portugiesen wohl in einer 4-4-2-Formation auf den Platz schicken und dem traditionellen 4-3-3-System den Rücken kehren. Neben Weltstar Cristiano Ronaldo wird Fenerbahce-Legionär Nani im Angriff auflaufen, der eine recht starke Saison hinter sich gebracht hat. Dahinter wartet eine gesunde Mischung aus arrivierten Spielern wie João Moutinho und jungen Talenten, wie Bayern-Neuzugang Renato Sanches. Im Abwehrzentrum bringen Pepe und Bruno Alves jede Menge Erfahrung mit, dennoch hoffe ich, dass Goalie Rui Patricio im Spiel gegen Österreich öfters hinter sich greifen muss, als Robert Almer.
Lars Lagerbäck gelang es aus dem isländischen Team eine funktionierende Einheit zu machen, die in ihrem 4-4-2-System nur wenig Schwächen anbietet. Swansea-Mittelfeldspieler Gylfi Sigurdsson ist der Star im Team und erzielte heuer in der Premier League für Swansea stolze elf Treffer. Mittelstürmer Kolbeinn Sigthórsson erzielte in seinen bisherigen 37 Länderspielen 19 Tore, musste in dieser Saison jedoch wegen einer Knieverletzung bei Nantes längere Zeit pausieren und befindet sich vielleicht nicht im optimalen Rhythmus. Interessant wird es sein, ob Rapid-Neuzugang Arnór Ingvi Traustason auf die eine oder andere Einsatzminute kommt.
Ungarn-Coach Bernd Storck setzt auf ein 4-2-3-1-System, das besonders bei Standardsituationen gefährlich wird. Insgesamt fielen acht der 14 Treffer aus der Qualifikation nach ruhenden Bällen, davon fünf Treffer aus Eckbällen. Im Gegensatz dazu schafft es die Mannschaft noch nicht wie gewünscht oft genug aus dem Spiel heraus gefährlich zu werden. Bursaspor-Legionär Balázs Dzsudzsák ist der unumstrittene Star des Teams, Werder-Mittelfeldspieler László Kleinheisler gilt als großer Hoffnungsträger.
Alexander Semeliker
Bei den Portugiesen dreht sich alles um Superstar Cristiano Ronaldo. Ansonsten sind die Namen, die Trainer Fernando Santos einberufen hat, nicht klingend – zumindest noch nicht. Der Transfer von Youngster Renato Sanches von Benfica zu Bayern München lenkt die Aufmerksamkeit naturgemäß auf ihn, obwohl er im Team bisher kaum spielte. Joao Moutinho wird im defensiven Mittelfeld als Ballverteiler einmal mehr eine Schlüsselrolle im Verbindungsspiel zukommen. Andre Gomes könnte ihn als pendelnder Akteur – entweder zentral oder am Flügel – unterstützen.
In den Spielen von Island sollte man die Aktionen von Gylfi Sigurdsson genau verfolgen. Der 26-Jährige ist der Schlüsselspieler und einer der wenigen, der für Überraschungsmomente sorgen kann. Auch das ungleiche Duo auf den Flügeln, Birkir Bjarnason und Johann Berg Gudmundsson sollte man am Schirm haben. Neo-Rapidler Arnor Ingvi Traustason erwies sich zudem als verlässlicher Joker. Bei den Ungarn hat wohl einzig und allein Kapitän Balazs Dzsudzsak das Zeug dazu auf internationaler Ebene aufzuzeigen und hat dies teilweise auch schon gemacht. Der Rest mag zwar regional erfolgreich sein, zum gehobenen internationalen Durchschnitt fehlt den meisten aber mehr als eine Klasse.
Fabian Schaipp
Bei den Portugiesen gibt es eine Mischung aus erfahrenen Spielern wie Moutinho, Pepe, Carvalho und natürlich CR7 und Talenten wie Renato Sanches oder Joao Mario zu sehen. Insbesondere das zentrale Mittelfeld ist überragend besetzt, denn neben Moutinho und Sanches sind auch William Carvalho von Sporting und Andre Gomes von Valencia nominiert. Man darf also gespannt sein, welcher dieser Akteure am Ende dem Turnier seinen Stempel aufdrückt. Bei den Österreichern hängt vieles von der Balance im zentralen Mittelfeld ab. David Alaba wird wohl viele Freiheiten bekommen, umso wichtiger wird dann die Rolle seines Partners auf der Doppelsechs, diese zu balancieren und stabilisieren. Diese Aufgabe kommt vermutlich auf Julian Baumgartlinger zu, aber auch Stefan Ilsanker darf sich aufgrund seiner Spielintelligenz Hoffnungen auf Einsätze machen. Auch bei Island ist das zentrale Mittelfeld mit Sigurdsson und Gunnarsson entscheidend, hinter dem Sturmduo Sigthorsson und Finnbogason, der eine starke Rückrunde beim FC Augsburg spielte.
Marius Kaltwasser
Julian Baumgartlinger spielte eine überaus erfolgreiche Saison mit Mainz 05 und wird in der kommenden Runde für Bayer Leverkusen auflaufen. Er ist ein physisch starker Spieler, der immer wieder nach vorne aufrückt und durch ein intelligentes Stellungsspiel besticht. Auch im Spielaufbau bringt er seine Qualitäten mit ein und zeichnet sich durch Ballsicherheit und Übersicht aus. Aleksander Dragovic wird häufig mit europäischen Topklubs in Verbindung gebracht. Der 25-Jährige Abwehrspieler ist ein solider Innenverteidiger, der maßgeblich an der guten Defensivorganisation der Österreicher beteiligt ist. Er vereint die wichtigsten Grundfähigkeiten, agiert überaus solide und legt eine geringe Fehlerquote an den Tag. Island ist mit ungefähr 330.000 Einwohnern das kleinste Land, das je an einer EM-Runde teilgenommen hat. Mit Gylfi Sigurdsson haben sie aber einen Spieler im Kader, der seine Brötchen in der englischen Premier League verdient. Dies gilt ebenso für Aron Gunnarsson und Johann Berg Gudmundsson. Der ehemalige Weltklassestürmer Eidur Gudjohnsson wird mit 37 Jahren noch einmal die Fußballschuhe schnüren und vorrangig als Joker eingesetzt werden.
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