Mit Griezmann und Pogba auf der Bank wollte Deschamps ein „Zeichen“ setzen. Beide Spieler kamen in der spielgewinnenden zweiten Halbzeit dann doch rein, ersterer... Später Frankreich-Sieg nach Flanken-Orgie gegen Albanien

Frankreich Fan_abseits.atMit Griezmann und Pogba auf der Bank wollte Deschamps ein „Zeichen“ setzen. Beide Spieler kamen in der spielgewinnenden zweiten Halbzeit dann doch rein, ersterer erzielte das späte 1:0 gegen tapfer verteidigende, jedoch offensiv viel zu harmlose Albaner.

Prinzipielle Ausrichtungen

Die Franzosen starteten mit einer defensiveren Doppelsechs, Matuidi begann statt Pogba. Zudem rückte Coman statt Griezmann auf dem rechten Flügel in die Mannschaft. In diesem 4-2-3-1 bauten die Franzosen auch auf, die beiden Sechser besetzten jeweils die Halbräume. Dies brachte bereits zu Beginn Probleme, da die Anbindung vom Zentrum in den Zehnerraum fehlte. Payet ließ sich aber recht bald etwas tiefer fallen, um zumindest den Ball wieder prallen lassen zu können. Jedoch konnte man den Ball oft nur in der Viererkette hin und her zirkulieren lassen, Payet und der situativ im Halbraum sich anbietenden Martial und Coman wurden meist eng abgedeckt, Kanté und Matuidi boten sich ja recht früh im Aufbau an. So kam es zu Verbindungsproblemen der Franzosen, wie man sie ähnlich bei Österreich am Tag zuvor auch beobachten konnte.

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Kaum Verbindungen ins Zentrum, erinnert an Österreich gegen Ungarn.

Auch im Pressing formierte man sich in einem 4-2-3-1, wobei durch Aufrücken Payets sich immer wieder 4-4-2 Staffelungen ergaben. In höheren Zonen agierte man meist mannorientiert, Payet deckte den tiefsten Mittelfeldspieler Kukeli, während Giroud die Verlagerungen verhinderte und gleichzeitig den Verteidiger anlief. Die Außenverteidiger schoben situativ hoch auf, Payet deckte den ballfernen Innenverteidiger und der Flügelstürmer lief aus dem Halbraum den Ballführenden an, hielt dabei im Deckungsschatten die Achter Albaniens. Die Albaner waren jedoch mehr als glücklich den langen Ball zu wählen, von erzwungen konnte hier nicht wirklich die Rede sein.

Intensiv trat man nach Ballverlust ins Gegenpressing und versuchte den Aufbau der Albaner bereits im Keim zu ersticken, was meist auch gelang. Ansonsten hatte man aufgrund der hohen Ballbesitzzeit kaum Situationen, in denen man gegen den Ball arbeiten musste.

Die Albaner agierten gegen den Ball in einem mannorientierten 4-1-4-1 Mittelfeldpressing und spiegelten damit die Formation der Franzosen. Man hatte deutliche Zentrumshoheit. Man agierte sehr aggressiv in Ballnähe und konnte damit den einen oder anderen Ball der Franzosen erobern, wenngleich man sich prinzipiell zu Beginn eher zurückhielt. Durch die bereits angesprochene numerische Überlegenheit im Zentrum konnte Frankreich den Großteil der Angriffe zu Beginn nur über die Flügeln vortragen.

Im Ballbesitz sollte es meist schnell und direkt nach vorne gehen, dabei wählte man allzu oft den hohen Ball auf Sadiku, der in Unterzahl natürlich einen schweren Stand gegen die zwei international erfahrenen französischen Innenverteidiger hatte. Strategisch war man ebenfalls vor allem anfangs eher schwächer und traf immer wieder ungünstige Entscheidungen und spielte den falschen Mann an. Jedoch gab es für den Ballführenden auch nicht immer optimale Hilfe, vor allem kurze Anspielstationen gab es meist nicht genug. Und wenn, dann wurden diese von den aggressiv gegenpressenden Franzosen sofort attackiert.

Frankreich dominant, jedoch schwach verbunden

Das Spiel beginn zäh, die Albaner igelten sich in der eigenen Hälfte ein und die Franzosen hatten Probleme den Ball effektiv in die Formation des Gegners zu bringen, man konnte meist nur herum spielen. Zwar ließen sich Martial und Coman öfter in die Halbräume fallen, konnten jedoch nicht immer angespielt werden. In Minute 11 hatte Coman die wahrscheinlich beste Idee, um die albanischen Mannorientierungen auszuhebeln: Er ging im Halbraum entgegen, zog den Außenverteidiger weit mit und forderte dann mit einem Sprint den hohen Ball in den frei gelassenen Raum. Der Pass von Rami kam ungenau, dies zeigte jedoch eine gute Möglichkeit, wie man die Albaner knacken könnte.

Dadurch dass Kanté UND Matuidi diagonal abkippten, jedoch die beiden Außenverteidiger nicht hoch genug schoben, ergaben sich sehr ungünstige Staffelungen im Ballbesitz und man hatte kaum Möglichkeiten den Ball nach vorne zu spielen. Die einzigen gefährlichen Situationen vonseiten der Franzosen ergaben sich lediglich nach Kontern, da die Albaner im Ballbesitz nicht immer die klügsten Entscheidungen trafen und in den ersten 15 Minuten bereits zwei Mal den Ball in Zonen spielten, in denen die Franzosen klar die Überzahl hatten. Diese hatten natürlich keine Schwierigkeit den Ball zu erobern und da die albanischen Außenverteidiger vom Timing her zu früh aufrückten konnte man diese Schnittstellen schnell und effektiv mit Coman und Martial bespielen. Martial kam nach einem Payet-Pass in die Tiefe zu einer guten Chance im albanischen Strafraum jedoch wurde sein Schuss von Mavraj geblockt.

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Krass flache und ineffektive Aufbaustaffelung bei Frankreich.

Die Franzosen fanden ab Minute 15 besser ins Spiel, nutzten vor allem ihre individuelle Klasse und die Dribblingfähigkeiten der offensiven Dreierreihe, die durch gewonnene Eins-gegen-Eins-Situationen immer wieder Überzahl herstellen konnte. Zudem schoben die Außenverteidiger Sagna und Evra nun höher, zogen die Mittelfeldspieler der Albaner weg und gaben den beiden Sechsern mehr Raum. Martial und Coman rückten nun nicht nur mehr ein sondern kamen auch mehr entgegen, die Außenverteidiger banden ja ihre nominellen Gegenspieler, sodass die beiden Flügelstürmer nicht effektiv verfolgt werden konnten. So generierten die Franzosen immer mehr Dynamik in ihren Angriffen. Jedoch gab es weiterhin vor allem im Zentrum Ballverluste, da man hier unterbesetzt war und Giroud und Payet, sofern sie Vertikalpässe erhielten, sofort von fast fünf Spielern umzingelt wurden.

Die „Bleus“ hatten vor einigen wenigen Jahren, als das offensive Gespann sich noch mehr um Nasri, Benzema und Griezmann drehte, eine sehr hohe Fluidität (flüssige Positionswechsel) im Ballbesitz. So konnte man den Gegner teilweise schwindelig spielen. Dies ist bei den heutigen Franzosen nur mehr in Ansätzen gegeben, und diese Ansätze sind sehr unsauber. Ein, zwei Mal gab es Situationen, wo Positionswechsel initiiert wurden, jedoch waren diese offensichtlich nicht abgestimmt, zu improvisiert und das vorhandene Spielermaterial kann damit nicht umgehen. Diese Situationen hätte Albanien mit etwas Antizipation für gute Ballgewinne nutzen können, da die Franzosen in diesen wenigen Sekunden sehr unstrukturiert waren. Einmal fuhr man einen schnellen Konter über den vom weit aufgerückten Evra frei gelassenen Raum, die Flanke des Napoli-Legionärs Hysaj fand jedoch keinen Abnehmer.

Die Außenverteidiger waren überhaupt ein großes Thema für die Heimmannschaft in der ersten Halbzeit. Zwar korrigierten sie nach etwa 15 Minuten ihre deutlich zu tiefe Stellung, jedoch agierte Evra dann teilweise zu hoch, beziehungsweise tat dies mit suboptimalen Timing. Sagna auf der anderen Seite hingegen gab jedoch nur so viel Höhe, wie gerade nötig war und schaltete sich im Ballbesitz so gut wie gar nicht ein. Er forderte kaum den Ball und war somit nur eine geringfügige Hilfe. Zwar verbesserte sich durch das höhere nach vorne schieben die Struktur, da Sagna (und teilweise auch Evra) jedoch keine wirkliche Option gab, musste Coman sich weiterhin mit zwei Gegenspielern abkämpfen, wenngleich ihm das durch seine Schnelligkeit und seine Fähigkeit im Dribbling nicht schlecht gelang. Im Großen und Ganzen hatten die Franzosen jedoch deutliche Durchbruchs- und Verbindungsprobleme, einzig und allein durch die vorher bereits angesprochenen individuellen Fähigkeiten gab  es den einen oder anderen kurzen Lichtblick.

Flanken, Flanken, Flanken

Pogba kam nun nach der Halbzeit für Martial in die Mannschaft, Deschamps hatte auf ein asymmetrisches 4-3-3 angepasst. Die Franzosen agierten nun intensiver und vertikaler, die Albaner waren ebenfalls mutiger aus der Kabine gekommen und die ersten 10 Minuten der ersten Halbzeit zeigten sich wild und unstrukturiert. Auf beiden Seiten gab es nach Flanken große Chancen für die jeweilige Mannschaft, die Kopfbälle verfehlten ihre Ziele nur knapp. Durch die etwas offeneren Albaner hatten die Franzosen auch mehr Räume die sie bespielen konnten und taten dies auch recht geschickt. Vor allem Coman wirbelte unentwegt, bewegte sich um den ganzen Platz und half dabei diese Räume zu nutzen. Dies gelang vor allem auch deshalb, weil Albanien im Pressing in ein paar Situationen aggressiv aus der Formation rückte, dies jedoch unbalanciert und selten optimal absicherte.

Den Albanern, nun in Gleichzahl im Mittelfeldzentrum. Machten nun die Mannorientierungen zu schaffen. Vor allem auf den Flügeln wurde dies deutlich, wo sich teilweise Sechserketten Staffelungen ergaben und sich die Halbräume für die Franzosen öffneten, die nun auch längere Ballstafetten vor dem albanischen Tor zusammen brachten. Dennoch gelang es zunächst kaum den albanischen Riegel zu brechen, man musste ihn umspielen und so gab es eine Vielzahl an Flanken und Flankenversuchen. Jedoch waren stets genug Albaner im Strafraum um diese Hereingaben zu verteidigen, auch wenn Giroud zwei Mal hintereinander nach Flanken vom Strafraumeck gut an den Kopfball kam und einmal sogar die Stange traf. Kamen die in weiß gekleideten Südosteuropäer in Ballbesitz, so verlegte sich Frankreich auf ein 4-1-4-1-Mittelfeldpressing, wo man die Albaner ihre Fehler selbst machen lassen wollte. Man versperrte gut die Passwege in die Halbräume, die ohnehin selten besetzt wurden, und der Aufbau wurde auf die Außenverteidiger gelenkt. Dort attackierte man aggressiv und kesselte Hysaj und Agolli immer wieder effektiv ein und konnte so einige Ballgewinne generieren.

„Es gheat meah g’schupft!“

Die tief stehenden Albaner wurden meist nur belagert, die anschließenden Flanken der Franzosen brachten wie bereits erwähnt nur selten etwas ein. Einmal zeigte Pogba mit einem Heber in den Lauf Comans, wie man diesen Block gut buchstäblich ÜBER-spielen könnte. Der Vorteil an Hebern ist, dass sie genauer sind als Chip Bälle und nicht so scharf, aufgrund ihrer steil auf- und absteigenden Flugkurve schwierig zu verteidigen und leichter für den Mitspieler zu kontrollieren sind. Leider wird dieses taktische Stilmittel zu selten genutzt, wenngleich es sich auch im Champions-League-Finale für Atlético Madrid bewährte, als Carrasco den Ausgleich nach Flanke von Juánfran, der per Heber bedient wurde, erzielen konnte.

Die Kräfte der Franzosen schienen ab Minute 75 etwas nachzulassen, im Pressing kam man nun immer wieder einen Schritt zu spät. Albanien konnte sogar einige Ballstafetten spielen, wenngleich diese aufgrund von fehlender Bewegungssauberkeit im Anbieten und prinzipiellen strategischen Problemen in ihrem Spiel oftmals ein vorzeitiges Ende fanden, weil man einen Fehlpass spielte.

Nach mehreren vergebenen Chancen wurde Giroud ausgewechselt, für ihn kam Gignac. Herber Fehler von Deschamps, sollte er doch wissen, dass Giroud immer einige hundertprozentige Chancen vergeben muss, bevor er trifft. Zwei gute Chancen hatte er schon verpasst, wäre sein Trainer geduldiger gewesen, hätte Giroud wohl das 1:0 erzielt ( 😉 )

Jedoch war es nicht Prügel Gignac, der die gefühlt 100. Flanke der Franzosen einköpfte, sondern der zwar kleine, jedoch eigentlich extrem kopfballstarke (dieses Jahr 5, letztes Jahr 7 Kopfballtore) Antoine Griezmann. Dieses Tor besiegelte auch die Niederlage der Albaner,, die auch in Halbzeit zwei bis auf einen Kopfball kaum torgefährlich wurden. In Minute 95 legte Payet mit einem Schuss aus 16 Metern nach einem Konter noch das 2:0 drauf.

Fazit

Die Franzosen drücken sich durch. Zwar war man deutlich überlegen und dominierte die Albaner, doch es fehlte ein effektives Mittel um die sehr tief agierenden Männer de Blasis zu knacken. Mit wenigen Durchbrüchen auf der Habenseite versuchte man es mit vielen Flanken. Ganze 36 Mal brachte man den Ball meist hoch in den albanischen Strafraum. Ansonsten fand man kaum Mittel, gegen bessere Teams wird das durchaus ein Problem. Albanien konnte kaum Entlastungsangriffe starten, auch weil es offensiv an Unterstützung fehlte.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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