In dieser begleitenden Serie zur Europameisterschaft in Frankreich werden pro Gruppenspieltag die Schlüsselduelle der einzelnen Begegnungen kurz unter die Lupe genommen. Wer die Duelle für sich entscheiden konnte und ob es überhaupt zu den vorgestellten Auseinandersetzungen gekommen ist, wird am folgenden Tag besprochen. Diesmal mit den Paarungen Nordirland – Deutschland, Ukraine – Polen, Kroatien – Spanien und Tschechien – Türkei.
Oliver Norwood vs. Mesut Özil
Gerade in der Defensive zeigen sich die Nordiren bisher sehr stabil und lieferten beachtliche Leistungen ab. Vor allem das Spiel gegen Polen sollte dem deutschen Bundestrainer einiges an Aufschluss gegeben haben, wird der Spielverlauf im heutigen Spiel doch sehr ähnlich sein. Besonders aufgefallen sein dürfte dabei der defensive Mittelfeldspieler der Nordiren Oliver Norwood. Der 25-Jährige ist sehr passsicher, tritt gute Standards und ist sehr zweikampfstark. Wie viele Mannschaften bei dieser EM, verstehen sich die Nordiren darauf, das Zentrum sehr eng zu machen, sodass der Mann von Reading oft auf Mesut Özil treffen könnte.
Gegen das massierte Zentrum und die partielle Mannorientierung der Nordiren, könnten Eins-gegen-Eins –Situationen einer der Schlüssel zur Überwindung des britischen Bollwerks sein. Besonders Özil könnte hier seine Stärken ausspielen; auch seine großartigen Pässe in die Schnittstellen könnten ein probates Mittel sein. Dazu müsste Özil sich aber seines bei Großturnieren des Öfteren gezeigten Phlegmas entledigen und offensiv das Spiel verstärkt an sich reißen. Das Potential dazu hat der 27-Jährige zweifellos.
Andriy Yarmolenko vs. Jakub Blaszczykowski
Zum Leidwesen der Ukraine gehört einer ihrer beiden Superstars zu den bisherigen Enttäuschungen dieser Europameisterschaft. Weder gegen Deutschland, noch gegen Nordirland, konnte der 26-Jährige sein unbestrittenes Können abrufen. Dem Flügelspieler für das unbefriedigende Abschneiden die alleinige Schuld zu geben, greift jedoch zu kurz, präsentierte sich doch die gesamte Mannschaft in schlechter Verfassung. Bereits vor dem letzten Gruppenspiel gegen Polen geht es für die Blau-Gelben um nichts mehr. Vielleicht kann Yarmolenko nun befreit aufspielen und der Welt seine Klasse präsentieren.
Der polnische Flügelflitzer mit dem Zungenbrecher-Namen (daher in weiterer Folge nur Kuba genannt), durchlebte im letzten Jahr eine durchwachsene Saison bei der Fiorentina. Dort konnte sich der von Dortmund ausgeliehene 30-Jährige nicht durchsetzen; auch bei den Westfalen hat er unter Thomas Tuchel wohl keine Chance mehr auf Einsätze. Trotz der ungeklärten Zukunft spielte Kuba vor allem im Auftaktmatch gegen Nordirland groß auf; gegen Deutschland gelang Kuba zwar keine derartige Leistung, agierte aber sehr mannschaftsdienlich und rieb sich defensiv auf dem Flügel auf. Die große Stärke Kubas ist seine enorme Geschwindigkeit und sein Talent für entscheidende Pässe.
Mario Mandzukic vs. Sergio Ramos
Der Kroate ist ein klassischer Mittelstürmer, der seine Stärken beim Kopfball, dem körperlichen Durchsetzungsvermögen und der Abschlussstärke hat. Gerade in Sachen Kopfball gehört Mandzukic zu einem der Besten der Welt und gibt damit dem kroatischen Spiel eine zusätzliche Waffe. Trotz seiner Brecherfähigkeiten ist Mandzukic technisch versiert, was dem eher flach angelegten Spiel der Kroaten natürlich zugute kommt. Obwohl der 30-Jährige bisher noch kein Tor erzielen konnte, rackert er im gegnerischen Strafraum ein gehöriges Pensum ab und reißt immer wieder Lücken.
Der Spanier gehört definitiv zu den besten Innenverteidiger der Welt. Der Kapitän von Real Madrid verfügt über eine einmalige Athletik und ist enorm kopfballstark. Sein Kopfballspiel wird auch als Waffe bei Standards genutzt, bei denen er zusätzlich von seiner körperlichen Wucht profitiert. Der 30-Jährige ist sehr ball-und passsicher, was seine derzeitige Passquote während dieser EM von 91 Prozent unterstreicht. Sein Temperament hat Ramos jedoch nicht immer im Griff, sodass er meist auf einem schmalen Grat wandert, auf dem auf der anderen Seite der Platzverweis wartet.
Vladimir Darida vs. Selcuk Inan
Darida ist so etwas wie das Herzstück der tschechischen Mannschaft. Er lebt von seiner Dynamik, Zweikampfstärke und Passsicherheit, mit der er das tschechische Spiel aus der Tiefe lenkt. Bei dieser EM konnte er diese Stärken bisher noch nicht zur Gänze ausspielen, wobei eine Passquote von 77 Prozent nicht schlecht, aber auch nicht überragend ist. Auch seine Torgefährlichkeit, die er in der letzten Saison für Hertha BSC Berlin unter Beweis stellte, konnte er bisher noch nicht zeigen.
Der zentrale Mittelfeldspieler spielt, wie die gesamte türkische Mannschaft, eine schwache Europameisterschaft. Inan gelang es bisher nicht, dem Spiel die nötige Balance zu geben. In der Defensive präsentierte sich der Türke mitunter sehr zweikampfschwach, was eigentlich so gar nicht zu Inans gewohntem Spiel passt.
Nachbetrachtung der gestrigen Duelle
Der stärkste Mannschaftsteil der Engländer befand sich beim 0:0 gegen die Slowakei eindeutig in der Defensive. Eric Dier war hier einer der herausragenden Akteure, der den slowakischen Superstar Marek Hamsik sehr gut im Griff hatte. Hamsik war im gesamten Spiel kein offensiver Faktor, sodass Dier zusätzlich die englische Offensive ankurbeln und aus der Distanz mit seiner fulminanten Schusstechnik für Gefahr sorgen konnte. Mit einer Passquote von 90 Prozent war er auch in diesem Punkt sehr stark.
Die russische Defensive präsentierte sich beim hochverdienten 0:3 gegen Wales wiederholt in einem desolaten Zustand. Zu keinem Zeitpunkt hatten die Sbornaja Zugriff auf das Spiel und muss mit nur einem Punkt auf dem Konto, der zusätzlich gegen England äußerst glücklich zustande kam, die Heimreise antreten. Vor allem Gareth Bale und Aaron Ramsey bekamen die Russen nie unter Kontrolle. Der walisische Superstar war erneut Dreh-und Angelpunkt in der Offensive und ist bisher einer der überragenden Akteure dieses Turniers.
Ral, abseits.at
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