1:1 in Tripolis: Rapid das bessere Team, Asteras findet und nutzt Achillesferse in der Standardzuteilung der Wiener
Europa League 2.August.2013 Daniel Mandl 0
Der SK Rapid Wien holt im Hinspiel zur dritten Europa League Qualifikationsrunde ein 1:1 bei Asteras Tripolis. Es ist ein Ergebnis, das mit gemischten Gefühlen betrachtet werden muss, auch wenn die Ausgangslage nach dem Remis am Peloponnes gut scheint. abseits.at analysiert die Probleme und die Hoffnungsschimmer, die man aus Griechenland mitnimmt.
Zoran Barisic überraschte mit seiner Aufstellung kaum, änderte zumindest nicht viel an der Ausrichtung seiner Mannschaft. Anders verhielt es sich mit seinem Gegenüber Athanasios Tsiolis, der speziell in der Defensive eine B-Elf aufs Feld schickte, die dafür aber einigermaßen eingespielt war. Man verzichtete etwa auf den neuen Torhüter Dani Hernández aus Venezuela, sowie die defensiven Stammspieler bzw. Neuverpflichtungen Dorin Goian, Sebastián Bartolini und Lautaro Fórmica. Im offensiven Bereich blieben Grazzini, Munafo, Juanma, vor allem aber der technisch starke Caffa nur auf der Bank. Zentrale Rollen nahmen dafür die Neuen Lisgaras und Zisopoulos ein.
Rapid nützt mannschafts- und gruppentaktische Stellungsfehler von Asteras
Die erste Halbzeit gehörte Grün-Weiß, weil der Matchplan Barisics konsequent durchgezogen wurde. Starke Pässe in die Tiefe oder diagonal in die weit geöffneten Zwischenlinienräume der Griechen, machten Rapid gefährlich. Dadurch, dass bei Asteras kaum Bindung zwischen den Mannschaftsteilen – speziell am Flügel – bestand, fand Rapid im zentralen Mittelfeld immer wieder Räume vor. Dass die Zentralachse vor dem Strafraum durch die Griechen eng gemacht werden würde, war klar. Aber Rapid befreite sich immer wieder durch Ball- und Passsicherheit, verlagerte das Spiel recht gut, wobei sich vor allem der kühle Thanos Petsos hervortat.
Positive Leistung in der ersten Halbzeit
Die erste Halbzeit verlief nach dem Geschmack des Rapid-Fans. Einzig eine Unachtsamkeit von Terrence Boyd bei einer defensiven Standardsituation spielte Asteras Tripolis in die Karten. Giorgos Zisopoulos besorgte das zu diesem Zeitpunkt unverdiente 1:0 für die Griechen. Rapid kam durch einen Boyd-Elfer zurück und spielte danach weiter auf den Führungstreffer. Schwachstellen gab es in der ersten Hälfte kaum. Die Außenverteidiger brauchten einige Minuten um ins Spiel zu finden, zeigten sich danach aber solide. Brian Behrendt wirkte durch seine frühe gelbe Karte gehemmt und verfolgte seine Gegner lange Zeit nur, anstatt sie zu attackieren. Ansonsten war die Mannschaftsleistung Rapids geschlossen positiv.
„Two-Face“ Rapid
Asteras hatte in der ersten Halbzeit immer wieder Glück. Einerseits nicht in Rückstand, andererseits nicht in Unterzahl zu geraten. Bei einer Attacke des jungen Dimitris Kourbelis an Louis Schaub übersah der Schiedsrichter ein klares Foul inklusive fälliger gelber Karte – es wäre seine zweite gewesen. Doch in Halbzeit zwei wendete sich das Blatt und wie schon in Wolfsberg stellte Rapid unbegreiflicherweise das Fußballspielen ein. Asteras spielte aufgrund eingewechselter Individualisten technisch besser und erkannte schnell die Achillesferse Rapids. Doch die Rapid-Spieler schafften es nicht, ebendiese Ferse zu stabilisieren.
Asteras nicht typisch kopfballstark – aber ein Mix machte sie gefährlich
Es stellte sich heraus, dass Standardsituationen zum beinahe einzig möglichen Sargnagel für Rapid in Griechenland werden könnten. Was unerwartet kam, weil Asteras nicht unbedingt als Mannschaft gilt, die bei Standards besondere Gefahr ausstrahlt und zudem kopfballstarke Spieler wie Goian nicht mit von der Partie waren. Was die Griechen gefährlich machte, war auch nicht primär ihre praktische Lufthoheit, sondern mehrere Faktoren, die gefährlich ineinandergriffen.
- Wie es zu erwarten war, traten Usero und Caffa ausgezeichnete Ecken und Freistoßflanken.
- Asteras punktete durch eine Art von Stellungsspiel, mit der Rapid über die gesamte Spielzeit nie zurecht kam: Der lange Pfosten wurde überladen, Rapid blieb im Korsett der Raumdeckung bei Standards und hatte so am langen Pfosten immer wieder mit Unterzahlsituationen zu kämpfen.
- Phasenweise machte es den Eindruck, dass die Abwehrspieler vor härterer, fordender Gangart in Kopfballduellen zurückschreckten, um keine gefährlichen Standardsituationen zu riskieren.
- Die Beweglichkeit der offensiven Dreierreihe hinter dem blassen Asteras-Stürmer Barrales sorgte dafür, dass die Griechen nach Standardsituationen viele zweite Bälle gewannen.
Asteras im Rausch des Moments, aber weiterhin anfällig auf Konter
Gewann man diese zweiten Bälle allerdings nicht, wurde Rapid stets im Ansatz gefährlich – auch in der schwachen zweiten Halbzeit. Die voll auf Offensive ausgerichtete Asteras-Elf schaltete völlig unzureichend von Offensive auf Defensive um und lief so zwangsläufig in Konter. Auch weil sich Mitte der zweiten Halbzeit das für Asteras untypische Bild einstellte, dass die Außenverteidiger ihre Grundposition sehr hoch ansetzten. Rapid fand im zweiten Durchgang aber nie den Esprit der ersten 45 Minuten und spielte seine Konter nicht gut genug zu Ende. Allgemeine Befreiung gelang nicht, weil sich die Außenverteidiger Trimmel und Schrammel von ihren technisch starken Gegenspielern zu weit nach hinten drängen ließen.
Bessere Karten für Grün-Weiß
Die Ausgangslage ist mit dem 1:1, vor allem aufgrund des Auswärtstors, natürlich gut. Aber die individuelle Klasse der bereits im Vorfeld des Spiels beschriebenen Dreierreihe mit Caffa, De Blasis und Ximo Navarro, sowie dem spanischen Achter Usero, macht auch ein Tripolis-Auswärtstor in Wien-Hütteldorf alles andere als unwahrscheinlich. Eine Heimspiel-spezifische, zwingende Spielweise Rapids sollte Asteras Tripolis aber im Rückspiel in die Defensive drängen und unter Druck setzen. Die besseren Karten für den Einzug ins Playoff hat nach dem Hinspiel eindeutig Rapid.
Gemischte Gefühle
Gemischte Gefühle sind dennoch angebracht. Einerseits war die starke Diskrepanz zwischen den beiden Halbzeiten ärgerlich und erinnerte an alte Muster, etwa aufgrund der fehlenden Eigeninitiative einzelner Spieler. Andererseits zeigte die Art und Weise, wie Rapid in der ersten Halbzeit spielte, dass man den Griechen auf spielerischer Ebene überlegen ist, mehr Flexibilität und Spielwitz verkörpert. Und was allgemein gerne vergessen wird: Die wenigsten der gestern aufgebotenen Rapid-Spieler sind europacuperfahren. Nichts desto trotz stand eine junge Mannschaft auf dem Platz, die aus dem Spiel heraus kaum etwas zuließ und insgesamt die bessere Fußballmannschaft des gestrigen Abends war. Die insgesamt cleverere, weil auf konkrete gegnerische Fehler und Unzulänglichkeiten fokussierte Mannschaft (Standard-Zuteilung) war allerdings Asteras Tripolis.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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