Analyse: Austria feiert dank Gala-Auftritt Sieg in Rijeka
Europa League 3.November.2017 Dalibor Babic 0
Am vierten Spieltag der UEFA Europa League gastierte die Wiener Austria beim kroatischen Meister HNK Rijeka und wollte nach der 1:3 Heimniederlage vor zwei Wochen Revanche nehmen. Darüber hinaus hatte das Spiel auch Endspiel-Charakter, da es die letzte Möglichkeit war, mit einem Sieg den Traum von einem internationalen Überwintern zu bewahren und sich Hoffnungen auf einen Aufstieg zu machen. Die Erwartungen waren im Vorfeld der Partie durch die zuletzt schlechten Ergebnisse und Verletzungsprobleme naturgemäß nicht sonderlich groß und man ging laut Buchmachern als klarer Außenseiter in dieses Spiel hinein. Letztlich sollte sich die Austria von ihren guten Seite präsentieren und eine starke Vorstellung abliefern, die mit einem Sieg belohnt wurde.
Leichte personelle Entspannung und gegnerspezifische Adaptionen
Rechtzeitig vor dem Spiel in der Küstenstadt Rijeka kehrten immerhin einige Akteure zurück in den Kader der Veilchen und sorgten damit wieder für mehr Optionen bei der Aufstellung, nachdem man gegen den LASK noch quasi mit dem letzten Aufgebot auflaufen musste. Kadiri meldete sich überraschend wieder fit und ermöglichte Serbest wieder die Rückkehr auf seine angestammte Position im defensiven Mittelfeld, wo er als Balancegeber schmerzlich vermisst wurde. Tajouri kehrte ebenfalls zurück in die Mannschaft, weshalb auch der junge Prokop wieder im bevorzugten Zentrum ran durfte. Das System blieb auch weiterhin das gewohnte 4-1-4-1 und mit einem sehr flexiblen Holzhauser, der durch die Rückkehr von Serbest auf die Sechs wieder offensiver werden durfte und entlastet wurde.
Im Spiel sowohl mit als auch gegen den Ball hatte man augenscheinlich vom Hinspiel wichtige Lehren gezogen und sich dementsprechend eingehender auf den Gegner eingestellt. Im Ballbesitzspiel wurde speziell am Positionsspiel gefeilt, aber auch die Spieleröffnung wurde entsprechend angepasst. Man band erneut den spielstarken Pentz aktiv in den Spielaufbau mit ein und dem Torhüter sollte auch eine Schlüsselrolle zukommen, worauf wir im Verlauf noch näher eingehen werden. Zudem dosierte man das Abkippen von Holzhauser etwas und band dieses Mittel passender in das eigene Spiel ein. Kapitän Holzhauser kippte meist auf die linke Seite, wodurch Salamon aufrücken konnte und sich mit Pires abwechselte im Positionsspiel. Mal war der Brasilianer breit und Salamon rückte in die Halbspur, mal war es umgekehrt der Fall. Das sollte wohl beim Gegner für Probleme bei der Übergabe der Gegenspieler und Verwirrung sorgen, um daraus dann Profit zu schlagen. Allgemein agierten die Außenverteidiger der Veilchen sehr offensiv und rückten weit auf, wobei eine leichte Asymmetrie zu vernehmen war. Während Gluhakovic teilweise sehr hoch stand, agierte Salamon etwas zentrumlastiger und balancierter. Durch die sehr offensiven Rollen der Außenverteidiger, die oft Breite gaben, konnte die Offensive der Austria sich relativ frei bewegen und lauerte meist im Zwischenlinienraum, um angespielt zu werden.
Gegen den Ball wartete man ebenfalls mit einigen Änderungen auf und zog entsprechende Schlüsse aus den Problemen im Hinspiel. Da hatte man vor allem mit den vielen Spielverlagerungen des Gegners große Schwierigkeiten und die eigene defensive Formation wurde immer wieder aufgerissen – da man zum Ball verschob, allerdings meist wenig Druck auf den Gegenspieler entfachte, wodurch dieser oft die Möglichkeit bekam in Ruhe die Seite zu wechseln. Dieses Problem bei der horizontalen Kompaktheit wollte man nun so lösen, indem die Abwehr- und Mittelfeldketten unterschiedlich breit standen. Während das Mittelfeld wie gewohnt eng positionierte, war dies bei der Abwehr weniger der Fall und diese nahm eine sehr breite Anordnung ein. Speziell Salamon rückte immer wieder bereits frühzeitig auf seinen Gegenspieler raus und stand sehr breit, wodurch Rijeka kaum mehr die Möglichkeit bekam, die Austria auf dem falschen Fuß zu erwischen. Dennoch barg diese Lösung durchaus Probleme, da die Schnittstelle zwischen Innen- & Außenverteidiger geöffnet wurde, weshalb speziell Westermann sehr aufmerksam sein musste, um diese möglichen Pässe bereits im Vorfeld zu antizipieren.
Ansonsten variierte man zu Beginn mit der Pressinglinie etwas und agierte mit einem unterschiedlichen Rhythmus. Meist lief man Rijeka bereits frühzeitig aus einem 4-4-2 heraus an und sowohl Prokop, als auch Holzhauser wechselten sich an der vordersten Front ab. Dabei sollten sie im Anlaufen immer einen Sechser von Rijeka ins Visier nehmen und zustellen, damit dieser nicht angespielt werden konnte. Wenn man mal keinen ordentlichen Zugriff auf den Gegner bekam und das Pressing ins Leere lief, ließ man sich auch relativ schnell fallen und formierte sich in einem tieferen, raumorientierten 4-1-4-1. Neben dem bereits erwähnten Augenmerk auf die horizontale Kompaktheit, wollte man Rijeka auch noch besser auf dem Flügel isolieren und zustellen. Aus dem Grund rückten die beiden zentralen Mittelfeldspieler Serbest & Holzhauser sehr weit heraus, damit man diese Zone mit eigenen Spielern überlädt, um die Flügeldurchbrüche von Rijeka zu verhindern, die vordergründig nach diesem Muster angreifen.
Rijeka auf der anderen Seite wählte diesmal eine wesentlich offensivere Spielanlage und wollte nicht mehr so stark mauern bzw. abwartend agieren, wie es noch im Hinspiel meist der Fall war. Man wollte selbst aktiv werden und die Austria beschäftigen, weshalb man auch personell das Mittelfeld im eigenen 4-2-3-1 System etwas offensiver besetzte und der Abräumer Males auf der Bank Platz nahm. Durch den Ausfall des Torjägers Gavranovic war man jedoch zu weiteren Änderungen gezwungen, weshalb Ex-Veilchen Gorgon nominell in den Sturm rückte. Dieser sollte sich immer wieder mit Heber und Pavicic abwechseln und flexibel bei der Besetzung der Positionen agieren. Ansonsten legte man das eigene Ballbesitzspiel wie bereits im Hinspiel sehr flügellastig aus und versuchte mit konstanten Doppelbesetzungen auf den Außenbahnen für Durchbrüche zu sorgen, um dann scharfe Bälle in den Strafraum zu bringen.
Gegen den Ball griff man im Gegensatz zum Spiel vor zwei Wochen auf das Angriffspressing zurück und lief den Gegner bereits frühzeitig an. Das eigene Pressing kam mit vielen Mannorientierungen daher und jeder hatte seinen Gegenspieler zugewiesen bekommen, um sich um diesen quasi zu kümmern. Man lief die Austria aus einem 4-4-2 heraus an, wobei die beiden Stürmer sich um die Innenverteidiger kümmerten und die beiden Sechser dahinter nachrückten, um die zentralen Mittelfeldspieler der Gäste zu decken. Wenn man nicht ins Pressing kam und keinen Zugriff erlangte, wechselte man auf ein tieferes 4-4-1-1, in welchem man dann wesentlich raumorientiert agierte und versuchte, durch kurze Abstände das Zentrum zu verschließen und aus einer ordentlich Kompaktheit heraus zu agieren.
Verbessertes Positionsspiel der Austria und Pressingauflöser Pentz
Das Spiel begann zunächst sehr abwechslungsreich mit zwei Mannschaften, die offensichtlich mit einem offenen Visier ausgestattet waren. Beide Teams verbuchten ihre Ballbesitzphasen und versuchten schnell nach vorne zu kommen, weshalb es kaum eine Phase des Abtastens gab. Die Austria wirkte dabei etwas strukturierter und überlegter, während Rijeka viel mit Dynamik und schnellen Durchbrüchen agierte. Letzeres führte zunächst zur ersten großen Gelegenheit, nachdem Rijeka schnell auf die rechte Seite auf den flotten Acosty verlagerte und dieser Gorgon bediente, der nur knapp am Tor vorbeischoss. Danach übernahm die Austria mit einigen guten Ballbesitzphasen, wobei diese bereits zu Beginn vor allem auf das Aushebeln des gegnerischen Pressings zielte und darauf das Augenmerk gelegt wurde. Dabei übernahm der spielstarke Torhüter Pentz eine Schlüsselrolle und sollte optimal eingebunden werde. Da Rijeka sehr mannorientiert vorne anlief und auch die eigenen beiden Sechser auf die zentralen Mittelfeldspieler des Gegners herausrückten, entstanden dadurch vor allem im Zentrum immer wieder Löcher, welche die Austria auch gezielt bespielte, wie man im folgenden Bild gut nachvollziehen kann :
Die Austria steht aufgefächert da und streckt dadurch die Formation von Rijeka, da diese ja mit Mannorientierungen agiert. Serbest erkennt die Situation und bewegt sich intelligent in Richtung Pentz, um seinen Gegenspieler aus seiner Position herauszuziehen, der ihn natürlich verfolgen muss:
Das führt zur folgenden Situation, dass durch die intelligente Bewegung von Serbest nun ein großer Raum hinter den Mittelfeldspielern geöffnet wurde, der auch sofort von Prokop besetzt wird. Pentz spielt diesen auch gezielt an und löst damit das gesamte Pressing des Gegners auf, wodurch Prokop mit Tempo auf die Restverteidigung zulaufen kann. Nach diesem Muster agierte die Austria immer wieder und konnte dadurch das Anlaufen und die Defensivformation des Gegners aushebeln.
Auch der Übergang in das zweite Drittel in der Spieleröffnung ging flüssiger als noch im Hinspiel vonstatten, was zwei Gründe hatte. Einerseits war das Positionsspiel der Wiener sauberer und speziell der Zwischenlinienraum wurde massiver besetzt, damit man diesen auch besser bespielen konnte. Dies wird auch im nächsten Bild gut dargestellt:
Holzhauser zieht klug einen Sechser mit Raus aus dem Zwischenlinienraum und öffnet damit den Raum für Pires, den Westermann auch anspielt.
Die Außenverteidiger rückten sehr weit auf und gaben Breite, während sich der Rest im Zentrum tummelte und bewegte. Dadurch deckte man das Feld gut ab und hatte darüber hinaus stabile Verbindungen zueinander, um kombinativ tätig zu werden. Aber auch bei möglichen Szenen im Gegenpressing war man gut aufgestellt, um raschen Zugriff zu bekommen. Jedoch blieb dies nicht die einzige Justierung im Spielaufbau der Veilchen. Die beiden Innenverteidiger wurden auch angewiesen, bei offenem Raum in das Mittelfeld vorzustoßen und es anzulaufen, um ein Herausschieben des Gegners zu forcieren. Durch diesen Kniff öffnen sich neue Räume im Rücken des Gegners und können im Anschluss bespielt werden. Dieses Muster kann man anhand des nächsten Bildes gut nachvollziehen:
Holzhausers Abkippen verwirrt Acosty, Salamon und Pires binden durch ihre guten Bewegungen die Gegenspieler, wodurch Westermann mit dem Ball vorstoßen kann und offenen Raum vorfindet.
Diese zahlreichen Adaptierungen verbesserten merklich das Spiel der Veilchen und es ging wesentlich flüssiger vonstatten, als es noch im Hinspiel der Fall war. Jedoch hatte auch Rijeka gute Momente im Spiel nach vorne, übte speziell über die offensive rechte Seite viel Druck aus und brachte einige gefährliche Hereingaben in den Strafraum. So entwickelte sich ein sehr abwechslungsreiches Spiel, in dem beide Mannschaften ihre Ballbesitzphasen verbuchten und auch zu Torchancen kamen. Rijeka kam zu zwei guten Möglichkeiten durch Gorgon, wobei Pentz einmal sehr stark reagierte. Die Austria hatte in der Defensive hin und wieder wieder Probleme, sobald es Rijeka gelang, die Seite schnell zu wechseln und Dynamik aufzunehmen. Das lag daran, dass man bei tieferer Ausrichtung nicht genügend Druck entfachen konnte und meist nur auf die Aktionen von Rijeka reagierte, nicht aber geschlossen und gezielt die Räume zustellte. Auf der Gegenseite kamen Serbest & Pires zu guten Chancen, jedoch war da der Torhüter ebenfalls zur Stelle.
Nachdem die Schlagzahl an Chancen auf beiden Seiten etwas abnahm, schlug plötzlich die Austria eiskalt zu. Nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte und schlechten Absicherung von Rijeka, schickte Friesenbichler per Steilpass Pires auf die Reise, der auf den mitgelaufenen Prokop ablegte. Dieser dribbelte sich im Anschluss durch die Restverteidigung durch und traf zum 1:0 Führungstreffer. Dies war dann auch der Halbzeitstand.
Entschlossene Austria und starkes Gegenpressing schnüren Rijeka ein
Nach der Führung vor der Halbzeitpause hatte Trainer Fink wenig Grund, großartige Veränderungen vorzunehmen. Dennoch nahm er eine weitere Anpassung vor, wodurch die Austria noch dominanter wurde und das Spiel komplett in die Hand nahm. Dies betraf vor allem das Gegenpressing, das nun noch intensiver wurde und die Mannschaft dadurch nochmal konsequenter aufrückte, als es ohnehin meist der Fall war. Das nachfolgende Bild zeigt dieses aggressive Gegenpressing sehr gut:
Gleich fünf Spieler gehen nach Ballverlust sofort ins Gegenpressing und erobern dadurch rasch den Ball wieder zurück.
Rijeka kam mit dieser hochaggressiven Spielweise überhaupt nicht zurecht und konnte sich kaum mehr aus der eigenen Hälfte befreien, während die Austria einen Angriff nach dem anderen vortragen konnte und zu einigen gefährlichen Szenen kam, wodurch der nächste Treffer für die Wiener förmlich in der Luft lag. Diesem Umstand geschuldet reagierte der Trainer von Rijeka mit einem frühzeitigen Doppelwechsel und versuchte neue Impulse zu setzen. Durch den eingewechselten Flügelflitzer Kvrzic wurde das Umschaltspiel der Gastgeber nun auch konkreter und dieser konnte einige Male die aufgerückte Austria mit Tempo bespielen. Dennoch fiel quasi aus dem Nichts der Ausgleichstreffer. Der eingewechselte Kvrzic brachte eine Flanke in den Strafraum, Tajouri verlor die Orientierung, weshalb Gorgon auf Pavicic ablegen konnte und dieser zum Ausgelich traf.
Die Austria tangierte das jedoch wenig und sie schlug ihrerseits quasi im Gegenzug eiskalt zurück. Nach einer schönen Verlagerung von Pires, brachte Gluhakovic einen Pass in den Rückraum, in den Prokop reinsprintete und den Ball direkt neben der Stange zum umjubelten 2:1 Führungstreffer platzierte. In dieser Phase entwickelte sich die Partie zu einem offenen Schlagabtausch und einer rassigen Begegnung, in der es hin und her ging. Wenig später hatte Pires die Vorentscheidung auf dem Fuß, als er nach einem sehenswerten Angriff alleine vor dem Tor an Prskalo scheiterte. Im Gegenzug kam Torschütze Pavicic zum Abschluss, jedoch wehrte Pentz den Ball sicher zur Seite ab. Einige Augenblicke später leistete sich Misic eine Tätlichkeit gegen Prokop und flog mit Rot vom Platz, wodurch Rijeka nur noch zu zehnt war. Den fälligen Freistoß köpfte Serbest unbedrängt unter die Latte zum 3:1 und sorgte somit für die Vorentscheidung.
Die Austria kontrollierte die Partie nun wieder vollkommen und ließ den Ball und Gegner überlegt laufen. Man spielte jedoch auch weiterhin nach vorne und wollte nun auch das direkte Duell für sich entscheiden, was bei einer Punktegleichheit in der Endabrechnung der beiden Mannschaften relevant werden könnte. Dies gelang dann auch, nachdem man einen weiteren schönen & direkten Angriff vortrug und Holzhauser Monschein bediente, der nur noch zum 4:1 einschieben musste. Damit sorgte man nicht nur für den Endstand, sondern entschied nun auch das direkte Duell endgültig für sich.
Fazit
Nach fünf sieglosen Spielen gelang der Austria mit einem beeindruckenden 4:1 Auswärtserfolg der Befreiungsschlag und damit meldet man sich eindrucksvoll zurück im Kampf um einen möglichen Aufstieg. Dabei präsentierten sich die Veilchen von Anfang an konzentriert und mutig, auch wenn nicht alles aufging und man in einige Szenen durchaus Glück hatte. Darüber hinaus wurde die Mannschaft sehr gut vom Trainerteam auf den Gegner eingestellt und die Anpassungen gingen jeweils nahezu voll auf, wodurch man einen guten Zugriff auf die Partie fand. Das Pressing des Gegners wurde gut ausgehebelt, der Spielaufbau ging flüssiger vonstatten und auch das Positionsspiel wurde sauberer. Erleichtert wurde die Aufgabe auch deshalb, da Rijeka nicht mehr so destruktiv wie noch im Hinspiel agierte, sondern auch selbst aktiv war und nach vorne spielte. Dadurch entwickelte sich ein munteres Spiel mit vielen Szenen auf beiden Seiten, in der die Austria letztlich dank der starken zweiten Halbzeit auch verdient gewann. Durch den Sieg bleiben die Aufstiegschancen der Veilchen weiterhin intakt, auch wenn AEK Athen durch den unerwarteten Punktegewinn gegen Milan wohl in der Pole-Position liegt. Mit passenden Ergebnissen am nächsten Spieltag, wäre jedoch ein Endspiel um den Aufstieg in der letzten Runde möglich, wo man ja bekanntlich im Heimspiel auf AEK trifft. Es bleibt jedenfalls spannend in dieser Gruppe.
Dalibor Babic, abseits.at
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