Sechs lange Jahre musste die Arena der Austria auf ein Europacupspiel warten, nun war es endlich wieder soweit. Zwar befindet sich die Violetten nach dem schlechten Saisonstart in einer sportlich ungünstigen Lage, dennoch erhoffte man sich durch den internationalen Auftritt endlich einen Befreiungsschlag zu landen und Selbstvertrauen zu tanken. Dabei kam mit Apollon Limassol eine erfahrene und unangenehme Truppe nach Wien-Favoriten, die in den letzten beiden Jahren nicht umsonst in die Europa League-Gruppenphase einziehen konnte.
Kleine Anpassungen im System
Nach der deutlichen 0:3-Schlappe gegen den LASK, kündigte Austria-Trainer Christian Ilzer bereits an, sich Gedanken über mögliche Änderungen zu machen und einiges hinterfragen zu wollen. Ob es systematische, personelle oder anderweitige Änderung geben werde, ließ der Steirer dabei offen. Letztendlich setzte Ilzer das angekündigte um und ließ seinen Worten auch Taten folgen. Zunächst einmal verzichtete der Coach auf den zweiten Stürmer und beorderte stattdessen Prokop eine Spur nach vorne, wodurch eine 4-3-1-2/4-3-2-1 Mischformation entstand. Des Weiteren tauschten Tarkan Serbest und James Jeggo die Positionen, weshalb Serbest den Ankersechser gab und Jeggo auf die Halbposition kam und dort gemeinsam mit Ebner auflief, der ebenfalls neu in die Mannschaft rückte.
Damit ergab sich auch ein recht klares Bild, welchen Plan die Violetten mit diesen Anpassungen verfolgten. Wie wir bereits in unserer Teamanalyse über Apollon Limassol anmerkten, agieren die Zyprer mit einem sehr hohen Flügelfokus, greifen gerne über den starken Rechtsverteidiger Joao Pedro an und setzen dabei auf Flügeldurchbrüche und Hereingaben. Das ist auch dem Trainerteam der Austria nicht verborgen geblieben, weshalb man strategisch dagegen vorging. Ausgangspunkt für den Matchplan gegen den Ball war dabei schon das Anlaufen an höchster Stelle, dass man genau darauf ausrichtete. Stürmer Edomwonyi hielt sich nämlich konstant beim Abwehrchef Yuste auf, der normalerweise für den Spielaufbau verantwortlich ist und sollte ihn aus dem Spiel nehmen. Der zweite Innenverteidiger Szalai wurde stattdessen bewusst offengelassen und das Spiel sollte auf ihn gelenkt werden – und damit weg von der starken rechten Seite. Kapitän Grünwald kümmerte sich um den Spielmacher Markovic, während Prokop ebenfalls versuchte das Zentrum zu verschließen und Szalai nach außen zu drängen.
Sobald dann der gegnerische Innenverteidiger Szalai nach vorne ging, startete das Anlaufen von Prokop und dieser lief den Defensivmann im Bogen an, um ihn nach außen zu drängen. Sobald dann der Pass auf den zypriotischen Außenverteidiger erfolgte, war das der Pressingauslöser für die Violetten und Achter Jeggo startete im Vollsprint auf den Außenverteidiger, während die restliche Mannschaft nachschob und versuchte die Räume zu verengen. Dieser Plan und Mechanismus funktionierte auch recht gut. Apollon kam kaum sauber nach vorne und leistete sich viele Ballverluste und unkontrollierte lange Bälle, da man mit dem Raumdruck nicht klarkam. Folglich hatte die Austria einige saubere Ballgewinne und bekam über die eigene Aggressivität einen guten Zugriff auf das Spiel.
Apollon versuchte in weiterer Folge die beiden Sechser vor der Abwehr besser ins Spiel einzubeziehen und Markovic kippte etwas weiter nach links ab, doch die Austria zog ihren Matchplan konsequent um und konnte nicht nur den Sechserraum gut kontrollieren, sondern das Spielgeschehen von der rechten Seite nahezu komplett fernhalten. Einzig der etwas hölzern wirkende Szalai löste auch unter Druck die Situationen recht ordentlich und leistete sich zumindest keinen Fehler, weshalb man keine noch höheren Ballgewinne verzeichnen konnte.
Starker Rechtsfokus und gute Ballzirkulation
Da man den strategischen Fokus im defensiven Matchplan auf die linke Seite des Gegners verlegte, kombinierte man dies prompt mit den Phasen im Ballbesitz, wodurch man sich da auch gleich einen Vorteil verschaffen wollte. Halbstürmer Prokop hielt sich konstant im rechten Halbraum auf, aber auch Stürmer Edomwonyi wich sehr viel aus und Kapitän Grünwald kam ebenfalls zur Hilfe, weshalb man neben Achter Jeggo und Rechtsverteidiger Klein eine Überzahl in dieser Region herstellte. Dadurch hatte man schon relativ viele Anspielstationen und konnte den Ball in den eigenen Reihen halten. Die Ballzirkulation und Passqualität zeigte sich auch verbessert und man leistete sich weniger Ballverluste, wodurch man das Spielgerät länger in den eigenen Reihen halten konnte. Mustergültig zeigte sich diese Vorgehensweise bei der ersten Großchance der Austria, als man direkt über mehrere Station kombinierte und Edomwonyi auf den rechten Flügel freispielte, der in weitere Folge mit einer Flanke Grünwald bediente.
Trotz des guten Beginns, ging die Austria in Rückstand. Nachdem sich Innenverteidiger Maudo zunächst defensiv nicht geschickt anstellte und dann ein Handspiel beging, verwandelte Markovic den fälligen Elfmeter zum 1:0 für Limassol. Die violetten Gastgeber ließen sich vom Rückstand jedoch nicht beirren und versuchten ihren Matchplan weiterhin durchzuziehen. Das klappte auch recht gut, obwohl in der Offensive durch die Überladungen der Raum eng war und auch sich auch mal Fehlpässe einschlichen. Dennoch war in dem Fall das Gegenpressing zur Stelle (woran die Austria gearbeitet haben dürfte) und man konnte sich das Spielgerät recht rasch wieder erkämpfen oder zumindest ins Seitenaus befördern, um einen Gegenangriff zu verhindern. Interessant war vor allem das Bewegungsspiel der Violetten, denn man bewegte sich wesentlich intelligenter als zuletzt, schob sich konstant aus dem Deckungsschatten und versuchte dem Mitspieler einen Passweg zu ermöglichen.
Einzig der Spielaufbau von hinten heraus war etwas problematisch, da sich Apollon auch etwas Ähnliches wie die Austria ausdachte. Das 4-4-2 der Zyprer bzw. die beiden Stürmer von Apollon orientierten sich an Madl und Sechser Serbest und verschoben stärker zu ihnen, um das Spiel mehr auf den spielerisch schwächeren Maudo zu verlagern und ihn damit quasi offenzulassen. Doch dank der großen Präsenz im Zentrum, fand man dennoch meist Optionen nach vorne, wodurch es zwar etwas länger dauerte und man mehrere Stationen durchlaufen musste, um sich freizuspielen, allerdings dennoch oft auf die rechte Seite kam.
Schwierig war auch das Spiel im letzten Drittel, weil man mit dem ausweichenden Edomwonyi recht wenig Präsenz in der Angriffslinie hatte. Dadurch musste man sich gemächlich nach vorne kombinieren und konnte das Umschaltspiel nicht wirklich zur Entfaltung bringen. Dennoch setzte man sich vor dem Ausgleich immer mehr in der gegnerischen Hälfte fest, erarbeitete sich viele Standards und bekam weiterhin einen guten Zugriff auf den Gegner, der nur selten aus der eigenen Hälfte kam und sich nach dem Elfmeter auch keine weiteren Torchancen erarbeiten konnte. Der Plan, das Spiel von der rechten Seite wegzuhalten ging die meiste Zeit auf und hemmte das Angriffsspiel der Zyprer merklich. Darüber hinaus wurde der Austria ein klarer Elfmeter verwehrt, jedoch bekam man wenig später nach einer schönen Aktion letztlich doch einen zugesprochen. Den fälligen Strafstoß verwandelte Routinier Klein souverän und stellte damit auf 1:1, was gleichzeitig auch der Pausenstand war.
Gegentreffer wirft Austria völlig aus der Bahn
Nach dem Wiederanpfiff erwartete man, dass die violetten Gastgeber dort weitermachen, wo sich nach der guten ersten Halbzeit aufgehört hatten. Stattdessen fing man nach nur wenigen Minuten einen weiteren Gegentreffer ein. Nachdem Prokop an der gegnerischen Abwehr hängen blieb, fuhren die Zyprer einen Konterangriff in Unterzahl. Eigentlich hatte die Austria mit sieben Spielern genügend Mann zur Absicherung zur Verfügung, allerdings verschob die Abwehrkette nicht zum Ball, attackierte Linksverteidiger Martschinko nicht seinen Gegenspieler und ließ ihm alle Zeit der Welt einen Schnittstellenpass zu spielen, weshalb Gakpe plötzlich alleine vor dem Tor stand – obwohl man doppelt so viele Spieler im Umkreis hatte und in Überzahl agierte. Das wurde prompt bestraft und via Latte ging der Ball dann ins Tor zum 1:2, womit die Violetten erneut einen Rückstand hinterherlaufen mussten.
Doch anders als nach dem 0:1, gab es diesmal keine passende Reaktion, im Gegenteil. Die Austria verlor immer mehr die Ordnung, verschob nicht mehr als Einheit kompakt zum Ball und die Abstände wurden dadurch wesentlich größer, wodurch sich auch Apollon öfter spielerisch aus dem Pressing befreien konnte und vermehrt Spielverlagerungen einbaute. Die Folge davon war, dass die Wege für die Wiener wesentlich weiter wurden und man vor allem viele leere Kilometer abspulte, was sich speziell im Offensivspiel zeigte. Dadurch fehlte die letzte Power und Durchschlagskraft im Angriff und man konnte die Intensität vom ersten Durchgang nicht mehr auf den Platz bringen.
Austria-Trainer Ilzer versuchte es auch mit mehr Offensivpower und brachte mit Monschein eine weitere Spitze ins Spiel, um die Durchschlagskraft wieder zu erhöhen. Allerdings verlor man dadurch das Übergewicht im Zentrum und verlagerte sich das Spiel mehr auf den Flügel, wo man allerdings kaum Durchbrüche kreieren konnte. Das Ballbesitzspiel wurde merklich schlechter, weshalb Ilzer nochmal eingriff und Edomwonyi rausnahm, um mit Fitz wieder mehr Präsenz im Mittelfeldzentrum zu bekommen. Dadurch wurde die Ballzirkulation zumindest im zweiten Drittel wieder etwas besser und die Dreiecksbildung verlief sauberer. Das reichte allerdings nicht, um im letzten Drittel richtig Durchschlagskraft zu entwickeln und man fand gegen die dichtgestaffelte Defensive der Zyprer kaum Lösungen.
Auch defensiv hatte man weiterhin Probleme und aufgrund der mangelnden Kompaktheit, kam Apollon immer wieder zu Kontergelegenheiten und gefährlichen Angriffen, wodurch es für das Tor der Wiener einige Male brenzlig wurde und Torhüter Lucic mehrmals eingreifen musste. Dadurch blieb die Schlussoffensive der Violetten weitestgehend aus und man kaum auch zu keiner richtigen Ausgleichsgelegenheit mehr. Zum Überdruss fing sich Abwehrchef Madl nach einem technischen Fehler auch noch die Gelb-Rote Karte ein, womit er im Rückspiel fehlen wird. Somit beendete die Austria das Spiel nicht nur mit einer Niederlage, sondern auch in Unterzahl.
Fazit
Die Austria kommt aus der Negativspirale einfach nicht heraus. Dabei legte man in der ersten Halbzeit eine gute Performance hin, wirkte passend auf den Gegner eingestellt und bekam guten Zugriff auf die Partie, weshalb man sich allgemein in vielen Aspekten verbessert präsentierte. Die leichte systematische Anpassung und die Personalwahl schienen genau die richtige Maßnahme gewesen zu sein und dadurch stand man nicht nur in der Defensive kompakt und konnte das Flügelspiel von Apollon eindämmen, sondern auch in der Offensive konnte die Austria etwas mehr Akzente setzen, als es in den letzten Spielen der Fall war. Jedoch machte man sich die gute Leistung mit dem schlechten Verhalten zum 1:2 nicht nur zunichte, sondern verlor danach vollkommen den Faden und die Ordnung, wodurch man von Glück sagen kann, dass es letztlich nur bei zwei Gegentreffern geblieben ist. Damit musste man nicht nur einen weiteren Rückschlag einstecken, sondern hat nun im Rückspiel eine äußerst schwierige Ausgangssituation zu bewältigen, um den Aufstieg doch noch irgendwie zu bewältigen.
Dalibor Babic, abseits.at
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