Analyse: LASK holt in Eindhoven einen Punkt
Europa League 25.Oktober.2019 Dalibor Babic
Am dritten Spieltag der UEFA Europa League stand für den österreichischen Vizemeister das Gastspiel beim niederländischen Spitzenclub PSV Eindhoven auf dem Programm. Dabei sah die Ausgangslage nach der unnötigen Niederlage in Lissabon für die Linzer etwas brenzliger aus und es stand nun das schwere Spiel gegen den Gruppenfavoriten bevor. PSV konnte bislang ihre beiden Spiele souverän für sich entscheiden und wollte nun gegen den LASK den nächsten Sieg feiern. Die Vorzeichen standen also nicht gut und die Oberösterreicher gingen als klarer Underdog in dieses Spiel.
Offensivgewaltige Holländer als Herausforderung
Nach der gelungenen Generalprobe in der Bundesliga, wo man Mattersburg mit 7:2 aus dem Stadion schoss, stand für den LASK nun also der schwere Gang nach Eindhoven auf dem Programm. Dort traf man auf eine unheimlich spielstarke Mannschaft, die über viel Tempo und technische Qualität verfügt. Dadurch können die Holländer eine große Durchschlagskraft in der Offensive entwickeln und jedem Gegner wehtun. Dem LASK stand also eine große Herausforderung und ein ordentliches Brett bevor. Dementsprechend gut mussten sich die Linzer auf dieses Spiel einstellen und einen passenden Matchplan zurechtlegen. Überraschungen standen den Österreichern also keine bevor, ist PSV doch ganz klar eine Ballbesitzmannschaft und definiert sich über diese Spielanlage.
Eindhoven baut dabei im Spielaufbau mit einer asymmetrischen Viererkette auf, da man die Offensivqualitäten von Rechtsverteidiger Dumfries in Szene bringen möchte. Daher rückt der Außenverteidiger sehr weit nach vorne und agiert im Stile eines Flügelstürmers, während der Linksverteidiger dafür tiefer bleibt und dieses Aufrücken ausbalanciert. Dadurch entsteht bei PSV kurzzeitig eine Dreierkette im Aufbau, die von zwei davor postierten tiefen Sechsern unterstützt wird. So verändert sich das 4-2-3-1 Grundsystem der Gastgeber kontinuierlich und man agiert sehr flexibel in der Besetzung der Positionen. Das merkt man vor allem in der Offensive von PSV, die ganz klar das Prunkstück des Teams ist. Die vier offensiven Mittelfeldspieler rochieren ständig miteinander und bewegen sich überall auf dem Feld, wodurch man auch sehr viele Überladungsversuche von PSV sieht, um Überzahl in Ballnähe herzustellen.
Wie man sieht, bringt Eindhoven nicht nur von der individuellen Qualität her viel mit, sondern auch vom strukturellen Aspekt. Selbst für die defensivstarken Linzer war das also eine ordentliche Herausforderung. Wie stellte sich der LASK darauf ein? Man versuchte, wie gewohnt das eigene Pressingspiel durchzudrücken und auch vor so einem so spielstarken Gegner nicht Halt zu machen. Man agierte wie gewohnt aus einem 3-4-3/5-2-3 System heraus und versuchte den Gegner bereits hoch anzulaufen. Dabei passte dem LASK die asymmetrische Viererkette und die zwei tiefen Sechser von PSV gut in den Kram, denn dadurch konnte man deren System quasi spiegeln und mit der eigenen Sturmreihe und den zwei Sechsern direkten Zugriff herstellen. Dadurch hatten die Linzer eine sehr mannorientierte Vorgehensweise in der Zuordnung und jeder hatte einen direkten Gegenspieler. Daher waren auch viele Zweikämpfe und Duelle Mann gegen Mann quasi vorprogrammiert.
PSV überrollt den LASK in der Anfangsphase
Der Plan des LASK war also recht klar und simpel und man war gespannt, ob es dem österreichischen Vizemeister gelingen würde, eine weitere Ballbesitzmannschaft mit dem Pressingkonzept zur Verzweiflung zu bringen. Der PSV Eindhoven beantwortete die Frage bereits in der Anfangsphase und demonstrierte, welch Qualität in der Mannschaft steckt. Schon nach wenigen Sekunden rannte Angreifer Bergwijn alleine auf Torhüter Schlager zu und der Linzer Schlussmann bewahrte seine Mannschaft mit einer Parade vor dem Rückstand. Das war nicht das einzige Mal, dass die Gastgeber das Pressing der Linzer aushebeln konnten. PSV legte sich natürlich ebenfalls einen Matchplan zurecht, mit dem man das Angriffspressing des LASK aushebeln wollte, wofür man letztlich zwei Varianten auswählte. Im ersten Schritt versuchte man eine „verkehrte Z“ Passfolge: Innenverteidiger spielt auf Sechser ins Zentrum – der lässt auf den Außenverteidiger prallen – Außenverteidiger spielt vertikal nach vorne – ergo von der Abfolge wie ein „verkehrtes Z“.
Dadurch sollte das Durchsichern des LASK auf die Probe gestellt werden, da die Außenverteidiger und Halbverteidiger der Linzer nach der Ablage auf die gegnerischen Außenverteidiger, folglich auf die Flügelzone nachschieben und für Zugriff sorgen mussten. Die zweite Variante waren schlicht lange Bälle auf Stürmer Bergwijn, allerdings kontrolliert und auch mittels Chipbällen. Diese Option wählte man, falls es dem LASK gelang die Passwege zuzustellen und rechtzeitig für Zugriff zu sorgen. So war der PSV nicht nur darauf versteift, flache und spielerische Lösungen zu finden, sondern konnte im Bedarfsfall auch so den Ball nach vorne bringen und auf den zweiten Ball gehen. Vor allem mit der zweiten Variante hatte der LASK große Probleme, was vor allem mit der Personalie Bergwijn zusammenhing.
Der als Mittelstürmer aufgebotene Offensivspieler verfügt über ein recht komplettes Fähigkeitsprofil, ist nicht nur pfeilschnell und dribbelstark, sondern kann dank seiner Physis auch den Ball mit dem Rücken zum Tor festmachen. Davon konnte sich vor allem LASK-Kapitän Trauner aus nächster Nähe überzeugen, denn Bergwijn bereitete dem Routinier und seinen Mitspielern große Probleme. Immer wieder konnte Bergwijn die Bälle gut festmachen und auf die nachrückenden Mitspieler ablegen, die dann mit Tempo auf die Abwehr der Linzer zulaufen konnten. Bergwijn bereitete dem LASK so auf mehreren Ebenen große Probleme und wurde nicht nur selber gefährlich, sondern setzte auch seine Mitspieler gut in Szene. Da der LASK mit der Mannschaft hoch presste und die Abwehr nachrückte, ergaben sich für die PSV nach Sicherung der Bälle große Rückräume, die man mit den schnellen Angreifern ausnutzen konnte. Das bekam der LASK mehrmals zu spüren und Holländer kamen mehreren Durchbrüchen und gefährlichen Situationen, weshalb Torhüter Schlager seine Mannschaft einige Male vor einem Rückstand bewahren musste.
Erst nach gut zwanzig Minuten, überstand der LASK diese Druckphase des Gegners und fand besser in das Spiel hinein. PSV veränderte den eigenen Rhythmus etwas und verlegte die Pressinglinie etwas nach hinten, wodurch der LASK den Ball länger in den eigenen Reihen zirkulieren lassen konnte. Davor hatte auch das Gegenpressing der Holländer den Linzern ordentlich zugesetzt, weshalb man recht schnell die Bälle verlor und kaum Konterangriffe fahren konnte. Mit den längeren Ballbesitzzeiten der Gäste, beruhigte sich das Spiel etwas und der LASK konnte öfter den Ball in der gegnerischen Hälfte laufen lassen. Spielerisch versuchte man speziell über die rechte Seite nach vorne zu kommen, wo Ranftl mittels Diagonalpässen auf Zielspieler Raguz den Weg ins Zentrum finden sollte. Doch die Oberösterreicher agierten meist zu ungenau und fahrig im Passspiel, wodurch meist vor dem Strafraum der Ball verloren ging und man dadurch kaum für Gefahr sorgen konnte.
Auf der anderen Seite blieb Eindhoven speziell im Umschaltspiel gefährlich und kam zu weiteren guten Szenen, wo der LASK in höchster Not retten musste. Für die Linzer ging es daher mit einem schmeichelhaften 0:0 in die Halbzeitpause.
LASK findet besser ins Spiel, PSV bleibt gefährlich
Nach dem Wiederanpfiff zum zweiten Durchgang, setzte sich die Tendenz vor der Halbzeitpause weiterhin fort. PSV kontrollierte die Partie und kam zu weiteren guten Szenen im letzten Drittel, während der LASK einige gute Ballgewinne errang, jedoch mit diesen meist nichts anfangen konnte und zu fehlerhaft blieb. Problematisch war für den LASK (neben den oben beschriebenen Schwierigkeiten) ebenfalls, dass man durch die Mannorientierungen viele Eins gegen Eins-Duelle auf dem Feld hatte. PSV wusste das Feld gekonnt zu strecken und zog so auch den Gegner in die Breite, wodurch sich die technisch starken Spieler immer wieder im direkten Duell durchsetzen und sich dem Zugriff des LASK entziehen konnten. Den Gastgebern reichten so selbst auch kleine Räume, um sich zu befreien und Angriffe zu fahren.
Darüber hinaus vollzogen die Holländer geschickte Rotierbewegungen, womit man die Abwehrspieler aus der Fünferkette zog und die dahinter aufgehenden Räume gut bespielte. Die PSV schaffte es also über verschiedene Varianten dem LASK Probleme zu bereiten. Die Linzer dagegen blieben in der Offensive weiterhin zu ungefährlich. Ballverluste in der gegnerischen Hälfte waren die Regel und selbst Schusschancen wurden vom Gegner meist geblockt, weshalb der gegnerische Torhüter auch nichts zu halten bekam. Quasi aus dem Nichts hatten die Oberösterreicher dann die große Chance in Führung zu gehen, doch Raguz schoss aus aussichtsreicher Position weit über das Tor.
Im Gegenzug wurden auch die Holländer einige Male gefährlich und Filipovic musste in höchster Not nach einer traumhaften Kombination retten. Der LASK bekam sogar eine zweite Möglichkeit auf den Matchball, doch der eingewechselte Klauss setzte einen Kopfball neben den Kasten. Da die Defensive der Linzer in der Schlussphase sicher stand und der beste Mann auf dem Platz Bergwijn angeschlagen das Spiel beenden musste, blieb es beim 0:0 Unentschieden.
Fazit
Wie erwartet bekam es der LASK mit einem großen Brocken zu tun und wurde mehr als nur gefordert. Vor allem in der Anfangsphase fand man überhaupt nicht in die Spur und wurde vom PSV quasi überrannt, weshalb man letztlich von Glück sagen kann ohne Gegentreffer geblieben zu sein. Das Pressing und das Durchsichern der Abwehrspieler wurde mehrmals auf die Probe gestellt und nicht immer sah man dabei gut aus. Nach und nach verbesserte man sich zumindest etwas und konnte das eigene Spiel stabilisieren, auch wenn der Gegner ständig gefährlich blieb. Durch die vermehrten Ballgewinne und längeren Ballbesitzzeiten wurde man ebenbürtiger, jedoch blieb das große Problem, dass man im letzten Drittel viel zu ungenau agierte und kaum Durchsetzungsvermögen zeigte. Das führte dazu, dass von den elf abgegebenen Schüssen ganze sechs (!) abgeblockt wurden.
Trotz dieser Probleme im Offensivspiel, kam man im letzten Drittel der Partie zu zwei tollen Gelegenheiten, wodurch man sich auf die Siegerstraße bringen hätte können. Doch das wäre wohl zu viel des Guten gewesen, war die PSV Eindhoven doch die bessere Mannschaft und scheiterte nur an der eigenen Ineffizienz im Strafraum. Der LASK kann mit diesem Punkt jedenfalls viel Anfangen und damit nicht nur die ergebnistechnische schlechte Woche der österreichischen Europacupfighter zumindest etwas kaschieren, sondern auch auf ein Überwintern in der Europa League hoffen.
Dalibor Babic
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