Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen frisch gebackenen EL-Sieger…
Lieber Luuk de Jong!
Fußball ist zwar ein Mannschaftssport, häufig jedoch gibt es nach Spielen einen Helden und einen tragischen Verlierer. Am Freitag hast du erfahren, wie es ist maßgeblich für einen Sieg verantwortlich zu sein. Das Schöne (und auch das Tragische) am Fußball ist eben, dass man sich in einer Sekunde „from zero to hero“ schießen kann, aber mit einer Aktion auch alles versemmeln und zum Buhmann einer Partie werden kann.
Nur zwei Spiele in dieser Europa League hast du über 90 Minuten bestritten, bis du nach deinem Siegestreffer gegen Manchester United in Sevillas EL-Startelf für das Finale vorgerückt bist. Gegen Inter hast du dann den Ausgleich erzielt ‑ mit einem richtig schönen Flugkopfball ‑ und mit einem weiteren Kopftreffer noch das Spiel gedreht. Zwar vor leerer Kulisse aber von den Kameras eingefangen und somit für die Nachwelt festgehalten. Dank eines weiteren Tores hat der FC Sevilla den sechsten Europacuptitel geholt und du wurdest zum „Man of the Match“ gekrönt.
Lieber Luuk, das war das Schöne am Freitag. Doch der Abend hatte auch seine tragische Seite: Dein Kontrahent Romelu Lukaku besiegelte mit dem unglücklichen Abfälschen des Fallrückziehers von Diego Carlos die Niederlage der Norditaliener. Für den 27-jährigen Topstürmer, der in der fünften Minute einen Elfmeter, den er selbst herausgeholt hatte, zur Führung der Nerazzurri verwandelt hat, war es ein grausamer Abend. Dabei hätte es sein Finale sein sollen, denn der Belgier gilt als unumstrittener Starspieler bei den Mailändern.
Dieses Gefühl kennst du: Mit viel Vorschusslorbeeren kamst du einst für eine Menge Geld aus Enschede und warst bei Gladbach fehl am Platz. Es nützt eben nichts, wenn der Trainer einen anderen Spielertyp will. Den Fans am Niederrhein bist du als Transferflop in Erinnerung geblieben, der erst an Newcastle United verliehen und schließlich (mit viel Minus) zurück in die Niederlande verkauft wurde. Doch seit deiner Zeit bei der PSV Eindhoven, wo du zum Stammspieler wurdest und entscheidende Anteile an den folgenden Meistertiteln hattest, scheint für dich sportlich wieder die Sonne. Jetzt wenige Tage vor deinem 30. Geburtstag bist du König von Europa. Genieße dieses Gefühl! Im Fußball geht es schnell und um diesem System zu entkommen, rate ich dir folgende Worte ernst zu nehmen: „Erfolg und Misserfolg sind beide überbewertet!“ (Zitat: Hildegard Knef)
Es gratuliert dir herzlich
Marie Samstag, abseits.at
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Marie Samstag
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