Im hier beginnenden Dreiteiler über den Donnerstags-Gegner des SK Rapid Wien gehen wir auf Verein, Ausrichtung, Spielweise und Mannschaft des FC Thun ein. In... Das ist der FC Thun (1): Underdog, der das Maximum aus seinen Möglichkeiten herausholt

Fußball in der SchweizIm hier beginnenden Dreiteiler über den Donnerstags-Gegner des SK Rapid Wien gehen wir auf Verein, Ausrichtung, Spielweise und Mannschaft des FC Thun ein. In den nächsten Tagen analysieren wir außerdem die Mannschaften von Porto und Elfsborg genauer. Der erste Teil unseres großen Portraits über den FC Thun behandelt den Verein selbst.

Name: FC Thun 1898
Gründungsdatum: 1.Mai 1898
Alter: 115 Jahre
Vereinsfarben: Rot-Weiß
Stadion: Arena Thun
Kapazität: 10.000
Präsident: Markus Lüthi
Trainer: Urs Fischer

Erfolge

  • Schweizer Vizemeister 2005
  • Schweizer Cupfinalist 1955
  • Champions League Teilnahme 2005
  • Einzug in die UEFA-Cup-K.O.-Phase 2006 (Dritter in der CL-Gruppe)
  • Qualifikation zur Europa League Gruppenphase 2013

Standing in der Schweiz

Der FC Thun wurde in den letzten drei Jahren in der Schweizer Superleague jeweils Fünfter. Davor verbrachte der Verein zwei Jahre in der zweithöchsten Spielklasse, der Challenge League. Die beste Zeit auf nationaler Ebene hatte Thun in der Zeit von 2004 bis 2006: In der Saison 2004/05 wurde die Mannschaft Vizemeister hinter dem FC Basel. Auf den Titel fehlten zwar zehn Punkte, aber man ließ die beiden großen Zürcher Klubs klar hinter sich.

Mit dem Abstiegskampf hat der Verein seit dem Wiederaufstieg 2010 nichts mehr zu tun. Möchte man Thun also mit einem österreichischen Pendant vergleichen, dann könnte man dazu idealerweise die SV Ried als Beispiel heranziehen. Nicht nur wegen der sehr ähnlichen Platzierungen und der markanten Ähnlichkeit des Stadions der beiden Klubs, sondern auch wegen einer noch viel auffälligeren Parallele.

Ähnlich wie Ried in Österreich, ist auch Thun in der Schweiz dafür bekannt, aus sehr geringen finanziellen Mitteln und „kleinem“ Umfeld das Maximum herauszuholen. Die Transferpolitik des Vereins aus dem Berner Oberland ist klar: Stärkere Spieler von kleinen Klubs holen, oder aber vielversprechende Spieler, die bei größeren Schweizer Klubs nicht zum Zug kommen und dann in Thun zu wichtigen Eckpfeilern in einem kleineren Team geformt werden. Das Scouting des FC Thun beschränkt sich somit fast ausschließlich auf die Schweiz. Viele der Legionäre, die geholt wurden, spielten entweder schon früher in der Schweiz oder im leicht beobachtbaren Ausland (z.B. Deutschland). Der Rest der Neueinkäufe kommt von Ligakonkurrenten, Zweitligisten oder aus dem eigenen Nachwuchs. Eine Abweichung von dieser Philosophie ist sehr selten.

Standing in Europa

Auf europäischer Ebene von Standing zu sprechen, wäre wohl übertrieben. Aber in der Saison 2005/06 hinterließ Thun eine ordentliche Duftmarke auf internationaler Fußballbühne. In derselben Saison, in der auch Rapid letztmalig in der Champions League ran durfte, gab der FC Thun erst sein Europacupdebüt in der damals 107-jährigen Vereinsgeschichte. In der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League war Thun gegen Dynamo Kiev krasser Außenseiter, setzte sich dennoch mit 2:2 (a) und 1:0 (h) durch. Im Playoff gab es einen glatten Sieg über Malmö (1:0 a, 3:0 h) und so zog der Klub bei seinem Erstversuch in die Gruppenphase der UEFA Champions League ein.

Dort sorgte Thun gehörig für Aufsehen: Im ersten Gruppenspiel sorgte Dennis Bergkamp im Highbury, in der alter Heimstätte der Gunners, erst in der 90.Minute für den 2:1-Sieg Arsenals über den CL-Neuling. Schon im zweiten Spiel holte Thun mit einem 1:0-Sieg über Sparta Prag den ersten Dreier in der Königsklasse. Es folgten zwei Niederlagen gegen Ajax Amsterdam (0:2 a, 2:4 h) und eine knappe 0:1-Heimniederlage (gespielt wurde allerdings – wie immer in der Champions League – in Bern) gegen Arsenal, bei dem Robert Pires wieder erst in der 88.Minute netzte. Das 0:0 bei Sparta Prag im letzten Gruppenspiel sicherte Thun den dritten Platz und die Chance im Frühling im UEFA-Cup weiterzuspielen. Dort schieden die Schweizer knapp gegen den Hamburger SV aus (1:0 h, 0:2 a).

Erst 2011/12 qualifizierte sich Thun wieder für Europa: In der Europa League Qualifikation bezwang man Vllaznia Skoder aus Albanien (0:0 a, 2:1 h) und die US Palermo (2:2 a, 1:1 h), scheiterte dann aber im Playoff an Stoke City aus England (0:1 h, 1:4 a).

2013 schaffte es das Team mit guten Leistungen in der Qualifikation in die Gruppenphase: Gegen den georgischen Vertreter Chikhura hatte man keine Probleme (2:0 h, 3:1 a), die insgesamt sehr schwachen Schweden vom BK Häcken wurden ebenfalls zweimal besiegt (2:1 a, 1:0 h). Im Playoff gegen Partizan Belgrad gab es zwar zuerst eine 0:1-Auswärtsniederlage, zu Hause gewann Thun jedoch mit 3:0, spielte Partizan dabei phasenweise an die Wand und stieg in die Gruppe auf. Der FC Thun sammelte damit einige Punkte für die UEFA-Fünfjahreswertung und schaffte es völlig verdient in die Gruppenphase. Anders als Rapid hatte Thun dabei den harten Gegner im Playoff und einen schwächeren in der Runde zuvor.

Interessante Transfers

Thun ist ein kleiner Klub und kommt ohne nennenswerte Zahlungen von Ablösesummen aus. Anders als etwa die Young Boys Bern wirtschaften sie dennoch in einem mehr als vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Und gelegentlich verkauft man auch einen Spieler mehr oder weniger teuer. Hier die wichtigsten Abgänge der letzten Jahre:

  • 2011: Nick Proschwitz zum SC Paderborn um 1.000.000 Euro
  • 2005: José Goncalves zum FBK Kaunas um 1.000.000 Euro
  • 2011: Darío Lezcano zum FC Luzern um 850.000 Euro
  • 2012: Anatole Ngamukol zu Grasshoppers um 800.000 Euro
  • 2006: Önder Cengel zu Gaziantepspor um 800.000 Euro
  • 2005: Mauro Lustrinelli zu Sparta Prag um 500.000 Euro
  • 2011: Timm Klose zum 1.FC Nürnberg um 400.000 Euro

Aktuelle Form

Die letzte Niederlage in der Liga musste Thun am 28. Juli gegen die Young Boys Bern (2:3 a) hinnehmen. Momentan steht die Mannschaft mit neun Punkten aus sieben Spielen (2-3-2) auf dem sechsten Platz der Schweizer Zehnerliga. In den nächsten vier Ligaspielen hat es Thun aber durchwegs mit harten Brocken zu tun: Unmittelbar nach dem Rapid-Spiel geht es gegen Grasshoppers Zürich (a), Basel (h) und Luzern (a) – allesamt Teams, die in der Tabelle vor den Thunern zu finden sind. Dies ist das September-Programm – aber auch der Oktober startet schwierig: Zuerst das Auswärtsspiel in Genk, danach ein Heimspiel gegen die Grasshoppers…

Fünf Tage vor dem Rückspiel gegen Rapid Ende November trifft der FC Thun übrigens auswärts auf den FC Basel.

Im zweiten Teil unseres Spezials über den FC Thun geht’s um Spielweise und Taktik!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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