Drei Jahre Europa League – Eine Bilanz
Europa League 12.Mai.2012 OoK_PS 0
Mit dem Finale in Bukarest wurde die dritte Saison der Europa League beendet. UEFA-Präsident Michel Platini war angetreten, um den etwas in die Jahre gekommenen UEFA Cup zu reformieren und einen Bewerb zu schaffen, der vor allem Vereinen jenseits der Topnationen eine gute Plattform bietet. Inwiefern dies gelungen ist und wo noch Nachholbedarf besteht, analysiert abseits.at.
Mini-Champions League
Im Gegensatz zum UEFA Cup verfügt die Europa League über eine einheitliche Corporate Identity, die sich von TV-Grafiken über Werbebanden bis hin zur eigenen Hymne zieht. Damit wurde das Gefühl einer Schmalspurvariante der Champions League und gleichzeitig ein professionellerer Eindruck als bisher geschaffen.
Durch garantierte sechs Gruppenspiele können sich nun auch kleinere Vereine über Fußball auf Europacupniveau bis Mitte Dezember freuen. Dazu gibt es fixe Spieltermine, was die Planung deutlich erleichtert und dem Bewerb einen recht attraktiven Anstrich verleiht. Die Zeiten, in denen der UEFA Cup von Donnerstagmittag bis spät abends gespielt wurde, sind endgültig vorbei, lediglich in der Qualifikation trifft man noch auf solche Verhältnisse.
Die Vermarktung der Fernsehrechte erfolgt ab der Gruppenphase zentral, so dass man sicher sein kann, von allen Spielen auch bewegte Bilder zu sehen – dies war im UEFA Cup auch in den entscheidenden Runden beileibe nicht der Fall. Dies garantiert den Vereinen und deren Sponsoren Bildschirmpräsenz, denn die Rechte an der Europa League wurden an Sender in aller Herren Länder verkauft, so dass von sämtlichen Spielen weltweit zumindest auch Zusammenfassungen zu sehen sind – ein Meilenstein verglichen mit dem UEFA Cup.
Preisgelder
Dass die Europa League nicht mit den Fernseheinnahmen der Champions League konkurrieren kann, ist logisch. Dennoch ist die rund eine Million Euro, die man für den Einzug in die Gruppenphase erhält, zu niedrig gehalten. Zwar freuen sich Vereine aus Ländern wie Österreich und der Schweiz gewiss über diese Summe, für Vertreter der Topnationen bietet sie aber keinen Anreiz, wie sich vor allem Jahr für Jahr anhand der Vertreter der Serie A zeigt, die lieber ihre Stars schonen, um in der wesentlich lukrativeren heimischen Meisterschaft angreifen zu können.
Möchte man die Europa League als auch für die großen Vereine ernstzunehmenden Bewerb etablieren, müssen die ausgeschütteten Summen erhöht werden – auch wenn dies wohl nur über eine Querfinanzierung aus der Champions League möglich ist.
Spielanzahl
Um sich für die Europa League zu qualifizieren, bedarf es eines kleinen Marathons, bis zu acht Partien sind nötig, um alleine den Einzug in die Gruppenphase zu schaffen, wo noch einmal sechs hinzukommen. Dies ist einerseits für die Vereine positiv, da sie mit den Spielen Einnahmen generieren können, doch bedeutet es auch gerade in den Sommermonaten enormen Stress und Reisestrapazen.
Die Gruppenphase selbst wird von 48 Mannschaften bestritten, aufgeteilt auf 12 Staffeln. Dies ist notwendig, um den vielen europäischen Nationen (die UEFA zählt mittlerweile 53 Mitglieder) genügend Plätze zur Verfügung zu stellen. Resultat davon ist jedoch auch, dass es in der Gruppenphase zu Spielen wie BATE Borisow – Sheriff Tiraspol oder Heerenveen – Ventspils kommt, die nicht gerade vor Attraktivität sprühen. Zudem verliert der gemeine Fan aufgrund der großen Anzahl der Mannschaften schnell den Überblick, was zumeist eine Fokussierung auf die Vereine des eigenen Landes nach sich zieht.
Anstoßzeiten
Wie bereits ausgeführt, verfügt die Europa League über ein fixes Schema die Anstoßzeiten betreffend, nämlich 19:00 und 21:05 mitteleuropäischer Zeit. Dieses dient vor allem dazu, um den TV-Stationen ihre Programmplanung zu erleichtern.
Leider lässt dieses Schema jedoch jegliche Flexibilität vermissen, so dass oftmals gerade osteuropäische Vereine erst um 22:05 Ortszeit spielen müssen – in den Wintermonaten alles andere als optimal. Dies äußert sich gerade bei den bedeutungslosen Spielen am Ende der Gruppenphase in gähnend leeren Stadien. Aber auch der Umstand, dass portugiesische Vereine hin und wieder bereits um 17:00 zu spielen haben, ist alles andere als zuschauerfreundlich.
Unklar ist auch, weshalb es ab dem Viertelfinale keine Zweiteilung der Anspielzeiten mehr gibt, sondern alle Partien um 21:05 angepfiffen werden. Gerade hier wäre es angebracht, die Spiele zu splitten, um in der entscheidenden Phase den Zuschauern möglichst viele Begegnungen bieten zu können.
Mangelndes Interesse
Der etwas unübersichtliche Bewerb wird von vielen Fans nur so lange verfolgt, wie das Lieblingsteam noch vertreten ist, danach verblasst das Interesse deutlich. Dies ist vielleicht der größte Unterschied zur Champions League, die vom ersten bis zum letzten Spieltag höchstes Interesse hervorruft.
Dieses Problem zu beheben, scheint jedoch sehr schwierig, am ehesten wäre es zielführend, wenn alle teilnehmenden Vereine den Bewerb auch ernst nehmen würden und die Stars nicht auf der Ersatzbank bleiben. Auch Manchester United hat in der heurigen Saison mit seiner offensichtlichen Geringschätzung nicht zur Attraktivität des Bewerbs beigetragen. Zu erreichen wird ein solcher Sinneswandel allerdings nur mit deutlich höheren Preisgeldern sein, denn auch die Vereine müssen wirtschaftlich denken und oftmals ist eben die Meisterschaft bedeutender als die Europa League.
Fazit
Die Schaffung der Europa League war ein guter Schritt, um dem UEFA Cup neuen Glanz zu verleihen. Jedoch fehlt es dem Bewerb noch deutlich an Schärfe und Profil, vieles scheint zu unübersichtlich.
Dass Michel Platini bereits wieder an die Abschaffung der Europa League denkt, lässt an einer positiven Zukunft zweifeln, doch erscheint die geplante Champions League mit 64 Mannschaften zumindest für den Autor alles andere als durchdacht. Man würde damit wohl die negativen Eigenschaften beider Bewerbe vermengen und zudem die Anzahl der in Gruppenphasen engagierten Clubs deutlich reduzieren. Fraglich, ob dies dem europäischen Fußball wirklich weiterhilft…
OoK_PS, abseits.at
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