Gefährliche Konter, Probleme in der Spieleröffnung: Das ist Rosenborg BK
Europa League 18.August.2016 David Goigitzer 0
Die Austria trifft auf einen der prestigeträchtigsten Klubs aus dem Norden Europas, Rosenborg Trondheim. Der ehemalige Stammgast in der Champions League hat zwar an Qualität in den letzten Jahren eingebüßt, ist jedoch alles andere als ein Jausengegner – ganz im Gegenteil. Die Austria wird eine Handvoll zu tun haben mit den Norwegern. Warum genau, das haben wir für euch analysiert.
Die Defensive
Bei gegnerischem Ballbesitz formieren sich die Trondheimer prinzipiell in einem 4-1-4-1. Die Höhe des Pressings richtet sich meist am Mittelfeld aus und variiert nur ein wenig in der Höhe, je nach Qualität des Gegners. Ist der Gegner besser oder gleich gut ist es eher ein tieferes Mittelfeldpressing, in dem Mittelstürmer Christian Gytkjaer meist erst rund um den Mittelkreis attackiert. Die Achter attackieren meist den Ballführenden des Gegners im frühen Aufbau, indem sie aggressiv und weiträumig aus dem Mittelfeld aufrücken. Gytkjaer ist hierbei der Keil und soll Passwege in die Mitte beziehungsweise Verlagerungen versperren.
Die Art des Verteidigens ist bei Rosenborg am ehesten mit einer zonalen Mannorientierung zu beschreiben. Gegenspieler werden also in der zugeteilten Zone verfolgt und dann beim Verlassen des Gegners dieser Zone an den Mitspieler übergeben. Vor allem im Mittelfeld ist dies der Fall, wo Läufe der Gegner recht weit verfolgt werden. Die Mittelfeldspieler müssen nämlich vertikal und horizontal recht große Zonen abdecken, auch weil Sechser Anders Konradsen eine freiere Rolle vor der Abwehr innehat und nur dann Gegner direkt deckt, wenn er dies gerade für passend hält. Ansonsten agiert er eher als Staubsauger und Abfangjäger nach Durchbrüchen des Gegners hinter die Mittelfeldviererkette.
Vor allem vertikale Läufe werden recht weit verfolgt und so kommt es manchmal zu großen Abständen der Spieler untereinander, die potentiell recht einfach zu bespielen sind. So kann es vorkommen, dass der Lauf eines aufrückenden Sechsers des Gegners bis fast an die Viererkette verfolgt wird, vor allem wenn die Verteidiger durch Stürmer gebunden sind. Lösen sich jene im richtigen Moment, können sie sich in das entstandene Loch, das der verfolgende Achter gerissen hat, fallen lassen und frei angespielt werden. Üblicherweise ist man aber bei moderatem Spieltempo sehr präzise mit der Übergabe des Gegners, bei schnellen Umschaltmomenten wird erst spät übergeben um keine freien Gegenspieler zu ermöglichen.
Die Offensive
Bei eigenem Ballbesitz wird das 4-1-4-1 zu einem 4-3-3 bei den Norwegern. Die Außenverteidiger agieren recht tief und fast auf einer Linie mit den Innenverteidigern, dies soll vermutlich für Stabilität nach einem möglichen Ballverlust sorgen. Dies sorgt aber für meist nur für mäßig gute Verbindungen, die Staffelungen verflachen. Werden die Rosenborger früh attackiert und spielen sie den Ball auf die Flügel zu den Außenverteidigern, dann sind diese meist recht einfach zu pressen.
Die prinzipiell erhöhte Zentrumspräsenz durch das 4-3-3 wird jedoch bei weitem nicht effektiv genutzt. Rosenborg zeigt bereits früh im Aufbau oft Verbindungsprobleme, Sechser Konradsen hat oft Probleme seine Mitspieler mit Vertikalpässen zu finden. Dies liegt auch an den hoch schiebenden Achter, die manchmal sogar bis in die Halbräume neben der Sturmspitze vorschieben, während die Außenstürmer Breite geben. So gibt es dann in der Ballbesitzstruktur an sich niemanden, der den Achter- und Zehnerraum besetzt.
Aufgrund der Verbindungsprobleme musste man zum Beispiel in Nikosia zu vielen hohen Bällen greifen, die jedoch oft genug nicht ankamen. Dies lag vor allem an den unterstützenden Bewegungen Gytkjaers in den unbesetzten Zehnerraum, was dann das Verwaisung des Sturmzentrums und das Fehlschlagen der hohen Bälle zur Ursache hatte.
Das Rückspiel der Europa League-Qualifikation gegen Nikosia zeigte die Probleme der Norweger im Ballbesitz deutlich auf, man konnte kaum effektiv Torchancen herausspielen und verlor das Spiel, auch in der Höhe, verdient 0:3.
Die besten Spieler
Flügelstürmer Yann-Erik de Lanlay ist ein schneller Rechtsfuß, der im Dribbling ein gutes Gefühl von Dynamiken hat und viele Tempo- und Richtungswechsel verwendet, um den Gegner ins Wanken zu bringen. Prinzipiell ist er auf dem linken Flügel zuhause, taucht aber auch ab und an aufgrund von Rochaden auf rechts auf.
Ähnliches gilt für Pål André Helland auf rechts, welcher jedoch noch kreativer im Passspiel ist, dies jedoch selten nutzen kann da die Verbindungen zu- und Freilaufbewegungen von Mittelstürmer Gytkjaer oft nicht gut genug sind, um diesen in die Torchancenausarbeitung einzubinden und anspielen zu können. Zudem spielt er meist auf rechts und dribbelt nur selten diagonal ins Spielfeld hinein, was ihn allein aus strukturellen Gründen an mehr Einfluss im Passspiel hindert. Trotz seiner Linksfüßigkeit scheint es Hallend nicht allzu sehr in die Mitte zu drängen, meist erwartet er den Ball weit auf der Außenlinie. Statt zu dribbeln versucht er es meist jedoch mit Doppelpässen am Gegner vorbeizukommen.
Anders Konradsen ist der strategisch beste Spieler bei den Norwegern. Der 26-Jährige ist hauptverantwortlich für den Spielaufbau und meist erste Anspielstation für die Innenverteidiger. Aufgrund von den bereits erwähnten Verbindungsproblemen ist es für Konradsen nicht immer einfach seine Mitspieler zu finden, oft wird dann wieder auf die Flügel gespielt, von wo man Durchbrüche über die schnellen Außen sucht oder die Angriffe in einem Ballverlust enden.
Defensiv hat Anders vor allem gegen dribbelnde Gegner Probleme, im Zweikampfverhalten ist er dann oft zu statisch und unbeweglich und wird recht leicht ausgespielt. Im Pressing zeigt er jedoch sein gutes Gefühl für das Timing der Mannorientierungen und kann immer wieder Bälle gut antizipieren und abfangen.
Fazit
Die Austria hat es mit einen simpel gestrickten, jedoch von der Qualität durchaus ebenbürtigen Gegner zu tun. Das langsame Aufbauspiel der Violetten wird den Nordmännern in die Karten spielen, schnelle Konter werden zu erwarten sein, was ja bekanntlich eine der größeren Schwächen der Austria unter Trainer Fink ist. Wenn man die Zwischenlinienräume jedoch passend besetzt und viel rochiert, die Mannorientierungen so auseinander bringt und zudem mit vielen hohen Seitenwechseln, wie dies Nikosia im Rückspiel tat, agiert hat man sicherlich gute Chancen auf ein zufriedenstellendes Ergebnis.
David Goigitzer, abseits.at
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