Gegneranalyse: Das ist Austria-Gegner HNK Rijeka
Europa League 19.Oktober.2017 Dalibor Babic 0
Am dritten Spieltag der UEFA Europa League bekommt es die Wiener Austria im Heimspiel mit dem kroatischen Meister HNK Rijeka zu tun. In den beiden durchaus richtungsweisenden Begegnungen wird sich dabei herausstellen, welche der beiden Mannschaften Ansprüche auf ein Weiterkommen stellen wird können. Dabei ist das Team des kroatischen Erfolgstrainers Matjaz Kek in Österreich mittlerweile keine völlige Unbekannte mehr. In der Qualifikation zur Champions League kreuzte man die Klingen mit dem österreichischen Meister Salzburg und konnte sich dank der Auswärtstorregel knapp durchsetzen. Im folgenden Artikel setzen wir uns nun mit dem Verein und der Mannschaft aus der Küstenstadt an der Adria eingehender auseinander und analysieren die Stärken und Schwächen des Teams.
Schwierige Jahre, negative Auswirkungen der Dominanz des Liga-Krösus und Vereinsübernahme
Gemeinhin war es auch für Fußballfans, die sich nur peripher mit dem kroatischen Fußball auseinandersetzten bekannt, dass der Weg zum Meistertitel immer über eine Mannschaft führt. Ganze zehn (!) Meisterschaften infolge sicherte sich der Rekordmeister Dinamo Zagreb und war damit der unangefochtene Primus der kroatischen Liga. Verbunden mit den hohen Einnahmen durch Spielerverkäufe ins Ausland zementierte sich auch ökonomisch die Vormachtstellung in der Liga, gepaart mit der Macht des berüchtigten Strippenziehers und mittlerweile ehemaligen Präsidenten Mamic, mit der kein Verein auch nur annähernd konkurrieren konnte. Diese Dominanz ging dann sogar soweit, dass selbst das Farmteam von Dinamo, NK Lokomotiva, in welchem viele junge Leihspieler geparkt werden um Spielpraxis zu sammeln, die Vizemeisterschaft erringen konnte und man somit de facto mit zwei Teams an der Spitze des kroatischen Fußballes stand.
Doch langsam und gemächlich heftete sich eine Mannschaft an die Fersen des Rekordmeisters aus der Hauptstadt und wollte diese Dominanz endlich durchbrechen. Dabei war dieser Aufschwung zunächst gar nicht absehbar. Nachdem der Beschluss gefasst wurde, die Liga von sechszehn auf zwölf Mannschaften zu reduzieren, ergatterte Rijeka in der Saison 2011/2012 den zwölften Rang und damit quasi den letzten Platz, der den Verbleib in der höchsten Spielklasse ermöglichte. Der Aufschwung des Clubs hängt auch mit dem Einstieg des italienischen Investors Gabriele Volpi zusammen, dem u.a. der Serie B-Club Spezia Calcio gehört. Volpi sicherte sich im Jahr 2012 für kolpotierte sieben Millionen Euro 70 Prozent der Anteile an Rijeka, gemeinsam mit seinem kroatischen Geschäftspartner und aktuellen Präsidenten Damir Miskovic, welcher 30 Prozent erwarb. Mit dem Duo kehrte auch eine neue Philosophie in der Küstenstadt ein, natürlich aber auch mehr finanzielle Möglichkeiten, wodurch der Verein von den Altlasten mit einem Schlag befreit wurde. Man versuchte viele aufstrebende Talente, die bei den Großclubs Dinamo und Hajduk nicht zum Zug kamen und zum Teil im Ausland gescheiterte Spieler zu verpflichten, die man dann für viel Geld weiterverkaufen wollte. In der darauffolgenden Saison konnte man sich nach mehreren Jahren, die man im unteren Mittelfeld der Liga verbrachte, endlich auch wieder nach vorne arbeiten. Die Saison 2012/2013 beendete man hinter Dinamo Zagreb und NK Lokomotiva Zagreb auf den dritten Tabellenplatz und qualifizierte sich damit nach einigen Jahren der Abwesenheit mal wieder für das internationale Geschäft. Dieser Erfolg hängt unweigerlich mit der Bestellung eines Mannes zusammen, der die Entwicklung des Clubs maßgeblich vorantreiben sollte. Cheftrainer Matjaz Kek übernahm im Laufe der Saison das Ruder, führte auf Anhieb seine Mannschaft zurück in den Europacup und ebnete damit mit den Weg für eine Erfolgsgeschichte.
Der endgültige Aufstieg von Rijeka ins Spitzenfeld der kroatischen Liga hängt unweigerlich mit dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte zum damaligen Zeitpunkt zusammen. Nachdem man also den dritten Tabellenplatz erringen konnte, startete man in der folgenden Saison 2013/2014 in die Qualifikation zur Europa League, wo man zunächst den slowakischen Vertreter Zilina eliminieren konnte. Im Play-off bekam man es als ungesetzte Mannschaft mit dem deutschen Bundesligisten VFB Stuttgart zu tun und ging als krasser Außenseiter in die beiden Duelle. Das Hinspiel konnte man dabei in heimischen Gefilden überraschend mit 2:1 gewinnen, jedoch kam bei dem deutschen Vertreter keine Panik auf und man wollte das Ergebnis im Rückspiel korrigieren. Nachdem der VfB 2:1 in Front lag und alles auf eine Verlängerung deutete, schlug Rijeka in der 94. Minute eiskalt zu und erzielte das 2:2, womit man den erstmaligen Einzug in die Europa League fixierte. In der Gruppenhase holte man immerhin vier Unentschieden und war durchaus konkurrenzfähig, schied aber dennoch als Letzter aus.
In der Liga wirkte sich die Dreifachbelastung nicht negativ aus, im Gegenteil. Zum ersten Mal nach Ewigkeiten gelang es einer Mannschaft 1. den Rückstand auf Zagreb nicht auf über 20 Punkte anwachsen zu lassen und 2. die Schallmauer von 70 Punkten zu durchbrechen, womit man relativ souverän den zweiten Tabellenplatz erringen konnte. Nichtsdestotrotz brachte man Meister Dinamo nicht wirklich in Bedrängnis und wies in der Endtabelle elf Zähler Rückstand auf und konnte darüber hinaus keines der vier Duelle für sich entscheiden.
Stadionprojekt, Kontinuierlicher Aufbau und Krönung mit der ersten Meisterschaft
Dennoch konnte man mit den Einnahmen in Millionenhöhe aus der Europa League in die Mannschaft investieren und diese qualitativ verstärken. Nicht nur das, ebenfalls wurde ein neues großes Projekt vorgestellt. Der Präsident des Vereines kündigte im Jahr 2013 auf demselben Grundstück einen Stadionneubau an, welcher aufgrund seiner wunderschönen Lage und Gegebenheiten weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Das Fassungsvolumen im Stadion „Kantrida Neu“ sollte 14.000 Zuschauer betragen und von der Ausstattung her alle „Stückerl“ spielen, womit man den internationalen Vergleich nicht mehr zu scheuen brauchte und das schönste Stadion des Landes errichten wollte. Das Investitionsvolumen des gesamten Projektes sollte knappe 40 Millionen betragen, zudem auch u.a. ein neues Trainingszentrum und ein Hotel zählten. Man strebte den Einzug in die neue Heimstätte nach einer zweijährigen Bauzeit im Jahre 2016 an.
Spätestens beim Gastspiel in Kroatien werden die Austria-Fans jedoch feststellen, dass aus den Zeitplänen augenscheinlich nichts geworden ist. Bis zum heutigen Tage haben die Bauarbeiten am neuen Stadion nicht begonnen. Die schwierigen Gegebenheiten machen einen Neubau nicht einfach und das Stadion hängt mit einigen weiteren Projekten zusammen (vergleichbar mit dem Viola-Park), weshalb sich die entsprechenden Planungen und Baugenehmigungen hinziehen. Ob und wann es endlich losgeht ist noch ungewiss. Aktuell rechnet man mit einem Baustart im nächsten Jahr, fixiert ist dies jedoch noch nicht. Deshalb spielt man aktuell auch im Ausweichstadion „Rujevica“, was eigentlich das neue Trainingszentrum des Vereines werden sollte. Das Stadion im Trainingszentrum musste nun auch zusätzlich erweitert und eine neue Tribüne errichtet werden, um die Anforderungen der UEFA zu erfüllen und bietet aktuell 8.000 Zuschauerplätze. Eine Rückkehr ins „Kantrida“ hätte keinen Sinn ergeben, da einige Adaptierungen und Investitionen notwendig gewesen wären, um es international bespielbar zu machen.
In der Saison 2014/2015 qualifizierte man sich erneut für die Gruppenphase der Europa League und konnte einige Ausrufezeichen setzen. In einer schwierigen Gruppe mit Sevilla, Feyenoord und Standard Lüttich holte man immerhin sieben Punkte und beendete die Europa League auf dem dritten Platz. Mit Stürmer Kramaric hatte man darüber hinaus die heißeste Aktie im kroatischen Fußball in den eigenen Reihen, der alleine im Herbstdurchgang in 18 Spielen 21 Treffer erzielte und darüber hinaus in der Europa League sechs Treffer verbuchen konnte. Mit dieser Visitenkarte wurden viele europäische Clubs auf ihn aufmerksam und letztlich sicherte sich Leicester City für knapp zehn Millionen Euro die Dienste des Angreifers. Auch dank diesen für kroatische Verhältnisse unglaublich hohen Einnahmen wurde man innerhalb kürzester Zeit zur unangefochtenen zweiten Kraft im kroatischen Fußball und konnte den Rückstand auf Krösus Dinamo nach und nach verringern.
Die Saison 2014/2015 beendete man mit einem Vorsprung von 25 Punkten vor dem Dritten erneut auf dem zweiten Platz und konnte 75 Punkte sammeln, allerdings betrug der Rückstand auf Meister Dinamo dennoch dreizehn Zähler und verblieb somit nach wie vor riesig. Die Saison darauf startete man mit einem großen Rückschlag, als man bereits in der zweiten Qualifikationsrunde für die Europa League an Aberdeen scheiterte und damit frühzeitig die Segel streichen musste, nachdem man zuvor zweimal in Folge den Sprung in die Gruppenphase geschafft hatte. Dadurch blieb nun vermehrt Zeit, die Mannschaft weiterzuentwickeln und sich auf die Meisterschaft zu konzentrieren. Das gelang dann auch tatsächlich und man konnte den Rückstand auf Meister Dinamo immerhin auf acht Zähler reduzieren und damit einstellig halten, schrammte darüber hinaus erstmals knapp an der 80 Punkte-Marke vorbei.
Für die Saison 2016/2017 schien man nun endlich gerüstet und dass Fundament gelegt zu haben, um den Sprung ganz nach vorne zu schaffen. Jedoch folgten viele Spieler den Ruf ins Ausland und strebten stattdessen den Sprung in bessere Ligen an ( u.a. Kapitän Mocinic der zu Rapid ging) weshalb der Aderlass relativ groß wurde. Versüßt wurden die Abgänge zwar mit Einnahmen in Höhe von kolportierten dreizehn Millionen Euro an Ablösesummen, jedoch hinterließen sie ein großes Loch im Kader. Zum Überdruss bekam der Investor Volpi Probleme mit der italienischen Justiz und kürzte so die Zuwendungen, weshalb Rijeka den Gürtel enger schnallen musste. Verpflichtet wurden deshalb vor allem Leihspieler oder jene die ablösefrei zur Verfügung standen, darunter Elez, Misic, Andrijasevic und ein gewisser Alexander Gorgon.
Diese Einkäufe sollten sich als Volltreffer erweisen und Trainer Kek gelang es darüber hinaus innerhalb kürzester Zeit ein starkes Kollektiv zu formen. Dennoch schied man zunächst noch in der dritten Qualifikationsrunde der Europa League knapp aufgrund der Auswärtstorregel gegen den starken türkischen Vertreter Basaksehir Istanbul aus und verpasste somit zum zweiten Mal infolge die Gruppenphase. Das ermöglichte Rijeka jedoch sich erneut nur auf die Meisterschaft zu konzentrieren, während Kontrahent Dinamo in der Champions League vertreten war. Diesen Vorteil nutzte man auch und legte in der Herbstrunde eine Serie von 20 ungeschlagenen Spielen hin, von denen man ganze sechszehn für sich entscheiden konnte. Damit ging man mit einem komfortablen Vorsprung von sechs Zählern in die Winterpause, wobei Meister Dinamo dank eines Trainerwechsels wieder Anschluss nach oben fand.
In den Rückrunde blieb man dann bis zum 32.Spieltag unbesiegt, ehe man gegen NK Lokomotiva knapp mit 0:1 verlor und damit die beeindruckende Serie an ungeschlagenen Spielen riss. Drei Spieltage später konnte man sich jedoch mit einem 4:0 Heimsieg und dank eines Vorsprunges von fünf Zählern vor dem letzten Spieltag, endlich die lang ersehnte erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte sichern und so für grenzenlosen Jubel unter den Fans sorgen. Rijeka war nun endgültig an der Spitze angekommen und konnte sich mit sensationellen 88 Punkten zum Titel krönen. Herausstechend dabei war das starke Kollektiv und das es nicht den einen herausragenden Akteur gab, sondern die Last auf mehrere Schultern verteilt wurde wie Gavranovic, Gorgon oder Andrijasevic. Gerade Spieler wie Andrijasevic stehen dabei exemplarisch für das Erfolgsmodell von Rijeka. Von Dinamo Zagreb nicht mehr gebraucht, avancierte er in Rijeka zum absoluten Leistungsträger und Topscorer der Mannschaft, wodurch ihm auch später der Sprung ins Ausland gelang.
Zum Beginn der aktuellen Saison blieb der große Aderlass diesmal aus, wodurch man mit einer eingespielten Mannschaft in die Champions League – Qualifikation starten konnte und von der ganz großen Bühne träumen durfte. Einzig der eben erwähnte Adraijasevic wechselte für 4,2 Millionen nach Belgien und brachte einen warmen Geldregen über die Küstenstadt. Zunächst schaltete man in der Qualifikation problemlos den walisischen Vertreter TNS aus ( h 2:0/a 1:5). In der dritten Runde traf man dann auf den österreichischen Meister Salzburg und behielt dank der Auswärtstorregel denkbar knapp die Oberhand (a 1:1/h 0:0). Im Playoff bekam man es mit dem griechischen Meister Olympiakos Piräus zu tun. Nachdem man im Hinspiel in Griechenland in Führung ging und lange Zeit am Sieg schnupperte, drehte Olympiakos das Spiel noch und erzielte in der Nachspielzeit den 2:1 Siegestreffer. Im Rückspiel konnten die Griechen dann relativ früh den Auswärtstreffer erzielen und so die letzten Restzweifel am Aufstieg in die Gruppenphase beseitigen. Aufgrund der verpassten Champions League musste man dann noch einen Abgang verkraften, da Rechtsverteidiger Ristovski zu Sporting Lissabon ging.
In der Meisterschaft blieb man auch aufgrund der vielen anstrengenden Wochen nicht mehr so souverän, wie noch in der vergangenen Saison. So stehen nach zwölf Spieltagen bereits drei Niederlagen am Konto und damit eine mehr als in der gesamten vergangenen Saison. So beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter Dinamo Zagreb bereits wieder fünf Punkte, die sich im Gegensatz zu Rijeka durch das eigene Ausscheiden im Europacup voll auf die Liga konzentrieren können. In der Gruppenphase der Europa League traf man dann in der ersten Runde im Heimspiel auf AEK Athen, welches man etwas überraschend aber verdient mit 1:2 verlor. Im Auswärtsspiel in Mailand war man dafür knapp dran an der Sensation. Nachdem man trotz ansprechender Leistung bereits mit 0:2 zurücklag, drehte man in den letzten zehn Minuten der Partie überraschend das Spiel auf 2:2 um, ehe man sich in letzter Sekunde noch einen Gegentreffer einfing und das Spiel damit verlor. Nun steht man vor dem dritten Spieltag gegen die Austria punktelos am Tabellenende und damit unter Zugzwang, wenn man denn ein Wörtchen mitreden will um den Aufstieg.
Zum Abschluss empfehlen wir euch noch zwei Artikel, die wir vor einigen Monaten über Rijeka verfassten, als die Kroaten in der Champions-League-Qualifikation auf Red Bull Salzburg trafen:
Rijekas Kader im Detail
Rijekas clevere Transferpolitik
Dalibor Babic, abseits.at
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Dalibor Babic
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