Gegneranalyse: Das ist Rapid-Gegner KRC Genk!
Europa League 15.September.2021 Daniel Mandl
Rapid trifft am Donnerstagabend im ersten Spiel der Europa-League-Gruppenphase auf den KRC Genk. Die Hütteldorfer treffen bereits zum dritten Mal in der Gruppenphase auf den vierfachen belgischen Meister und werden heuer erstmals recht klarer Außenseiter sein.
Bei den bisherigen Aufeinandertreffen in den Jahren 2013 und 2016 war die Ausgangslage noch eine ausgeglichenere. Und schon damals war es in beiden Fällen so, dass Genk die Gruppe gewann und Rapid ausschied. Die Bilanz ist dennoch ausgeglichen: Bisher gab es in Gruppenphasen zwei Remis, einen Sieg und eine Niederlage.
Anderes Transferniveau
Genk hat sich in den letzten zehn Jahren allerdings sukzessive auf ein anderes Level gehievt. Auf eines, von dem Rapid aktuell nur träumen kann. Auch geschuldet durch die lukrativeren TV-Gelder in Belgien und der schneller bzw. früher gewachsenen Infrastruktur, konnte Genk zahlreiche Top-Spieler einkaufen, halten, später teuer verkaufen. Insgesamt acht Kicker brachten 10 Millionen Euro oder mehr ein. Die teuersten Verkäufe waren Leandro Trossards 20-Millionen-Wechsel zu Brighton und der Transfer von Sander Berge zu Sheffield United, der 23 Millionen Euro einbrachte.
Zahlreiche Top-Stars in den letzten 10 Jahren
Noch beeindruckender als das, ist aber die Liste der Spieler, die in den letzten Jahren für die „Genkis“ spielten. De Bruyne, Courtois, Koulibaly, Milinkovic-Savic, Ndidi, Bailey, Malinovskyi, Maehle, Samatta oder Benteke – sie alle verdienten sich ihre Sporen bei den Blau-Weißen. Einige von ihnen kickten bereits bei den früheren Gelegenheiten gegen Rapid.
8,7 Millionen für neue Spieler, Megatalent zu Ligakonkurrent
Angesichts der teuren Spielerfluktuationen ist es nicht verwunderlich, dass die Transferperioden bei Genk etwas flockiger ablaufen, als im Westen Wiens. Diesen Sommer bezahlten die Belgier für die Offensivspieler Trésor und Ugbo sieben Millionen Euro und mit Sadick kam ein junger Innenverteidiger um 1,7 Millionen Euro aus Spanien.
Gleichzeitig nahm man aber auch sechs Millionen Euro mit fünf Spielertransfers ein. Der bemerkenswerteste: Der 17-jährige Pierre Dwomoh, das wohl größte Talent des Klubs und eines der größten Talente der Welt im Jahrgang 2004, wechselte um 1,5 Millionen Euro zu Antwerpen, weil er bei Genk vorerst keine Chance auf Einsätze hätte. Dort unterschrieb er bis 2026, aber Genk soll eine Rückkaufoption auf das Mittelfeldtalent besitzen.
Ajax-geprägter Coach
Seit 10 Monaten wird Genk vom Niederländer John van den Brom betreut. Der 54-Jährige spielte bereits für Ajax Amsterdam, war später Leiter des Ajax-Nachwuchses und Trainer der zweiten Mannschaft. Er steht für Offensivfußball, das berühmte, von Cruyff geprägte Ajax-System und wurde daher wenig verwunderlich später von Teams wie Vitesse Arnheim, Anderlecht, Alkmaar und Utrecht verpflichtet – also allesamt Teams, die eine offensive, angriffslustige Spielphilosophie verfolgen. Zu Genk passt der routinierte Niederländer demnach auch ideal.
4-3-3 als Grundordnung
Wenig verwunderlich ist das 4-3-3 bzw. die etwas defensivere Variante, das 4-2-3-1, die unumstößliche Formation der „Genkis“. Nur in den ersten zwei Monaten seiner Genk-Zeit ließ er mit Dreierkette, zumeist im flachen 3-4-3 spielen. Nachdem er aber im letzten Winter mit Joakim Maehle einen hochveranlagten Flügelverteidiger an Atalanta Bergamo verlor (und Genk 12 Millionen Euro kassierte), stellte Van den Brom auf Viererkette um und blieb diesem System seit Anfang Februar in 27 aufeinanderfolgenden Spielen treu.
Klare „Einsermannschaft“, wenig Rotation
Auch weil Genk im bisherigen Europacup nur gegen Shakhtar Donetsk ran musste und beide Spiele mit 1:2 verlor, hatte Van den Brom nicht allzu viel Not zu rotieren. Vor allem in den letzten Wochen und Monaten stellte sich die Mannschaft somit mit wenigen Ausnahmen von selbst auf. Eine solide Viererkette, ein kompaktes und kampfstarkes Mittelfeld mit 6-8-8-Staffelung, zwei dynamische Flügel, die viele Eins-gegen-Eins-Duelle suchen und eine echte Speerspitze im Angriff. In weiterer Folge wollen wir uns die einzelnen Positionen im Detail ansehen.
Mitspielender, junger Keeper
Die Torhüter stellen schon mal ein besonderes Kuriosum dar: Alle drei Keeper im Kader der Belgier sind 19 Jahre oder jünger. Der Einserkeeper ist Maarten Vandevoordt (19), der von Van den Brom zum Stammkeeper gemacht wurde und nun seit über einem halben Jahr unumstritten ist. Vandevoordts Vorteil ist speziell, dass er ein äußerst gut mitspielender Keeper ist, ins Passspiel seines Teams eingebunden ist und auch hochsteht, weshalb die gesamte Kette hochschieben kann und Genk dennoch nicht anfällig auf Bälle hinter die Abwehr ist. Auch sonst ist das belgische Torhütertalent ein sehr solider Rückhalt, wenngleich in manchen Situationen, speziell bei Standards, noch nicht kompromisslos genug.
Tobe Leysen (19) und Vic Chambaere (18) haben keine Chance auf ein Vorbeikommen von Vandevoordt.
Die Abwehr spricht spanisch
Ein weiteres Kuriosum im Team des KRC Genk ist die gesamte Viererkette: Hier spielen nämlich drei Kolumbianer und ein Mexikaner, die mittlerweile gut aufeinander abgestimmt sind. In der Hintermannschaft der Belgier wird also spanisch gesprochen.
Abwehrchef ist der 187cm große Jhon Lucumí (23), der 2018 um 2,5 Millionen Euro aus Cali kam. Der Linksfuß spielte bereits viermal fürs kolumbianische Nationalteam und hat seine Stärken im körperlichen Bereich, sowie im Antizipationsspiel. Lucumí kommt recht schnell vor seine Gegenspieler, antizipiert Pässe in die Spitze gut und ist sehr athletisch und laufstark. In der neuen Saison fiel zudem besonders auf, dass er klare Fortschritte in seinem Kopfballspiel machte. Weiters stößt er immer wieder mit weiten Schritten durch die erste Pressingreihe, um das Pressingkonzept des Gegners auseinanderzureißen. So taucht Lucumí im Spielaufbau immer wieder mit dem Ball in der gegnerischen Hälfte auf.
Ein Jahr nach Lucumí kam aber mit Carlos Cuesta (22) ein weiterer Landsmann nach und dieser ist getrost als eine der großen Entdeckungen der letzten Monate zu bezeichnen. Der nur 182cm große Innenverteidiger, der um 3,8 Millionen von Atlético Nacional kam, ist ein äußerst aggressiver, hart arbeitender, aber auch gut aufbauender Defensivspieler für die Position rechts innen, der auch als Sechser auflaufen kann. Er lebte sich schnell in Belgien ein, überzeugte vor allem durch sein überlegtes, progressives Passspiel und wenig Hektik am Ball. Allerdings agierte er auch phasenweise noch zu ungestüm und beging zu viele Fouls. Dennoch ist das kolumbianische Innenverteidiger-Duo ein sehr interessantes und wohl auch eines, das aufgrund von Angeboten nicht mehr allzu lange zusammenspielen wird.
Rapid muss Schnittzweikämpfe suchen
Gegen beide muss Rapid jedenfalls dort hingehen wo’s wehtut. Gerade wenn sich Spitzen konsequent zwischen die beiden Innenverteidiger bewegen, haben sie manchmal noch Abstimmungsprobleme. Zudem ziehen sie am Sechzehner in manchen Schnittzweikämpfen zurück, um keine unnötigen Fouls zu begehen, was vor allem bei Lucumí mehrmals zu beobachten war. Hier könnte Rapid immer wieder Fouls ziehen oder auf leichte Unentschlossenheiten spekulieren.
Ersatzinnenverteidiger kosteten über sieben Millionen Euro
Die Ersatzspieler für die Innenverteidigung sind der US-amerikanische Linksfuß Mark McKenzie (22) und der bereits kurz erwähnte Mujaid Sadick (21), der von La Coruña nach Genk kam. Mit McKenzie sorgte man bereits vor, für den Fall, dass einer der Kolumbianer den Belgiern abhanden kommt. Für den 184cm großen Abwehrspieler bezahlte Genk im vergangenen Jänner etwa 5,5 Millionen Euro an Philadelphia Union. Der sechsfache US-Teamspieler ist aber dennoch derzeit noch die klare Nummer Drei. Auch mit Sadick plant man eher langfristig.
Kolumbianischer Teamspieler als Rechtsverteidiger
Auch der etatmäßige rechte Verteidiger ist mit Daniel Muñoz (25) ein kolumbianischer Nationalspieler. Den 25-Jährigen holte Genk im Jänner um 4,5 Millionen Euro von Atlético Nacional, mit denen man bekanntlich bereits mehrere Geschäfte machte. Muñoz gilt als einer der besten Außenverteidiger der belgischen Liga und war auch bei der Copa América eine absolute Größe im starken kolumbianischen Team. Der dritte Kolumbianer im Abwehrverbund ist ein Außenverteidiger sehr offensiver Prägung, kann auch als Flügelverteidiger aufgeboten werden und ist am Platz äußerst präsent. Er hat zahlreiche Ballaktionen, eine ausgesprochen gute Passrate und zieht auch sehr viele Zweikämpfe. Muñoz ist sicher der stärkere der beiden Außenverteidiger.
Sein Ersatzmann kommt aus Ecuador und heißt Angelo Preciado (23). Auch für ihn blätterte Genk im vergangenen Jänner drei Millionen Euro auf den Tisch des ecuadorianischen Topklubs Independiente del Valle. Der Nationalspieler gilt als laufintensiver Außenverteidiger, ist aber derzeit noch in einer ähnlichen Situation wie Innenverteidiger McKenzie. Mit ihm wird Genk langfristiger planen, wenngleich es nicht unwahrscheinlich ist, dass Van den Brom Muñoz bei zu vielen Spielen schonen wird. Da Preciado ebenfalls bereits recht weit und ein guter und relativ passsicherer Kämpfer ist, wäre dies eine Position für Rotation. Allerdings wohl eher in der Liga, als in der Europa League.
Mexikanischer Teamspieler als Linksverteidiger
Etatmäßiger Linksverteidiger ist der Mexikaner Gerardo Arteaga (23). Mittlerweile wenig überraschend, bezahlte Genk vor einem Jahr 3,5 Millionen Euro nach Mexiko, um Arteaga von Santos Laguna loszueisen. Im Vergleich zu Muñoz fällt Arteaga in allen relevanten Statistiken ab und ein weiterer Unterschied ist das stärker einrückende Spiel des Mexikaners. Aber auch wenn er in dieser Defensive verhältnismäßig als „Schwachstelle“ wirkt, ist der 23-Jährige mexikanischer Teamspieler und ein solider, progressiv passender und sehr hoch schiebender Linksverteidiger, der bis zum gegnerischen Sechzehner ein guter Kombinationsspieler ist.
Sein norwegischer Ersatzmann Simen Junkleröd (27) ist damit der einzige Europäer im Abwehrverbund der Belgier und auch der einzige Abwehrspieler, für den Genk keine Ablöse bezahlte. Junkleröd kam vor der Saison ablösefrei aus Antwerpen, laboriert aber derzeit an einer Muskelverletzung, weshalb er wohl zumindest im ersten Spiel ausfallen wird. Aber auch in weiterer Folge, sollte der robuste, 187cm große Norweger in der Kaderhierarchie hinter dem Mexikaner Arteaga stehen.
Zur richtigen Einordnung dieses Vereins nochmal zusammengefasst: Für sieben der acht Spieler im Abwehrverbund bezahlte Genk 23,5 Millionen Euro!
Der neue Sechser kommt von Ajax
Im zentralen Mittelfeld agiert Genk wie bereits erwähnt mit einer 6-8-8-Staffelung. Der zentrale Akteur im defensiven Mittelfeld ist Carel Eiting (23), der vor der Saison um eine bisher unbekannte Summe von Ajax Amsterdam verpflichtet wurde, nachdem er zuvor an den englischen Zweitligisten Huddersfield verliehen wurde. Der Linksfuß ist ein Spieler mit hoher Passgenauigkeit, aber auch aufgrund dessen, dass erst seit kurzem beim Klub ist, einer, der sich noch nicht hundertprozentig einlebte. Eiting ist also einer der Spieler, die gezielt attackiert und angepresst werden sollten, auch weil er eher ein Ankersechser bzw. Nadelspieler ist und kein klassischer, zweikampfstarker Fighter. Nicht nur in den letzten Wochen fiel mehrmals auf, dass Eiting zu viele Bälle verliert und auch in Schnittzweikämpfen nicht immer gut aussieht. Mit seinen 179cm besitzt er nicht gerade Gardemaß und wenn man ihn nicht spielen lässt, sondern eher in die Defensive zwingt, ist er eine der wenigen Positionen bei Genk, die man gezielt attackieren kann.
Kapitän machte unter Van den Brom Schritt nach vorne
Vor Eiting spielt, leicht rechtslastig, der Kapitän Bryan Heynen (24), der ein wichtiger Stabilisator für die Mittelfeldzentrale der Belgier ist. Heynen ist Eigenbauspieler, gewann aber speziell in der vergangenen Saison nach und nach an Wichtigkeit und ist der Spieler im Mittelfeld, der in etwas höheren Zonen viele Zweikämpfe zieht und in der zweiten Pressinginstanz sehr wertvoll ist. Er bevorzugt ebenfalls eher einfache Passmuster und ist eher Einfädler als Assistgeber. Zudem wird er selbst von der Acht aus nur bedingt torgefährlich und ist wie Eiting durchaus ein Spieler, den man bei Ballbesitz von Genk etwas intensiver attackieren kann. Gegen den Ball ist Heynen aber äußerst solide und ein wichtiger Faktor für die Kompaktheit im Genk-Mittelfeld. Zudem machte der 24-Jährige unter Van den Brom einen merklichen Schritt nach vorne und gewann auch an spielerischer Sicherheit.
Norwegischer Achter-Zehner-Hybrid
Der norwegische Teamspieler Kristian Thorstvedt (22) ist der offensivste Spieler in der Mittelfeldzentrale von Genk. Er kam im Jänner 2020 um 1,5 Millionen Euro von Viking Stavanger, womit sich Genk unter anderem gegen das ebenfalls interessierte Red Bull Salzburg durchsetzte. Auch wenn der Linksfuß weiterhin eher als Rohdiamant gilt, legte er in den letzten Monaten bereits einige Talentproben ab. Er ist zwar einerseits der Spieler, der im Mittelfeldzentrum die wenigsten Zweikämpfe gewinnt und allgemein die höchste Fehlerquote hat, allerdings auch deshalb, weil er am meisten Kreatives probiert, Bälle in die Tiefe sucht und auch immer wieder früh abschließt oder dribbelt. Gegen den Ball hält sich aber auch Thorstvedt im Achterraum auf, wenngleich er mit dem Ball eher auf eine Spielmacherposition vorrückt und damit situativ auch für 6-8-10-Staffelungen in Ballbesitz sorgt.
Slowakischer Routinier als Backup
Auch die Ersatzspieler für die drei zentralen Mittelfeldpositionen sind qualitativ hochwertig. Die meisten von ihnen hätten bei Rapid wohl momentan ein „Fixleiberl“.
Da wäre zum Beispiel der Slowake Patrik Hrosovsky (29), der im Sommer 2019 um 5,2 Millionen Euro aus Pilsen kam und seinerzeit auch schon für Pilsen gegen Rapid spielte und traf. Der 172cm große Kämpfer hält sich vor allem im Sechser- und Achterraum auf, kann aber auch Box-to-Box spielen. Letzte Saison war der 39-fache Nationalspieler noch Fixstarter, doch heuer dürfte er hinter Neuerwerbung Eiting zurückfallen. Dies hängt aber auch damit zusammen, dass Hrosovsky ein wenig abbaute und in der Gunst der Fans nicht mehr sehr hoch steht. In letzter Zeit war der Slowake immer wieder für ungewohnte Fehler gut.
Den Schweizer Bastien Toma (22) holte Genk vor einem Jahr um 3,7 Millionen Euro aus Sion. In der vergangenen Saison spielte Toma immerhin 19-mal in der Liga, heuer kam er aber noch in keinen Rhythmus, ist zudem ein ähnlicher Spielertyp wie Hrosovsky. Er dürfte im ersten Spiel keine besondere Rolle spielen. Das wird auch auf das Toptalent Luca Oyen (18) aus dem eigenen Nachwuchs zutreffen. Der Sohn des einstigen England-Legionärs Davy Oyen ist ein spielstarker und trickreicher Zehner, der letztes Jahr vier Ligaspiele von Beginn an absolvierte und 16-mal von der Bank kam, in der neuen Saison aber Bankplätze noch nicht hinauskam.
Trickreiche Neuerwerbung als Option für eine 6-8-10-Staffelung
Interessanter könnte die Rolle des burundisch-stämmigen Belgiers Mike Trésor (22) sein. Wie bereits erwähnt, kam er um 3,5 Millionen Euro von Willem II und wurde geholt, um das Offensivspiel des Teams etwas dynamischer und flexibler zu machen. Bisher stand er knapp 500 Minuten für Genk auf dem Platz und steuerte bereits fünf Assists bei, davon vier in der Liga. Der 172cm große, ehemalige U21-Teamspieler Belgiens ist eine sehr gute Option, wenn man den Gegner im Zehnerraum mit mehr Dynamik beschäftigen will. Zudem ist Trésor ein technisch ausgefuchster Spieler, der für zahlreiche Überraschungsmomente sorgt und mit unerwarteten Tricks und Körpertäuschungen die gegnerischen Linien unter Druck setzt. Auch ein Startelfeinsatz von Trésor ist durchaus im Rahmen des Möglichen.
Spielstarker Japaner als Rechtsaußen
Der praktisch alternativlose Rechtsaußen ist der Japaner Junya Ito (28). Der 26-fache und aktuelle Nationalspieler kickt seit 2 ½ Jahren für Genk und erzielte hier in 103 Spielen 22 Tore und 28 Assists. Ito ist ein inverser Winger, beidbeinig, zieht häufig zur Mitte und kann sowohl mit seiner enormen Schnelligkeit in Schnittstellen laufen, als auch als Kombinationsspieler verwendet werden. Der Japaner ist torgefährlich, schließt gut ab, hat aber auch das Auge für seine Mitspieler und zieht die gegnerische Abwehr immer wieder mit tiefen Pässen auseinander. Defensiv hat der 176cm große Japaner seine Probleme: Er kommt zwar recht gut hinter den Ball, ist aber im Pressing keine Hauptinstanz. Dafür wird er zumeist von seinem Hintermann Muñoz oder dem rechtslastigen Heynen gut abgesichert.
Torgefährlicher und schussgewaltiger Linksaußen
Auf der Linksaußenposition spielt der offensiv wohl kompletteste Spieler der Belgier. Theo Bongonda (25) ist ein enorm direkter Flügelspieler, der häufig in Dribblings geht und noch häufiger abschließt. Der kongolesisch-stämmige Belgier, der im Sommer 2019 um sieben Millionen Euro von Zulte-Waregem kam, schießt beidbeinig, verfügt über eine starke Schusstechnik, sucht ohne Ball zahlreiche Tiefenläufe und ist da und dort trotz seiner nur 177cm auch per Kopf gefährlich. Bongonda klebt zudem nicht nur am linken Flügel, sondern taucht auch sehr häufig im Zehnerraum auf und stellt somit seine Gegenspieler vor ungute Situationen, weil diese sich schnell umorientieren oder den wieselflinken Flügelspieler übergeben müssen. Einzig an der Effizienz mangelt es dem 25-Jährigen, was aber angesichts seiner zahlreichen Abschlüsse kein Wunder ist. Er schießt praktisch aus allen Lagen und ist so auch für das eine oder andere Supertor gut. Ihn in den Griff zu bekommen, wird außerordentlich schwierig werden.
Sein Ersatzmann ist der Ghanaer Joseph Paintsil (23), der Bruder des Hartberg-Legionärs Seth Paintsil. Er kam gerade erst von einer einjährigen Leihe aus Ankara zurück und konnte bisher nicht Fuß fassen. Er wird wohl nur dann ein Thema werden, wenn sich jemand aus dem Offensivverbund verletzt.
201cm großer Torschützenkönig
Im Sturmzentrum zieht der mit Abstand gefährlichste Spieler von Genk seine Kreise. Paul Ebere Onuachu (27) ist ein 201cm großer Mittelstürmer aus Nigeria, der in der vergangenen Saison mit 33 Saisontoren belgischer Schützenkönig wurde. Auch in der neuen Spielzeit hält Onuachu, der vor zwei Jahren um sechs Millionen Euro aus Midtjylland kam, bei vier Pflichtspieltoren. Der bullige Angreifer ist nur schwer zu bändigen, besetzt den Strafraum gut, setzt seinen Körper stark ein. Klarerweise ist er auch bei Standards eine der gefährlichsten Waffen des KRC Genk. Fußballerisch bringt er einige Mängel mit, aber zumeist kann er diese mit gezieltem Körpereinsatz aufwiegen. Im Kombinationsspiel ist der 94 Kilo schwere Onuachu also kein besonders kreativer oder präziser Akteur, aber das muss er als klassischer Zielspieler auch nicht sein. Er lebt von seiner Physis und der Fähigkeit, seine Gegner „wegzuschieben“. Sein natürliches Habitat ist natürlich die unmittelbare Gefahrenzone.
Chelsea-Youngster als Ersatzmann
Sein Ersatzmann ist mit Ike Ugbo (22) ein nigerianisch-stämmiger Engländer, der aus der Reserve von Chelsea kam, bisher aber erst zweimal eingewechselt wurde (wobei er gegen Anderlecht nach nur fünf Minuten sein Debüttor und damit den 1:0-Siegtreffer erzielte). Letzte Saison spielte er ebenfalls schon in Belgien. Für seinen Leihklub Cercle Brügge erzielte er 16 Tore in 32 Partien. Inklusive Boni könnte die für Genk zu berappende Ablösesumme noch auf 7,5 Millionen Euro steigen.
Zwei potentielle Schwächen
Genk ist also eine durch die Bank hochveranlagte, offensiv äußerst explosive Mannschaft, die zudem eine spannende Innenverteidigung und vor allem eine hohe Intensität auf den meisten Positionen mitbringt.
Zwei Schwächen konnten wir in der Analyse dennoch ausmachen. Die aktuell größte Schwäche des belgischen Vizemeisters betrifft die Defensivstandards, die sie nicht „auf Mann“, sondern im Raum verteidigen und äußerst anfällig auf Fehler sind. Die Zuteilung stimmte in dieser Saison bereits mehrmals nicht und so sind Standardsituationen – auch aufgrund der noch nicht perfekt ausgeprägten Entschlossenheit des jungen Keepers Vandevoordt – die Aktionen, mit denen man Genk am meisten wehtun kann. Genk versucht hier vor allem den Fünfmeterraum zu verdichten, verteidigt dabei aber nicht mannorientiert, weshalb sich in den letzten Spielen immer wieder Gegner davonschlichen, am kurzen Eck gut verlängerten oder zwischen die Genk-Verteidiger kamen.
Eine weitere Schwäche betrifft das Defensivverhalten bei Spielverlagerungen, wenn sich der Ball im Drittel von Genk befindet. Hier war häufig zu beobachten, dass speziell hohe Verlagerungen aus dem Halbraum auf den gegenüberliegenden Flügel zu Probleme führten. Vor allem auf der linken Abwehrseite der Belgier, wo der Mexikaner Arteaga zu erwarten ist. Allgemein ist es empfehlenswert, die Abwehr von Genk in der Breite zu bewegen. Das Verschieben funktioniert nicht immer ideal und es tun sich immer wieder Räume auf, die man dann attackieren kann.
Kandidat für den Gruppensieg
Davon abgesehen ist Genk allerdings eine Top-Mannschaft, die in der Saison 2021/22 definitiv um den belgischen Titel mitspielen wird. Sie sind über Dinamo Zagreb und Rapid zu stellen und werden sich, unserer Einschätzung nach, mit West Ham United um den Gruppensieg streiten. Da man davon ausgehen darf, dass West Ham nicht dauerhaft in Bestbesetzung antreten wird, sehen wir Genk unterm Strich sogar als Gruppenfavoriten.
Mögliche Aufstellung
Angesichts des bisherigen Programms des morgigen Rapid-Gegners sind keine großen Rotationen zu erwarten. Es gibt nur wenige Wackelkandidaten, deren Einsatz Geschmackssache ist – etwa die Frage, ob im offensiven Mittelfeld Thorstvedt oder Trésor beginnt.
Die meisten Mannschaftsteile sind gut eingespielt und aus der Startelf, die vor genau zwei Jahren zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase mit 2:6 in Salzburg verlor, sind heute mit Lucumí, Hrosovsky, Ito und Heynen nur noch vier Spieler mit an Bord. Eingewechselt wurden damals Bongonda und Onuachu.
Wir sehen Genk also als außerordentlich starken Gegner an und jeder Punktgewinn gegen das belgische Spitzenteam wäre als Erfolg für Rapid zu werten.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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