Der SK Rapid verlor gestern das Hinspiel im Europa-League-Playoff auswärts gegen den SC Braga mit 1:2. Dabei wurde der Matchplan durch eine kuriose und... Guido Burgstaller: Vorbild, aber auch Maßstab für Stürmerkollegen

Der SK Rapid verlor gestern das Hinspiel im Europa-League-Playoff auswärts gegen den SC Braga mit 1:2. Dabei wurde der Matchplan durch eine kuriose und aus der Sicht der Hütteldorfer extrem unglückliche Anfangsphase schon zu Beginn obsolet, da Mittelfeldspieler Lukas Grgic bereits nach vier Minuten ausgeschlossen wurde. Durch eine beherzte Leistung sicherte sich die Mannschaft von Rapid-Trainer Robert Klauß eine akzeptable Ausgangslage für das Rückspiel. Ein Spieler verdient sich in dieser Hinsicht ein Extralob – Routinier Guido Burgstaller ging nämlich wieder einmal mit gutem Beispiel voran und wurde seiner Rolle als Führungsspieler mehr als gerecht.

Bei der Aufstellung der Hütteldorfer gab es keine Überraschungen. Rapid-Trainer Klauß schickte die aktuell beste Startelf in die Partie. Hinter dem Doppelsturm Burgstaller/Beljo kamen Jansson und Seidl zum Einsatz, Grgic startete neben Sangaré, und Bolla bekam auf der rechten Abwehrseite den Vorzug gegenüber Oswald, der das erste Backup für das zentrale defensive Mittelfeld ist.

Der 22-Jährige kam schon wesentlich früher in die Partie als geplant, da nach dem Grgic-Ausschluss das Mittelfeld verstärkt werden musste. Oswald erledigte die schwierige Aufgabe bravourös und war einer der besten Spieler auf dem Platz.

Kurz vor der roten Karte vergab Dion Beljo eine riesengroße Torchance. Zunächst erkannte der Kroate die Situation sehr gut, machte auch noch beim Überspielen des Tormanns alles richtig, versäumte es aber gleich abzuschließen und verstolperte stattdessen den Ball vor dem leeren Tor.

Dauerbrenner Burgstaller

Der SK Rapid muss im August ein wahres Mammutprogramm absolvieren. Zwischen dem 1. August und dem 1. September bestreiten die Hütteldorfer zehn Pflichtspiele. Guido Burgstaller absolvierte gestern Abend bereits sein achtes Pflichtspiel dieser Saison und stand insgesamt 556 Minuten auf dem Platz. Vergangene Saison kam er wettbewerbsübergreifend auf 2092 Minuten, was bedeutet, dass er vor dem vierten Bundesligaspieltag bereits 26,58 % seiner Einsatzzeit aus der vergangenen Saison erreicht hat.

Aufgrund seiner körperlichen Probleme in der vergangenen Spielzeit gingen viele Rapid-Fans davon aus, dass er in dieser Saison eine etwas untergeordnete Rolle spielen und häufig erst in der Schlussphase ins Spiel kommen würde. Burgstaller ist aber nach Raux-Yao, Hedl, Sangaré, Seidl, Grgic und Auer der Rapid-Spieler mit den meisten Einsatzminuten in dieser Saison.

Ein Wechsel, der einiges aussagt

Nach dem Ausschluss musste Trainer Klauß reagieren und einen Stürmer vom Platz nehmen. Die vergebene Chance von Beljo hatte natürlich keinen Einfluss auf die Entscheidung, vielmehr ging es darum, welchem Spieler der Coach zutraute, die Gegenspieler im Aufbau am besten zu beschäftigen und gleichzeitig in der Offensive Nadelstiche zu setzen. Beides erledigte Burgstaller mit Bravour.

Dass er sich für den 35-Jährigen Burgstaller und nicht für den 22-jährigen Beljo entschied, kam letztendlich wohl für wenige Zuschauer überraschend, da der Routinier auf dem Platz wesentlich intensiver agiert.

Burgstaller mit den meisten Zweikämpfen

Auch die Daten zeigen eindeutig, wie sich Burgstaller bis zu seiner Auswechslung in der 74. Minute für seine Mannschaft aufrieb.

Obwohl Burgstaller vor der Rapid-Viertelstunde ausgewechselt wurde, bestritt er insgesamt 27 Zweikämpfe und damit klar die meisten aller Rapid-Spieler. Jansson liegt mit 20 Duellen auf Platz 2, Sangaré (18) und Raux-Yao (17) befinden sich auf den weiteren Plätzen.

Burgstaller gewann rund ein Drittel seiner Duelle, was insgesamt keine schlechte Ausbeute ist, wenn man bedenkt, dass er im Spiel gegen den Ball in Rapids 4-4-1-Formation oftmals mit mehreren Gegenspielern konfrontiert war und die meisten dieser Duelle auf einer vergleichsweise hohen Position führte.

Um es mit einer anderen Statistik zu verdeutlichen: Der SK Rapid eroberte in der gesamten Partie nur sechs Bälle in der gegnerischen Hälfte. Seidl, Jansson und Bolla kamen auf jeweils eine dieser hohen Balleroberungen, Burgstaller eroberte die anderen drei Bälle.

Ein Tor und fast ein zweiter Treffer

Burgstaller erzielte zudem nach einem wunderschönen Seidl-Zuspiel den einzigen Treffer des Spiels und traf noch ein zweites Mal, doch der technisch anspruchsvolle Treffer wurde zurecht wegen einer knappen Abseitsentscheidung zurückgepfiffen. Symbolisch für seinen Einsatz kann zudem eine Szene gelten, in der er beinahe dem gegnerischen Tormann den Ball abluchsen konnte. Schiedsrichter Balakin, der viele knappe Entscheidungen zugunsten der Heimmannschaft fällte, wertete die Szene jedoch als Foulspiel und unterbrach das Spiel.

Sitzer kann man vergeben, aber…

Dion Beljo wird man abseits der vergebenen Großchance in der gestrigen Partie nicht viele Vorwürfe machen können, da er aus taktischen Gründen schon früh ausgewechselt wurde. Der junge Leihspieler vom FC Augsburg erzielte auch schon einige wichtige Tore, wie beispielsweise den Goldtreffer beim 1:0-Sieg gegen den SK Sturm Graz und den Führungstreffer vergangenes Wochenende gegen die WSG Tirol. Bewerbsübergreifend steht der Kroate bei vier Toren in neun Pflichtspielen und auch wenn er bereits den einen oder anderen Sitzer ausgelassen hat, sieht man in vielen Situationen sein großes Potential. Beljo ist ein Stürmer, der bewerbsübergreifend auf 15 bis 20 Saisontore kommen wird, wenn er gesund bleibt.

Um sich aber in die Herzen der Fans zu spielen, wird er etwas an seiner Körpersprache arbeiten müssen. Nicht jeder Spieler muss und kann Mentalitätsleistungen und ein Laufpensum wie Burgstaller abspulen, aber insbesondere in engen Partien mit schwierigem Spielverlauf verzeihen die Rapid-Fans eher vergebene Torchancen als eine lethargische Körpersprache. Das beste Beispiel dafür war der hochtalentierte Fally Mayulu, dem auch Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann im Rahmen des 1899fm-Podcasts viel Potential bescheinigte, aber anklingen ließ, dass er es nicht voll ausschöpfen würde. Beljo wirkte zumindest vereinzelt ebenfalls etwas lethargisch und könnte sich von seinem Sturmpartner Burgstaller in puncto Mentalität, Leidenschaft und Körperspannung einiges abschauen.

Das gilt umso mehr für den bisher unglücklich agierenden Furkan Dursun, der auch aufgrund der Verletzung von Bischof von Rapid-Trainer Klauß stark forciert wird, dieses Vertrauen aber noch nicht zurückzahlen konnte. Dursun stand in der aktuellen Saison 221 Spielminuten auf dem Platz und wartet noch auf seinen ersten Scorerpunkt. Was man beim 19-Jährigen jedoch noch mehr vermisste, war das Feuer, das ein junger Spieler bei seinen Kurzauftritten in den letzten Minuten zeigen sollte. Da kam bisher viel zu wenig.

Fazit: Vorbild, aber auch Maßstab

Beljo, Dursun und die anderen Mittelstürmer haben das Glück, einen Spieler in ihren Reihen zu haben, der in vielerlei Hinsicht als absolutes Vorbild dient. Gleichzeitig haben sie jedoch das Pech, dass Burgstaller im Sturmzentrum den Maßstab setzt, was Leidenschaft, Kämpferherz und Einsatzbereitschaft betrifft – und an dem werden sie von den Fans gemessen. Es kann und wird zwar nicht jeder so an seine Grenzen gehen wie ein 35-jähriger Burgstaller, doch ein Mindestmaß an diesen Tugenden ist für einen Rapid-Stürmer unumgänglich.

Stefan Karger