Gut gespielt, trotzdem verloren: Salzburg steht nach dem 0:1 gegen Nizza unter Siegzwang
Europa League 22.Oktober.2016 David Goigitzer 0
Trotz guter Vorstellung mussten die Bullen daheim eine Niederlage hinnehmen und haben nun endgültig Siegesdruck, um noch weiterkommen zu können.
Prinzipielle Ausrichtungen
Die Salzburger traten in ihrem typischen 4-4-2 an, wobei sie ihr Pressing recht hoch ausrichteten und die Franzosen früh unter Druck setzen wollten. Hierbei nutzten sie viele Mannorientierungen, was für verschiedene Staffelungen sorgte, oft sah man ein 4-2-3-1. Durch die konsequent ausgeführten Mannorientierungen im Mittelfeld taten sich die Gäste schwer die Mitte zu bespielen, die Hausherren konnten die Franzosen immer wieder auf die Flügel drängen und dort Ballgewinne generieren.
Ebenfalls auffällig war, dass die Salzburger auch immer wieder 4-3-3-Staffelungen herstellten, da die Flügelstürmer die französischen Achter mannorientiert verfolgten und so dabei halfen das Spiel auf die Flügel zu drängen.
Das hohe Salzburger Pressing im 4-2-3-1
Im Ballbesitz schoben die Salzburger Außenverteidiger hoch die Flügel entlang, damit sich Lazaro und Rzatkowski in die Halbräume fallen lassen konnten. In der ersten Aufbauphase gab es immer wieder Situationen, in denen sich beide recht tief anboten, da die beiden Sechser Radosevic und Laimer durch die Doppelspitze von Nizza abgedeckt wurden. Dennoch schaffte es die Salzburger nicht erfolgsstabil gute Verbindungen untereinander herzustellen, weshalb das sehr direkt forcierte Spiel mit Ablagen nicht flüssig gelang und, zumindest teilweise, zum 1:0 der Gäste führte.
Hier war die Raumaufteilung vor allem in der letzten Linie schwach. Das vorangegangene Aufrücken von André Wisdom wurde von Lainer nicht balanciert, weshalb Miranda auch keine Möglichkeit hatte den Ball weiter zu spielen und das Risiko suchte. Plea nutzte diese Eins-gegen-Eins-Situation und erzielte die Führung.
Die Mannschaft von Lucien Favre formierte sich im Aufbau in einem 3-1-4-2. Durch die zahlenmäßige Überlegenheit im Mittelfeldzentrum wollte man dieses eigentlich bespielen, durch den hohen Druck der Salzburger war dies jedoch recht schwer, weshalb die Flügel sehr früh angespielt wurden. Von dort aus fand man selten Verbindungen in die Mitte, darum kam es immer wieder zu Ballverlusten im Mittelfeld. Deshalb begann vor allem Walter als Achter immer wieder auszuweichen und sich hoch am Halbraum zu positionieren und ein situatives 3-4-3 herzustellen, um die Präsenz in der letzten Linie zu erhöhen.
Im 5-3-2-Mittelfeldpressing wollten die Nizzaner das Zentrum versperren und die Hausherren auf die Flügel leiten, um sie dort einzukesseln. Die Doppelspitze des Nizza-Pressings isolierte Radosevic und Laimer effektiv und machte sie nicht anspielbar. Durch das dicht besetzte Mittelfeldzentrum konnten die Salzburger kaum hindurch spielen, die Szene vor dem 1:0 der Franzosen zeigte die starke Zentrumsbesetzung deutlich, Salzburg wurde zum Rückpass gezwungen. Aus dem sowieso schon schwachen Salzburger Aufbau konnten die Hausherren also kaum etwas Brauchbares generieren.
Ausgeglichene Anfangsphase, gestört durch Gäste- Führung
Zu Beginn schafften es die Salzburger sehr gut die Hausherren zu kontrollieren und den Ballvortrag zu verhindern, indem sie hoch und mannorientiert auf den Aufbau pressten. Das Angriffspressing machte einen gut koordinierten und stabilen Eindruck, die Gäste kamen kaum durchs Zentrum oder die Halbräume nach vorne. Selten konnte man jedoch in gefährlichen Zonen Ballgewinne generieren, weshalb die Salzburger selbst ebenfalls ungefährlich waren. Die erste Aufbaulinie Nizzas ging nämlich selten Risiken ein und schlug den Ball hoch nach vorne, wenn es zu brenzlig wurde.
Das Pressing der Gäste war ebenfalls sehr stabil und machte es den unter García prinzipiell schon aufbauschwachen Salzburgern sehr schwer nach vorne zu kommen. Aus einer Pressingsituation fiel auch das 1:0 für die Gäste, das zwar durchaus einen individuellen Fehler von Miranda beinhaltete, jedoch nur die Folge eines strukturellen Fehlers war.
Nach diesem Treffer schaffte es Nizza auch etwas länger die Ballzirkulation erhalten. Denn nun rotierten die drei zentralen Mittelfeldspieler öfter und verursachten Zuordnungsprobleme bei den Salzburgern aufgrund der Mannorientierungen. Dennoch konnten die Gastgeber mit ihrem hohen Pressing den Aufbau Nizzas weitgehend stören.
Wisdom spielt den Ball zu früh und mit schwacher Qualität zu Miranda, Lainer unterstützt nicht sondern schiebt nach vor. Dies provoziert Miranda zu einem riskanten Dribbling, das er verliert.
Mit Fortlauf des Spiels ließ das hohe Pressing leicht nach und die Gäste aus Frankreich hatten nun mehr Räume im ersten Drittel um effektiv aufzubauen. Zwar gelangte man weiter eher selten ins Zentrum, nutzte das kompakte Verschieben von Salzburg und lockte durch Prallpässe der Sechser immer wieder das Pressing Salzburgs an, um dann ballferne Räume oder Räume im Rücken des Pressings zu bespielen.
Diese befanden sich meist am Flügel, und ansatzweise schien man hier auch Durchbrüche erzielen zu können. Die Außenverteidiger Lainer und Ulmer konnten mit intensivem Rückwärtspressing jedoch immer wieder Schlimmeres verhindern.
Ereignislose zweite Halbzeit
Das hohe Pressing der ersten Halbzeit erhielt Salzburg nur situativ aufrecht. In mehreren Situationen erkannte man mit Fortlauf des Spiels ein Nachlassen der Intensität, es wurde kein starker Druck mehr auf den Ballführenden ausgeübt. Zwar schob man meist immer noch hoch nach vorne, tat dies jedoch nicht mehr jedes Mal im Vollsprint und so konnte sich Nizza öfters aus dem Pressing befreien. Zum einen mit scharfen Pässen auf die Stürmer oder mit Wechselpässen auf die breit gebliebenen Flügelverteidiger. Diese Wechselpässe waren zuvor kaum möglich gewesen, da Salzburg zu viel Druck auf den Ballführenden ausübte.
Anpassungen gab es auf beiden Seiten nicht zu sehen, lediglich Auswechslungen, die jedoch recht spät erfolgten. Favre wechselte erst ab der 70., García gar erst ab der 80.Minute. Die Hereinnahme des dribbelstarken Belhanda brachte den Franzosen mehr Durchschlagskraft im Halbraum. Der in Avignon geborene Nationalspieler Marokkos situierte sich auf der Achter-Position. Dennoch schafften es die Franzosen nicht, ein zweites Tor nachzulegen. Auch die Wechsel von García brachten nichts mehr ein.
Fazit
Vor allem defensiv war es eine gute Vorstellung Salzburgs, die bis auf wenige Situationen die Gäste voll im Griff hatten. Das Problem am hohen mannorientierten Pressing ist jedoch der Kraftaufwand, den man betreiben muss. Zudem ist es nur bedingt proaktiv, weshalb es auch psychisch ermüdend ist, da man sich stets nach dem Gegner richten und ihn übergeben muss. Möglicherweise könnte dies ein Grund für die im zweiten Durchgang fehlende Intensität gewesen sein. Das große Problem ist immer noch das Aufbauspiel. Der normalerweise so starke Flügelfokus konnte gegen das 5-3-2 nicht wirklich durchgebracht werden, weshalb man aus der Zirkulation heraus kaum gefährlich wurde.
David Goigitzer, abseits.at
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