Mit 10 Neuen zur Niederlage: So stark war Villarreals Mannschaft tatsächlich
Europa League 18.September.2015 Alexander Semeliker 0
Mit einem 2:1-Sieg im Ernst Happel Stadion startete der SK Rapid gestern in die UEFA Europa League. Ein durchaus überraschender Erfolg, denn mit Villarreal empfingen die Hütteldorfer den Favoriten auf den Gruppensieg. Für etwas Diskussionsstoff sorgte dabei die Aufstellung der Spanier.
Bereits am Tag vor dem Spiel kündigte Trainer Marcelino an, einige neue Spieler einzusetzen, das Ausmaß war dann dennoch überraschend. Nur ein Spieler, Innenverteidiger Victor Ruiz, von der gestrigen Startelf stand auch beim letzten Ligaspiel in Granada in der ersten Elf. Doch wie stark schmälert das die Leistung Rapids? Wir nehmen die Rotationsmannschaft genauer unter die Lupe.
Ausfall zweier Fixpunkte
Ein schwerwiegender Ausfall war ohne Zweifel jener von Stürmerstar Roberto Soldado, der angeschlagen war und erst gar nicht die Reise nach Wien antrat. Der 17-fache spanische Teamspieler fand nach seiner unglücklichen Zeit in England bei der Submarinos schnell wieder zu seiner alten Form und hätte wohl eine der Möglichkeiten in der Schlussphase verwertet. Neben Soldado konnte Marcelino auch auf Stamminnenverteidiger Eric Bailly nicht zurückgreifen. Der Ivorer sah letzte Saison im Achtelfinale Gelb-Rot und war dementsprechend gesperrt. Insofern musste der spanische Trainer also zumindest zwei Änderungen vornehmen.
„Ersatzstürmer“ gut eingebunden
Was auf den ersten Blick für Verwunderung sorgte war die Tatsache, dass trotz des Ausfalls von Soldado der aktuell beste Torschütze des Teams, Cedric Bakambu, zunächst nur auf der Bank saß. Bei genauerer Betrachtung könnte dies aber auch taktische Gründe gehabt haben, denn der 24-Jährige ist in seinem Bewegungsprofil am ehesten mit Soldado kompatibel, während die anderen beiden Optionen theoretisch gut zueinanderpassen.
Adrian Lopez ist ein ähnlicher Spielertyp wie Luciano Vietto, der Shootingstar der letzten Saison: arbeitsam, verbindungs- und umschaltstark. Das deutete er in einigen Situationen auch an, beispielsweise als er in der 19. Minute die erste große Torchance des Spiels einleitete. In einer Situation wurde er von seinem Trainer sogar lautstark zurechtgewiesen, weil er sich zu stark am Rückwärtspressing beteiligte. Dadurch fehlte er nämlich als Ankerpunkt um Umschaltspiel.
Noch auffälliger als die Porto-Leihgabe war Leo Baptistao, nicht nur aufgrund seines erzielten Treffers. Der Brasilianer zeigte vor allem sein Potenzial im Kombinationsspiel. Er nahm situativ die Rolle eines Linksaußen ein, indem er weit auf die Flügel auswich, und damit den Raum für die nachstoßenden Mitspieler öffnete. Villarreal kam so relativ schnell durch den grün-weißen Zwischenlinienraum.
Flügel entscheidend beteiligt am 0:1
Auf den Flügeln ist der Kader der Spanier quantitativ sehr gut besetzt. Bis auf den jungen Matias Nahuel, der im Sommer aus zweiten Mannschaft hochgezogen wurde, sind jedoch alle Spieler neu im Verein. Eine klare Einser-Besetzung konnte es also gar nicht geben, wenngleich es in den ersten Spielen eine Tendenz gab. Samu Castillejo und Matias Nahuel starteten in jedem Spiel, konnten aber nicht hundertprozentig überzeugen. Dass es zu personellen Wechseln kam, war also durchaus nachvollziehbar.
Auf der einen Seite konnte sich Samuel am rechten Flügel in seinen Einsätzen mit einem Tor und einem Assist empfehlen. Gestern konnte er mit seinen dynamischen Vorstößen jedoch nur punktuell überzeugen, brachte es in 45 Minuten aber immerhin auf zwei Torschussvorlagen. Denis Suarez am linken Flügel hingegen war ein spielbestimmender Akteur. Der junge Spanier kam erst kurz vor Transferschluss, konnte in den ersten beiden Spielen für die gelben U-Boote gar nicht am Platz stehen.
Dass er über sehr gute Anlagen verfügt, zeigte er in seinem ersten Spiel gegen Granada und auch gegen Rapid. Er nutzte das Ausweichen von Baptistao auf den Flügel um selbst in den Halbraum zu gehen und verarbeitete dort die Bälle mit seiner sauberen und guten Technik. So leitete er auf diese Weise auch das erste Tor, zu dem übrigens auch Samuel seinen Teil beitrug. Er ging nämlich ebenfalls in den Zwischenlinienraum, zog Rapids Linksverteidiger aus seiner Position und öffnete damit den Raum für den aufrückenden Rechtsverteidiger, der dann die Flanke schlug.
Übermut in der Defensive?
Während die bisher angeführten Änderungen also durchaus Sinn ergaben, mutete die Rotation in der Defensive übermütig an. Mit Mariano Barbosa begann der Ersatztorhüter, der letzte Saison in Sevilla sogar nur die Nummer drei war. In der Innenverteidigung ersetzte Daniele Bonera den gesperrten Bailly mit viel Routine und ohne großartige Auffälligkeiten. Die Außenverteidiger machten ihre Sache im Großen und Ganzen zwar ebenfalls solide, der Unterschied zu den Stammspielern, Jaume Costa und Mario Gaspar, die beide offensiv wie defensiv sehr erfolgsstabil sind, war dennoch sichtbar.
Auch mit dos Santos stabil
Im zentralen Mittelfeld begann neben Kapitän Bruno Soriano nicht einer der beiden gehandelten Spieler. Manu Trigueros, der in den letzten Spielen starke Leistungen zeigte, blieb 90 Minuten auf der Bank. Tomas Pina stand nicht im Kader. Stattdessen spielte Jonathan dos Santos. Der Mexikaner ist unter allen Optionen die offensivste, überzeugt mit seinem Passspiel und wäre bei gleichem Spielverlauf vermutlich ohnehin eingewechselt worden um spielerische Impulse zu geben.
Die Leistung des ehemaligen Barca-Kickers war keineswegs schlecht. Er hatte 88 Ballkontakte, brachte 91% seiner Pässe ans Ziel und legte einen Torschuss vor. Darüber hinaus zeigte er, dass er die Defensivabläufe des Systems beherrscht und verbuchte die meisten Balleroberungen seines Teams (fünf abgefangene Bälle, zwei Tackles). So stand Villarreal trotz der großen Personalrotation enorm stabil, ließ aus dem Spiel quasi nichts zu, konnte seinerseits aber gute Nadelstiche setzen.
Großer Einsatz und Glück
Villarreal war also trotz der vielen Umstellungen stark aufgestellt, kontrollierte das Spiel in der ersten Halbzeit auch ohne in Ballbesitz zu sein. Umso höher ist dadurch das Resultat für Rapid zu werten. Auch wenn es – und das betonte Rapid-Coach Zoran Barisic ebenfall – letztlich, neben einem einmal mehr hohen kämpferischen Aufwand, vor allem eines war, das für den optimalen Auftakt verantwortlich war: Glück. Glück, dass der Ball nach einem Freistoß einem Rapid-Spieler vor die Füße fiel. Glück, dass der Schiedsrichter in einer Szene auf Elfmeter entschied, die andere schon weiterlaufen ließen. Glück, dass Villarreal im Finish die eine oder andere hochkarätige Chance ausließ. Glück, das Rapid allerdings wohl lieber in der Nachspielzeit der Champions-League-Playoffs gehabt hätte.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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