Mit den nötigen Adaptierungen die Blamage abgewendet: Red Devils schalten Midtjylland aus
Europa League 27.Februar.2016 David Goigitzer 1
Das Hinspiel gegen den FC Midtjylland (mit ÖFB-Legionär Pusic in der Startaufstellung) verlor das krisengeschüttelte Manchester United auswärts mit 1:2. Im Rückspiel gewann man 5:1 und konnte sich das Weiterkommen sichern. Warum man zuerst verlor und was man danach anders machte, erklären wir in der folgenden Analyse.
Das Hinspiel
Ohne Rooney und De Gea mussten die Nordengländer antreten, blieben bei ihrem mittlerweile typischen 4-2-3-1 mit Martial in der Spitze statt Rooney und Romero im Tor statt De Gea. Gegen ein tiefes Mittelfeldpressing der Gastgeber im 4-1-4-1 übernahm United schnell die Mehrheit an Ballbesitz.
Die Dänen spielten abwartend, hatten jedoch ihre Pressingtrigger und attackierten aggressiv, wenn sie die Chance sahen, die Engländer auf der Seite einzuschließen. Eine der größten Probleme Uniteds unter Van Gaal ist das Verwaisen des Sechserraums im Spielaufbau, was dazu beiträgt, dass die Bälle oft nur in einem „U“ von der einen Seite der Viererkette zur anderen gespielt wird und das Spiel „langweilig“ macht, was ja einer der lautesten Kritikpunkte gegen den Stil des niederländischen Trainerfuchses ist. Auch in diesem Spiel kam dies teilweise, jedoch nicht andauernd, vor.
Der Ballvortrag gelang nur mäßig, Midtjylland trat im Gegenpressing intensiv genug auf, um Manchester öfter zu hohen Bällen zu zwingen. Aufgrund der individuellen Qualität von Martial, Depay und Mata konnte man dennoch immer wieder durchbrechen Die Folgeaktionen nach deren Dribblings waren jedoch oft unsauber, sodass große Chancen ausblieben. Das Pressing Uniteds gestaltete sich im 4-2-3-1 und war eher mannorientiert, jedoch rückten die Sechser selten adäquat auf.
Die Gastgeber konnten mit dem Druck jedoch nicht umgehen und mussten den Ball immer wieder hoch nach vorne spielen, wobei es hier auch an Genauigkeit fehlte. Gegen stärkere Mannschaften wird Mitaufrücken der Sechser und fehlende vertikale Kompaktheit bestraft, gegen Midtjylland war dies aber scheinbar eine gute Lösung, da man durch die zurückbleibenden Sechser bei zweiten Bällen viel Präsenz hatte.
Das Gegenpressing der Engländer war im Verhältnis zu dem der Dänen deutlich weniger intensiv, kurz vor der Halbzeit mussten die Red Devils fast ein Tor hinnehmen, weil mehrere Akteure Uniteds dem Ballgewinn der Heimmannschaft zusahen, anstatt zu attackieren. In dieser Phase hatte United begonnen, mehr Flanken in den Strafraum zu schlagen. Die Führung fiel nach einer dieser Flanken in der 38. Minute, als eine Hereingabe nicht richtig geklärt werden konnte und irgendwie über die Linie gedrückt wurde. Der Ausgleich fiel nur wenige Minuten später nach einem Ballverlust Herreras im Mittelfeld, Sisto gewann den Ball und setzte zu einem schnellen Dribbling an, sein Abschluss knapp innerhalb der Box konnte von Romero nicht gehalten werden.
Zu Beginn von Halbzeit zwei waren die Red Devils erneut am Drücker und kamen durch sehr direktes Angriffsspiel und die Schnelligkeit der Offensivspieler immer wieder in gefährliche Zonen. Die dänische Endverteidigung war jedoch konsequent und konnte die meisten Hereingaben und entscheidenden Eins-gegen-Eins-Duelle für sich entscheiden. Eine zu flache Aufbaustruktur verhinderte eine penetrierende Spielweise, ebenfalls ein Grund für die „fade“ Spielweise unter van Gaal.
Zwar war die Ballzirkulation der Nordengländer sehr sicher, Durchbrüche waren jedoch eine Seltenheit. Wenn, dann gelangen sie nur am Flügel und es folgten Flanken für die es keine Abnehmer gab. Durch die fehlende Intensität im Gegenpressing konnte man auch die Konter der Heimischen nicht kontrollieren, sodass Midtjylland immer wieder Nadelstiche setzte.
Dies war wahrscheinlich auch ein Grund für die Einwechslung Schneiderlins für Herrera, welche für mehr defensive Stabilität sorgen sollte. Kurz vor dem 2:1 gab es eine für die fehlende Intensität beispielhafte Szene: Sisto wird zwar von drei Spielern attackiert, kann sich jedoch trotzdem einfach lösen, da die United-Spieler nicht aggressiv genug pressen. Nachdem er sich befreit, setzt keiner von ihnen nach. Aus diesem Dribbling folgt dann der Angriff, der zum 2:1 von Onuachu führt.
Die vorhin bereits angesprochene fehlende Durchschlagskraft bzw. ein Fehlen an Großchancen erlaubte es Manchester United nicht, diesen Stand noch auszugleichen.
Das Rückspiel
United musste vor dem mit Spannung erwarteten Rückspiel einige Wechsel vornehmen. Riley, Varela, Schneiderlin und Rashford rückten für McNair, Love, Smalling und Martial in die Startaufstellung, die Dänen traten wieder im 4-1-4-1 an und stellten personell ebenfalls um. Die Grundordnung bei Ballbesitz hatte United ebenfalls geändert: Schneiderlin gab den alleinigen Sechser, man agierte ebenfalls in einem 4-1-4-1, in dem Mata immer wieder in die vorderste Linie schob und einen Doppelsturm mit Rashford bildete. Auch hier wurden wieder die inversen Dribblings von Depay fokussiert, Lingard bewegte sich ebenfalls ballfern sehr hoch und breit um Verlagerungen von Schneiderlin zu empfangen.
Die tiefe Ausrichtung der Gäste verursachte erneut lange Ballbesitzzeiten der Engländer, die besonders den linken Halbraum, den Mata, Rashford und Depay überluden, fokussierten. Die Durchbrüche über diese Zone suchte man besonders druckvoll, was in der Anfangsphase für einige Schüsse auf das Tor der Dänen sorgte. Besonders Depay wusste sich immer wieder gegen mehrere Gegenspieler durchzusetzen, jedoch fehlte ihm bisweilen noch das Timing beim Abgeben des Balles. Um die dänische Mauer zu brechen half Daley Blind immer wieder mit weiträumigem Aufrücken aus der Innenverteidigung.
Prinzipiell agierte man deutlich weiträumiger und aggressiver im Anlaufverhalten, was die individuell schwächeren Dänen durchaus unter Druck brachte. Zwar ist das Zweikampfverhalten ein oft zu „simpler“ Aspekt von Kritiken, jedoch war es im Hinspiel so, dass man allgemein nicht intensiv genug in der Defensive agierte. Das Gegenpressing war zwar weiterhin nur vereinzelt und eher individuell angelegt, jedoch wie bereits erwähnt deutlich intensiver und somit durchaus wirksam.
Trotz der Kontrolle die man über die Gäste hatte, gingen diese in Minute 27 in Führung: Nachdem eine Klärung beim Gegner landete, der zweite Ball nicht genug unter Druck gesetzt wurde und man sich in der Strafraumverteidigung undenkbar blöd anstellte, erzielte Sisto aus einem Schuss von der Strafraumgrenze das 0:1. Den Ausgleich erzielte man nach einer der bereits erwähnten diagonalen Verlagerungen von Schneiderlin, die Hereingabe Depays manövrierte Bodurov ins eigene Tor. Mata vergab kurz vor der Halbzeit einen Elfmeter, dies brachte die Mancunians jedoch nicht vom Spielplan ab.
Zwar gab es im zweiten Durchgang etwas mehr Flanken, diese kamen aber genau, mit passender Schärfe und man versuchte auch weiterhin die Angriffe aufzubauen, was für die Spieler und Van Gaal spricht. Varela und Riley unterstützten ihre Vordermänner am Flügel durch oftmaliges Hinterlaufen oder als Rückpassoption. Sie waren deutlich aktiver als ihre Vorgänger die Woche davor.
Daraus resultierten natürlich prinzipiell mehr Optionen in der Ballzirkulation, die Verbindungen waren besser und somit auch der Zugriff im wie bereits erwähnt intensiveren Gegenpressing. Die gute Leistung machte sich in Minute 64 dann auch bezahlt, als Rashford nach einer Hereingabe von Mata direkt verwertete. Nach einer längeren Ballzirkulation von links nach rechts und einem Traumpass von Mata fiel das dritte Tor Uniteds nach einer Flanke, die innerhalb des Strafraums geschlagen wurde. Rashford köpfte ein – es war das zweite Tor im ersten Pflichtspiel für den 18-Jährigen. Tor Nummer vier fiel nach einem Handelfmeter, Tor Nummer fünf erzielte Depay nach tollem Halbraumdribbling aus 18 Metern.
Fazit
Die Aufbaustaffelungen waren leicht verbessert, auch durch die ausweichenden Bewegungen von Rushford bzw. Matas allgemein höhere Position. Nostalgieaffine Manchester United Fans sollten zufrieden sein: Besonders die Flügelangriffe stachen im Rückspiel heraus, die Außenverteidiger waren deutlich aktiver als im Hinspiel und vor allem Depay hatte einen überragenden Tag. Durch die spielerischen Fähigkeiten der improvisierten Innenverteidigung Carrick-Blind konnte man den Ball in hohen Zonen zirkulieren lassen und hatte dabei stets sichere Rückpassoptionen, die schnell und gezielt verlagern konnten. Flanken sind normalerweise nicht die effektivste Chancenvorbereitung, doch aufgrund der numerischen Präsenz von United im Midtjylland-Strafraum waren sie ein berechtigtes und auch effektives Stilmittel in der Offensive. Die zu flachen Staffelungen gab es dennoch, genauso wie die komische Zweikampfführung in der Nähe des eigenen Tores. Ersteres wurde jedoch durch mehr Durchschlagskraft auf den Flügeln ausbalanciert.
David Goigitzer, abseits.at
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