Offensiv und defensiv zu große Abstände: Altachs Niederlage gegen Belenenses
Europa League 21.August.2015 Alexander Semeliker 0
Die Chancen, gleich beim ersten internationalen Auftritt in die Gruppenphase zu kommen, schienen beim SCR Altach durchaus realistisch zu sein. Im Playoff der Europa-League-Qualifikation trafen die Vorarlberger auf Beleneneses – das letzte gesetzte Team im Topf. Trotz dieser Voraussetzungen verloren sie mit 0:1.
Bereits die 14. Minute brachte am Tivoli in Innsbruck die Entscheidung zugunsten der Gäste aus Lissabon. Andreas Lienhart spielte einen verhängnisvollen Fehlpass und hob beim Gegenangriff das Abseits auf, sodass Beleneneses-Stürmer Tiago Caeiro den Siegtreffer erzielen konnte. Altach selbst fand kaum Chancen vor und steht nun im Rückspiel vor einer schweren Aufgabe.
Beleneses überraschend offensiv
Die Voraussetzungen für die Altacher wurden kurz vor dem Anpfiff noch ein wenig besser, denn bei Belenenses fiel mit Carlos Martins der Dreh- und Angelpunkt aus. Anstelle des routinierten Zehners brachte Trainer Ricardo Sa Pinto mit Tiago Silva einen anderen Spielertyp. Der 22-Jährige ist dynamischer und kleinräumiger als Martins und war damit auch an den Nadelstichen seiner Mannschaft entscheidend beteiligt. Unter anderem gab er die Vorlage zum Tor.
Die Formation wurde durch die Hereinnahme von Tiago Silva etwas flexibler und in Ballbesitz konnte man neben dem üblichen 4-2-3-1 auch 4-3-3-Staffelungen sehen. Im Pressing stellten sie zwar die gewohnte 4-4-2-Ordnung her, attackierten den Gegner jedoch – vor allem in der ersten 30 Minuten – ungewohnt hoch. Die könnte neben dem Aufbieten von Tiago Silva, der in engen Räumen zielgerichteter als Martins ist, auch auf die Änderung im Sturmzentrum zurückzuführen sein.
Dort bot Sa Pinto mit Caerio nämlich einen Strafraumstürmer auf und ließ den athletischen, arbeitsamen Abel Camara zunächst auf der Bank. Aufgrund seiner Anlagen ist es naturgemäß besser einen solchen Spielertypen näher am gegnerischen Tor zu haben. Caerio hielt sich zwar meistens im Angriffszentrum auf, fädelte seinen Treffer aber selbst ein und beteiligte sich passend an der Arbeit gegen den Ball.
Prokopic zentral auf verlorenem Posten
Altach-Trainer Damir Canadi setzte zunächst auf eine 4-4-2-Grundordnung mit Patrick Seeger und Hannes Aigner als Sturmduo sowie Philipp Netzer und Boris Prokopic auf der Doppelsechs. Die Flügelpositionen wurden mit dem spielmachenden Patrick Salomon links und dem durchbruch- und konterstarken Louis Ngwat-Mahop rechts besetzt. In dieser Formation spielen die Vorarlberger in den meisten Partien, dennoch gab es Schwachstellen, die Beleneses gut bespielte. Aigner und Seeger sind zwar keinesfalls klassische Strafraumspieler und gerade Aigner ist hinsichtlich seiner kombinativen Fähigkeiten unterschätzt, dennoch klaffte im Zentrum ein großes Loch.
Hier sieht man eine beispielhafte Szene für die Staffelung der Altacher. Netzer kippte weit ab und Prokopic steht im Zentrum alleine, wäre bei einem Anspiel ein gefundenes Fressen für die Portugiesen. Wenig verwunderlich führte eine ähnliche Konstellation zu der entscheidenden Balleroberung gegen Prokopic vor dem Gegentor. Altach hatte zwar mehr vom Ball, konnte diesen aber lediglich in ungefährlichen Räumen zirkulieren lassen.
Problematisch war diese Ordnung jedoch nicht nur hinsichtlich des Kombinationsspiel, sondern sie machte die Altacher auch stärker anfällig auf Konter. Beinahe jeder Pass in Richtung Angriffsdrittel wurde in den ersten 15 bis 20 Minuten von den Gästen erobert und sie konnten dann mit viel Tempo sowie ohne großen Gegnerdruck im Zentrum Raum gutmachen.
Umstellung auf 4-1-4-1 ohne Erfolg
Canadi erkannte diese Probleme wohl und stellte nach etwa 25 Minuten vom 4-4-2 auf ein 4-1-4-1 um. Seeger ging auf den Flügel und Salomon rückte als zweiter Achter neben Prokopic ins Zentrum. Situativ formierte man sich auch in einem 4-2-3-1. Beleneneses attackierte nun aber nicht mehr so weit vorne, sondern konzentrierte sich auf ein kompaktes Verschieben und das Neutralisieren des Gegners. In ihrem 4-4-2-Mittelfeldpressing ließen sie kaum etwas durch. In der nachstehenden Szene sieht man die Kernpunkte dafür.
Netzer kippte weiterhin sehr stark ab, die Stürmer der Lissaboner legten ihren Fokus aber auf das Versperren der Passwege ins Zentrum und attackierten die erste Aufbaulinie selten. Dahinter versucht Seeger durch sein Einrücken zwar eine Überzahl herzustellen, was aufgrund des Verhaltens von Belenenses aber wirkungslos blieb. Neben den beiden Sechsern besetzten nämlich auch die beiden Flügelspieler gegebenenfalls die Mitte bzw. orientierten sich zu den dortigen Gegenspielern.
In den wenigen Szenen, in denen sich für Altach die Möglichkeit ergab, in die Tiefe bzw. durch die Schnittstellen zu spielen, wollte man zu hastig und unpräzise in die freien Räume spielen. Zudem zerschellten in weiterer Folge die Angriffsversuche immer wieder an der guten Strafrumverteidigung von Beleneses. Die besten drei Möglichkeiten hatten die Vorarlberger erst in den letzten zehn Minuten. Nachdem jedoch keiner dieser Versuche den Weg ins Netz fanden, brauchen sie nächste Woche eine weitere Sternstunde.
Alexander Semeliker, abseits.at
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