Am 5. Spieltag der Europa League-Gruppenphase stand für den SK Rapid das schwere Auswärtsspiel gegen den FC Arsenal an. Im Hinspiel zeigte die Elf... Rapid im Emirates chancenlos – Arsenal siegt souverän

Am 5. Spieltag der Europa League-Gruppenphase stand für den SK Rapid das schwere Auswärtsspiel gegen den FC Arsenal an. Im Hinspiel zeigte die Elf von Trainer Dietmar Kühbauer eine äußerst couragierte Leistung, konnte sich aber trotz zwischenzeitlicher 1:0-Führung keine Punkte sichern. Aufgrund des guten Auftritts im heimischen Weststadion durfte man auch dieses Mal gespannt auf den Auftritt der Hütteldorfer sein. Am Ende des Tages setzte es allerdings eine deutliche 1:4-Niederlage gegen die Londoner.

Beide Trainer rotieren kräftig durch

Der FC Arsenal stand vor dem Spiel bereits als Aufsteiger in die K.o.-Phase fest. Dies nahm Coach Mikel Arteta zum Anlass, um die Rotationsmaschine erneut anzuwerfen. So wurden Stammspieler wie Willian, Dani Ceballos, Pierre-Emerick Aubameyang oder Bernd Leno im Hinblick auf das prestigeträchtige Nord London-Derby gegen Tottenham am kommenden Wochenende nicht aufgeboten. Zur Überraschung vieler tat es ihm Didi Kühbauer gleich – im Vergleich zum Derby gegen die Austria am vergangenen Wochenende blieben lediglich Max Hofmann, Max Ullmann, Marcel Ritzmaier und Kelvin Arase Teil der Startelf. Dieses hohe Maß an Rotation lässt sich auf die Ausgangsposition der Hütteldorfer vor diesem Spiel zurückführen, denn unabhängig vom Ergebnis des Arsenal-Spiels kommt es eine Woche später zu Hause gegen Molde zum direkten Duell um den Aufstieg in die K.o.-Phase. Einzig eine hohe Niederlage in London hätte die Chancen Rapids am letzten Spieltag ein wenig kleiner werden lassen können.

Arsenal von Beginn an tonangebend

Die Gastgeber starteten in einer 4-3-3-Grundordnung in das Spiel. Interessant zu beobachten war die Rolle von Alexandre Lacazette. Der eigentlich als Mittelstürmer agierende Franzose wurde diesmal auf der Achterposition im zentralen Mittelfeld aufgeboten. Statt ihm spielte Eddie Nketiah im Sturmzentrum.

Rapid stellte sich wie erwartet im 5-3-2 gegen den Ball. In den ersten Minuten sah man einen durchwegs couragierten Auftritt der Wiener, die mit Giftigkeit in den Zweikämpfen punkten konnten. Die Anordnung Rapids gegen den Ball erschwerte es den Heimischen sich im Angriffsdrittel festzusetzen. Yusuf Demir, Lion Schuster und Marcel Ritzmaier bildeten gegen den Ball eine flache Dreierreihe im zentralen Mittelfeld, wobei die Demir und Ritzmaier in den Halbräumen mannorientiert agierten und sich somit stets um die beiden gegnerischen Achter kümmerten. Den zentralen Part der Dreierreihe gab der junge Schuster, der den direkten Passweg auf Mittelstürmer Nketiah zustellen sollte.

Der FC Arsenal fand erst nach ein paar Minuten in sein gewohntes Ballbesitzspiel, welches sie Schritt für Schritt die Spielkontrolle erlangen ließ. Es ergab sich das zu erwartende Bild – Arsenal mit eindeutig mehr Ballbesitz, Rapid lauert im Mittelfeldpressing auf Umschaltsituationen.


Das geschehen spielte sich zu einem erheblichen Anteil in der Hälfte Rapids ab. (Quelle: whoscored.com)

Den Gästen fehlt der Zugriff

In der Anfangsphase hatte Rapid große Zugriffsprobleme in der ersten Pressinglinie, da man sich stets einer 4 gegen 2-Unterzahlsituation ausgesetzt sah. Die beiden Stürmer Deni Alar und Koya Kitagawa hatten die Aufgabe die beiden Innenverteidiger Arsenals sowie deren Sechser zu kontrollieren. Dies hatte zur Folge, dass die beiden in der Breite keine zu großen Abstände aufkommen lassen durften, da sonst Sechser Elneny jedes Mal angespielt werden hätte können.  Die beiden Innenverteidiger der Heimelf positionierten sich allerdings äußerst breit, wodurch die beiden Angreifer Rapids weite Wege gehen mussten, um die Zuspiele auf einen der beiden pressen zu können.

Kitagawa und Alar sehen sich einer 4 gegen 2-Unterzahlsituation ausgesetzt. Durch die breite Positionierung der beiden Innenverteidiger Arsenals stehen sie vor einem Dilemma. Sie müssen sowohl das Zentrum als auch das Zuspiel auf die Innenverteidiger kontrollieren. Dies stellt die beiden vor große Zugriffsprobleme und Arsenal kann problemlos die erste Pressinglinie der Hütteldorfer überspielen.

Interessant zu beobachten war ebenfalls, dass Arsenal-Schlussmann Rúnarsson nicht nur bei Abstößen in den Spielaufbau eingebunden wurde, sondern auch häufig außerhalb des Sechzehners als zusätzlicher Aufbauspieler agierte. Ein gutes Beispiel wie die Implementierung der sogenannten Tormannkette aussehen kann, um für den Ballvortrag im ersten Drittel einen Spieler mehr zur Verfügung zu haben. Da sich Rapid in diesem Spiel für ein Mittelfeldpressing entschied war das Risiko eines höher positionierten Tormanns nicht ganz so groß wie bei einem aggressiven Angriffspressing.

Rapid mit Adaptierungen im Mittelfeld

Kühbauer reagierte auf die genannten Probleme nach rund 20 Minuten und löste die flache Dreierreihe im zentralen Mittelfeld hinter den beiden Sturmspitzen auf. Demir wurde etwas weiter nach vorne beordert, um nun eine 2-1-Staffelung im Zentrum herzustellen. Das Supertalent der Hütteldorfer sollte sich um Sechser Elneny kümmern, der bis dahin aufgrund der oben beschriebenen Konstellation nahezu jedes Mal in den Spielaufbau eingebunden werden konnte. Die Mannorientierung Demirs ermöglichte es Alar und Kitagawa von Grund auf breiter zu stehen, um die Innenverteidiger besser unter Druck setzen zu können.

Im Umkehrschluss bedeutete dies allerdings, dass Schuster und Ritzmaier die Mannorientierung auf die beiden Achter Lacazette und Maitland-Niles aufgeben und sich mehr auf das Zustellen des direkten Passweges auf Stürmer Nketiah konzentrieren mussten. Zu zweit konnten sie die Breite nicht mehr im selben Maß abdecken, wie das noch gemeinsam mit Demir der Fall war. Dies hatte zur Folge, dass die Spieleröffnung für Arsenal nun vermehrt über die Halbräume und die dort positionierte Achter möglich war. Als Konsequenz wurden diese Räume von nun an auch primär bespielt.

Die Hütteldorfer konnten Arsenal nun situativ höher unter Druck setzen. Die Heimischen reagierten, indem sie des Öfteren gezielte Chipbälle über die erste Pressinglinie einstreuten. Dabei suchte Goalie Rúnarsson oft einen der beiden Außenverteidiger, die den Ball ohne unmittelbaren Gegnerdruck verarbeiten konnten. Alternativ wurden die langen Bälle auch in Richtung des linken Flügels zu Nicolas Pépé gespielt, der gegen seinen direkten Gegenspieler Kelvin Arase den Größenvorteil auf seiner Seite hatte. Generell war Arsenal auch in der zweiten Etage überlegen. Dies unterstreicht die Statistik der gewonnenen Luftduelle, welche mit 27:15 an die Gunners ging.

Vermeidbare Gegentore als Rapids Sargnagel

Arsenal kontrollierte weiterhin das Spiel, Rapid stand wie schon im Hinspiel in einem kompakten Defensivblock und setzte es sich zum Primärziel, schnell umzuschalten und so für Entlastung zu sorgen. Dies sollte den Hütteldorfern allerdings nicht wirklich gelingen. Zu schlampig agierte man nach Ballgewinn im Passspiel, sodass das Spielgerät gleich wieder verloren ging.

Die Gäste waren im eigenen Ballbesitz im Ansatz bemüht, von hinten kontinuierlich aufzubauen. Arsenal legte allerdings ein aggressives Angriffspressing an den Tag, sodass sich die Hütteldorfer gezwungen sahen, den Ball relativ bald lang in Richtung Deni Alar zu schlagen. Die Bälle kamen allerdings nicht gut oder konnten vom routinierten Angreifer nicht gesichert werden. Auch die Staffelung für den zweiten Ball war nicht ideal. So wurde der Ballbesitz an den Gegner abgegeben, welcher dann seinerseits erneut einen Angriff aufbauen konnte.

Rapid verteidigte die Angriffe Arsenals passabel, ließ nicht viel zu. Allerdings fing man sich in den ersten 18 Minuten zwei absolut vermeidbare Gegentore. Das 1:0 durch Lacazette in der 10. Minute war einem schlecht ausgeführten Einwurf Rapids in der eigenen Hälfte vorausgegangen. Beim folgenden Distanzschuss des Franzosen sah zudem Richard Strebinger alles andere als gut aus. Das 0:2 aus Sicht der Gäste fiel nach einer Ecke – die Vorentscheidung in diesem Spiel, zumal Rapid im ersten Durchgang offensiv völlig harmlos blieb.

Nach einer für Arsenal im Ansatz untypischen Aktion fiel kurz vor der Pause auch noch das 3:0. Nach einem lang geschlagenen Abstoß von Rúnarsson gewannen die Heimischen den zweiten Ball. Danach ging es ganz schnell – zu schnell für die Defensive Rapids. Die Gunners konnten nach der Sicherung des Balles in Windeseile eine Raute am linken Flügel bilden. Im Passmuster ‚Tief-Klatsch-Tief‘ gelang man hinter die etwas höher positionierte Abwehrkette Rapids. Nach der Hereingabe von Pépé und der Ablage von Nelson konnte Nketiah im Nachschuss zum dritten Mal für Arsenal einnetzen.

Das Angriffsschema Arsenals

Je länger die erste Halbzeit dauerte umso eher konnten die Heimischen ihre Dominanz in Torchancen ummünzen. Klar zu erkennen war hierbei deren Ziel, den jeweils ballnahen Halbverteidiger der Rapid-Fünferkette aus seiner Position zu locken, um dann einen der dynamischen Angreifer genau in diesem Raum in Szene setzen zu können.

Pro Flügel agierte die Heimmannschaft mit je einem Breitengeber. Hauptsächlich war dies der jeweilige offensive Flügelspieler – Reiss Nelson auf rechts, Nicolas Pépé auf links. Die beiden Außenverteidiger rückten in die jeweiligen Halbräume ein, um den ballnahen Sechser Rapids – Ritzmaier oder Schuster – aus der Position zu locken und in dessen Rücken Raum für den Achter zu schaffen. Sobald dieser angespielt wurde sah sich der Halbverteidiger Rapids – Leo Greiml bzw. Mario Sonnleitner – gezwungen aus der Kette zu schieben, um den ballführenden Spieler nicht aufdrehen zu lassen. Dies wiederum öffnete einen Raum hinter dem attackierenden Abwehrspieler Rapids. Die unzureichende Absicherung in der Restverteidigung ist darauf zurückzuführen, dass die Fünferkette der Gäste durch die breite Positionierung Arsenals an der letzten Linie horizontal enorm gestreckt und die Schnittstellen zwischen den einzelnen Abwehrspielern dadurch zu groß wurden. Dank der Geschwindigkeit, die das Angriffstrio Pépé, Nketiah und Nelson mitbringt konnten so immer wieder gefährliche Angriffsaktionen initiiert werden.

Der eingerückte Außenverteidiger Soares (#17) lockt Sechser Ritzmaier (#8) aus der Position. Den dahinter entstehenden Raum muss Greiml schließen, was wiederum einen Raum in dessen Rücken öffnet. Die restliche Abwehrkette Rapids wird durch die breite Positionierung Arsenals gestreckt, wodurch eine adäquate Absicherung erschwert wird.

Rapids Aufbäumen nur von kurzer Dauer

In der Pause nahm Coach Kühbauer einen Doppelwechsel vor. Schick kam für Ullmann und Barac für Hofmann. Sonnleitner wurde ins Abwehrzentrum beordert, Greiml rückte auf die halbrechte Position und Barac agierte halblinks in der Fünferkette.

Mit der deutlichen Führung im Rücken agierten die Gunners in den ersten 15 Minuten der 2. Halbzeit mit angezogener Handbremse. Rapid kam so zu mehr Spielanteilen und zu etwas längeren Ballbesitzphasen. In Minute 47 keimte sogar kurz Hoffnung auf, als Koya Kitagawa den Anschlusstreffer markieren konnte. Dem Treffer vorausgegangen war eine gute Einzelaktion von Yusuf Demir, der sich erstmals in diesem Spiel offensiv in Szene setzen konnte. Die nach einem eigenen Angriff vorherrschende Unordnung in Arsenals Defensive nutzte der 17-Jährige mit einem kurzen, dynamischen Dribbling sowie einem Doppelpass mit dem Japaner. Nachdem Arase zwei Mal an Abwehrspieler Kolasinac scheiterte traf Kitagawa letztlich zum 1:3.

Nach gut 60 Minuten schalteten die Londoner allerdings wieder einen Gang hoch und es ergab sich das gleiche Bild wie schon im ersten Durchgang. Arsenal schnürte Rapid in der eigenen Hälfte mit einem hohen Ballbesitzanteil (am Ende waren es 70%) ein und versuchte immer wieder, Räume hinter der Fünferkette der Gäste aufzureißen und zu bespielen. Vor allem der eingewechselte Spanier Dani Ceballos – er kam nach rund 60 Minuten für Elneny – verlieh dem Spiel noch einmal frischen Wind. In Minute 65 war es der ebenfalls eingewechselte Youngster Emile Smith Rowe, der zum 4:1-Endstand traf. Ausganspunkt dieses Treffers war wie schon beim 1:0 ein Einwurf Rapids in der eigenen Hälfte.

Nach diesem Treffer spielte Arsenal die Partie souverän zu Ende. Die immer größer werdende Müdigkeit Rapids eröffnete mehr Räume für die Gunners, was deren Kombinationsspiel natürlich entgegenkam. Die Londoner erspielten sich so die eine oder andere weitere Torchance, welche allerdings allesamt nicht verwertet werden konnten. So blieb es am Ende beim 4:1 für die Heimischen.

Fazit

In Anlehnung an die gute Leistung im Hinspiel ging Rapid mit einem durchaus legitimen Matchplan in das Duell mit dem haushohen Favoriten aus London. Man überließ den Gunners bewusst den Ball und hoffte aus einem kompakten Defensivblock heraus mittels Umschaltspiel gefährlich zu werden. Unkonzentriertheiten im eigenen Passspiel machten dem Plan allerdings einen Strich durch die Rechnung.
Auf Probleme im Spiel gegen den Ball reagierte das Trainerteam gut, allerdings hatten Arteta und seine Mannen aus taktischer Sicht stets eine Antwort parat.
Hinzu kommen die individuellen Fehler, aus denen drei der vier Gegentore entstanden. Ohne diese Patzer hätte man Arsenal wohl länger Paroli bieten können. Am Ende des Tages erwies sich der zweite Anzug der Gunners allerdings als zu stark, wodurch der Sieg auch in dieser Höhe in Ordnung geht.

Mario Töpel, abseits.at

Mario Töpel