Franco Foda wusste schon, was auf ihn zukommen würde. Mit RSC Anderlecht war eine spielstarke Mannschaft in Graz-Liebenau zu Gast. Alle Bemühungen um einen... Sturm Graz – RSC Anderlecht 0:2 – Niederlage in Graz-Liebenau bedeutet praktisch das Europacup-Aus für den Meister

Franco Foda wusste schon, was auf ihn zukommen würde. Mit RSC Anderlecht war eine spielstarke Mannschaft in Graz-Liebenau zu Gast. Alle Bemühungen um einen Punktgewinn blieben aber unbelohnt.

Sturm Graz musste auf viele Verletzte verzichten. Silvije Cavlina hütete statt Christian Gratzei das Tor, Martin Ehrenreich vertrat auf der rechte Abwehrseite Joachim Standfest. Links durfte Nachwuchsnationalspieler Christian Klem ran. In der Mitte bot Foda mit Milan Dudic und Thomas Burgstaller zwei kopfballstarke, aber eher langsame Innenverteidiger auf. Davor agierten Jürgen Säumel und Manuel Weber auf der schon oft beschriebenen Doppelsechs. Patrick Wolf und Florian Kainz bearbeiteten die Flanken, um Imre Szabics und Darko Bodul zu füttern. Anderlecht setzte ebenfalls auf ein 4-4-2, herauszuheben waren Guillaume Gillet, Matias Suarez und Dieumerci Mbokani. Die Vorgabe von Seiten der Grazer war klar: Aus einer gesicherten Defensive heraus sollte über Konter zum Torerfolg gelangt werden.

Anderlecht nimmt das Heft in die Hand

4-4-2 gegen 4-4-2. Erste Gefahr vor dem Tor der Grazer nach wenigen Minuten. Nach Foul an Mbokani flog ein scharfer Freistoß in den Sechzehner. Den Gegenstoß vertendelte Patrick Wolf den fälligen Konter. Und so überließ Sturm in der Anfangsphase dem Gegner das Spielgerät und versuchte, das Spielfeld eng zu machen. Um den Strafraum herum positionierte sich ein dichtes Netz an Füßen, schnelle Gegenstöße über die Seiten waren wie erwartet das Rezept. Nach dreizehn Minuten hatten die Gäste aber den Abwehrriegel erstmals geknackt, die Genauigkeit fehlte aber. Anderlecht spielte gefällig und ballsicher nach vorne aber immer wieder konnten die hundertprozentigen Chancen vereitelt werden.

Zwei Mal Glück

Zunächst sorgte eine Freistoßflanke von Säumel nach einem Foul an – klarerweise – Patrick Wolf für Verwirrung, Burgstaller hätte in Minute 22 fast noch seinen Fuß an den im Strafraum völlig verwaisten Ball zu bekommen. Im Gegenzug übersah der Anderlecht-Stürmer seinen Nebenmann auf der linken Grazer Abwehrseite. Dort, wo sich ein Verteidiger befinden sollte, war lediglich ein in Weiß gekleideter Mann. Kurz darauf musste Cavlina dann eingreifen und einen zu zentral angetragenen Schuss halten. Wenn es schnell ging, zeigte sich die schwarzweiße Defensive um Oldie Dudic schwer überfordert, Entlastung gelang auch nicht. Insgesamt war der erste Durchgang eher durchwachsen, Sturm spielte in Ballbesitz wohl etwas zu hastig nach vorne, die beste Chance vergab Kainz fünf Minuten vor Ende der ersten Halbzeit.

Lehren aus Durchgang eins

Defensiv sah das, was Franco Foda in der Kabine vorgegeben hatte, recht gut aus. Die paar Male, die Anderlecht in den Sechzehner eindringen konnte, wurden ohne Gegentreffer entschärft. Doch das Pressing der Gäste bereitete den Grazern Kopfzerbrechen. Kaum ein Angriff konnte zu Ende gespielt werden, zu hektisch, zu überhastet präsentierten sich die Blackies. Und so blieb als Fazit der ersten Halbzeit aus österreichischer Sicht, zu hoffen, dass das Angriffsspiel der Heimmannschaft zielgerichteter werden würde und die Gäste langsam die Kräfte verlassen würden.

Kabinenpredigt fruchtete

Die Blackies kamen motiviert und unverändert aus der Kabine. Wolf wurde von Szabics gut eingesetzt, suchte kurz nach Wiederanpfiff mal wieder das Tor, fand aber nur den Hintern des Gegenspielers und danach aus Frust dessen Bein. Doch die anfängliche Energie war schnell verpufft und Anderlecht übernahm wieder das Kommando, suchte Sturms Fehler in der Defensive und setzte die Abwehr massiv unter Druck. Ein versuchter Konter der Grazer in Minute 50 stand sinngebend für das gesamte Spiel: Anderlecht war hoch aufgerückt, die Defensive erkämpfte sich den Ball und Wolf machte die Konterchance durch einen schlechten Pass zunichte. Darauf folgte ein mehr oder weniger harmloser Angriff, der bei Silvije Cavlina endete.

Glück in Minute 53?

Ehrenreich verlor nach einem Eckball ein Kopfballduell, der Ball zappelte im Netz, aber der Mann an der Linie hatte auf Abseits entschieden. Ein Anderlecht-Stürmer hatte Cavlina durch seine Anwesenheit im Fünfer irritiert. Nun war wieder Sturm an der Reihe. Die Grazer erhöhten nach diesem Schock das Tempo, versuchten es mit mehr Pressing und Szabics und Bodul kamen zumindest einmal aus der Distanz zum Abschluss, auch wenn die Bälle kein Problem für Anderlecht-Goalie Proto waren. In Minute 58 dann wieder Gefahr im Strafraum der Grazer: Cavlina musste nach einem tollen Pass auf Gillet in höchster Not klären.

Säumel!?

Doch Sturm steckte nicht auf, machte mit offensiven Akzenten weiter. Imre Szabics tankte sich über links durch, seine Hereingabe kam als Rebound zu Kainz und Jürgen Säumel hätte den Ball fast über die Linie gedrückt, verfehlte ihn am langen Eck knapp. Franco Foda reagierte kurz darauf und brachte Mario Haas für Darko Bodul. Der Edeljoker brachte aber kein Glück. Mbokani erhielt links außen den Ball und gab auf Gillet, der den Ball über die Linie drückte.

Rot für Burgstaller, zweites Tor für Anderlecht

Der nächste Schock für Sturm folgte nur eine Minute nach dem Rückstand. Burgstaller musste mit Gelb-Rot vom Platz und Feldhofer kam für Kainz. Szabics wanderte auf den linken Flügel und die Grazer praktizierten fortan ein 4-4-1. Doch es half alles nichts: Mbokani war es wieder, der das Tor einleitete. Ein Pass in die Tiefe wurde von Suarez erlaufen und dieser bezwang Cavlina aus spitzem Winkel (75.). Andi Hölzl ersetzte kurz darauf Patrick Wolf, aber das Spiel war bereits verloren. In nur zehn Minuten hatte Anderlecht den Abwehrriegel geknackt. Sturm wirkte geknickt und zeigte das durch mehr Härte. Zu Erben gab es aber nichts mehr, Sturms Harmlosigkeit bei den Kontern wurde beinhart bestraft.

Anderlecht 9, Lok 6, Sturm 3, AEK 0 – So sieht die Tabelle in der Europa League-Gruppe L nach drei Spieltagen aus. Ohne Umschweife muss gesagt werden, dass die Chancen für ein Überwintern auf internationalem Parkett schlecht stehen. An den nächsten zwei Spieltagen geht es nach Belgien und Russland, erst dann gastieren die Griechen. Würde (!) Athen in Moskau gewinnen, könnte sich Platz zwei noch ausgehen, vorausgesetzt, Anderlecht gewinnt alle ausstehenden Partien. Aber man sollte sich nichts vormachen – Österreichs Meister wird im Frühjahr eher nicht in der KO-Phase spielen. Aber wie viele Wunder gab es nicht schon im Fußball?

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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