Die Auslosung der UEFA Europa League fand vergangenen Freitagmittag statt. Obgleich die Europa League im Schatten des großen Bruders, der Champions League, steht, so... Taktik-Vorschau zum Europa-League-Viertelfinale 2014/15

UEFA Europa LeagueDie Auslosung der UEFA Europa League fand vergangenen Freitagmittag statt. Obgleich die Europa League im Schatten des großen Bruders, der Champions League, steht, so sind die Partien ab der Viertelfinalphase durchaus interessant; Mannschaften wie Sevilla, Wolfsburg oder auch die italienischen Vertreter Napoli und Fiorentina könnten durchaus in der Champions League für Achtungserfolge sorgen. Wir blicken kurz auf die vier anstehenden Spiele, in welcher Form sich die Mannschaften befinden und wie die Begegnungen ablaufen könnten.

Sevilla – Zenit St. Petersburg

Eines der potenziell entscheidenden Spiele in der Europa League. Sevilla schaltete mit Villlarreal einen der Mitfavoriten aus und gilt für viele aktuell sogar als Topfavorit. Die Spanier überzeugen dabei mit einem überaus interessanten Trainer in Unai Emery, welcher einen taktisch und spielerisch hochwertigen, sowie intensiven Fußball spielen lässt. Große Namen fehlen Sevilla im Kader. Sie leben von ihrer guten Organisation und starken Bewegung. Meistens agieren sie in einem 4-2-3-1, welches interessanterweise auch im Pressing ein 4-2-3-1 bleibt – die meisten anderen Teams werden zu einem 4-4-2 oder 4-4-1-1.

Mithilfe des 4-2-3-1 und einer starken Kompaktheit erzeugen sie viel Druck, mit dem die meisten Gegner große Probleme haben. Offensiv sind es die Zehner Banega oder Suarez, die Flügelstürmer Vitolo, Aleix, Deulofeu und Reyes sowie die Mittelstürmer Gameiro und Bacca, welche je nach Gegner eingesetzt werden und für Torgefahr sorgen. Aus dem 4-2-3-1 können sie im tieferen Pressing auch 4-4-1-1/4-4-2-Formationen herstellen, die sie nur selten im höheren Pressing nutzen. Eher sind es 4-3-3- und Rauten-Staffelungen, welche sie situativ bei bestimmten Gegnern als Formation wählen.

Zenit wiederum ist eine typische AVB-Mannschaft: Aggressiv, intensiv, viele schnelle Abschlüsse und tororientierte Flügelstürmer. Mit Hulk, Danny und Shatov haben sie hinter Rondon oder Arshavin drei enorm torgefährliche Offensivspieler, dazu gesellen sich einige starke Spieler in der Abwehr und im defensiven Mittelfeld. Besonders Garay und Criscito verkörpern obere internationale Klasse, auch Witsel hätte durchaus das Zeug für eine größere Mannschaft.

Insofern steht diese Partie auch für einen gewissen Kontrast: Zenit bedeutet Brachialität und Individualismus, Sevilla Intelligenz und Kollektivität.

Club Brügge – Dnipro Dnipropetrowsk

Das dürfte wohl das unspektakulärste Duell sein. Dnipro setzte sich nur knapp und glücklich gegen Ajax Amsterdam durch und ist wohl die schwächste Mannschaft im Wettbewerb. Ihre Spielweise ist relativ simpel zu erklären: Sie agieren im 4-2-3-1, welches gegen den Ball ein 4-4-2 wird. Die Flügelstürmer schieben diagonal nach vorne, Kalinic agiert als Zielspieler, die Sechser halten sich weitestgehend zurück und die Außenverteidiger unterstützen situativ. Offensiv sind sie aber unsauber, fokussieren sich auf Flanken und defensiv sind sie instabil.

Club Brügge sollte in dieser Partie als Favorit gelten. Sie bezwangen Besiktas zwar ebenfalls nur knapp, zeigten hier aber eine offensiv wie defensiv überzeugende Vorstellung. Ihr 4-4-2 war deutlich kompakter als jenes von Dnipro, sie verschieben ziemlich gut zum Ball und haben starke Abläufe in ihrer Formation. Besiktas tat sich schwer in die Formation zu kommen, wurde gut auf die Flügel geleitet und hatte eigentlich nie freie Räume im Sechserraum, weil sich Brügges Stürmer auf das Versperren des Sechserraums konzentrierten.

Deswegen dürfte Brügge wohl der Favorit sein und Dnipro eher Außenseiterchancen. In solchen Partien kann aber natürlich alles passieren; wer weiß, wie sich Brügge psychologisch und strategisch schlägt, wenn ihnen die Favoritenrolle zugeordnet wird?

Dynamo Kiew – Fiorentina

Diese Partie verspricht interessant und spannend zu werden. Dynamo Kiew besitzt eine interessante Defensivformation, die sie flexibel von 4-1-4-1 auf 4-4-1-1 umstellen können. Fiorentina wiederum ist eine der spielstärksten Mannschaften der Serie A, konzentriert sich auf ein gutes Ballbesitzspiel und hat einige interessante Spieler im Kader.

Desweiteren variieren sie nicht nur zwischen unterschiedlichen 4-3-3-Formationen, sondern legen ihr System häufig auch etwas asymmetrisch aus. Sie stellen gelegentlich mit Joaquin als zurückfallendem Flügelstürmer Fünferketten her, welche für mehr Breitenstaffelung sorgen.

Dann verteidigen sie oft in einem 5-3-1-1, in welchem hinter dem Mittelstürmer ein Verbindungsgeber agiert. Mit Mario Gomez als Stoßstürmer und Mohamed Salah als hängender Spitze könnten sie durchaus auf höchstem Niveau Durchschlagskraft zeigen.

Spielen sie eher klassisch, wären auch Ilicic und Salah oder Diamanti als Flügelzange sowie Gilardino, Babacar oder eben Ilicic anstatt Gomez interessante Optionen für das 4-3-3. Alternativ wäre eine Umstellung auf ein 3-1-4-2 möglich, was man unter Montella bereits mehrmals gemacht hat. Dabei überzeugt besonders die Mitte mit Spielern wie Aquilani, Badelj, Fernandez, David Pizarro und Borja Valero. Sie sind enorm spiel- und passstark, weswegen sie auch verantwortlich für das Ballbesitzspiel der Italiener sind.

Kiew könnte ihnen aber durchaus Probleme bereiten. Besonders Miguel Velosos herausragendes defensives Bewegungs- und Stellungsspiel wäre ideal dafür, dass sie die Fiorentina aus der Mitte halten, sie isolieren und dann mit Kontern gefährlich werden. Andriy Yarmolenko, Younes Belhanda, Jeremain Lens, Mbokani und Oleh Husyev wären Kandidaten für die drei bis vier Offensivpositionen, welche die Konter durchschlagskräftig machen könnten.

Wolfsburg – Napoli

Diese Partie ist das Spitzenspiel dieser Runde und das womöglich interessanteste Duell. Napoli wird von Rafael Benitez trainiert – müssen wir mehr sagen? Sie probieren mit einer relativ positionsorientierten Raumdeckung, hoher Zentrumsorientierung und dadurch bedingt hoher Kompaktheit sowie einem schnellen Umschaltspiel defensiv stabil zu stehen. Offensiv gibt es immer wieder einige starke Spielzüge zu beobachten, das Aufbauspiel ist nicht spektakulär, aber konstruktiv und gut durchdacht.

Im 4-2-3-1 liegt der Fokus in der Offensive aber vorrangig auf den vier Offensivspielern. Mit de Guzman und Hamsik als Optionen für die Zehn, Higuain als Mittelstürmer sowie Mertens, Gabbiadini und Callejon als Flügelstürmer sind sie hier auch individuell gut besetzt. Besonders Higuain verkörpert obere internationale Klasse, doch auch Callejon und Hamsik sind für höhere Aufgaben bestimmt. Dazu werden sie von den Außenverteidigern gut unterstützt, sind stark bei Standards und können jede Mannschaft durch ihre Stabilität frustrieren.

Wolfsburg ist aber nicht viel anders. Unter Dieter Hecking und dank des Geldes von VW haben sie sich zu einem enorm starken und europaweit unterschätzten Team gemausert. Individuell sind sie auf fast allen Positionen zwischen unscheinbar gut und offensichtlich hervorragend besetzt. Insbesondere Kevin de Bruyne und Ricardo Rodriguez dürften an guten Tagen sogar Weltklasse verkörpern.

Die Wölfe laufen meistens in einem 4-2-3-1 auf, welches situativ zu einem 4-1-4-1 werden kann. Das Beeindruckendste an ihnen ist, wie enorm präsent sie in der Arbeit gegen den Ball sein können. Zu Rückrundenbeginn erfuhren sogar die Münchner Bayern das schmerzhaft; mithilfe einer kompakten Raumdeckung und vielen zonalen Manndeckungen innerhalb der Raumdeckung haben sie viel Zugriff auf das gegnerische Aufbauspiel.

Nach Ballgewinnen kontern sie enorm schnell und effektiv. De Bruynes Passspiel, das Nachstoßen der Außenverteidiger sowie die Tororientiertheit der Flügelstürmer ist hier besonders gefährlich. Die Verpflichtung Andre Schürrles ist sicherlich auch kein Nachteil. Gepaart mit einem sauberen, wenn auch simplen Aufbauspiel und einem fast schon klischeehaft gut organisierten Gegenpressing wie es in Deutschland üblich ist, können sie Benitez und Napoli durchaus vor große Probleme stellen.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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