Die Wiener Austria bekommt es also im Playoff zur Europa League mit dem türkischen Spitzenclub Fenerbahce Istanbul zu tun. Damit zogen die Violetten wohl... Teamanalyse: Das ist Austria-Gegner Fenerbahce (1)

Die Wiener Austria bekommt es also im Playoff zur Europa League mit dem türkischen Spitzenclub Fenerbahce Istanbul zu tun. Damit zogen die Violetten wohl das mit Abstand härteste Los, ist die Mannschaft der Türken doch mit viel Qualität ausgestattet und wird darüber hinaus von der Trainerlegende Jorge Jesus betreut. Wir sehen uns Fenerbahce im Detail an und zeigen, worauf die Austria in den beiden Duellen achten muss.

Stärken

+ Imposante Offensivpower. Technische Beschlagenheit gepaart hoher Dynamik.
+ Gefährlich bei Offensivstandards aufgrund guter Schützen
+ Gutes Positionsspiel und konstante Dreiecksbildung                                                  + Hohe Aggressivität und ein starkes Gegenpressing
+ Offensivstarke und attackierende Außenverteidiger
+ Kontinuierlicher Spielaufbau mit viel Breite im Spiel                                                   + Breiter qualitativer Kader mit starken Wechseloptionen

Schwächen

– Balanceprobleme aufgrund der sehr offensiven Ausrichtung
– wacklige Konterabsicherung in Kombination mit einer sehr hochstehenden Abwehr
– Probleme im defensiven Umschaltspiel, wenn Gegenpressing fehlschlägt
– defensiv sehr anfällige Außenverteidiger
– Abläufe sitzen noch nicht zu 100%, da neuer anspruchsvoller Trainer und System      – Noch nicht in der Lage Intensität 90 Minuten aufrechtzuerhalten

Ein Topverein mit dem Hang zum Pulverfass

Bei Fenerbahce ist immer etwas los. Durch die große Anhängerschaft und das mediale Rampenlicht gibt es für die Spieler wesentlich einfachere Umfelder, in denen es sich in Ruhe arbeiten lässt. Die Ansprüche der Fener-Fans sind enorm und jedes Jahr gibt es nur ein Ziel – nämlich den Titelgewinn.

Nur leider läuft man diesem schon seit mittlerweile acht Jahren hinterher und dementsprechend lechzt man bei Fenerbahce nach einem Titelgewinn. Die Platzierungen seither? Zweiter, Zweiter, Dritter, Zweiter, Sechster, Siebter, Dritter, Zweiter. Das ist insofern niederschmetternd, da es in der türkischen Liga doch keinen Liga-Krösus wie Salzburg gibt und in dieser Zeit sogar einem kaum beachteten Verein wie Basaksehir den Titel gewann.

Wenn man dann im Heimspiel gegen den Aufsteiger Ümraniyespor zwar in der Nachspielzeit den Ausgleich erzielt, die Partie aber mit einem 3:3-Unentschieden endet, wird man von 45.000 Fans mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedet und der Vereinspräsident liefert sich Wortgefechte mit verärgerten Fans.

Diesen hohen Ansprüchen versucht Präsident Ali Koc gerecht zu werden, der seit 2018 bei Fenerbahce in diesem Amt ist und dessen Familie zu den einflussreichsten des ganzen Landes zählt. Dementsprechend locker sitzt auch hier der Geldbeutel und man kann es sich leisten, einen klingenden Namen wie Jorge Jesus als Cheftrainer zu verpflichten, der auf ein kolportiertes Jahresgehalt von jährlich über fünf Millionen Euro netto kommt.

Auch auf der Spielerseite wurde fleißig eingekauft und elf Neuzugänge verzeichneten die Türken, womit der Kader auf über 35 Spieler (!) angewachsen ist. Keine Seltenheit in der Türkei und eher gängige Praxis, dass man sich solche stattlichen Mannschaftskader hält. Bitter ist hier der Abgang des Südkoreaners Kim, der mit Szalai ein kongeniales Innenverteidiger-Duo bildete und für kolportiere 19 Millionen Euro nach Neapel wechselte.

Damit avancierte Kim zum zweitteuersten Verkauf der Vereinsgeschichte, was seine Qualität unterstreicht. Zu diesem oder womöglich zum teuersten Transfer hätte auch sein Partner, der ehemalige Rapidler Attila Szalai aufsteigen können, doch bislang blieb ihm der nächste Karrieresprung noch verwehrt, trotz eines kolportierten Interesses des großen Chelsea FC.

Den bisherigen Saisonstart von Fenerbahce kann man als durchwachsen ansehen. Eines der großen Saisonziele verpasste man bereits frühzeitig, denn mit Trainer Jorge Jesus sollte es eigentlich in die Champions League gehen. Daraus wurde allerdings bekanntlich nichts, denn man scheiterte bereits in der zweiten Runde an Dynamo Kiew, mit denen zuletzt auch Sturm Graz Bekanntschaft machen durfte.

Zwar war man in beiden Spielen klar überlegen und erspielte sich vor allem im Rückspiel eine Vielzahl an Torchancen, scheiterte aber an der Chancenverwertung und schlicht der eigenen Dummheit. Als man eigentlich alles im Griff hatte und die Führung in der Luft lag, fing sich Mittelfeldspieler Yüksek eine unnötige Gelb-Rote Karte ein und schwächte damit sein Team. Zwar rettete man sich in die Verlängerung, konnte aber kräftemäßig dem Gegner immer weniger entgegensetzen und schied daher aus.

In der Europa League-Qualifikation bezwang man dann den tschechischen Cupsieger Slovacko mit einem Gesamtscore von 4:1. Im Hinspiel hatte man gegen die Tschechen doch einige Probleme und ging zwar nach einer starken Anfangsphase früh in Führung, musste aber einige gefährliche Kontermöglichkeiten überstehen. Mit dem Halbzeitpfiff erzielte man ein traumhaftes Freistoßtor und direkt nach dem Wiederanpfiff schwächte sich der Gegner mit einem Platzverweis selbst, wodurch es letztlich ein ungefährdeter 3:0 Sieg gegen die Tschechen wurde.

Bei Slovacko merkte man den Verlust der beiden besten Torschützen der abgelaufenen Saison, die man bislang nicht ersetzten konnte und daher in der Offensive zu harmlos war. Im Rückspiel gab es ein in Tschechien ein 1:1, wobei Fenerbahce aufgrund des Hinspiels kräftiger rotieren konnte.

In der Meisterschaft startete man wie erwähnt mit einem 3:3 Unentschieden gegen Ümraniyespor, wo man mit Glück sagen kann, einen Punkt ergattert zu haben. Der Aufsteiger drehte einen zweimaligen Rückstand in ein 3:2 und vergab große Konterchancen auf ein 4:2, was sich in der Nachspielzeit letztlich rächen sollte.

Der Ex-Salzburger Berisha erzielte nach toller Vorarbeit von Zajic den Ausgleich, der aufgrund des Zeitpunkts glücklich war und von den heimischen Fans auch nicht wirklich honoriert wurde. Zuletzt gab es den vielbeachteten 6:0-Erfolg gegen den Lieblingsgegner Kasimpasa, allerdings hatte Kasimpasa zahlreiche Ausfälle in der Defensive und so musste ein Stürmer (!) in der Innenverteidigung aushelfen, was man anhand des katastrophalen Defensivverhaltens rasch erkennen konnte.

Doch hier demonstrierten die Istanbuler, dass man in der Lage ist solche Unzulänglichkeiten mit der eigenen Offensivpower gnadenlos auszunutzen und ein Schützenfest zu feiern, welches sogar noch höher ausfallen hätte können.

Interessant ist hier vor allem die Tatsache, dass man am Montag um 21:45 (!) Ortszeit spielte und damit weniger als 72 Stunden Zeit hat, um sich zu regenerieren, nach Wien zu reisen und sich auf die Austria vorzubereiten. Sicherlich kein Nachteil für die Violetten, die zwei volle Tage mehr Vorbereitungszeit haben werden.

Hohe Kaderqualität mit verschiedenen Profilen

Wenn man sich den großen Kader von Fenerbahce im Detail ansieht, dann hat er womöglich nicht die klingenden Namen im europäischen Fußball, aber dennoch viel Qualität. Das fängt schon im Tor an, welches der Mannschaftskapitän und türkische Nationalspieler Altay Bayindir hütet.

Der 24-Jährige zählt zu den besten Torhütern der Liga und hat sich zum sicheren Rückhalt entwickelt. Seine Reflexe auf der Linie sind sehr stark und ermöglichen es ihm spektakuläre Paraden abzuliefern. Auch im Eins gegen Eins zeigt er sich gut und auf seine langen Abschläge sollte man aufpassen, denn diese können auch schon mal gefährliche Konter einleiten und das gesamte Spielfeld überbrücken.

Defizite hat der türkische Nationalspieler in der Strafraumbeherrschung und vor allem im fußballerischen Bereich, weshalb er im Aufbauspiel auch kein Faktor ist und gehörig wackelt, sofern er unter Druck gerät.

Ein ehemaliger Rapidler als Fels in der Brandung

Als Rechtsverteidiger ist der Engländer Bright Osayi-Samuel gesetzt. Im Januar 2021 kam er von den Queens Park Rangers nach Istanbul und etablierte sich sehr schnell als Stammkraft. Osayi-Samuel besticht durch seine Athletik und seine Dynamik, wodurch er die rechte Seite im Alleingang bearbeiten könnte und sich immer wieder gefährlich mit seinem Tempo in die Offensive einschaltet. Auch technisch ist der Außenverteidiger gut ausgebildet und findet spielerische Lösungen, womit er gut in die Spielanlage von Trainer Jorge Jesus passt.

Allerdings wurde der Brite als Flügelverteidiger in einem damaligen 3-4-3 geholt und spielt nun einen klassischen Außenverteidiger, womit seine Schwächen in der Defensive stärker zum Vorschein kommen. Sein Stellungsspiel und sein Timing im Zweikampf sind ausbaufähig, womit sich für den Gegner hier Möglichkeiten auftun. Sein Backup ist der nominelle Linksverteidiger Kadioglu, der als Rechtsfuß auch diese Position bekleiden kann.

Als rechter Innenverteidiger und Ersatz für den Südkoreaner Kim konnte sich bei Fenerbahce bislang noch kein Akteur so richtig etablieren. Der erfahrene Serdar Aziz bekleidete im ersten Pflichtspiel gegen Kiew diese Position, verletzte sich allerdings an der Leiste und fiel seither aus.

Dann bekam der ehemalige Wolfsburger Marcel Tisserand die Chance, wurde aber scheinbar nach dem Aus gegen Kiew als Sündenbock auserkoren und war seither nicht mehr im Kader. Mit Gustavo Henrique verpflichtete man einen neuen Innenverteidiger aus Brasilien, der von Flamengo kam, dort allerdings nur Ergänzungsspieler war. Der 1,96m große Innenverteidiger dürfte aktuell die besten Karten haben, ist aber unter den Anhängern umstritten. Aufgrund seiner Größe ist er in der Luft präsent und am Boden ein guter Zweikämpfer, allerdings ist er ziemlich unbeweglich und hat Tempodefizite, wodurch er gegen schnelle Gegenspieler nicht gut aussieht. Auch seine Spieleröffnung ist durchschnittlich und so ist er ein klares Downgrade zu Kim.

Zuletzt bekam auch noch der Uruguayer Mauricio Lemos gegen Slovacko seine Chance, nachdem er von einer Leihe vom belgischen Absteiger Beerschot zurückkehrte und eigentlich keine große Rolle mehr spielte.

Als linker Innenverteidiger ist der ungarische Nationalspieler Attila Szalai gesetzt. Dessen Story könnte man als beinahe Hollywood-Reif beschreiben, gelang dem 24-Jährigen doch der Sprung von der zweiten Mannschaft des SK Rapid, über Stationen in Ungarn und Zypern, zu einem türkischen Spitzenverein. Dort avancierte er zu einem der besten Verteidiger der Liga, der mittlerweile in Europa heißbegehrt ist.

Diese Entwicklung war bei Rapid damals sicherlich nicht abzusehen, durfte Szalai zwar die Vorbereitung mit den Profis mitmachen, wirkte bei seinen Einsätzen körperlich robust, aber auch ziemlich hölzern und fußballerisch limitiert. Dass er dennoch diese tolle Entwicklung hinlegte, ist bemerkenswert. Das zeigen auch seine Auftritte, wo er der Fels in der Brandung seiner Hintermannschaft und im Zweikampf sowohl am Boden, als auch in der Luft eine absolute Macht ist.

Aber auch in der Spieleröffnung übernimmt er viel Verantwortung und ist er in der Lage, selbst anspruchsvolle Passfenster sauber mit seinem starken linken Fuß anzuvisieren und problemlos Spielverlagerungen zu tätigen. Als Backup und vermutlich zukünftiger Ersatz wurde erst vor wenigen Tagen der Brasilianer Luan Peres für fünf Millionen Euro von Olympique Marseille verpflichtet, der auch als Linksverteidiger zum Einsatz kommen kann.

Als Linksverteidiger kommt der türkische Teamspieler Ferdi Kadioglu zum Einsatz und ist eine feste Größe im Team von Fenerbahce. Zu Beginn seiner Karriere noch als offensiver Mittelfeldspieler eingesetzt, wanderte Kadioglu in den vergangenen Jahren immer weiter nach hinten und ist nun in der Position des Linksverteidigers angelangt, die er seit einem halben Jahr einnimmt. Das Besondere an ihm ist, dass er dies als Rechtsfuß tut, was in Kombination mit seiner offensiven Vergangenheit bereits einiges über ihn verrät. Fußballerisch ist Kadioglu ein toller Spieler und ist in der Lage, aus seiner Position spielmachend zu agieren, weshalb er im Kombinationsspiel auch eine wichtige Rolle einnimmt und ziemlich pressingresistent ist. Allerdings hat er dafür große Defizite in der Defensivarbeit und muss sich in vielen Bereichen noch entwickeln und die Position erlernen.

Sein Glück ist, dass er mit Szalai einen starken Nebenmann hat, der ihn bisweilen noch den Rücken freihält und seine Fehler ausbügelt. Sein Backup wurde erst frisch verpflichtet und heißt Ezgjan Alioski, den man aus Saudi-Arabien holte. Zwar gibt es noch den Routinier und tschechischen Teamspieler Filip Novak, der spielt aber keine große Rolle mehr.

Neuformiertes Mittelfeld nach dem Ideal von Jorge Jesus

Im Mittelfeld ist auf der Sechs der Neuzugang Willian Arao, den Trainer Jorge Jesus wie Gustavo Henrique noch aus seiner Zeit beim brasilianischen Spitzenverein Flamengo kannte und nach Istanbul lotste. Arao bringt als Sechser starke technische Fertigkeiten mit und sorgt mit seiner Präsenz für Stabilität im Zentrum, da er auch aufgrund seiner Physis ein guter Zweikämpfer ist und die Spielidee von Jorge Jesus nach dessen Zufriedenheit umsetzt.

Er füllt die Rolle als abkippender Sechser gut aus und ist in der Lage, mit vertikalen Zuspielen die Linien zu überspielen, aber auch mit punktgenauen langen Bällen das Spiel zu verlagern. Neben Arao kommt zuletzt der slowenische Teamspieler Miha Zajic zum Einsatz. Ein technisch hervorragender Box-to-Box Spieler, der gerne aus der Etappe mit viel Wucht in den Strafraum stößt und ungemein Torgefährlich ist, was seine neun Saisontore in der letzten Saison beweisen. Nicht umsonst spielte Zajic jahrelang in der italienischen Serie A und hat eine interessante Vita zu bieten.

Er bekam zuletzt eben den Vorzug vor Ismail Yüksek, der eigentlich ein großer Gewinner der Vorbereitung war und den niemand auf den Zettel hatte. Seine Pressingresistenz und fußballerische Qualität gepaart mit dem Einsatzwillen, fielen Jorge Jesus sofort auf, weshalb er zur Belohnung eine Rolle als Verbindungsspieler in der Mannschaft bekam. Er leistete seinem Aufstieg jedoch einen Bärendienst, als er im Rückspiel gegen Kiew vom Platz flog und damit das Aus einleitete.

Fallengelassen wurde er vom Trainer dennoch nicht und es ist gut möglich, dass er in Wien in der Startelf stehen wird. Neben ihm gibt es noch den Portugiesen Miguel Crespo, der die physischere Option und zweikampfstärke ins Zentrum bringt, falls zusätzliche defensive Stabilität gefragt ist. Technisch kann er jedoch nicht mit seinen Kollegen mithalten, weshalb er anfälliger für Ballverluste im Zentrum ist und daher keinen leichten Stand bei Jorge Jesus hat bzw. im internen Ranking zurückgefallen ist.

Gefährliche Offensivspieler soweit das Auge reicht

Auf den offensiven Positionen haben sich zuletzt zwei Neuzugänge etabliert. Einer von ihnen ist Emre Mor, der einst zu den größten Talenten im europäischen Fußball zählte und nicht umsonst für 13 Millionen von der Talenteschmiede Borussia Dortmund verpflichtet wurde. Durchsetzen konnte sich der Flügelspieler allerdings nicht und es folgten schwierige Jahre, da sich Mor zu sehr auf sein Talent verließ und keinen professionelle Einstellung hatte. Nach einigen erfolgslosen Leihen und einer jahrelangen Odyssee, feierte er bei Karagümrük seine Wiederauferstehung und erzielte in der Rückrunde der letzten Saison acht Scorerpunkte für den Nachzügler, womit er sich zurück ins Rampenlicht spielte. Das war Grund genug für Fenerbahce, ihn für zwei Millionen zu verpflichten und ihm eine Chance zu geben. Diese scheint er bislang zu nutzen, besticht er auf dem rechten Flügel durch seine inversen Dribblings und seiner Kreativität, womit er immer für besondere Aktionen gut ist. Seine Effizienz konnte er verbessern, was seit dem Beginn seiner Karriere ein großes Problem war. Körperlich ist er jedoch laut Trainer Jorge Jesus nur für 60 Minuten gut und hat gegen den Ball viel Nachholbedarf, weshalb er in Wien geschont werden könnte.

Auf der anderen Seite hat sich der Brasilianer Lincoln weiterer Neuzugang sofort in der Offensive etabliert. Für 3,5 Millionen kam der 23-jährige Offensivspieler vom portugiesischen Erstligisten Santa Clara, wo er mit der Empfehlung von zwölf Scorerpunkten in der vergangenen Saison nach Istanbul kam. Eingewöhnungszeit brauchte Lincoln nicht und sofort blitzte seine Genialität und sein linker Zauberfuß auf, womit er mittlerweile einen Leistungsträger der vergangenen Saison, Diego Rossi, verdrängt hat.

Lincoln ist kein klassischer Flügelspieler, sondern rückt gerne ins Zentrum ein und agiert dort aufgrund seiner Technik und engen Ballführung sehr sauber und überlegt, weshalb er im Zwischenlinienraum besonders gefährlich ist. An guten Tagen kann er aus jeder Distanz ein Tor erzielen und auch mal aus dem Stand einen präzisen Außenrist-Flankenball in den Strafraum zirkeln, weshalb man ihm keinen Freiraum zugestehen darf.

Eine weitere Option ist der angesprochene Diego Rossi, der eigentlich zu den besten Spielern des Teams zählt. Für den Los Angeles FC kam er in 121 Spielen sensationelle 81 Torbeteiligungen und auch in Europa bewies er seine Qualitäten, wo er in der vergangenen Saison mit 15 Torbeteiligungen zu den Spielern mit den meisten Scorerpunkten seines Teams zählte. Rossi muss sich wie erwähnt aktuell hinter Lincoln anstellen, kann aber auf allen Offensivpositionen und auch im Sturm zum Einsatz kommen.

Mit dem Portugiesen Bruma hat man eine weitere dribbelstarke Option zur Verfügung, die vom PSV Eindhoven ausgeliehen wurde. Auf der anderen Seite ist der nominelle Stammspieler Irfan Kahveci aktuell verletzt und wird das Duell gegen die Austria wohl verpassen. Daher ist die erste Ersatzoption das türkische Supertalent Arda Güler, der in den nächsten Jahren wohl in ganz Europa Bekanntheit erlangen wird. Nicht umsonst bekam Güler die Trikotnummer 10 und gilt als Nachfolger von Mesut Özil, von dem er einiges lernen konnte.

Zehn Torbeteiligungen in 20 Einsätzen sprechen eine deutliche Sprache und in der Liga erzielte er nach seiner Einwechslung zuletzt einen Doppelpack. Ein toller Linksfuß mit enger Ballführung und hoher Spielintelligenz, einem starken Dribbling und präzisen Abschluss, der noch dazu mit jeder Menge Kreativität ausgestattet ist.

Auf der Suche nach dem Torjäger

Der Sturm bei Fenerbahce ist eine kleine Problemzone der Türken, denn man sucht nach wie vor nach dem großen Torjäger. Gesetzt ist hier der Teamspieler Ecuadors Enner Valencia, der vielen aus seiner Zeit bei West Ham United und Everton ein Begriff sein wird. Der mittlerweile 32-Jährige ist hart arbeitender Angreifer, der über seine Athletik und seine Dynamik kommt und für alle Verteidiger unangenehm zu bespielen ist. Er erarbeitet sich dadurch viele Tormöglichkeiten, allerdings ist seine Chancenverwertung nicht seine Stärke und braucht er zu viele Gelegenheiten, um einen Treffer zu erzielen.

In der letzten Saison waren es nur sieben Treffer, was für die Ansprüche von Fenerbahce zu wenig ist. Diesen wurde statistisch Serdar Dursun gerecht, war der Deutsch-Türke doch mit 15 Saisontoren der beste Torschütze der letzten Saison. Allerdings ist sein Standing nicht das Beste und ist er ein reiner Strafraumstürmer mit einem starken Abschluss, wodurch er von Vorlagen seiner Mitspieler abhängig ist und auch mal völlig abtauchen kann, wenn diese nicht kommen. Für die Türken ist das scheinbar zu wenig Präsenz, weshalb man nach einem Upgrade sucht.

Daher wurde man auf dieser Position auch tätig und verpflichtete gleich zwei neue Stürmer. Einer von ihnen ist der eigentliche Königstransfer Joao Pedro, der in der letzten Saison starke 13 Saisontore in der italienischen Serie A erzielte und für knapp vier Millionen Euro von Cagliari Calcio kam. Der brasilianische Angreifer verletzte sich allerdings schwerer am Oberschenkel und wird wohl noch einige Wochen fehlen, was zweifellos eine gute Nachricht für die Austria-Fans ist.

Der andere Neuzugang ist der norwegische Teamspieler Joshua King, der ablösefrei vom Premiere League-Absteiger Watford kam. Für die Engländer erzielte er immerhin fünf Saisontore, ist aber ein recht ähnlicher Stürmer wie Valencia. Starke Athletik und viel Tempo, aber schwacher Torabschluss und kein Torjäger. Dennoch bildet er aktuell mit Valencia das Sturmduo und wirbelt die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander.

Mit Mergim Berisha gäbe es einen alten Bekannte als eine weitere Option im Sturmzentrum bei Fenerbahce, allerdings wurde der Deutsche bislang nicht wirklich glücklich in Istanbul und galt als Verkaufskandidat. Lange Zeit stand sein Wechsel in die deutsche Bundesliga im Raum, allerdings kam dieser bislang nicht zustande und Berisha ist nach wie vor im Kader.

Zuletzt erzielte er sogar im ersten Ligaspiel den späten 3:3 Ausgleich und rettete seiner Mannschaft damit einen Punkt. Zur Belohnung war er die letzten Spiele nicht mal im Kader und durfte auf der Tribüne Platz nehmen. Zufrieden ist man mit den zahlreichen Stürmern im Kader übrigens immer noch nicht, weshalb nach einem weiteren Angreifer gesucht wird. Zuletzt war Maxi Gomez vom FC Valencia im Gespräch, der ein heißes Thema in Istanbul sein soll. Hier gilt wohl die Maxime solange Stürmer zu verpflichten, bis einer einschlägt und den hohen Ansprüchen gerecht wird.

Dalibor Babic