Knapp fünf Monate nach dem eigentlich angesetzten Termin fand nun doch noch das Rückspiel des Achtelfinales in der Europa League zwischen Manchester United... Thalhammers LASK und das innovative Switchen zwischen 4-3-3 und 3-4-3

 

Knapp fünf Monate nach dem eigentlich angesetzten Termin fand nun doch noch das Rückspiel des Achtelfinales in der Europa League zwischen Manchester United und dem LASK statt. Dabei war diese Begegnung für die Engländer reine Formsache und ein Probegalopp für das Finalturnier in Deutschland, gewann man doch das Hinspiel in Linz mit 5:0. Der LASK wollte allerdings nicht nur aus Sightseeing-Gründen nach Manchester reisen, sondern aus Old Trafford auch etwas mitnehmen. Dazu stand zum ersten Mal Neo-Coach Dominik Thalhammer an der Seitenlinie, weshalb man zusätzlich gespannt war, was man von den Oberösterreichern zu sehen bekam.

Thalhammer verabschiedet sich (vorerst) von der Fünferkette

Da im Hinspiel das K.O.-Duell bereits mehr oder weniger entschieden wurde, folgte bei Manchester United der Entschluss mit einer B-Elf ins Spiel zu gehen und die hochkarätigen Spieler im Kader weitestgehend auf der Bank zu lassen. Dafür durften sich andere Spieler nun beweisen und Argumente für mehr Einsatzzeiten sammeln. Auf der anderen Seite fehlten beim LASK bereits die abgewanderten Klauss und Tetteh, weshalb LASK-Trainer Thalhammer weniger Optionen in der Offensive zur Verfügung hatte. Thalhammer überraschte aber dennoch mit seiner Aufstellung, in der unter anderem Andrade den Vorzug vor Filipovic bekam. Die größte Überraschung bekam man allerdings bei der Wahl des Systems zu sehen. Von Oliver Glasner gestartet und Valerien Ismael prologiert, setzten die Oberösterreicher bekanntlich seit mehreren Jahren auf eine flexible Dreier/Fünferkette, mit der man die Gegner vor Probleme stellt. Dominik Thalhammer entschied jedoch in seinem ersten Pflichtspiel als Cheftrainer prompt davon abzurücken und etwas anderes zu versuchen.

Ob dies eine grundsätzliche Entscheidung für die Zukunft war, oder die Formation ausnahmsweise spezifisch auf den Gegner zugeschnitten wurde, bleibt abzuwarten. In diesem Spiel in Manchester lief man jedenfalls mit einer 4-3-3-Formation auf, wobei auch speziell die Rollenverteilung spannend war. Für dieses Spiel entschied sich Thalhammer den nominellen Halbverteidiger Wiesinger als Rechtsverteidiger aufzubieten, während Ranftl als halbrechter Achter neben Holland und Michorl positioniert wurde. Dass diese Maßnahme wohl vermutlich eher eine gegnerspezifische Maßnahme war, könnte man an der Vorgehensweise und den Erkenntnissen aus dem Hinspiel ablesen. Da hatte der LASK nämlich immer wieder Probleme, einerseits Zugriff auf die Doppelsechs der „Red Devils“ zu erlangen, während gleichzeitig Spielmacher Bruno Fernandes im Zwischenlinienraum sein Unwesen trieb. Um nicht erneut vor diese Schwierigkeiten gestellt zu werden, ging man daher auf diese Problematik mit der Systemumstellung konkret ein.

Gegen den Ball gestaltete sich die Vorgehensweise also so, dass man die Engländer aus einem 4-3-3 empfing und oftmals auch frühzeitig versuchte ins Pressing zu gehen. Die drei Stürmer versuchten wie gewohnt mit geschicktem Anlaufverhalten, die Unterzahl gegen die gegnerische Viererkette wettzumachen, indem ein Flügelstürmer etwa im Bogen anlief und neben Raguz ins Zentrum rückte, um die beiden Innenverteidiger zuzustellen. Interessant wurde es dahinter, denn gegen die beiden Sechser von United, rückten die beiden „Achter“ des LASK – Ranftl und Michorl – nach vorne und versuchten diese zuzustellen. Übrig blieb dann noch Sechser Holland, der die Position vor der Abwehr meist alleine besetzte und seine Kollegen davor absicherte, oder auf den gegnerischen „Zehner“ Lingard aufpasste.

So gesehen gab es trotz der systematischen Umstellungen, die üblichen Abläufe beim LASK zu sehen: hohe Intensität im Spiel, laufendes Pressing und Gegenpressing und vor allem auch eine hohe Abwehrlinie. Dadurch konnte man situativ immer wieder einen guten Ball- und Raumdruck aufbauen und Manchester in Duelle verwickeln.

Manchester United demonstriert Pressingresistenz

Situativ gab es auch Ballgewinne vom LASK zu sehen und schnelle Nadelstiche in Form von Kontern. Allerdings behielten die Red Devils oftmals die Ruhe am Ball und konnten mit spielerischen Lösungen gegen das Pressing überzeugen. United ließ sich von den Mannorientierungen auf die beiden Sechser nicht aus der Ruhe bringen und zogen dennoch ihr übliches Spiel auf. Meist sorgten dabei die Sechser für den Spielaufbau nach vorne und lösten sich aus dem Pressing, wobei vor allem der Brasilianer Fred den Linzern enorme Schwierigkeiten bereitete. Immer wieder gelang es dem Mittelfeldspieler, mit seiner Dynamik und herausragenden Technik, sich aus der Manndeckung zu lösen und die (Pressing)Struktur des Gegners aufzubrechen – um in weiterer Folge die Offensivspieler in Szene zu setzen. Die Folge davon war, dass die Red Devils immer wieder mit Tempo auf die gegnerische Abwehr zulaufen konnten – ab und an sogar in Überzahl. Das führte zu einigen brandgefährlichen Szenen und mehrmals rettete ein LASK-Verteidiger in höchster Not vor einem einschussbereiten Stürmer.

Ein weiteres Problem für die Defensive waren die beiden Offensivspieler Mata und Lingard, die im Zwischenlinienraum ihr Unwesen trieben. Mata rückte vom Flügel stark ins Zentrum ein und sorgte für Überzahl im Zentrum, wodurch er immer wieder von den beiden Sechsern im rechten Halbraum freigespielt werden konnte. Der LASK versuchte auch hier mit Mannorientierungen zu reagieren, allerdings nutze United das mehrmals aus und zog den Außenverteidiger der Linzer ins Zentrum, wodurch die Seite für die eigenen nachstoßenden Außenverteidiger geöffnet wurde. Lingrad dagegen tauchte quasi überall auf dem Feld auf, suchte sich durch seine Freirolle die offenen Räume aus und besetzte diese konstant. Sechser Holland musste da immer wieder abwiegen, ob er die beiden Achter lieber absichern sollte, oder doch Lingard verfolgte. Sofern sich Lingard in Richtung linker Seite bewegte, konnte Trauner zumindest gelegentlich mit seinen herausrückenden Bewegungen aus der Abwehr immer wieder Pässe auf Lingard stark antizipieren, allerdings war das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Defensive der Oberösterreicher wackelte also doch erheblich, wobei glücklicherweise bei United der letzte Pass und die Vollendung der zahlreichen Offensivaktionen mehr als nur mangelhaft waren. Dadurch konnte der LASK das Spiel lange Zeit offenhalten. Das lag aber auch an der Performance in der Offensive, denn die Linzer versteckten sich im „Old Trafford“ nicht. In der Anfangsphase hatte man nach einem Eckball die größte Chance im ersten Durchgang und scheiterte an der Latte, aber auch sonst kamen einige gute Abschlüsse dazu. Man versuchte vor allem über die Flügel und mit Flanken den Prellbock Raguz im Sturmzentrum zu bedienen und dieser sorgte auch immer wieder für Gefahr. Das lag auch daran, dass Achter Ranftl im Ballbesitz mehr oder weniger seine ursprüngliche Rolle einnahm und oftmals auf den Flügel auswich, wodurch oftmals situativ das bekannte 3-4-3 entstand. Mit diesem Mittel probierte man den rechten Flügel oftmals zu überladen und in weiterer Folge Hereingaben in den Strafraum zu bringen.

Abwechslungsreiche Halbzeit dank LASK-Traumtor

Der zweite Durchgang startete mit einem ähnlichen Rhythmus wie der erste, wobei Manchester United sich in der gegnerischen Hälfte festsetzte. Man fuhr einige gute und schnelle Angriffe und kam gefährlich vor das Tor der Linzer, wobei Stürmer Ighalo nach einer schönen Kombination eine Riesenchance liegen ließ. Das wurde vom LASK wenig später bestraft – und zwar auf traumhafte Art und Weise: Nach einem Eckball kam der Abpraller an die Strafraumgrenze und zu Wiesinger, der mit dem Innenrist den Ball ins Kreuzeck platzierte und den LASK in Führung brachte. Als Reaktion kamen von den Engländern wütende Angriffe und der Trainer der Gastgeber wechselte frische Kräfte ins Spiel ein, unter anderem Paul Pogba. Es dauerte auch nicht lange, ehe die Red Devils zurückschlugen: Nach einem Fehlpass von Ranftl im Mittelfeld, steckte Mata auf den durchstartenden Lingard durch und der behielt alleine vor dem Tor die Ruhe und stellte auf 1:1.

Mit Fortdauer der Partie schwanden die Kräfte des LASK sichtlich, der ja vor nicht einmal zwei Wochen erst in die Vorbereitung startete und im Gegensatz zu United nicht voll im Saft steht. Man versuchte dennoch, nicht in Passivität zu verfallen und stattdessen von der Bank frische Kräfte zu bringen, um die Intensität auf dem Feld weiterhin zu gewährleisten. Doch auch United legte personell nach und neben Pogba kamen Pereira und Chong ins Spiel, die auf der linken Seite ihr Unwesen trieben. Der LASK wehrte sich mit Händen und Füßen gegen ein Gegentor, doch letztlich wurde der Druck von Manchester zu groß und die Gastgeber kombinierten sich erneut schön durch, ehe der eingewechselte Martial auf 2:1 stellte.

Die Linzer warfen dann nochmal alles nach vorne und versuchten den Ausgleich zu besorgen, um doch noch etwas Zählbares aus Manchester mitzunehmen. Und tatsächlich, mit dem Schlusspfiff hatte Stürmer Raguz die große Chance den Ausgleich zu erzielen. Erneut war der rechte Flügel der Ausgangspunkt und eine flache Hereingabe beförderte Raguz sehenswert mit der Ferse auf das Tor, allerdings konnte Torhüter Romero den Ball parieren. Somit blieb es bei der knappen 1:2-Niederlage für den LASK.

Fazit

Es fehlte nicht viel und beinahe hätte Dominik Thalhammer bei seinem Debüt das prestigeträchtige Old Trafford ohne Niederlage verlassen. Gesamtbetrachtet wehrten sich die Linzer tapfer und boten United auch phasenweise Paroli mit der eigenen intensiven Spielweise, allerdings zeigten die Engländer trotz der B-Elf in vielen Situationen, warum sie zu der Spitze des europäischen Fußballs zählen. Mit der Pressingresistenz der Gastgeber, hatte der LASK große Probleme beim Zugriff und die Folge war, dass man immer wieder gefährliche Schnellangriffe überstehen musste, bei denen United teilweise große Räume vorfand. Im Gegensatz zum Hinspiel, nutze United dies nicht eiskalt aus, weshalb die Linzer im Spiel blieben. Dennoch war der Ansatz des Neo-Trainers der Richtige und das 4-3-3 war strategisch gesehen verständlich, auch wenn letztlich die Qualität von United einfach zu hoch war.

Auf der anderen Seite zeigte sich der LASK aber offensiv mutig, kam immer wieder zu guten Abschlusssituationen und das flexible 4-3-3/3-4-3 führte zu vielen Durchbrüchen auf dem Flügel, wo man aus Hereingaben einige Male gefährlich wurde. Bitter war für die Oberösterreicher, dass man nach der Führung so schnell den Ausgleich bekam – wer weiß, wie das Spiel ansonsten verlaufen wäre. Dennoch bleiben letztlich viele positive Aspekte von der Europacup-Saison des LASK über und die Linzer können mit erhobenem Haupt nach Linz zurückkehren und zweifellos auf ein tolles Jahr zurückblicken.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic