Mit einer herausragenden Leistung gegen Villarreal, das an diesem Tag kein Rezept gegen Liverpool fand, konnten die Engländer sich für das Finale der Europa... Tolles Angriffspressing und hohe Kompaktheit: Liverpool steigt verdient ins EL-Finale auf

FC Liverpool - Wappen mit FarbenMit einer herausragenden Leistung gegen Villarreal, das an diesem Tag kein Rezept gegen Liverpool fand, konnten die Engländer sich für das Finale der Europa League qualifizieren. Wir haben das Halbfinal-Rückspiel an der Anfield Road für euch analysiert.

Prinzipielle Ausrichtungen

Liverpool agierte in einem 4-2-3-1, wobei die vier Offensiven sehr variabel waren und es viele Positionstäusche gab, gleich zu Beginn schien Sturridge am Flügel auf. Im frühen Aufbau kippte Can zudem öfter zwischen die Innenverteidiger ab, um dem Pressing der spanischen Doppelsitze entgehen zu können. Mit schnellen, direkten Kombinationen und Fokus auf Schnittstellenpässe konnte man schon früh die Intensität der Partie hochschrauben, auf rechts war man sehr flankenzentriert, in den ersten paar Minuten gab es bereits einige Hereingaben in den Strafraum von dieser Seite. Hier war Clyne der Aktivposten, situativ hinterlief aber auch Milner, Lallana half ebenfalls dabei, den rechten Flügel zu überladen.

Im Pressing behielt man meist die 4-2-3-1 Grundordnung ein, Firmino deckte meist den tiefen Sechser direkt, sodass Villarreal zu Beginn große Probleme im Aufbau hatte. Das Anlaufen der Engländer erfolgte sehr intensiv und in hohem Tempo, die Gäste taten sich schwer, konstruktiv anzugreifen.

Villarreal trat im gewohnten 4-4-2 an, mit Soldado und Bakambu ausweichend auf die Halbräume, die Flügelspieler, vor allem dos Santos, sehr diagonal. Man hatte vor allem im Aufbau große Probleme mit dem hohen Liverpooler Angrifsspressing, durch die Mannorienierungen im zentralen Mittelfeld gab es nur selten passende Anspielstationen, sodass man kaum längere Ballstaffetten aufbauen konnte und immer wieder nach wenigen Pässen den Ball wieder verlor.

Das Pressing der Spanier war prinzipiell recht hoch angelegt, durch Pressingfallen wollte man den Liverpooler Aufbau stets auf den Außenverteidiger drängen oder einen hohen Ball der Innenverteidiger beziehungsweise von Mignolet erzwingen. Dies gelang auch durchaus erfolgreich, jedoch war Liverpool im Gegenpressing meist intensiv genug, um den Ball im Mittelfeld wieder zurückzugewinnen.

Aufbau- und Kompaktheitsprobleme bei Villarreal

Bereits nach sechs Minuten fiel das erste Tor der Gastgeber, die eine schwache Abwehr von Villarreal-Torwart Aréola nach einem Stanglpass von Clyne ausnutzten, Sturridge war aus fünf Metern zur Stelle, traf Soriano der den Ball ins eigene Tor manövrierte. Die Liverpooler fühlten sich natürlich in ihrer Intensität bestätigt, schaffte es weiter lange Zeit Villarreal früh den Ball abzuknöpfen, die Spanier waren mit dem Tempo überfordert. Durch das intensive Gegenpressing, sowie die konsequent ausgeführten Mannorientierungen fehlten den Spielern Marcelinos schlicht und einfach Zeit und Anspielstationen, was sich in der Art der Ballverluste meist widerspiegelte. So verloren einige Spanier oft den Ball nach mehreren Kontakten, während sie auf der Suche nach anspielbaren Mitspielern waren. Nach ungefähr 20 Minuten hatten die Gäste nun etwas mehr Zeit am Ball, wenngleich es trotzdem eine große Herausforderung war Angriffe aufzubauen. Die Innenverteidiger hatten meist nur den Außenverteidiger als Option, welcher ebenfalls oft nur entlang des Flügels spielen konnte. Die Halbräume waren unterbesetzt, das Aufbauspiel der Spanier ausrechenbar.

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Levantes Jugendtrainer Enric Soriano zeigt mit einem passenden Screenshot das Liverpooler Pressing. Zentrum ist zu, Druck auf den Ballführenden.

Als Lösung käme das Abkippen eines Sechsers, sowie folgendes Andribbeln der Innenverteidiger auf die Halbräume in Frage. Durch stärkeres Einrücken von Suárez und dos Santos hätte man im Zentrum weiterhin genug Spieler, um den Angriff effektiv weiterzuführen.

Im Angriffspiel wussten die Gastgeber immer wieder nicht nur mit schnellen Kombinationen, sondern auch mit kurzen Dribblings von Sturridge, Firmino und Coutinho immer wieder die Defensive Villarreals zu überspielen. Die Hereingaben Liverpools, oft scharf und flach aus dynamischen Situationen, oder wenn hoch, dann auf die zweite Stange, wirkten ebenfalls stets gefährlich, auch weil bei den hohen Flanken die Innenverteidiger Villarreals oft unter den Ball sprangen. Vor allem auf rechts waren Überladungen deutlich, wo vor allem Suárez zunächst überfordert erschien, was sich dann in Frust, aber auch in erhöhtem Einsatz umwandelte. Dennoch endete die erste Halbzeit mit deutlichen Vorteilen für Liverpool, die in jedem Aspekt des Spiels überlegen waren.

Liverpool pocht unermüdlich auf das zweite Tor

Villarreal richtete sich nun deutlich tiefer aus und konzentrierte sich mehr auf die Zentrumskompaktheit, doppelte jedoch wenn nötig durchaus auf den Flügeln. Das nahm das Tempo des Liverpooler Ballbesitzspiels, das sich jetzt im 4-1-4-1 formierte, etwas raus, wenngleich man trotz der hohen Kompaktheit ab und an trotzdem den Zwischenlinienraum fand. Dies lag primär an starken Pässen von Coutinho und vor allem Milner, nun halblinks aktiv, der an diesem Tag sehr durchschlagskräftig und auch zum Abschluss kam, was ja eher seltener sein Metier ist. Liverpools Angriffe verliefen sich jetzt primär über Flanken und Distanzschüsse, was zwar vom Publikum stets frenetisch bejubelt wurde, jedoch prinzipiell eher Chancen von geringer Qualität waren. Die Gäste verlegten sich in dieser Phase wirklich nur mehr aufs Kontern, was jedoch aufgrund des stabilen Gegenpressings der Engländer nicht von Erfolg gekrönt war. Im Pressing hatte man sich jedoch verbessert und schaffte es die Liverpooler konstant auf die Flügel zu drängen.

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Can wurde nun vom ballfernen Stürmer manngedeckt, während der ballnahe Stürmer den Innenverteidiger anlief und Can im Deckungsschatten behielt.

Nach einer Stunde konnte Liverpool jedoch aufgrund eines schwachen Abwehrverhaltens der Gäste im Strafraum auf 2:0 erhöhen. Kurz darauf hatte man die Chance auf das 3:0, nachdem Villarreal nach einem Eckball keine Rückraumbesetzung hatte und daraus ein Konter für die Reds folgte, Alberto Moreno schoss jedoch daneben. Die Gäste aus Spanien blieben ihrem System jedoch treu und standen weiterhin tief, ihnen fehlte ja nur ein Tor fürs Weiterkommen. Eine zu offensive Ausrichtung war in den Augen Marcelinos mit zu viel Risiko verbunden. In Minute 70 musste Ruiz vom Platz, was Villarreals Chancen aufs Weiterkommen natürlich dezimierte, das Verteidigen, und vor allem das Angriffsspiel noch schwieriger machte. Da man im Aufbau das Mittelfeld kaum bespielen konnte, wurde meist der hohe Ball auf Bakambu gewählt, um dann den zweiten Ball zu gewinnen und so Raumgewinn zu verbuchen. Suárez spielte nun auf rechts und stellte Moreno immer wieder vor nur schwer lösbare Probleme, nach einem gewonnen Dribbling des quirligen Flügelspieler Villarreals gab es einen kleinen Schubser vom Landsmann im Strafraum, die Pfeife des Schiedsrichters blieb jedoch stumm. Jegliche spanischen Hoffnungen wurden jedoch in Minute 80 zerstört, als Firmino durch eines seiner vielen, schwierig zu verteidigenden Dribblings an diesem Tag, einen Stanglpass spielte, der über Umwege bei Lallana landete, der den Ball mit dem Spitz ins Tor manövrierte.

Fazit

Liverpool konnte durch hohe Zentrumskompaktheit und geschicktem Angriffspressing den Aufbau Villarreals schon sehr früh zunichtemachen. Offensiv fand man durch viele Rochaden der sehr beweglichen, qualitativ hochwertigen Offensivreihe immer wieder den Zwischenlinienraum der Gäste, vor allem im ersten Durchgang. Die vielen Flanken brachten zwar nichts ein, trugen jedoch zur verstärkten Unsicherheit der spanischen Hintermannschaft bei. Villarreals fand nur selten einen Weg aus dem ersten Drittel, geringe Variabilität in den Bewegungen des Mittelfelds führten dazu, dass es kaum Optionen in die Vertikale für die erste Aufbaulinie der gelben U- Boote gab. Liverpool spielte sich hochwertige Chancen heraus, konnte den Gegner durchwegs in Schach halten und zeigte sich als würdiger Finalist.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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