Gestern informierten wir euch bereits über den Verein und die Infrastruktur des Rosenborg BK. Heute werfen wir einen genauen Blick auf die Mannschaft des... Veränderungen in der Innenverteidigung, große Talente im zentral-defensiven Mittelfeld: Mannschaftsanalyse Rosenborg BK (1)

Gestern informierten wir euch bereits über den Verein und die Infrastruktur des Rosenborg BK. Heute werfen wir einen genauen Blick auf die Mannschaft des norwegischen Rekordmeisters und beginnen beim Trainer und der Defensive. In Kürze kommen dann alle Infos über die Offensive!

Trainer weicht leicht von Eggens Philosophie ab

Der Schwede Jan Jönsson löste im Jänner 2011 den mehrmaligen Rosenborg-Coach Nils Arne Eggen ab, führte dessen Philosophie aber nicht in jederlei Hinsicht weiter. Ähnlich wie Eggen lässt auch Jönsson aus einer kraftvollen und sicheren Abwehr herausspielen und forciert direktes Spiel, allerdings ist die Spielanlage der von Jönsson geführten Teams stets defensiver als die von Eggen. Der 52-Jährige arbeitet mit Vorliebe mit einem kleinen Kader und tätigt auf dem Transfermarkt keine Schnellschüsse, sondern setzt auf punktuelle Verstärkungen, Kontinuität und den Einbau von Nachwuchsspielern, wie es bei Rosenborg seit jeher Tradition ist. Mit Stabaek holte er 2008 den norwegischen Meistertitel, nachdem er das Team drei Jahre davor aus der zweiten Liga in die Tippeligaen führte und bereits 2007 Vizemeister wurde.

Sicherer Keeper aus Schweden

Erster Torhüter des Rosenborg BK ist der Schwede Daniel Örlund (32). Er spielt seit knapp drei Jahren für Rosenborg und ist mit 194cm und 93kg ein sehr kraftvoller, präsenter Torhüter. Seine Stärken sind vor allem Duelle 1-gegen-1, Elfmeter und Standardsituationen. Örlund verfügt über große Sprungkraft und beherrscht seinen Strafraum, solange er dabei statisch bleiben kann. Wenn es hektisch wird hat der Schwede Probleme und trifft vor allem im Bezug auf sein Positionsspiel falsche Entscheidungen. Zudem ist er kein besonders guter Techniker oder ein Keeper der mitspielt, sondern eher ein Schlussmann alter Schule. 2010 war er ein heißer Kandidat auf den Posten im schwedischen Teamtor, mittlerweile hat er jedoch wieder ein bisschen abgebaut und seine Formkurve zeigt leicht nach unten.

Um den Platz als Ersatztorhüter streiten derzeit Alexander Lund Hansen (29) und der junge Alexander Hovdevik (20). Hansen ist 197cm groß, Hovdevik 191cm. Beide sind aber weit davon entfernt an Örlund vorbeizukommen. Mit dem 196cm großen Erik Brathen (25) gäbe es sogar noch eine dritte Alternative.

Wiedererstarkter Reginiussen als Abwehrchef

Nachdem er Anfang August zu Rosenborg wechselte, ist Tore Reginiussen (26) in der Innenverteidigung gesetzt. Zwischen 2006 und 2009 spielte er tolle Partien für Tromsö und wurde daraufhin für vier Jahre von Schalke 04 verpflichtet, wo er sich aber überhaupt nicht durchsetzen konnte. Nach Leihgeschäften mit Lecce und Tromsö wechselte er 2011 zu Odense nach Dänemark, wo er schnell Spielpraxis sammeln konnte. Der Norweger ist aktuell wieder auf dem Weg zurück zu seiner einstigen Tromsö-Form, nachdem er vor allem in Deutschland sehr schlechte Kritiken bekam. Er ist eine wichtige Führungsperson auf dem Platz und hat seine Vorzüge vor allem im körperlichen Spiel. Reginiussen gilt als guter Zweikämpfer und Kopfballspieler, hat aber auch Probleme mit schnellen Gegenspielern und verschätzt sich zeitweise im mittelfristigen Timing und in Situationen, in denen er vor seinen Gegenspieler kommen will.

Hölzerner Rönning nutzt Strandbergs Verletzung

Etwas überraschend spielte sich zuletzt Per Verner Rönning (29) in die Startelf. Der 193cm große Innenverteidiger wurde erst im Alter von 23 Jahren Profi und schaffte zuletzt den Sprung in die erste Mannschaft von Rosenborg, weil er seine Zweikämpfe kompromisslos führte, zumeist gewann und auch offensiv bei Standardsituationen große Gefahr ausstrahlte. Spielerisch ist er klar unter seinen größten Konkurrenten Strandberg zu stellen, aber Rönning ist ein Abwehrspieler, den man spürt. Er spielt im Gegensatz zu Reginiussen nicht mit Vorliebe aus der Abwehr heraus, sondern sucht die einfachen Pässe auf seinen Nebenmann, die Außenverteidiger oder entgegenkommende defensive Mittelfeldspieler. Von den Rosenborg-Fans wird er zeitweise wegen unnötiger weiter Bälle in die Spitze kritisiert, die er dann schlägt, wenn er defensiv unter Druck gesetzt wird.

Strandberg besserer Fußballer als Rönning

Eigentlich ist Stefan Strandberg (22) der etatmäßige Innenverteidiger neben Reginiussen. Doch der fiel zuletzt kurz wegen einer Verletzung aus, verlor daraufhin seinen Platz zumindest temporär an Rönning und dürfte auch für das erste Gruppenspiel gegen Rapid ausfallen. Strandberg, der wie Rönning ein Linksfuß ist, sollte normalerweise keine Probleme haben sich gegen den 29-Jährigen durchzusetzen, weil er der bessere Fußballer ist. In Norwegen entbrannte zuletzt eine Debatte darüber, ob Rönning nur ein Ersatzmann für Strandberg oder doch mehr ist. Natürlich betont Jönsson, dass Rönning mehr als ein Ersatz ist und auch Reginiussen streut beiden Abwehrkollegen Rosen, aber Strandberg wird – so er fit ist – nicht auf die Bank gesetzt werden, da er sich mit Reginiussen viel besser ergänzt als Rönning. Strandberg ist dynamischer als Rönning, außerdem schneller und besser im Spielaufbau. Rönnings Vorteile liegen im körperlichen Bereich. Strandberg ist ein Spieler, bei dem es anzuraten ist, ihn im Spielaufbau sehr früh unter Druck zu setzen und/oder unmittelbare Anspielstationen in der Tiefe bestmöglich zuzustellen.

Kapitän als Linksverteidiger

Auf der linken Abwehrseite ist Kapitän Mikael Dorsin (30) gesetzt. Der 16-fache schwedische Teamspieler spielte im Laufe seiner Karriere acht Jahre für Rosenborg. Dorsin ist ein sehr moderner Außenverteidiger, der mit großer Laufstärke ausgestattet und regelmäßig für Assists gut ist. Mit seinen 185cm Körpergröße ist er zudem defensiv wie offensiv ein wichtiger Mann bei Standards. Er ist einer der Leader auf dem Platz, gilt als sehr intelligenter Spieler und Motivator für Jüngere. Man sollte versuchen dem Schweden ein eigenes Spiel aufzuzwingen und ihn nicht schalten und walten lassen. Zwar ist das Mittelfeld auf der linken Seite schwächer als auf der rechten, aber Dorsin sucht auch immer wieder Passwege und eigene Laufwege von außen nach innen, die ihn zu einer unbekannten Variablen im Offensivspiel der Norweger machen.

„Leih-Tico“ als Ersatz für alternden Rechtsverteidiger

Für die rechte Abwehrseite wurde zuletzt der Costa-Ricaner Cristian Gamboa (22) vom FC Kopenhagen ausgeliehen. Der 174cm große Mittelamerikaner spielte bereits für Fredrikstad in Norwegen und konnte sich beim FC Kopenhagen in der Saison 2011/12 überhaupt nicht durchsetzen. Gamboa ist ein schneller Spieler, der seine Stärken im Defensivspiel hat und manchmal gleich zwei- bis dreimal umspielt werden muss. Nach vorne schaltet er sich nur geringfügig ein, was angesichts des starken Borek Dockal vor ihm auch nicht gezwungenermaßen nötig ist. Sein Schwerpunkt liegt im Schnitt immer fünf Meter tiefer als der von Dorsin auf der anderen Seite. Gamboa macht also nach vorne keine Wunderdinge, ist aber defensiv sicher und gut im Zweikampf. Allerdings ist der 22-Jährige manchmal anfällig auf Pässe in die innere Schnittstelle, da er manchmal zu eng an der Linie spielt.

Mit dem Leihgeschäft mit Gamboa ist der Routinier Jon Inge Hoiland (34) nur noch Ersatz. Der ehemalige Schweden- und Kaiserslautern-Legionär wurde mit Trainer Jönsson in Stabaek Meister und begleitete ihn 2011 nach Trondheim. Hier war der 25-fache Teamspieler in der Saison 2011 nur Ergänzungsspieler, wurde aber 2012 aus Mangel an Alternativen zum Stammspieler. Allerdings stand Hoiland zuletzt starker Fan- und Expertenkritik gegenüber, da er zu viele Fehler im Pass- und Laufspiel machte. Gamboas Leihe ist die logische Folge der absteigenden Entwicklungstendenz Hoilands.

Svensson als großes Talent im zentralen Mittelfeld

Bis vor wenigen Wochen war der 20-jährige Markus Henriksen der wichtigste Mann im zentralen Rosenborg-Mittelfeld. Der Box-to-Box-Midfielder wechselte aber zuletzt zu AZ Alkmaar. Auf der defensivsten Mittelfeldposition entbrannte daher nun ein heißer Konkurrenzkampf.

Die besten Karten auf einen Einsatz hat wohl der junge Jonas Svensson (19), der heuer schon in 17 Ligaspielen startete und auch zuletzt beim 3:0 gegen Valerenga dabei war. Svensson kann im Mittelfeld eigentlich auf allen Positionen spielen und spult einen großen Aktionsradius ab. Obwohl er nur 170cm groß ist, ist er ein sehr konsequenter und unangenehmer Zweikämpfer. Zudem verfügt er über eine gute Schusstechnik aus der Distanz. Seine Schwächen liegen naturgemäß im Kopfballspiel und auch in der Präzision seines Kurzpassspiels in die Tiefe. Svensson ist dafür bekannt, dass er den Ball dynamisch nach vorne treibt und dann Pässe in Schnittstellen sucht. Diese sind aber (noch) zu oft ungenau.

Selnaes gilt gar als noch größeres Talent…

Die erste Alternative ist der noch jüngere Ole Selnaes (18). Dieser wiederum ist ebenfalls ein Box-to-Box-Midfielder und gilt als riesiges Talent, der seinen Weg höchstwahrscheinlich nicht in Trondheim weitergehen wird. Schon in den letzten Jahren war immer wieder vom Interesse internationaler Klubs die Rede. Heuer kommt Selnaes erstmals in der Kampfmannschaft zum Einsatz, in 10 Ligaspielen stand er in der Startelf, fünfmal wurde er eingewechselt – und nach seiner Einwechslung gegen Valerenga am vergangenen Wochenende machte er sein erstes Tor als Profi. Svensson ist etwas weiter als Selnaes, gilt auch als zweikampfstärker, aber Selnaes ist wesentlich umsichtiger und der bessere Passgeber. Zudem ist er ein Spieler, der eher für Überraschungsmomente gut ist, als Svensson.

Defensivster Mittelfeldspieler kommt aus Ghana

Die „gestandene“ Alternative für die defensivste Position im zentralen Mittelfeld ist der Ghanaer Mohammed-Awal Issah (26). Er kam vor etwa einem Jahr von Roter Stern Belgrad nach Trondheim und ist von allen Mittelfeldspielern der defensivste. Er ist weniger ein Spieler, der Box-to-Box spielt, sondern hinten dicht macht und sich in Rückwärtsbewegung zwischen die Innenverteidiger fallen lässt. Issah kommt schnell hinter den Ball, ist laufstark und unangenehm im Zweikampf. Obwohl er nur 174cm groß ist, ist er ein recht guter Kopfballspieler. Seine Mängel liegen im technischen Bereich, in der Spieleröffnung und im Umschaltspiel. An Offensivaktionen beteiligt sich der Ghanaer kaum.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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