Am vergangenen Wochenende war es endlich soweit. Die deutsche Bundesliga hat als erste Liga den Spielbetrieb wieder aufgenommen. Auch in vielen anderen europäischen Ländern... Europacup: Der UEFA läuft die Zeit davon

Am vergangenen Wochenende war es endlich soweit. Die deutsche Bundesliga hat als erste Liga den Spielbetrieb wieder aufgenommen. Auch in vielen anderen europäischen Ländern gibt es Pläne zum Restart der etwaigen Ligen und größtenteils wurden sogar schon Termine für deren Fortsetzung festgelegt. Worüber noch nicht geredet worden ist, zumindest nicht öffentlich, ist das Weiterführen oder Beenden der aktuellen Europacup-Saison.

Verschiedene Starttermine

Auch wenn es vielleicht möglich wäre einzelne Matches bereits diesen Monat zu spielen macht es wegen der verschiedenen Starttermine der nationalen Bewerbe keinen Sinn, dass man einzelne Runden eines K.O.-Systems auf verschiedene Spieltage aufteilt. So wäre ein Europacup-Spiel für deutsche Mannschaften zum Beispiel jetzt schon möglich, während in Spanien noch nicht einmal ein Termin für die ersten Ligaspiele nach der Corona-Krise steht.

Diese terminlichen Unterschiede rufen unweigerlich einen weiteren Nachteil auf den Plan für die Mannschaften, die später wieder zum „Normalbetrieb“ zurückkehren als die anderen. Denn während die einen Teams bereits wieder vollwertig trainieren können, dürfen andere weiterhin nur in Kleingruppen ihre Übungen abhalten. Das würde für manche Teams einen unfairen Trainingsvorsprung ergeben. Außerdem hätten beispielsweise die deutschen Mannschaften den Vorteil, dass sie wieder einen normalen Spielrhythmus hätten.

Abgebrochene Ligen

Neben den Ländern, die vorhaben wieder in den Ligaalltag zurückzukehren, gibt es bereits Verbände, die sämtliche nationalen Bewerbe bereits abgebrochen haben und diese auch nicht mehr weiterführen werden. Das prominenteste Beispiel für dieses Problem wäre Paris SG, die bereits den französischen Meistertitel erhalten haben und gleichzeitig für das Champions-League-Viertelfinale qualifiziert wären.

Es wäre zwar für die Pariser möglich, wieder Trainings abzuhalten und eventuell die Pflichtspiele zu bestreiten. Jedoch weiß man nicht, ob der französische Verband Spiele im Rahmen des Europapokals zulassen würde. Außerdem hat die Mannschaft schon lange keine Mannschaftstrainings oder Spiele bestritten. Deshalb wäre es sicher nicht einfach, sofort wieder auf allerhöchstem Niveau zu spielen.

Wäre ein Turnier eine Lösung?

Es ist eine Idee, die der spanische Verband bereits hatte, die einige Probleme wie das ständige Reisen und die verschiedenen Trainingsbedingungen zu einem gewissen Teil lösen könnten. Nämlich ein Turnier, das an einem neutralen Ort in Form von Geisterspielen gespielt wird, um den Sieger von Champions- und Europa-League zu küren.

Sollten sich die Reiseregelungen innerhalb Europas etwas lockern könnte das wirklich eine Lösung sein. Dazu müsste man nur einen Ort finden, wo man Zugang zu mindestens zwei Stadien und ausreichend Trainingsplätzen hat. Außerdem wäre ein Hotelkomplex von Vorteil, wo die Spieler möglichst von der Außenwelt abgeschottet sind.

Durch den neutralen Spielort fällt auch der Heimvorteil weg. Deshalb könnte man bei etwaigem Zeitdruck auf den bestehenden Modus mit Hin- und Rückspiel verzichten und den Sieger des Duells in einem Spiel bestimmen. Das würde Zeit sparen, sodass sich das Ganze in ein bis zwei Wochen abwickeln lassen ließe.

Macht es wirklich Sinn?

Auch wenn es die eine oder andere Idee zur Weiterführung der Bewerbe gäbe, steht am Ende die berechtigte Frage nach der Sinnhaftigkeit. Auch wenn der Europacup normal fortgesetzt werden kann, wird es so oder so Mannschaften geben, die mit großem Trainingsrückstand und teils ohne Spielpraxis einen gewaltigen Nachteil hätten.

Zudem gibt es bei Reisen weiterhin eine hohe Ansteckungsgefahr, die auch in einem Monat noch präsent sein wird. Da alle Mannschaften in einer großen Gruppe unterwegs sind, ist die Gefahr noch einmal größer. Und wenn man dann in Länder wie Spanien oder Italien blickt, die von der Krise stark gebeutelt wurden, muss man sich fragen, ob Fußballspiele dort möglich und klug wären.

Ein weiterer Faktor ist die Zeit, die der UEFA allmählich davonläuft. Bis alle teilnehmenden Länder soweit sind, um wieder an europäischen Bewerben teilzunehmen, dürfte noch einige Zeit vergehen. Da durch die Zwangspause sowieso schon Zeitdruck herrscht, könnten die letzten Spiele der diesjährigen Europacup-Saison dann schon in eine Phase fallen, wo die ersten Länder die neue Saison schon begonnen haben und eigentlich schon wieder die Qualifikation zur Europacup-Saison 2020/21 stattfinden sollte.

Alles in allem ist das Ganze hier reine Spekulation. Keiner weiß, wie sich die Lage in den nächsten Monaten entwickelt. Ob die Vorteile groß genug sind, um die Nachteile aufzuwiegen, muss letztendlich die UEFA entscheiden. Es würden sich aber sicherlich viele über eine Fortsetzung freuen.

Kristian Müller