Vor allem aufgrund der Gelbsperre des Österreichers David Alaba im Finale der Champions League ist das Thema der Gesperrten in den Finalspielen der europäischen... Europäische Gelbsucht – Unzählige Sperren schwächen Finalspiele

Vor allem aufgrund der Gelbsperre des Österreichers David Alaba im Finale der Champions League ist das Thema der Gesperrten in den Finalspielen der europäischen Bewerbe interessant, allerdings gibt es mehr als genug Spieler, welche aufgrund einer gelben Karte im Halbfinal-Rückspiel das vielleicht größte Highlight ihrer Karriere versäumen. Insgesamt fehlen in den beiden Finalspielen acht Spieler, sechs davon aufgrund der dritten gelben Karte im Halbfinal-Rückspiel. Wie sinnvoll ist diese Regelung allerdings?

Vorreiter FIFA

Der internationale Weltfußballverband FIFA hat diese Regelung schon seit der Weltmeisterschaft 2010 geändert, gelbe Karten verfallen bei dieser Regel nach dem Halbfinalspiel. Anders bei der UEFA: Im europäischen Klubfußball bleiben die Sperren auch für die Finalspiele aufrecht, was zuletzt vor allem aufgrund der sechs gelbgesperrten Spieler im CL-Finale für Aufregung sorgte. Kurios ist zudem, dass die UEFA in dieser Diskussion keineswegs eine klare Linie verfolgt: Bei Europameisterschaften verfallen die gelben Karten, genau wie bei Weltmeisterschaften, nach den Halbfinalspielen, sodass keine Sperren für das Finalspiel auftreten können. Ausschlaggebend für die Regeländerung bei Großereignissen auf Nationalmannschaftsebene dürfte auch die Gelbsperre Laurent Blancs beim Finale der WM 1998 in Frankreich gewesen sein, der heutige Nationaltrainer der Franzosen musste beim Finaltriumph im eigenen Land zusehen.

Die Gesperrten

Im Finale der Champions League fehlen insgesamt sieben Topstars, sechs davon aufgrund der Gelbsperre. Einzig John Terry verpasst das Finale aufgrund der roten Karte im Halbfinale gegen Barcelona, als er Alexis Sanchez völlig unnötig das Knie in den Rücken rammte und dafür ausgeschlossen wurde. Beim FC Bayern und beim FC Chelsea sind je drei Spieler im Finale gelbgesperrt: Bei den Münchnern fehlt mit Alaba, Badstuber und Luiz Gustavo rund ein Viertel der Stammspieler, Chelsea fehlt mit Raul Meireles und Ivanovic ebenso ein wichtiger Teil der Defensive, sowie mit dem Brasilianer Ramires der Matchwinner in den beiden Halbfinalspielen gegen Barcelona. Jeder einzelne Ausfall ist für die beiden Teams schwer zu verkraften und für die Spieler natürlich äußerst bitter.

Auch in den Europa League Halbfinalspielen sah es nach einer Flut an gesperrten Spielern im Finale aus, da vor dem Rückspiel insgesamt 18 Spieler mit zwei gelben Karten in den Kadern der vier Halbfinalisten standen. Allerdings konnten sich die beiden Aufsteiger Athletic Bilbao und Atletico Madrid mehr oder weniger zurückhalten, sodass im Finale nur ein Spieler fehlt. Tiago, seines Zeichens Stammspieler der Colchoneros, wie die Mannschaft aus Madrid genannt wird, ließ sich im Halbfinalrückspiel in Valencia zu einer Tätlichkeit hinreißen und fehlt somit im Finale. Bei einem Aufstieg von Sporting Lissabon und Valencia hätten allerdings drei Spieler aufgrund einer Gelbsperre pausieren müssen.

Fußballfan als Verlierer

Größter Verlierer der Gelbsperren ist sicherlich der Fußballfan im Stadion, welcher einiges Geld dafür investiert, im Finale eines europäischen Bewerbs den Stars auf die Beine schauen zu können. Vor allem das Champions League Finale verliert durch die Sperren an Niveau, da auf beiden Seiten prominente Spieler fehlen. Für den Fußball selbst und für die Fangemeinde wäre es sicherlich anstrebenswert, diese Regelung abzuschaffen. Auch die Vereine stehen logischerweise vor einem Problem, da sie andere Spieler im Finale aufbieten müssen und nicht mit der Topformation antreten können. Ein kleiner Vorteil entsteht aufgrund der Regel möglicherweise für die Bayern, da sie die Ausfälle von Luiz Gustavo und Alaba mit Tymoshchuk und Rafinha vergleichsweise leicht verkraften können. Ein Problem gibt es allerdings in der Innenverteidigung, da der gesperrte Badstuber aufgrund der Verletzungen von Breno und van Buyten nicht Eins-zu-Eins ersetzt werden kann. Möglicherweise setzten die Bayern Tymoshchuk in der Innenverteidigung ein, wodurch ein Platz im defensiven Mittelfeld frei werden würde. Hier könnte entweder Daniel Pranjic zum Zug kommen oder die Bayern setzten auf eine offensivere Variante und bringen Müller fürs offensive Mittelfeld, wodurch Kroos etwas defensivere Aufgaben übernehmen würde. Beim FC Chelsea muss ebenso die halbe Abwehr ausgetauscht werden, allerdings stehen mit Gary Cahill und David Luiz quasi zwei adäquate Spieler für die gesperrten John Terry und Branislav Ivanovic bereit. Ein Fragezeichen steht nachwievor hinter dem Einsatz von Cahill, der sich im Halbfinalrückspiel beim FC Barcelona eine Achillessehnenverletzung zugezogen hat, allerdings auch mit Schmerzen spielen möchte. Auf der Außenverteidigerposition, welche in den letzten Spielen der gelernte Innenverteidiger Ivanovic inne hatte, steht mit Jose Bosingwa ebenso ein guter Ersatzmann bereit. Schwieriger wird es mit dem Ersetzen des zuletzt in Hochform agierenden Ramires, auch wenn es einige Alternativen für ihn gibt. Der Brasilianer, welcher im rechten Mittelfeld überzeugte, könnte durch Daniel Sturridge ersetzt werden, der zuletzt gegen Barcelona aber nicht zum Einsatz kam. Eine Alternative wäre auch noch Salomon Kalou, jedoch sind sowohl Kalou als auch Sturridge eher für ihr schnelles laufintensives Flankenspiel bekannt, als für ihre Kreativität. Die Aufgaben des gesperrten Portugiesen Raul Meireles auf der Doppelsechs neben John Obi Mikel wird aller Voraussicht nach Michael Essien übernehmen.

Fazit

Die Abschaffung der Gelbsperre in Europa League und Champions League Finalspielen würde sowohl den Klubs als auch den Fußballfans entgegenkommen, allerdings gibt es natürlich auch Gegenargumente. Zum einen könnte es möglicherweise zu härteren Halbfinalrückspielen kommen, da die Spieler sowieso wissen, dass sie das Finale aufgrund einer Gelbsperre nicht verpassen werden. Hinzu kommt, dass es in irgendeiner Form auch unfair ist, einen Spieler für zu viele gelbe Karten nicht zu bestrafen, nur weil es sich um ein Finale handelt. Alles in allem sollte die Sperre aber abgeschafft werden, da der Fußball sowohl im Finale als auch jener des Halbfinalrückspiels darunter leidet. Es ergibt kaum Sinn, dass sich ein Spieler im Halbfinalrückspiel zum Beispiel ein taktisches Foul verkneift, um in einem möglichen Finale spielen zu können, wenn seine Mannschaft dadurch verliert. Auch wenn die Regelung im aktuellen Bewerb noch Bestand haben wird, sollte zumindest für das nächste Jahr über eine Regeländerung nachgedacht werden.

Michael Prügl, abseits.at

Michael Prügl

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