Da es in der sich nahe Teramo befindlichen Gemeinde Castellalto zwei Vereine gibt, es sich in dessen Hauptort Castellnuovo Vomano allerdings nur ein Stadion... Italien 2020 – Zu Besuch im „Mini San Siro“ (2)

Da es in der sich nahe Teramo befindlichen Gemeinde Castellalto zwei Vereine gibt, es sich in dessen Hauptort Castellnuovo Vomano allerdings nur ein Stadion befindet, war es schon im Vorfeld mit ziemlicher Sicherheit klar, dass wir hier wohl ein Spiel sehen werden, zumal sowohl der in der fünftklassigen Eccellenza spielende ASD Castellnuovo Vomano als auch der ASD Castellalto, der Prima Categoria und somit zwei Ligen darunter tätig ist, an diesem Wochenende ein Heimspiel hatten.

ASD Real Castellalto – ASD Atletico Lempa 0:2 (0:2)

Da sich der höherklassige Verein das Vorrecht für den klassischen Termin am Sonntagnachmittag gesichert hat, setzte der ASD Real Castellalto seine Begegnung gegen ASD Atletico Lempa daher bereits am Sonntagvormittag um 11.00 Uhr. Wir kommen vom ergiebigen Frühstück in unserem Hotel gestärkt mit ausreichendem Zeitpolster bei Stadio Comunale di Castelnuovo Vomano an. So erledigen wir beim nahen Supermarkt noch die letzten Einkäufe und genießen bei herrlichem Frühlingswetter den tollen Ausblick auf das Grand Sasso-Bergmassiv.

Zu Spielbeginn dieser Begegnung der Prima Categoria Abruzzo, Grione D, haben sich rund 70 Besucher im kleinen Stadion eingefunden. Da der Auswärtssektor an diesem Vormittag geschlossen bleibt, sitzen die mitgereisten Fans der Gäste zumeist mit den heimischen Besuchern auf der Tribüne. Einige wenige bevorzugen aber einen Stehplatz am Zaun, wo sie sich die Sonne auf den Rücken scheinen lassen können. Die Besucher, die heute keine Zeit für ein Frühstück hatten, haben auch Glück, weil das kleine Buffet offen hat und sie sich dort Snacks und Getränke kaufen können.

Auf dem Kunstrasen in Castellnuovo Vomano sind es die Gäste, die nördlich von Teramo im Grenzgebiet zur Region Marche – und hier nur wenige Kilometer von der Provinz Hauptstadt Ascoli Piceno entfernt – beheimatet sind, in der Anfangsphase klar besser. Dies zeigt dich auch an der Anzahl der geschossenen Tore wieder, denn nach 30 Minuten führen die Gäste durch Treffer von Capelli und Sturba bereits mit 2:0.

Auch wenn sich beide Teams im oberen Mittelfeld der Tabelle wiederfinden und Castallalto sogar einige Plätze vor Atletico Lempa klassiert ist, ändert sich dem Seitenwechsel nichts am Spielverlauf. Die Gäste kontrollieren das Spielgeschehen und es ist zusätzlich noch ziemlich arm an Torchancen. Aufreger gibt es nur mehr, wenn es nach Fouls zu den typisch italienischen Rudelbildungen kommt. Doch Schiedsrichter Laconelli bleibt immer Herr der Lage und beruhigt die hitzigen Gemüter der Spieler schnell wieder.

Wir genießen bis zum Schlusspfiff noch die direkt an den Platz anschließende Hügellandschaft und das sich dann doch etwas weiter im Hintergrund befindliche Bergpanorama, ehe wir zu unserer nächsten Station aufbrechen sollten. Es stand nämlich mit einem Spiel im sich wieder an der Adriaküste befindlichen Giulianova unser fünfte und letztes Spiel in der Region Abruzzo auf dem Programm.

Real Giulianova SSD – AC Cattolica Calcio 1:1 (0:1)

Von Castelnuovo Vomano ging es wenige Kilometer zurück an die Adriaküste, wo sich auf der Höhe von Teramo die Stadt Giulianova befindet. Der Badeort hat knapp 24.000 Einwohner, wobei sich dessen Zentrum auf einer Anhöhe mit einem tollen Ausblick auf das Meer und die restliche Stadt befindet. Da sich auch das Stadio Rubens Fadini in Zentrumsnähe und somit in der Oberstadt befindet, können wir die Sehenswürdigkeiten Giulianovas vor Spielbeginn noch zu Fuß erkunden.

Mit dem Auto kommt man außerdem heute gar nicht zum Stadion, zumal die Polizei einige Zufahrtsstraßen hermetisch abgeriegelt hat. Das verstört etwas, sehen wir hier doch ein Spiel der viertklassigen Serie D zwischen Real Giulianova SSD und AC Cattolica Calcio. Da aber beide Vereine heute auf eine kleine, aber feine Fanunterstützung zurückgreifen können und auch die aus der Region Emilia-Romagna stammenden Gäste von rund 25 Tifosi begleitet werden, beugt die Polizei etwaigen Zusammenstößen zwischen den Gruppen vor.

Man könnte meinen, dass Cattolica heute mit fast 200 Kilometern Anreise eine weite Strecke auf sich nehmen müsste, allerdings sind die Wege in der Girone F der Serie D sehr weit, denn zum in der Region Molise liegenden SSD Città di Campobasso muss Cattolica mehr als doppelt so weit anreisen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass das Stadion in Campobasso eine Perle in der italienischen Stadienlandschaft ist und es sich perfekt dazu eignet, um auch in dieser Region anzuschreiben.

Dieser Exkurs war auch nötig, denn die Partie ist in der Anfangsphase nicht anzuschauen. Es regieren am Spielfeld Kampf und Krampf, doch dies ist bei einem Blick auf die Tabelle verständlich, befinden sich beide Teams mitten im Abstiegskampf der Liga. So ist der fehlerfrei pfeifende Schiedsrichter Michalche jedenfalls der beste Mann auf dem Platz.

Vor rund 500 Besuchern, die sich zumeist auf der Haupttribüne eingefunden habe, macht Giulianova in weiterer Folge das Spiel und hat zahlreiche Chancen. Doch eine alte Fußballweisheit hat auch an diesem Nachmittag wieder seine Gültigkeit. Dass man Tore, die man nicht schießt, eben bekommt, sollte sich in der 38.Minute bewahrheiten. Cattolica kommt über rechts zu seinem ersten Angriff in diesem Spiel und Battistini versenkt die in den Strafraum kommende Flanke per Kopf zur Führung der Gäste. Während die Fans der Gäste aus dem Häuschen sind, geloben Giulianovas Spieler nach dem Pausenpfiff bei der Heimkurve eine Besserung in den zweiten 45 Minuten.

Spielerisch war Giulianova aber nach dem Seitenwechsel keinesfalls so stark wie vor der Pause, doch ergebnistechnisch konnte man ein gröberes Unheil abwenden. In der 56.Minute versenkt, nach einem Eckball von rechts, Torelli den Ball per Kopf in die Maschen. Der Ausgleich ist in seiner Entstehung nahezu eine Kopie des Führungstreffers der Gäste.

Mit dem Wissen, dass für beide Teams im Abstiegskampf auch ein Punkt sehr wertvoll ist, wird die letzte halbe Stunde hier in Giulianova runtergespielt. Die Gefahr einer Niederlage in diesem direkten Duell lässt die Akteure auf dem Rasen kein Risiko mehr eingehen. Beide Mannschaften bleiben zwar auf den sogenannten Play-Out-Plätzen, jedoch konnte man den Abstand zu den direkten Abstiegsplätzen halten.

Mit dem Schlusspfiff in Giulianova verlassen wir fußballerisch auch die Region Abruzzo, denn das Abendspiel in San Benedetto del Tronto findet bereits in der Region Marche statt.

SS Sambenedettese Calcio – Ravenna FC 1913 1:2 (1:1)

 Wenige Kilometer der Adriaküste Richtung Norden entlang, passiert man über den Fluss Tronto nicht nur die Grenze zwischen der Regionen Abruzzo und Marche, sondern auch die diesjährige Grenze zwischen den Gruppen B und C der Serie C. Dies bedeutet für uns, dass wir bei Sambendedettese Calcio bereits eine Begegnung in der Girone B der dritten italienischen Liga sehen und für Sambendettese, dass man mit dem FC Südtirol und Triestina ein nette Auswärtsfahrten an die österreichische und die slowenische Grenze hat. Der heutige Gegner ist der FC Ravenna, der es nicht so weit nach San Bendetto del Tronto hat, sodass auch er auch von einem kleinen Fangrüppchen begleitet wird.

Das Stadio Riviera delle Palme fasst 22.000 Zuschauer und ist ein wirklich tolles Stadion, das aufgrund seiner Außentürme eine Ähnlichkeit mit dem Mailänder Stadion hat und daher auch den Beinamen „Mini San Siro“ hat. Dieses Stadion wurde 1985 eröffnet, weil die damalige Heimstätte, das Stadio Fratelli Ballarin, nach einer Brandkatastrophe im Jahr 1981 als veraltet gegolten hat. Im Laufe der Jahre wurde die Sportstätte erweitert und erreichte 2010 seine jetzige Größe, wobei es offiziell nur für 13.708 Sitzplätze zugelassen ist.

Kapazitätsprobleme hat man in San Bendetto allerdings nicht. Auch wenn man auf einen guten Fananhang zurückgreifen kann, ist das Stadion so gut wie nie gefüllt. Heute Abend finden sich 2.440 Besucher ein. Sie haben diesmal aber pünktlich sein müssen. Sambendettese geht nämlich bereits in der dritten Minute durch Miceli in Führung. Allerdings hilft Gäste-Tormann Cincilla kräftig mit, zumal ihm der eigentlich harmlose Weitschuss aus den Händen gleitet und der Ball dadurch über die Linie kullert.

Doch im Laufe der ersten 45 Minuten merkt man, dass der Treffer nur wenig Sicherheit gegeben hat. Die Gastgeber, die seit fünf Runden sieglos sind, werden wieder zusehends unkonzentrierter und stärken die sich in der Abstiegszone befindliche Elf aus Ravenna. Die Gäste nützen dies auch noch vor der Pause und erzielen in der 40.Minute den Ausgleich Nocciolini.

Nach dem Seitenwechsel hat man das Gefühl, dass sich bei Teams mit dem Unentschieden abfinden. Samb, wie der Heimverein liebevoll von Fans genannt wird, hat zwar mehr Spielanteile, doch Torraumszenen sind eine Seltenheit. In der 74. Minute nimmt dann für Sambenedettese das Unheil seinen Lauf. Als Mokulu Tembe an der Strafraumgrenze nicht attackiert wird und er den Ball platziert zur Führung für Ravenna einschießen kann, sind die meisten Besucher im Stadion perplex.

Die Schlussphase ist gezeichnet von Fehlpässen und Unsicherheiten im Spiel der Gastgeber, sodass Ravenna nur auf ein Ablaufen der Zeit warten muss, ehe das seltene Glücksgefühl eines Sieges feststeht. Spieler und Fans der Gäste feiern nach dem Schlusspfiff ausgiebig. Die Elf von Sambendettese muss hingegen zur hitzigen Aussprache in Kurve, wobei hier nicht nur der harte Kern auf die gezeigte Leistung wütend ist, sondern sich sogar die Zuschauer auf den Längstribünen mit den Tifosi solidarisieren. Verständlicherweise ist man nach so einer Niederlage sehr enttäuscht, aber es werden auch hier wieder bessere Zeiten kommen.

Für uns neigt sich diesmal auch die Zeit in Italien zu Ende. Es geht direkt nach dem Spiel wieder zurück nach Rom, wo uns am nächsten Morgen der Flieger zurück in die Heimat bringen sollte.

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.