Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive... Transfers erklärt: Darum wechselte Suso zum AC Milan

AC Milan - Logo, WappenWie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen? Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.

In dieser Ausgabe blicken wir auf den interessanten Einkauf des kriselnden AC Mailands, welcher sich einen kriselnden Jungstar sicherte. Zu viel der Krise oder die perfekte Mischung?

Ein Talent am Scheideweg

Schon in jungen Jahren galt Suso als der kommende Superstar des spanischen Fußballs. Bei Cádiz war er das Juwel der Jugendakademie und bereits mit 15 Jahren soll er in einem Testspiel bei den Profis beeindruckt haben. In jenem Sommer unterschrieb er auch einen Vertrag bei Liverpool, der dank eines persönlichen Telefonats von Startrainer Rafael Benitez und der Aussicht auf das Ausland Susos Transfer noch vor dem FC Barcelona und Real Madrid abschließen konnten.

Bei Liverpool konnte er sich jedoch nicht durchsetzen. Obwohl er von den Trainern immer gelobt wurde und von vielen Zusehern der „Reserves“, der zweiten Mannschaft, schon als kommender Fanliebling galt. Trotz einzelner sehr guter Leistungen im Pokal, der Europa League und in Testspielen konnte er sich allerdings nie für einen Stammplatz anbieten. Insbesondere seit der Saison 2012/13 schien der U19-Europameister teilweise sogar zu stagnieren, weswegen er in der Folgesaison nach Spanien zu UD Almeria verliehen wurde.

Die dort gespielte sehr gute Saison reichte aber nicht, um sich nach seiner Rückkehr in dieser Saison für konstante Einsätze bei Liverpool anzubieten. Deswegen ist der Wechsel nach Italien – besonders in Anbetracht des Vertragsendes im Juli – wohl sehr gut. Die Frage ist, wie seine Stärken und Schwächen sich in der italienischen Liga zeigen werden.

Top oder Flop in der Serie A?

Manchmal scheint es, als ob die Serie A eigenen Gesetzen gehorcht. Sie wehren sich gegen den enormen Dynamikfußball der deutschen Bundesliga, verfolgen nicht das sehr offensive und auch ballbesitzorientierte Spiel der Spanier, sind nicht so extrem defensiv wie die Franzosen und trotzdem taktisch deutlich besser als die Engländer. Die italienische Liga zeichnen ein Zentrumsfokus, extrem gute Strafraumverteidigung und intelligente Spielernutzung bei etwas geringerem Tempo aus.

Je nach Einbindung könnte Suso entweder Probleme in der Entscheidungsfindung und Erfolgsstabilität haben oder ein kompletter Erfolg für Milan werden. Für ihn sprechen eine gute Positionsfindung, eine hervorragende Ball- und Schusstechnik, eine starke Spielübersicht und ein kreatives Passspiel. Als Spielgestalter, kreativer hängender Stürmer oder auch als Rechtsaußen kann er immer wieder gefährliche Pässe hinter die Abwehr spielen, sich im Dribbling durchsetzen oder gefährlich abschließen.

Allerdings gibt es auch einige Gründe, wieso Suso es trotz seines Talents nicht bei Liverpool geschafft hat. Vielfach bringt er nicht die benötigten taktischen Fähigkeiten mit oder das Endprodukt ist nicht ausreichend, um sich gegen starke Konkurrenz durchzusetzen. Deswegen sind seine Stärken nicht uneingeschränkt nutzbar. So ist sein Passspiel teilweise zu lang und zu vertikal, er verliert den Ball in seinen Dribblings zu häufig und schließt vielfach zu voreilig aus unpassenden und weit entfernten Situationen ab, wodurch seine Mannschaft den Angriff nicht fortsetzen kann und stattdessen oft in einen Konter läuft.

Für einen jungen und noch inkonstanten Spieler ist es deshalb entscheidend, wie man seine Stärken einbindet, ohne die dazugehörigen Schwächen dem Gegner zum Fraß vorzuwerfen. In Mailand finden sich potenziell passende Strukturen dafür vor.

Ein Platz im 4-3-3

Milan befindet sich in einer Krise, zumindest in Relation zum historischen Anspruch an sich selbst. Dabei ist das Spielermaterial eigentlich passend gestaltet. Mit Mexes, Rami und Alex als Optionen im Zentrum, Armero auf links und De Sciglio oder Abate als Rechtsverteidiger ist die Viererkette vor Torwart Diego Lopez eigentlich nominell gut besetzt. Das zentrale Mittelfeld bestehend aus de Jong, Montolivo, Poli und Muntari ebenfalls.

Bislang mangelte es vorrangig an Optionen für ganz vorne, weswegen Inzaghi in den letzten Wochen und auch in dieser Transferphase umbaute. Torres, der diese Rolle des zentralen Stoßstürmers nicht mehr im Alleingang verkörpern kann, wurde abgegeben. Stattdessen spielt nun vermehrt der sehr flexible und dribbelstarke Menez vorne, der auch als Flügelstürmer agieren kann. Unterstützt wurde er bisher von El Shaarawy, der jedoch seine Topform von vor eineinhalb Jahren nicht konstant abrufen kann. Den zweiten Flügelstürmer gibt meistens Honda, beide spielen allerdings sehr zentrumsorientiert und öffnen die benötigten Räume kaum.

Die Neuverpflichtungen Milans könnten Abhilfe schaffen. Alessio Cerci und Suso als Neuzugänge sind hochinteressante Möglichkeiten, um Milan offensiv durchschlagskräftiger zu machen. Dabei gibt es sogar eine extrem interessante Möglichkeit, wo Cerci und El Shaarawy die Flügelstürmer neben dem vermutlich gesetzten Menez geben, während Honda und Suso eine sehr kreative Mittelfeldzentrale mit Montolivo bilden.

Montolivo würde den Aufbau aus der Tiefe übernehmen, was zu seiner Spielstärke und seinem strategischen Geschick passt. Suso und Honda könnten ihn situativ unterstützen oder vor ihm gefährliche Pässe spielen; Montolivos Abkippen zwischen die Innenverteidiger ermöglicht nicht nur ein weites Aufrücken der Außenverteidiger, sondern auch ein Zurückfallen der Achter und das Einrücken der beiden Flügelstürmer.

Alternativ könnte der jeweils formschwächste Spieler aus der Mannschaft rücken, um mit Poli einen Achter ins Team zu bringen. Suso wäre dann eine Option für die Position des Rechtsaußens, wobei eine Raute ebenfalls möglich wäre. Allerdings muss hier abgewartet werden, wie die jeweiligen Spieler harmonieren und natürlich wie Inzaghi die Strukturen anpassen wird.

Die individuelle Qualität hätte wohl schon zuvor für eine leicht bessere Platzierung gereicht, aber die Bewegungen in der Offensive und teilweise auch gegen den Ball haben dies bisher verhindert. Besonders die enorme Schwäche bei Standards kam gegen den Ball zum Tragen, während in der Offensive die Fähigkeiten der einzelnen Spieler nicht effektiv eingebunden werden konnten. Bleibt dies weiter so, könnten auch die Talente von Cerci und Suso auf der Strecke bleiben.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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