Transfers erklärt: Darum wechselten Hugo Campagnaro und Mauro Icardi zu Inter
Italien 15.Juli.2013 Alexander Semeliker 0
Wie schon in der vergangenen Winterpause gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
In dieser Ausgabe blicken wir auf die Transfers von Inter Mailand, die besonders eng mit dem Engagement des neuen Trainers Walter Mazzarri zu tun haben.
Hugo Campagnaro – perfekt für eine Dreierkette?
Auf dem enttäuschenden neunten Platz beendete Inter die Saison 2012/2013. Ein wichtiger Grund dafür war, dass die Nerazzurri viele Verletzungen verdauen mussten. Die Konsequenz dessen war, dass Ex-Coach Andrea Stramaccioni oft die Formation anpassen bzw. wechseln musste. Keine andere Mannschaft in der Serie A lief in der letzten Saison in so vielen verschiedenen Grundordnungen auf wie Inter. Mazzarri erklärte bereits in seiner ersten Pressekonferenz, dass er wie davor bei Napoli auch in Mailand auf eine Dreierkette aufbauen will. Deshalb nahm der 51-Jährige auch eine Stütze mit in die Lombardei.
Nur vier Spieler absolvierten in seiner knapp vierjährigen Amtszeit mehr Spiele als Hugo Campagnaro. Der ablösefreie Argentinier agierte meist auf der rechten Seite der Dreierkette in den 3-4-3-ähnlichen Formationen. Dort scheint er auch am besten aufgehoben. Fürs Abwehrzentrum in einer Viererkette fehlt es dem 1,81 Meter großen Verteidiger an Übersicht. Andererseits sind seine Vorstöße nicht zwingend genug um die Anforderungen an einen modernen Außenverteidiger zu erfüllen. Aus diesem Grund ist es auch nachvollziehbar, dass er im argentinischen Nationalteam erst acht Einsätze zu verzeichnen hat.
Es ist davon auszugehen, dass Campagnaro auf derselben Position gesetzt sein wird und wie in Neapel der offensivste der drei Verteidiger sein wird. Er ist schnell genug um wieder in absichernde Positionen zu kommen. Vor allem aber hat er aufgrund der langen Zusammenarbeit mit Mazzarri dessen Vorstellungen schon verinnerlicht. Als klassischen Abwehrchef sollte man ihn jedoch nicht sehen. Dazu fehlen ihm die dazu nötigen Qualitäten beim Herausspielen. In Napoli übernahm diese Rolle Kapitän Paolo Cannavaro, bei Inter könnte es ebenfalls der zentrale Innenverteidiger sein – womöglich mit Aleksandar Dragovic sogar ein Österreicher.
Mauro Icardi – der perfekte Konterstürmer?
Ein weiterer interessanter Transfer, den Inter tätigte, ist jener von Stürmer Mauro Icardi. Der 20-Jährige Argentinier kommt von Sampdoria, für das er in der letzten Saison zehn Tore erzielte. Angesichts der Tatsache, dass es die erste Spielzeit in der Serie A für ihn war und Samp als Aufsteiger in die Saison ging durchaus ordentlich, allerdings wirft dies die Frage auf, ob das bereits für ein Engagement bei einem renommierten italienischen Topklub reicht. Von den Anlagen her sollte Icardi jedenfalls gut zum erwarteten Inter unter Mazzarri passen.
In Genua wurde er unter Ciro Ferrara zunächst als Solospitze in einer Ein-Stürmer-Grundformation eingesetzt, nachdem der Ex-Juve-Kicker durch Delio Rossi ersetzt wurde agierte Icardi als Stürmer in einem 3-5-2. Dass ihm dies besser entgegenkam, lässt sich anhand der Statistik leicht ablesen: neun der zehn Saisontore erzielte er in diesem System. Dabei setzte Sampdoria ähnlich wie Napoli in erster Linie auf Konter. Icardis Aufgaben waren dabei vor allem offensiver Natur. Selbst gegen Juventus, als man noch dazu einen Mann weniger war, unterstütze er die Defensive kaum. Er zockt gerne auf Befreiungsschläge, um dann seine wichtigsten Waffen ins Spiel zu bringen.
Der 1,81 Meter große Angreifer ist wendig, aufgrund seiner Ausbildung in Barcas La Masia ballsicher und extrem stark im Torabschluss. Jeder zweite Schuss geht aufs Tor, knapp 23% landen im gegnerischen Netz – ein Wert, an dem sich sogar Edinson Cavani (21,6%) die Zähne ausbeißt. Dennoch dürfte Icardi bei Inter eher die Aufgaben von seinem Landsmann Ezequiel Lavezzi übernehmen. Der aktuelle PSG-Akteur spielte drei Saisonen unter Walter Mazzarri an der Seite des Matadors und war dabei in erster Linie für die Anbindung des Angriffs an den Rest des Teams zuständig.
Schnell, technisch beschlagen und stark im Abschluss – von den Anlagen her passt Icardi perfekt zur Philosophie von Mazzarri. Dennoch sind Zweifel angebracht, ob der Youngster der sogenannte „Wunderwuzzi“ für die Nerazzurri sein kann. Vor allem hinsichtlich Konstanz und Nerven steht er vor einer Zerreißprobe. Zum einen traf Icardi nur gegen fünf verschiedene Teams – dabei könnte die Kluft zwischen denen nicht größer sein, denn gegen Absteiger Pescara waren es vier, gegen Meister Juventus drei Tore. Zum anderen steht er beim kriselnden Ex-Champions-League-Sieger von Anfang im Fokus, muss praktisch vom ersten Tag an überzeugen – nicht zuletzt aufgrund dessen, dass er als jüngster Spieler der Vereinsgeschichte überhaupt das Trikot mit der Nummer neun tragen wird.
Alexander Semeliker, abseits.at
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