Transfers erklärt: Deshalb wechselte Mario Gomez zum AC Florenz
DeutschlandItalien 9.Juli.2013 Rene Maric 3
Wie schon in der vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
In diesem Beitrag geht es um den Transfer von Mario Gomez, der von München nach Florenz wechselt. Dort wird er die Position als Mittelstürmer einnehmen – und womöglich der Ersatz vom vielumworbenen Stevan Jovetic werden.
Mario Gomez – Stürmer einer aussterbenden Art?
Der Abgang von Gomez wird heiß diskutiert. Zahlreiche Gerüchte um sein Privatleben keimten auf, aber es wird auch vielfach über taktische und spielerische Aspekte gesprochen. So gilt Gomez nicht als Spielertyp, auf den Pep Guardiola setzen würde. Bereits bei der Europameisterschaft wurde er scharf kritisiert, unter anderem von Mehmet Scholl, der das Wort „Wundliegen“ mit dem Aktionsradius von Gomez in Verbindung brachte.
Auch Uli Hoeneß setzte – später laut eigenen Angaben aus rein motivatorischen Gründen – noch einen drauf und bezeichnete Gomez „als guten, aber nicht sehr guten Stürmer“, weil man ja sonst das CL-Finale gewonnen hätte.
In dieser Saison geriet Gomez auch in der Mannschaftshierarchie langsam aufs Abstellgleis. Nach einer Verletzung eroberte sich Mario Mandzukic den Stammplatz und gab ihn nicht mehr her. Zwar kam Gomez in bestimmten Spielen oder wegen der Rotation zum Einsatz, fand sich aber in den wichtigen Partien, wenn Mandzukic fit und nicht gesperrt war, auf der Bank wieder. Im System der Münchner bei ihrem Triple-Sieg lag dies an der enormen Defensivarbeit und Intelligenz im Positionsspiel bei Mario Mandzukic.
Der kroatische Mittelstürmer weicht im Offensivspiel sehr oft nach links aus, wodurch er Räume für den einrückenden Franck Ribéry und den diagonal in den Strafraum ziehenden Thomas Müller öffnet. Auch defensiv übernimmt er fremde Positionen; er sichert für Müller, Ribéry, Robben oder Kroos ab, indem er deren Position einnimmt, wenn einer der Spieler in die Mitte rochiert und nach einem Ballverlust nicht mehr rechtzeitig zurückkehren kann.
Dadurch gibt Mandzukic der Mannschaft eine Absicherung und ermöglicht die vielen Positionswechsel und Freirollen. Außerdem ist er als Referenzpunkt für lange Anspiele einer der besten Stürmer Europas, seine Ballbehauptung in der Luft ist herausragend.
Unter Pep Guardiola wird das Pressing sicherlich ebenso gefordert sein, wie bislang. Zusätzlich wird den Faktoren „maximal spielstarke Besetzung der jeweiligen Positionen“ und „Kurzpass- und Ballbesitzspiel“ sicherlich eine noch größere Bedeutung beigemessen werden. Spätestens jetzt fällt Gomez wohl endgültig aus dem Raster. Allerdings darf der deutsche Nationalstürmer diesbezüglich nicht pauschal bewertet werden.
Er mag zwar spielerisch nicht so stark sein wie der Dortmunder Robert Lewandowski – oder gar wie ein Zlatan Ibrahimovic –, dennoch ist er kein reiner Strafraum- und Konterstürmer, zu dem er (zu) oft gemacht wird. Seine Ballannahme ist zwar inkonstant und gelegentlich unpräzise, seine Ballmitnahme in vollem Lauf ist aber auch technisch ein Highlight. Er bewegt sich außerdem hervorragend in offene Schnittstellen, ist enorm durchschlagskräftig und besitzt mit beiden Beinen einen tollen Abschluss.
Wie seine Tore bei der Europameisterschaft 2012 oder auch der eine oder andere Treffer in dieser Bundesliga-Saison bewiesen, kann er auch spielerisch hochwertige Sachen abliefern – insbesondere Ballmitnahmen mit Körpertäuschung auf engem Raum und einer darauffolgenden direkt hochwertigen Abschlussposition oder abrupte Geschwindigkeitswechsel mit Ball am Fuß.
Auch im schnellen Kombinationsspiel ist er durchaus gut. Seine One-Touch-Weiterleitungen sind sehr oft sehr stark und gefährlich. So hat Gomez mit 78,3% erfolgreichen Pässen von allen Mittelstürmern in der Bundesliga die drittbeste Quote; knapp hinter Max Kruse und Claudio Pizarro, die sich oft ins Mittelfeld zurückfallen lassen und keine „klassischen“ Mittelstürmer darstellen.
Auch international gibt es nur wenige Mittelstürmer, die eine bessere Quote haben. Sein künftiger Mannschaftskollege Stevan Jovetic (falls er bleibt) liegt im 78%-Bereich, Edinson Cavani von Neapel ist schwächer, Benzema von Real Madrid nur leicht besser.
Die meisten überlegenen Akteure sind falsche Neuner wie Messi (85,2%) oder hängende Stürmer (Ljajic 88,1%, Bojan 85,7%), nur in England finden sich einige konstant als Mittelstürmer spielende Akteure, die eine bessere Quote haben (Van Persie 80,2%, Agüero 82.4%, etc.).
Seine Schwächen liegen aber trotzdem im Kombinationsspiel. Ist die Situation zu einfach, dann wird sie von Gomez manchmal gar nicht bespielt oder nur unsauber. Ist die Situation zu komplex, trifft er die falsche Entscheidung. Ist der Raum generell sehr eng und der Gegner kompakt, mangelt es ihm an Pressingresistenz.
Vereinfacht gesagt: Es fehlt am strategischen Geschick, was unter Pep Guardiola wohl wichtiger werden dürfte. Vermutlich der große Grund, wieso sein Verkauf vorangetrieben wird. Weitere interessante Statistiken, vorwiegend zu seinen größten Stärken, der Abschlussstärke und Effektivität, findet man übrigens hier.
Wie könnte also Gomez mit diesem Spielerprofil beim AC Florenz eingesetzt werden?
Die Antwort auf diese Frage wird sicherlich vom genutzten System abhängen. Lange Zeit spielte Florenz in dieser Saison im 3-5-1-1/3-1-4-2, später stellten sie dann vermehrt auf 4-3-3 um. In beiden Formationen würde Gomez die Position als Mittelstürmer einnehmen. Oftmals ist es sogar eine Hybridformation aus diesen beiden, in welcher das 3-5-2 so asymmetrisch ausgelegt wird, dass es auch ein 4-3-3 sein könnte (sh. diese Analyse).
Bei einer 3-5-2-Formation könnte er mit Jovetic die Doppelspitze bilden. Es wäre eine klassische Aufteilung: Jovetic könnte sich nun komplett zurückfallen lassen und als hängender Stürmer spielen, Gomez gibt dem Spiel die Tiefe und agiert vorne als Prellbock. Mit Ljajic, Borja Valero und David Pizarro gäbe es außerdem eine extrem spielstarke Besetzung des Mittelfelds.
Es ist auch möglich, dass Ljajic die Rolle Jovetics einnehmen wird – Jovetic soll auf dem Transfermarkt heiß umworben sein, unter anderem aus England. Ljajic zwar auch, aber sein Transfer dürfte sich noch das eine oder andere Jahr verschieben lassen, wenn für Jovetic genug Geld eingenommen wird. Theoretisch könnte auch der langzeitverletzte, aber hochtalentierte und enorm schnelle Giuseppe Rossi in einem 4-3-3 über rechts oder links kommen oder im 3-5-2 Gomez flankieren. Dies würde für zusätzliche Durchschlagskraft sorgen, wenn sich Rossi wieder in Topform findet.
Sollten weder Ljajic noch Jovetic oder andere Schlüsselspieler abwandern, dann wäre sogar ein 4-2-1-3 mit extremer positioneller Variabilität und hoher Spielstärke möglich. Rossi und Jovetic (oder Ljajic) könnten – mit unterschiedlichen Rollen und asymmetrisch – die Flügel besetzen, Gomez gäbe dem Spiel vorne die Tiefe. Ljajic würde dann je nach Gegner als zentraloffensiver Spieler in der Mitte agieren, in Rotation mit Aquilani, Borja Valero und David Pizarro.
Klingt übertrieben, aber wieso nicht? Immerhin ist Florenz eine Ballbesitzmannschaft: In nur zwei Ligapartien hatte man weniger Ballbesitz als der Gegner. Diese Zahl könnte man mit dieser Spielweise womöglich noch erhöhen. Und Mario Gomez könnte der Nutznießer sein, der dem Spiel die nötige Tiefe und Effektivität gibt und von der Kreativität seiner Hintermänner profitiert.
René Maric, www.abseits.at
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