Viel Platz, wenig Kreativität – Inter unterliegt Udinese mit 0:1
Italien 5.Dezember.2011 Alexander Semeliker 0
Inter Mailand tritt in der aktuellen Serie A-Saison weiter auf der Stelle. Am 14. Spieltag verlor das Team von Trainer Claudio Ranieri gegen Udinese Calcio im heimischen Stadion mit 0:1, wirkte dabei ideenlos und vergab obendrein in der Schlussphase noch einen Elfmeter. Nach der sechsten Niederlage im zwölften Spiel rangiert Inter mit nur 14 Punkten auf Platz 15.
Zwei Siege in Folge ließen bei Inter Mailand nach dem total verpatzten Saisonstart, während dem man zwischenzeitlich sogar punktegleich mit den Abstiegsrängen war, ein klein wenig Hoffnung aufkommen. Obwohl man sich beim 1:0-Zittersieg über Siena alles andere als souverän angestellt hatte, wollte der Klub aus der Modemetropole mit einem Sieg zumindest vorübergehend Luft aus der oberen Tabellenhälfte schnuppern. Dort hat sich der samstägige Gegner seit Saisonbeginn festgesetzt. Noch nie in der aktuellen Saison war Udinese schlechter platziert als auf Rang 4, hat sich trotz der Abgänge von Alexis Sanchez (FC Barcelona), Gökhan Inler (SSC Napoli) und Cristian Zapata (Villarreal CF) in der Spitzengruppe der Serie A festgesetzt.
Wenig Alternativen für Ranieri
Die Nerazzurri mussten verletzungsbedingt gleich auf vier Leistungsträger verzichten. Wesley Sneijder, Lucio, Maicon und Diego Forlan standen im Duell der beiden Europacup-Starter nicht zur Verfügung. Entgegen vieler Erwartungen stieg Ranieri zudem von einem 4-1-4-1-System wie zuletzt gegen Siena auf ein 4-4-2 mit flachem Mittelfeld um. Dabei feierte der 20-jährige Davide Faraoni im rechten Mittelfeld sein Startelf-Debüt. Hinter ihm spielte Kapitän Javier Zanetti – für den routinierten Defensiv-Allrounder bereits die sechste Position, die er in der aktuellen Saison bekleiden musste. Die Zentrale wurde von Thiago Motta und Esteban Cambiasso gebildet, was zusammen mit der Nominierung von Pazzini und Milito als Sturmduo ein kreatives Loch im Mittelfeld zur Folge hatte.
Francesco Guidolin vertraute auf Altbewährtes und schickte sein Team im gewohnten 3-5-1-1 aufs Feld. Im Gegensatz zu seinem Trainerkollegen musste der 56-Jährige mit Maurizio Domizzi lediglich eine tragende Säule vorgeben. Anstelle des 31-Jährigen, der in der vergangenen Runde gegen die AS Roma verletzt vom Platz musste, verteidigte Damiano Ferronetti. Für die Tore sollte einmal mehr Antonio Di Natale sorgen, der wie üblich an vorderster Front stürmte. Im laufenden Wettbewerb erzielte der 34-jährige Torjäger immerhin mehr als die Hälfte aller Udinese-Treffer.
Viele Räume für Inter
Das Konzept der Friauler war früh klar: Defensiv gesichert stehen um nach Fehlern der Mailänder schnell zuzuschlagen. Dabei offenbarten die elf Männer in den schwarz-weiß gestreiften Trikots jedoch vor allem beim Timing des Pressings eine gewisse Diskrepanz. Während die Offensivkräfte teilweise weit in der gegnerischen Hälfte versuchten Inters Aufbauspiel zu unterbinden, wartete die Dreierabwehr, meist zusammen mit den Außenspielern Basta und Armero, etwa zwanzig Meter vor dem eigenen Tor auf die schwarzblauen Angriffswellen.
Den sich dadurch bietenden Raum konnte Inter aber kaum nutzen. Viel zu oft wurde der Ball hoch nach vorne auf die viel zu statisch agierenden Pazzini und Milito im Sturmzentrum geschlagen. Wenn es gefährlich wurde, dann meist nach Einzelaktionen, wie zum Beispiel in der 44. Minute.
Mit einem einfachen Doppelpass kann sich Zanetti aus der Bedrängnis befreien und alleine durch das Mittelfeld stürmen. Mehr als ein Eckball schaut aber nicht heraus, da Inter an diesem Abend sehr abschlussschwach agiert. Nur zwei der insgesamt 15 Schussversuche musste Udinese-Keeper Handanovic entschärfen.
Dazu kamen viele alibihafte Querpässe, was aber angesichts der Zentralachse Cambiasso-Motta recht logisch erscheint. Alvarez, der nominell als linker Mittelfeldspieler aufgeboten wurde, drängte sehr oft in die Mitte um das kreative Loch zu stopfen und war damit quasi die einzige brauchbare Anspielstation in Inters Zentrum. Umso unverständlicher, dass der Argentinier zur Halbzeit von Ranieri ausgewechselt und durch Nagatamo, einen gelernten Verteidiger, ersetzt wurde.
Isla als Matchwinner
In der Defensive hatte Inter weitestgehend Kontrolle über das Geschehen und Udinese wurde nur nach individuellen Fehlern oder Einzelaktionen gefährlich. Herauszustreichen ist dabei besonders Mittelfeldmann Mauricio Isla, der ein ums andere Mal aus der Tiefe heraus Tempo aufnahm und sich günstig in Position lief.
So unter anderem auch in der 22. Minute als er hinter Torje in den Rücken der Inter-Abwehr vordrang und abschließen konnte. Das Siegtor fiel auf eine ähnliche Art und Weise. Nach einem gewonnen Zweikampf im Mittelfeld sprintete der Chilene aufs Tor und schloss nach Ablage von Floro Flores trocken ab. So schön sich Isla in dieser Situation auch bewegte, der Treffer fiel jedoch unter gütiger Mithilfe von Inters Hintermannschaft.
Während Isla energisch den Weg zum Tor sucht, traben Inters Mannen, allen voran die beiden zentralen Mittelfeldspieler, Cambiasso und Motta, nur hinterher.
Fazit
Die Partie mag für viele Zuseher nur in der Schlussphase interessant gewesen sein. In der mussten nämlich sowohl Zanetti auf Seiten Inters, sowie Udineses Ferronetti mit Rot vom Platz und zum Drüberstreuen vergaben auch noch Di Natale beziehungsweise Pazzini jeweils einen Strafstoß. Insgesamt offenbarte die Begegnung aber, dass Inter derzeit nur Serie A-Durchschnitt ist. Man kann natürlich diskutieren ob es nicht besser gewesen wäre mit einer Mittelfeldraute aufzulaufen oder inwieweit die Verletzungen schuld an der Misere sind. Individuelle Fehler und Nachlässigkeiten, wie sie in der laufenden Spielzeit vorkommen, wird man dadurch allerdings wohl kaum abstellen können. Bei sechs Punkten Rückstand auf die internationalen Startplätze ist zwar definitiv noch nichts verloren, zumal davon auszugehen ist, dass die Mailänder im Winter aufrüsten werden. Für den anvisierten Meistertitel ist der Zug aber praktisch abgefahren. Udinese seinerseits ist mittendrin im Kampf um den Scudetto, rangiert in der Tabelle punktegleich mit dem AC Milan hinter Juventus auf Platz drei und stellte im San Siro einmal mehr seine gnadenlose Effektivität zu schau.
axl, abseits.at
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Alexander Semeliker
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