„Nie mehr zweite Liga“ – Europas zweite Ligen
Fußball international 19.Juni.2016 Florian Ingwersen 0
In Österreich wurde zuletzt die Abschaffung der zweiten Liga diskutiert. Stattdessen soll eine größere Bundesliga mit Amateurunterbau entstehen. Doch wie steht es um den Unterbau in anderen Ländern Europas? Dieser Artikel wirft einen Blick auf die zweiten Ligen Deutschlands, Englands, der Schweiz, Spaniens und Italiens.
Österreich – Grundlegende Reformen angestrebt
Liga-Vorstand Christian Ebenbauer forderte trotz einer sportlich sehr guten Entwicklung eine Reduzierung auf 12 oder 14 Profi-Vereine. Grund hierfür sind vor allem mangelhafte Infrastruktur und wirtschaftliche Defizite. Somit wird es immer schwerer die veranschlagten oder aus der Lizenzierung veranlagten Profis zu beschäftigen und diese auch zu bezahlen. Die Zweitligisten fordern nun mehr als die bisherigen 22 Prozent der Einnahmen aus Medienrechten und zentralem Sponsoring. Wahrscheinlicher ist dagegen jedoch eher eine Verkleinerung des Profibereichs.
Deutschland – stabiler Unterbau
Auch in Deutschland lebt die zweite Liga von der Solidarität zwischen der ersten und der zweiten Bundesliga und ist somit in gewisser Weise abhängig vom Oberhaus – vor allem wirtschaftlich. Sie erhält 20 Prozent der Erlöse aus den Medienrechten.
Es ist zu bezweifeln, dass ähnlich hohe Beträge bei einer Selbstvermarktung erzielt werden könnten. Die Größe der Abhängigkeit wird deutlich, wenn man beachtet, dass ein Viertel der Erträge der zweiten Bundesliga aus der medialen Vermarktung kommen.
Die zweite Liga wurde 1973 als Reaktion auf den Bundesliga-Bestechungsskandal gegründet. Die neue Spielklasse sollte die Kluft zwischen Profi- und Amateurbereich schließen. Mittlerweile gibt es neben den 36 Vereinen in den beiden höchsten Ligen weitere 18 Klubs, die in der 3. Liga auf professioneller Ebene spielen. Es hat sich also ein stabiler Unterbau etabliert.
Die 2. Bundesliga ist ein wichtiger Teil des Profifußballs geworden. Sie bietet Absteigern die Möglichkeit sich neu aufzustellen und macht so einen schnellen Wiederaufstieg möglich. Außerdem können sich hier Talente für die Bundesliga entwickeln. In Deutschland ist die zweite Liga ein echtes Erfolgsmodell, das die die Alimentierung durch den Marktwert der Bundesliga mehr als rechtfertigt.
England – finanziell sechststärkste Liga der Welt
Einen vergleichbar stabilen Unterbau gibt es in Europa nur in England. Die Sky Bet Championship ist seit der Saison 2004/05 nach der Premier League die zweithöchste Spielklasse im englischen Fußball und hat die First Division abgelöst. Innerhalb der Football League ist sie die höchste Spielklasse.
Zurzeit spielen 24 Mannschaften in der Football Championship. Diese sind mittlerweile so finanzstark, dass sie in der Lage sind, Clubs aus der ersten österreichischen, ersten dänischen und ersten Schweizer Liga auszustechen. Und das obwohl sie sich nicht gemeinsam mit der Premier League vermarktet.
Spanien – geringes Zuschauerinteresse und niedrige Gehälter
Anders als in Deutschland oder England steht es um die Segunda División in Spanien, die bereits 1929 ihren Spielbetrieb aufnahm. Obwohl Spanien aktuell wohl die beste Liga der Welt stellt, fehlt es dem Unterhaus an Bedeutung.
Vor allem finanziell hängen die 22 Teams der Liga hinterher. Die Spieler müssen oft Busfahrten von bis zu 20 Stunden auf sich nehmen, das Zuschauerinteresse ist gering und die Gehälter niedrig. Dies konnte auch das Namenssponsoring, das seit der Saison 2008/09 besteht, nicht ändern. So wird berichtet, dass zwei Spieler von Barca B zu 1860 München gewechselt sind und ihr Gehalt mit diesem Schritt deutlich aufstocken konnten.
Italien – Bestechung und Skandale
Auch in Italien steht die zweite Liga klar im Schatten der ersten Liga. Jedoch stellt sich die Gesamtsituation noch schlimmer als in Spanien dar.
Die Serie B ist vor allem durch unseriöses Management anfällig für Bestechungen. Immer wieder kommt es zu finanziellen Ungereimtheiten. Jede Saison startet rund ein Viertel der Mannschaften in der Serie B und Serie C mit Minuspunkten aufgrund von dubiosen Finanzgeschäften oder irgendwelcher Wettskandale.
Außerdem leidet die Liga unter den maroden Stadien. Eine funktionierende Liga sieht anders aus.
Schweiz – Immer weniger Vereine
Die zweite Liga der Schweiz schrumpft langsam zusammen. Nach der ersten Runde des Lizensierungsverfahren haben nur 19 Vereine eine Lizenz erhalten. Für die zweitklassige Challenge League bedeutet dies, dass in der nächsten Saison nur noch neun Teams antreten werden.
Grund dafür ist, dass drei derzeitigen Zweitligisten – dem FC Biel, dem FC Le Mont und dem FC Chiasso – die Lizenz in der ersten Instanz verweigert wurde und gleichzeitig mit Rapperswil-Jona und Servette Genf nur zwei Klubs aus der drittklassigen Promotion League die Lizenz erhalten.
Die wirtschaftliche Schieflage vieler Vereine ist durch das geringe Zuschauer- und Medieninteresse an der zweiten Liga begründet. Mit den TV-Geldern sind keine großen Sprünge zu machen. 10.000 Schweizer Franken gibt es pro Live-Spiel. Jedoch werden nicht alle Partien live gezeigt.
So kam es, dass bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Vereine aus der Challenge League zwangsabsteigen mussten, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren.
Florian Ingwersen, abseits.at
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