Athletic gegen Real – Bilbaos Pressing zerstört Reals Spielaufbau
Spanien 4.Februar.2014 Leonard Dung 2
Am Sonntagabend duellierten sich in Spanien Real Madrid und Athletic Bilbao. Real stellte zuletzt eine beeindruckende Siegesserie auf, doch auch Bilbao war in guter Form, weshalb sie auf Platz vier rangierten.
Athletics Tor hütete wie üblich Iraizoz, vor ihm stellte Valverde De Marcos, Gurpegi, Laporte und Balenziaga auf. Die Mittelfeldzentrale setzte sich aus Iturraspe, Rico und Herrera zusammen, indes besetzten Susaeta und Muniain die Flügel. Aduriz bewegte sich im Sturmzentrum.
Reals Torwart war Diego Lopez, die Viererkette bildeten Carvajal, Pepe, Ramos und Marcelo. Im defensiven Mittelfeld hielt sich Xabi Alonso auf, davor sollten Modric und Di Maria Akzente setzen. Um die Angriffe zu vollenden, stand der Dreiersturm aus Jese, Benzema und Ronaldo bereit.
Real zerschellt an Athletics Pressing
Bilbao schlug direkt eine hohe Intensität an. Ihre Formation pendelte zwischen einem 4-1-4-1 und einem 4-4-2, wobei beim Angriffspressing meistens letzteres der Fall war, da entweder Herrera oder Rico (meistens Herrera) den Stürmer unterstützten. Sie schoben energisch nach, um beide Innenverteidiger Madrids anzulaufen. Auch die Außenverteidiger wurden attackiert, sobald sie den Ball erhielten. Falls Real das Spiel über das Abkippen Alonsos eröffnen wollte, wurde dieser von einem zentralen Mittelfeldspieler verfolgt. Zudem löste sich Muniain situativ vom linken Flügel, um den Druck im Zentrum zu erhöhen. Wenn Real anschließend über links angriff, füllte Rico die entsprechende Lücke.
Real fehlten die Mechanismen, um das Pressing zu knacken. Die Mittelfeldspieler liefen sich nicht besonders klug frei, außerdem fächerte die Verteidigung kaum auf. Da Alonsos Abkippen sich als ineffektiv entpuppt hatte, verzichteten sie bald darauf. Das größte Problem war jedoch, dass das Offensivtrio keine Anbindung an die anderen Spieler fand. Insbesondere Ronaldo konnte dem Spiel von seiner extrem hohen Position auf der linken Seite aus nicht seinen Stempel aufdrücken.
Die Basken engagierten sich auch im Gegenpressing. Dabei zeigten sich alle Akteure aggressiv und mutig in ihrem Positionsspiel. Selbst die Innenverteidiger rückten gelegentlich weit auf, um zu verhindern, dass Real sich über Benzema aus der Drucksituation befreit. Weil Athletic ihren Spielaufbau so konsequent unterband, setzte Real vor allem auf lange Pässe. Deswegen betrug ihre Passquote in der ersten Halbzeit bloß 76%. Sergio Ramos, der das Spiel normalerweise aus der Tiefe aufbaut, kam sogar nur auf 67%.
In tieferen Zonen wechselte Bilbao häufiger zum 4-1-4-1, um das Zentrum zu verdichten. Dass das gut funktionierte, illustrierten mehrere lange horizontale Dribblings Ronaldos, bei denen er verzweifelt eine Anspielstation suchte. Da Marcelo sich eher zurückhielt, konnte nur Di Maria mit ihm kombinieren. Dieser erwischte allerdings keinen glänzenden Tag, weshalb sie beide auf den Flügel abgedrängt wurden. Insgesamt mangelte es Real an Läufen zwischen dem Mittelfeld und der Abwehr Bilbaos, womit sie überraschende Kombinationen hätten kreieren können. Aus diesem Grund waren sie in der ersten Halbzeit ungefährlich.
Athletic kontrolliert den Ball
Real formierte sich in ihrem 4-4-2/4-3-3-Mischsystem. Am Anfang des Pressings erschufen sie ein 4-3-3, sobald die erste Pressinglinie überspielt wurde blieb Ronaldo aber vorne. Daher schob Di Maria auf den linken Flügel. Bilbao gelang es oft, das Pressing der Madrilenen auszuhebeln. Dazu trugen die guten Außenverteidiger bei, weil sie sich häufig so postierten, dass sie sich dem Deckungsschatten der Außenstürmer entzogen. Anschließend unterstützten sie ihre Vordermänner, ohne Reals schnelle Außen bei Kontern unbewacht zu lassen.
Generell ist die Kompaktheit zwischen Mittelfeld und Sturm im Pressing eine große Schwäche der Königlichen. Auch in dieser Partie bot sich für den defensiven Mittelfeldspieler, Iturraspe, Raum, um das Angriffsspiel von dort zu steuern. Benzema und Ronaldo übten nämlich kein intensives Rückwärtspressing aus, während das Mittelfeld nicht immer das richtige Timing beim Antizipieren hatte, zumal Di Maria häufig links gebunden war. Allgemein formierte sich Real relativ tief und verhielt sich sehr passiv. Des Weiteren stießen die Innenverteidiger der Basken sporadisch vor, um den Ball nach vorne zu transportieren.
Obwohl Bilbao die Ballbesitzmehrheit verbuchte und Reals Pressing umkurvte, waren sie im letzten Drittel nicht besonders gefährlich. Real hat sich in der Strafraumverteidigung im Saisonverlauf erheblich verbessert, zudem zeigten Ramos und Pepe ihre Zweikampfstärke. Allerdings spielte Bilbao ihrerseits ihre Kombinationen nicht gut genug aus. Muniain, der stark ins Zentrum tendierte, und Susaeta stießen selten gefährlich in die Tiefe vor, woraus fehlende Anspieloptionen folgten. Nur Aduriz besaß die nötige Direktheit, er hatte daher die einzigen Torchancen. Vermutlich war die Ungenauigkeit im Passspiel ein noch bedeutenderer Faktor, das betrifft insbesondere Rico. Er erreichte insgesamt nur 71% Passpräzision. So konnte auch Herrera, der über ein sehr kreatives Passspiel verfügt, nicht die entscheidenden Impulse geben. Muniain verteilte die Bälle gut, scheute aber bisweilen den finalen Pass.
Taktische Anpassung bringt Real ins Spiel
Die Königlichen starteten energischer in die zweite Hälfte. Marcelo und Modric versuchten nun häufiger Pressingsituationen aufzulösen, was aufgrund ihrer technischen Exzellenz auch funktionierte. Außerdem agierte Ronaldo noch zentraler, so dass er die Innenverteidiger band und somit am Aufrücken hinderte. Folglich konnte sich Benzema im Zwischenlinienraum ausbreiten, um dort eine Anspielstation zu offerieren. Nach diesem Muster lief der Führungstreffer Reals ab. Benzema erspähte einen freien Raum vor der Abwehr, bekam den Ball, passte in den Lauf Ronaldos und dieser legte die Kugel dann quer zu Jese.
Es war aber keineswegs so, dass Real Bilbao in der zweiten Halbzeit komplett dominiert hat. Nach ihrer Drangphase beruhigte sich das Spiel, weshalb Athletics Ausgleichstreffer durchaus verdient war. Ibai Gomez war gekommen, was mehr Vertikalität versprach. Dieses Versprechen erfüllte sich prompt, als er mit einem tollen Fernschuss ausglich.
Weil Ronaldo den Platz nach einer Tätlichkeit verlassen musste, bestritt Real die letzte Viertelstunde in Unterzahl. Sie wechselten zu einer 4-4-1-Formation. Bilbao erhöhte noch einmal den Druck, was jedoch nicht belohnt wurde. Ancelotti rettete das Resultat mit zwei Defensivwechseln, Illarramendi und Varane durften mitwirken, über die Zeit.
Leonard Dung, abseits.at
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