Barca in a nutshell: Die Eckpfeiler des Barcelona-Angriffsspiels, einfach erklärt
SpanienTaktik & Theorie 29.März.2016 Fabian Schaipp 0
Seit Monaten marschiert der FC Barcelona durch alle Wettbewerbe und beeindruckt nicht nur durch Ergebnisse, sondern vor allem durch die spektakuläre Spielweise. Diese Erfolge einzig mit der individuellen Klasse der Sturmreihe Messi, Nemyar und Suarez zu erklären, wäre etwas zu kurz gedacht. Denn auch immer wieder auftauchende Angriffsmuster und die Rolle der restlichen Spieler sind beachtenswert.
In diesem Artikel soll daher ein Blick auf die Strukturen der Barca-Offensive bei eigenem Ballbesitz geworfen werden und deren Chancenerarbeitung analysiert werden.
Die Grundformation von Barcelona ist meistens ein 4-3-3, wobei im Mittelfeld das Trio Busquets, Iniesta und Rakitic gesetzt zu sein scheint. Meist rücken die Außenverteidiger Jordi Alba und Dani Alves zudem weit auf, sodass teilweise sieben Spieler im letzten Drittel vorzufinden sind.
Die horizontale Aufteilung ist relativ starr. So besetzen Alba und Alves die Außen, während Iniesta und Rakitic die jeweiligen Halbräume bespielen. Busquets agiert als Bindeglied zentral. Beim Sturmtrio Messi, Suarez und Neymar ist die Aufteilung fluider. So wandert Messi zwischen zentraler Position und rechtem Flügel, auch Neymar rückt oftmals ein und Suarez als Balance nach außen (dazu später noch mehr).
Dreiecksspiel und Halbraumfokus
Das auffälligste Stilmittel, das bei Barcelonas Ballbesitz immer wieder zu sehen ist, ist zugleich eines der einfachsten im Fußball: Permanente Dreiecksbildung. Hierbei spannen die Trios Alves-Rakitic-Messi und Alba-Iniesta-Neymar jeweils ein Dreieck über den rechten bzw. linken Flügel und Halbraum auf. Diese werden dann durch kurze, oft direkte Pässe bespielt, um im Idealfall einen Raum für ein Dribbling in Richtung Tor oder einen geeigneten Pass hinter die Abwehrlinie zu öffnen.
Dabei fällt auf, dass diese Aktionen vorwiegend vom Halbraum aus in Richtung Zentrum oder den anderen Halbraum stattfinden. Man versucht bewusst, im letzten Abschnitt (also ca. auf Strafraumhöhe) den Flügel zu meiden. Dies ist beispielsweise ein großer Unterschied zum Ballbesitzsiel der Bayern, wo oft vom Zentrum aus die Spieler auf den Flügeln angespielt werden, um dort nach 1vs1-Aktionen zu (flachen) Flanken oder Pässen in Richtung Elfmeterpunkt zu kommen.
Bei Barcelona hingegen dienen die Flügel zum Dreiecksspiel, um dann von dort aus zentral vor das Tor zu gelangen. Dies hat den großen Vorteil, dass bei Ballverlust im Mittelfeld die Seitenlinie im Gegenpressing als zusätzlicher Verteidiger genutzt werden kann, und somit gefährliche Konter leichter unterbunden werden können. Zudem sind auf jeder Seite drei Spieler plus Busquets in Ballnähe. Ein weiterer Vorteil ist natürlich der, dass in Tornähe die zentraleren Zonen gefährlicher sind.
Beide Dreiecke (links und rechts) gut sichtbar.
Gelingt in einem Dreieck kein Durchbruch, so wird meist über die Innenverteidigung oder idealerweise über Busquets, das Dreieck auf der anderen Seite anvisiert. Dort sind die Barca-Spieler meist schon in einer dreiecksförmigen Grundposition, sodass durch ein schnelles Verlagern bei zu langsamem Verschieben der Abwehr direkt Gefahr entsteht.
Interessant ist auch die Form der Dreiecke im Ballbesitz: Meist befindet sich ein Spieler auf dem Flügel, ein anderer rückt weit in den Halbraum ein, während der dritte die Balance dazwischen gibt. Zudem fällt auf, dass die Dreiecksseiten, also die möglichen Passwege, bewusst diagonal gewählt werden. Somit stehen fast nie zwei der drei Spieler auf der gleichen horizontalen oder vertikalen Linie. Dies erschwert dem Gegner das Zustellen der Passwege und ermöglicht zudem Pässe, die schon diagonal zum Tor orientiert sind. Dadurch wird die Ballmitnahme vereinfacht, der Passempfänger kann mit optimalem Blickfeld ein Dribbling in Richtung Tor starten.
Neben den genannten Dreiecksformationen, kommt es auch situativ zu einem Einrücken Messis, das Rakitic durch ein Ausweichen nach außen kompensiert. Dies wird für ein Zusammenspiel zwischen Iniesta, Busquets und Messi genutzt, wo wiederum durch schnelles Passspiel ein Durchbruch in der Mitte gesucht wird.
Die Rolle von Luis Suarez
Ein weiteres Muster, das im Angriffsspiel Barcelonas immer wieder auftaucht, nutzt vor allem die Stärken von Luis Suarez. Denn dieser ist nicht nur technisch, sondern vor allem im Einsatz seines Körpers überragend.
Suarez startet daher immer wieder vertikale Läufe in Richtung Flügel, meist den rechten. Da der gegnerische Außenverteidiger durch das Aufrücken von Alves und der Überladung des rechten Flügels bzw. Halbraums von Barcelona dort eingebunden ist, muss einer der beiden Innenverteidiger Suarez verfolgen (oder zumindest die Entscheidung treffen, ob er seine Position hält oder Suarez folgt). Neben der Option, zu Suarez zu passen (der allerdings vom Tor weg orientiert ist), eröffnet sich für Barcelona eine andere, äußerst gefährliche Chance: Da einer der Innenverteidiger Suarez nach außen gefolgt ist, wird plötzlich das Zentrum oder die linke Seite attackiert.
Möglich gemacht wird dies durch ein Einlaufen Neymars und einen Sprint von Jordi Alba auf dem linken Flügel. Somit hat der Ballführende (oft Messi) drei Passoptionen sowie die Möglichkeit das Zentrum durch ein Dribbling zu attackieren. Durch die hervorragende Passtechnik von Messi und die große Dynamik, ist diese Situation äußerst schwer zu verteidigen.
Dieses Muster sieht man bei Barca derart oft, dass es einstudiert zu sein scheint und somit die einzelnen Spieler ihre Aufgaben genau kennen.
Suarez startet Lauf, Messi am Ball
Neymar eingerückt, Jordi Alba im Sprint, Messi mit idealem Blickfeld
Dies sind nur zwei von vielen Angriffsmustern, die bei Barcelona erkennbar sind, aber wohl die zwei auffälligsten. Diese eingeübten Mechanismen zusammen mit der individuellen Klasse aller Spieler ermöglicht Barcelona in jedem Spiel eine Vielzahl von Chancen und oft auch Toren. Hinzu kommt, dass ein Teil der Mannschaft seit Jahren zusammen spielen und dadurch – und auch dank Pep Guardiolas Erbe – ein hervorragendes Gespür für die Positionierung und das gemeinsame Passspiel haben.
Fabian Schaipp, abseits.at
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