Barcelonas Entwicklung unter Luis Enrique
Spanien 24.Oktober.2014 Rene Maric 1
Seit mehr als drei Monaten ist Luis Enrique nun im Amt beim FC Barcelona. In einem Vorbericht hatten wir schon mögliche Probleme und Weiterentwicklungen angekündigt; bislang hat sich die Spielweise der Katalanen im Vergleich zur Vorsaison eher klar gebessert, obgleich es durchaus einzelne kleinere Probleme gibt. Zwar sind viele der Verbesserungen auch auf die guten Neueinkäufe wie Ivan Rakitic und Jeremy Mathieu zurückzuführen, die beide einen Stammplatz haben und fast schon als Schnäppchen zu titulieren sind, aber auch taktisch gab es durchaus gewisse interessante Aspekte.
Leichte Anpassungen im Positionsspiel
Ein wichtiger Punkt dürften die Bewegungsmuster im Offensivspiel sein. In Teilen der letzten Saison von Pep Guardiola, unter Tito Vilanova ansatzweise und auch unter Tata Martino spielten die Flügelstürmer relativ breit, agierten als diagonale Flügelstürmer aus einer torentfernten Position und sollten vorrangig Lionel Messi als Zuarbeiter und Raumöffner für das Zentrum dienen. Diese Rollenverteilung hat sich in dieser Saison verändert. Die Flügelstürmer rücken häufiger in die Mitte ein, besetzen die Schnittstellen zwischen den Außen- und Innenverteidigern oder schieben gar vereinzelt ins Sturmzentrum, während sich Messi zurückfallen lässt und das Mittelfeld überlädt. Auch Messis Rolle ist leicht angepasst; natürlich pendelt er weiterhin öfters in den rechten Halbraum und bietet sich dort an, doch dieses Jahr ist er häufiger in der Mitte zu finden.
Dies hängt mit den Aufgaben der beiden Achter zusammen. Meistens spielen hier Iniesta und Rakitic neben beziehungsweise vor Busquets. Die klassische Rollenverteilung von früher mit Busquets als Unterstützer vom spielmachenden Achter (Xavi) und dem offensiven Achter (Iniesta) als Zuständigem für die engen Räume im letzten Drittel hat sich geändert. Nun spielen beide Achter konzentrierter auf das zweite Drittel und Iniesta agiert tiefer als früher, wodurch sie konstant drei Leute nahezu in einer Reihe haben.
Gab es früher häufig asymmetrische 2-1-Staffelungen im Mittelfeld, aus der sie flexibel mit Iniestas Zurückfallen, Xavis Aufrücken und Busquets‘ balancierenden Bewegungen Dynamik erzeugen konnten, sind die Achter zurzeit deutlich simpler angelegt. Sie überlassen viel von der Ballzirkulation Busquets und den Innenverteidiger, agieren selbst breiter und positionieren sich konstanter in den Halbräumen. Das bedeutet einerseits natürlich eine bessere Absicherung für die eingerückten Flügelstürmer und sorgt andererseits dafür, dass Messi im offensiven Zentrum nicht mehr so rechtslastig agiert und generell mehr vom Ball erhält, um den tödlichen Pass zu spielen.
Diese Anpassung dürfte langfristig angelegt sein; Messi, Suarez und Neymar könnten herausragende Akteure für diese Spielweise sein. Wichtig ist auch, dass diese Spielweise gegen den Ball ähnlich praktiziert wird.
Die Rückkehr des katalanischen Pressings – in neuer Form
War bei Celta Vigo das Pressing noch breitflächig angelegt und ohne dem passenden leitenden Element in dieser Breitflächigkeit, so ist bei Barcelona ansatzweise sogar das Gegenteil der Fall. Unter Luis Enrique stehen die Flügelstürmer nicht nur bei eigenem Ballbesitz enger, sondern agieren auch bei gegnerischem Ballbesitz nahe an der Mitte und lassen die Flügel offen. Dies erinnert in gewisser Weise an die beeindruckende Spielweise von Bayer 04 Leverkusen unter Sascha Lewandowski.
Durch das enge 4-3-3 werden dem Gegner die Flügel angeboten, die Halbräume und die Mitte werden versperrt. Dadurch zwingt man das gegnerische Aufbauspiel direkt auf die Seiten, verschiebt dann dorthin und kann mit enormer Zentrumskompaktheit den Gegner auf dem Flügel unter Druck setzen. Mithilfe der Isolation nahe der Seitenauslinie sind Ballgewinne vorprogrammiert, wenn die Intensität und Kollektivität sowie die gruppentaktischen Abläufe beim ballorientierten Verschieben stimmen.
Im 4-3-3 hat man jeweils einen Spieler im Halbraum, der direkt auf den Flügel verschieben und dort pressen kann. Der zentrale und ballferne Akteur im Mittelfeld und Angriff schieben nach, sichern ab und rücken bei Pässen in die Mitte auf den ballführenden Spieler. Die Viererkette ist breiter, verhindert direkte Pässe entlang des Flügels nach vorne, desweiteren können hier die Außenverteidiger gut abgesichert nach vorne rücken und bei Bedarf doppeln oder tiefer bleiben und mit der größeren Breitenstaffelung lange Diagonalbälle im Normalfall unterbinden.
Neben den Vorteilen im ballorientierten Verschieben durch die inhärente horizontale Kompaktheit und den leitenden Aspekt dieser Spielweise werden aus strategischer Sicht auch die wichtigen Halbräume und die Mitte besetzt, desweiteren kann die vertikale Kompaktheit und die genaue Pressinghöhe sehr einfach variiert werden. Die Stürmer können sich überaus passiv geben und zurückfallen, wodurch ein extrem kompaktes 4-3-3-0 entsteht. Spielaufbau über das Mittelfeld ist kaum möglich, Barcelona hat hier immer Überzahl und kann eigentlich kaum ausgespielt werden. Situativ kann man dann in ein 4-3-3-Pressing mit aggressivem Attackieren der gegnerischen Innenverteidiger oder gar einem 4-3-1-2-Pressing mit Messi als zustellendem Akteur in der Mitte übergehen.
Interessanterweise hatten die Katalanen aber selbst mit dieser Spielweise die meisten Probleme.
Nach wie vor Probleme in präzisen Gegneranpassungen
Das 4-3-3 und 4-3-3-0 mit Ansätzen einer Raute in der Rollenverteilung hatten nämlich schon einige Mannschaften gegen Barcelona erfolgreich nutzen können. In der Vorsaison war es beispielsweise Real Sociedad, welche dadurch den Katalanen enorme Offensivprobleme bereiteten.
In dieser Saison war es insbesondere Villareal, welche lange Zeit damit für Präsenz und Stabilität sorgen konnten.
Zwar kamen die Katalanen immer wieder zu Chancen, meistens gab es diese jedoch nach Flanken, aus Gegenkontern, durch Glück oder durch Einzelaktionen. Wie schon Tata Martino hat Luis Enrique hier keine Lösung gefunden, obgleich sich ein 4-2-3-1/4-2-1-3 mit sehr fokussierter Nutzung von Iniesta und Messi in engen Räumen, ein 3-4-3/3-5-2 in unterschiedlicher Ausführung oder eine Spielweise mit einrückenden Außenverteidigern und breiten Flügelstürmern auf dem Papier und bei diesem Kader anbieten würden.
Diesen Punkt kann man Luis Enrique bislang wohl als einziges wirklich vorwerfen. Gegen PSG mangelte es zum Beispiel an treffenden Anpassungen und in einzelnen erfolgreich bestrittenen knappen Partien waren die neugewonnene defensive Stabilität und die individuelle Qualität ausschlaggebender als Anpassungen im Spiel selbst. Darum wird interessant, wie sich dieser Aspekt bei Luis Enrique weiterentwickelt: Das Positionsspiel wurde weder zum Guten noch zum Schlechten verändert, aber die Änderung selbst wirkt sich bislang positiv aus, das Pressing ist sehr gut gewählt und die Defensive steht stabil. Kommen noch gute in-game-Anpassungen hinzu, könnte die Ära Luis Enrique eine sehr erfolgreiche werden; schon in dieser Saison. Die Rückkehr Luis Suarez‘ könnte ein Puzzlestück hierbei darstellen.
René Maric, www.abseits.at
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