Nach dem Abgang von Pep Guardiola herrschte beim FC Barcelona Trauerstimmung. Nach vier überaus erfolgreichen Jahren verabschiedete sich der Kulttrainer. Viele Trainer wurden als... Das verändert sich beim FC Barcelona unter Tito Vilanova!

Nach dem Abgang von Pep Guardiola herrschte beim FC Barcelona Trauerstimmung. Nach vier überaus erfolgreichen Jahren verabschiedete sich der Kulttrainer. Viele Trainer wurden als Nachfolger spekuliert, Marcelo Bielsa von Athletic Bilbao galt lange Zeit als aussichtsreicher Kandidat. Letztlich bestimmte doch Guardiola seinen Nachfolger selbst: als er Co-Trainer Vilanova dem Vorstand und Präsidium nahelegte, war das „Ja“ nur noch eine Formalität. Der Trainernovize gilt als Guardiolas fußballerischer Seelenverwandter, nach eigenen Angaben besitzen sie die gleichen Ansichten und dasselbe Gedankengut. Dennoch sind ein paar kleinere Änderungen zu erwarten.

Mehr Kadertiefe?

Im letzten Jahr hatten die Katalanen viel Pech mit Verletzungen. Vielen Fans zufolge war dies die Hauptursache für das Scheitern in der Liga, wobei sie hier die lange Pause David Villas und Alexis Sanchez als fatal nannten. Darum sucht Vilanova auch nach einem zusätzlichen Spieler für jeden Mannschaftsteil. Besonders der Angriff, der zu sehr von Lionel Messi abhängig war, soll erweitert werden. Kandidaten gibt es genug, neben dem länger verletzten Giuseppe Rossi soll auch Nilmar diskutiert worden sein. Mit Cuenca und Tello besitzt man zwar zwei Flügelstürmer aus der eigenen Jugend, doch sie entsprechen nicht dem passenden Profil. Cuenca agiert zu breit und beinahe als klassischer Flügelstürmer, während Tello gegen Topteams Probleme hat. Er ist zwar ungemein schnell und torgefährlich, agiert jedoch etwas inkonstant und zu eintönig, um gegen Mannschaften von größtem Format konstante Gefahr auszuüben.

Deswegen sucht sich Vilanova nach einem zusätzlichen „inside forward“ um, einem verkappten Mittelstürmer wie eben David Villa. Ob dieser geholt wird oder doch auf Pedro, Cuenca, Tello und die wiedergenesenen Villa und Sanchez oder auch Afellay vertraut wird, steht noch nicht fest. Wer weiß, vielleicht zaubert Vilanova ja eine Überraschung heraus: Rafinha Alcantara (aus der zweiten Mannschaft) oder Cesc Fabregas haben in der letzten Saison beide beim FC Barcelona Erfahrung als falsche Neun sammeln können, dann könnte gar Lionel Messi auf seine ursprüngliche Position auf dem rechten Flügel rücken. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Auch, weil Fabregas im zentralen Mittelfeld kaum Chancen gegen Iniesta und Xavi hat. Die beiden verstehen sich blind und besitzen mit Thiago Alcantara bereits einen passenden Ersatz auf der Bank. Dann könnte auch Iniesta von der ungeliebten Linksaußenposition auf seine Idealposition rücken.

Abkehr von der Dreierkette?

Eine weitere Veränderung dürfte es bei der Formation geben. Unter Pep Guardiola agierten die Katalanen sehr variabel und passten sich dem Gegner bis ans Extreme an. Das klappte zu Saisonbeginn hervorragend (das 8:0 gegen Osasuna gilt als eines der herausragenden Spiele unter Guardiola), allerdings kamen die Spieler bei fortschreitendem Saisonablauf etwas aus dem Rhythmus und wirkten verunsichert. Auch schien die Defensive nicht immer sattelfest, was – neben der Verpflichtung Jordi Albas und der Suche nach einem Innenverteidiger – ein Indiz für eine konstante Rückkehr zum 4-3-3 ist. Hierzu passt das Spielmaterial auch besser als zu einem 3-4-3 oder dem zu riskanten 3-3-4, welches mit Alves auf rechts und beispielsweise Cuenca auf links praktiziert wurde. Allerdings gäbe es auch hierbei einige interessante Möglichkeiten für Vilanova, die Guardiola so nicht besaß.

Jordi Alba, der verlorene Sohn

Für eine hohe Ablöse kehrte Jordi Alba aus Valencia zu seinem früheren Verein Barcelona zurück. Dort hatte er in der Jugend als linker Flügelstürmer nicht überzeugen können und ihm wurde kein Profivertrag angeboten. Nach seinem Wechsel in die zweite Liga wurde er letztlich bei Valencia zu einem Linksverteidiger umfunktioniert und konnte sich in der Stammelf fest spielen. Bei der Europameisterschaft galt er sogar als der beste linke Defensive des Turniers und stellte damit knapp den Portugiesen Fabio Coentrao von Erzrivalen Real Madrid in den Schatten. Seine Stärken liegen vornehmlich im offensiven Bereich und er ähnelt hierbei Daniel Alves auf der anderen Seite, wobei der junge Spanier etwas gemäßigter und weniger athletisch ist.

Nichtsdestotrotz sorgt dies für eine bisher nicht dagewesene Symmetrie auf den defensiven Flügeln. Mit Alba und Alves besitzen die Katalanen im 4-3-3 zwei hervorragende offensive Außenverteidiger und können über beide Seiten nach vorne kommen. Im ersten Jahr unter Guardiola hatten sie noch stark verzerrt agiert, Messi spielte damals noch auf rechts und wurde von Alves unaufhörlich hinterlaufen, Abidal hingegen zeigte sich sehr konservativ auf der linken Seite und bildete mit den zurückgebliebenen Innenverteidigern eine Dreierkette. Nachdem Busquets in die Mannschaft rückte, war diese Aufgabe hinfällig geworden und mit Messis Versetzung ins Zentrum entwickelte sich Abidal zu einem offensiveren Spieler, wobei auch Adriano und davor Maxwell als offensive Variante für die linke Seite eingekauft wurden. Diese Saison, so scheint es, sind es erstmals zwei Spieler, die in ihrer Offensive ebenbürtig und in der individuellen Qualität ohne große Unterschiede sind. Womöglich könnte sich daraus sogar vollends ein 2-5-3 im Ballbesitz und im Pressing entwickeln, da Busquets die Rolle des spielerischen Abräumers vor der Abwehr perfektioniert hat. Er könnte sich bei Bedarf nach hinten fallen lassen und die beiden Außenverteidiger gemeinsam nach vorne stürmen lassen, was den Flügelstürmern eine zentralere Position erlaubt. Besonders Villa würde davon profitieren.

Ein neuer Innenverteidiger

Um dieses mögliche System spielen zu können, wäre ein Innenverteidiger von Weltklasseformat wichtig. Puyol ist nicht mehr der Jüngste und verpasste wegen einer Verletzung die Europameisterschaft. Pique zeigte sich bei diesem Turnier zwar in Topform, konnte beim FC Barcelona oftmals nicht die nötige Leistung abrufen und verlor seinen Stammplatz an den Argentinier Mascherano, einem gelernten Sechser. Im 3-4-3 konnte dies noch geduldet werden und es brachte einige Vorteile mit sich, doch bei einem 4-3-3 mit zwei offensiven Außenverteidigern wäre ein klassischer Innenverteidiger mit hervorragender Technik passender. Kein Wunder, dass Barcelona Interesse an Mats Hummels und Thiago Silva zeigte, sich jedoch eine Abfuhr holte. Somit ist es aktuell fraglich, wer auf dieser Position eine Verstärkung darstellen könnte. Aktuell wirkt es so, als ob die Katalanen auch mit ihrem bisherigen Spielern vorlieb nehmen könnten. Bei der hohen Qualität durchaus verständlich und im Idealfall kehrt auch noch Eric Abidal überraschend von seiner schweren Krankheit zurück.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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