In den letzten Jahren sind Real Madrid und der FC Barcelona ihrer nationalen Konkurrenz klar entlaufen. Sie scheinen sich jährlich noch weiter zu verstärken,... Die Entwicklung des FC Valencia im Schatten der „großen Zwei“

In den letzten Jahren sind Real Madrid und der FC Barcelona ihrer nationalen Konkurrenz klar entlaufen. Sie scheinen sich jährlich noch weiter zu verstärken, während in der restlichen spanischen Liga aufgrund der Verteilung der Fernsehgelder über die beiden Großen geschimpft wird. Viel Geld haben sie nicht im Transferbudget und aktuell liegt der Drittplatzierte bei den Transferausgaben sogar im Plus – auch, weil mit Jordi Alba einer der größten Stars zum FC Barcelona abgewandert ist. Dennoch haben sich die Galizier verstärkt und konnten einige interessante Neuverpflichtungen verbuchen.

Die Frage nach dem Linksverteidiger

Trotz des Abgangs von Jordi Alba scheint die Position eigentlich gut besetzt, denn Jeremy Mathieu verkörpert durchaus internationale Klasse. Allerdings ist der Franzose etwas verletzungsanfällig und half letzte Saison schon auf dem offensiven Flügel aus, weswegen sich Valencia nach anderen Spielern umsah; einen Ersatz für Mathieu gibt es nämlich auch nicht. Die Suche gestaltete sich zu Beginn gut, man war sich mit Didac Vila einig, doch dieser bestand den medizinischen Test nicht. In dieser Zeit wechselte eine andere Option ebenfalls, nämlich José Angel zu Real Sociedad.

Zwei weitere Wunschspieler scheinen ebenfalls schwer zu bekommen: Siqueira von Granada und Nacho Monreal aus Malaga. Ersterer ist zu teuer, doch bei letzterem könnte eventuell Bewegung in die Sache kommen. Nach der Mathieu-Verletzung und der wirtschaftlichen Krise von Malaga könnte sich ein Transfer schnell abwickeln. Monreal gilt als ausdauernder und schneller Spieler, der offensiv wie defensiv auf einem akzeptablen Niveau spielt. Sollte allerdings aus diesem Wechsel nichts werden, muss Valencia auf mehrere Dinge hoffen: eine schnelle Genesung Mathieus und einen verletzungsfreien Saisonverlauf oder dass jemand unerwartet und adäquat einspringen kann. Hierbei wäre der Neuzugang für den linken offensiven Flügel, Andres Guardado, eine Möglichkeit. Am unrealistischsten scheint ein Durchbruch des 17jährigen Salva Ruiz, der zwar als riesiges Talent gilt, jedoch keine Erfahrung auf höchstem Niveau besitzt. Weitere Kandidaten für die Position des Linksverteidigers scheinen zu teuer, ob nun Tremoulinas oder Emiliano Insua – sollten sie für einen akzeptablen Preis zu haben sein, dürfte Valencia kaum zögern.

Wird Paco Alcacer Opfer oder Profiteur eines dünnen Kaders?

Neben Supertalent Sergio Canales, der nach der Leihe fest verpflichtet wurde und noch an einem Kreuzbandriss laboriert, gibt es mit Paco Alcacer einen weiteren „neuen“ jungen Spieler. Der 18jährige wurde aus der zweiten Mannschaft hochgezogen und gilt mit dem linken Flügel Juan Bernat als eine der Zukunftshoffnungen Valencias. Allerdings könnte der Sprung im falschen Moment gekommen sein: mit Soldado und Jonas besitzt er starke Konkurrenz auf seiner Position. Eine Leihe scheint darum wahrscheinlich, doch dann würde es womöglich an der nötigen Breite auf der Position fehlen. Jonas ist eher ein hängender Stürmer, er ist schnell, trickreich und kommt über das Kombinationsspiel. Somit wäre Soldado der einzige echte Mittelstürmer, der dann aber ohne Ersatz wäre. Aktuell ist er sogar verletzt und fraglich für das Eröffnungsspiel gegen Real Madrid. Damit steht Valencia vor einem Problem: soll Paco für den Notfall gehalten werden oder ist die Zukunft und seine Spielpraxis wichtiger?

Eigentlich war sogar ein neuer Mittelstürmer nach dem Abgang von Aduriz gefragt, doch das restliche Budget wird wohl in einen Linksverteidiger investiert werden. Auch hier äußern sich die Wettbewerbsnachteile im Vergleich mit den zwei großen spanischen Mannschaften. Damit ist die Elf von Pellegrini taktisch ebenso eingeschränkt, denn ein System mit zwei Stürmern kann ebenso wenig praktiziert werden wie eine auf hohe Flanken in den Strafraum ausgerichtete Angriffsspielweise. Einzige (halbwegs) positive Möglichkeit: bei längerer Verletzung Soldados müsste Alcacer, falls er bleibt, fast schon zum Stammspieler avancieren. Wie sich das dann für Valencia im Kollektiv äußert, ist aber eine andere Frage. Im Idealfall wird Alcacer seinem Potenzial frühzeitig gerecht und sorgt für Entlastung im Kader, im schlechtesten Fall steht Valencia ohne effektiven Stürmer da.

Die Konkurrenzsituation auf den offensiven Flügeln

Auf der rechten Seite gestaltet sich der Ablauf relativ einfach und klar. Sofian Feghouli und Pablo Hernandez stehen wie in letztem Jahr in Konkurrenz zueinander. Letzte Saison hatte Feghouli zwanzig Einsätze, Hernandez kam auf deren sechzehn und dieses Jahr dürfte es sich ähnlich gestalten. Es ist niemand neues dazu gekommen und dass Jonathan Viera hier stört, ist zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich.

Viera ist ohnehin ein ungemein interessanter Spieler. Im Dribbling hervorragend, sehr schnell und akzeptabel im Kombinationsspiel kann er beide Flügel und die zentrale offensive Position beackern. Dem 22jährigen fehlt es an der nötigen Defensivarbeit und Effektivität, um ein Spieler von internationalem Format zu werden, das Potenzial ist aber durchaus da. Für die Bank ist er jedenfalls eine Bereicherung und bei passender Entwicklung könnte er auf sämtlichen drei Offensivpositionen im 4-2-3-1 eine Option auf die Stammelf werden.

Voraussichtlich aber auf der linken Seite. Hier kam in der letzten Saison nämlich Jordi Alba am öftesten zum Einsatz (zehn Mal), danach kommt erst Pablo Piatti mit acht Einsätzen. Nun kämpfen vier Spieler um diese Rolle: die Talente Bernat und Piatti sowie die Neuzugänge Guardado und Viera. Gut möglich, dass eine Leihe für Bernat in Anbetracht der Konkurrenz das bessere wäre.

Potenzielle Weltklasse im Mittelfeldzentrum

Zwar ging mit Mehmet Topal ein wichtiger und starker Akteur verloren, doch das die Zentrale kann sich dennoch sehen lassen. Auf der Doppelsechs gibt es mit Tino Costa und Routinier David Albelda zwei gute Ersatzspieler und der erste Anzug mit den Argentiniern Ever Banega und Fernando Gago kann sich auch gegen Topmannschaften sehen lassen. Beide sind defensiv stark und überzeugen im Offensivspiel mit intelligenten und präzisen Pässen sowie guten Dribblings. Banega ist sogar ein Spieler, der sich an guten Tagen mit sämtlichen Konkurrenten auf dieser Position in Europa messen kann. Defensiv bissig mit gutem Stellungsspiel, herausragendes Passspiel und ein tolles Dribbling mit Ballbehauptung auf engstem Raum machen ihn zu einer echten Waffe. Einzig an der Konstanz und der Physis hapert es – letzteres aber nicht auf dem Platz, sondern daneben, zwei Autounfälle kosten ihn nun bereits seit einigen Monaten Spielpraxis und Trainingszeit. Für diese passstarken Spieler gibt es mit Dani Parejo passenden und soliden Ersatz.

Vor dieser außerordentlich gut besetzten Doppelsechs gibt es mit Weltklassetalent Sergio Canales einen weiteren hervorragenden Akteur. Er kann als klassische und moderne Zehn agieren, die seine Mitspieler nicht nur auf dem Flügel als Anspielstation unterstützen, sondern im Sinne des Positionsspiels auch ihre Position übernehmen kann. Jonas und der bereits erwähnte Viera sind gute Ersatzspieler, falls der ehemalige Real-Madrid-Spieler weiterhin von Verletzungspech verfolgt wird.

Die zentrale Innenverteidigung steht, der Rechtsverteidiger ebenso

Mit Vicente Guaita gibt es eine klare Nummer eins, welche mit guten Leistungen den ehemaligen Stammtorwart Diego Alves herausgefangen hat. Letzterer bildet somit eine starke Nummer Zwei. Rechts in der Viererkette dürfte Neuzugang Joao Pereira vor Antonio Barragan gesetzt sein. Pereira war ein Schnäppchen für unter vier Millionen € und gilt als einer der besten portugiesischen Außenverteidiger, vielleicht sogar der beste Rechtsverteidiger Portugals. Er ist extrem offensiv stark und lief in seiner Karriere bereits auf der Position des Flügelstürmers auf. Auch im Dribbling ist er gut und mit seiner überragenden Ausdauer und großen Geschwindigkeit könnte er auf der rechten Außenbahn zu einer der Überraschungen der nächsten Saison in La Liga werden.

Zentral sind Adil Rami und Victor Ruiz gesetzt, deren Ersatz ist Ricardo Costa. Einen vierten Innenverteidiger gibt es nicht, bei Bedarf wird dieser aus dem Mittelfeld oder der zweiten Mannschaft rekrutiert werden müssen – ein Neuzugang auf dieser Position scheint eher unwahrscheinlich, trotz der Abgänge von Maduro und Dealbert.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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