Madrid ohne Modric – Reals Auftritte und Spielweise im Dezember (3)
Spanien 12.Januar.2015 Tobias Robl 1
Eine der entscheidenden Schlüsselfaktoren in der letztjährigen Champions-League-Saison Real Madrids war das eigene Spiel gegen den Ball. Besonders im Gedächtnis sind diesbezüglich die beiden Halbfinalpartien gegen den FC Bayern München, in denen sich die Deutschen die Zähne an Reals Strafraumverteidigung ausbissen. Dazu kamen auch immer wieder Phasen hohen Angriffspressings, das der Mannschaft von Guardiola Probleme bereitete. Dieser Artikel soll zum Abschluss der Serie das Defensivspiel der Spanier in dieser Saison beleuchten und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf das Pressing sowie die Sonderrolle des Portugiesen Cristiano Ronaldos.
Ein 4-5-1 als Grundformation
In der Regel verteidigen die Spanier seit dieser Saison in einer Mischform aus 4-1-4-1- und 4-5-1-Formation im Mittelfeldpressing, in dem Kroos meistens Anschluss an die Mittelfeldkette hält und zunächst auf eine Absicherung des Zwischenlinienraums verzichtet. Das horizontal kompakt agierende zentrale Trio soll Passwege in die Tiefe durch geringe Abstände zueinander sichern. Schafft es der Gegner dann trotzdem aus dem Aufbauspiel heraus dorthin zu gelangen, nutzt Real die Dynamik und individuelle Qualität seiner Verteidiger aus um den Zwischenlinienraum zu verteidigen.
++ Hier wird im Austrian Soccer Board über Real Madrid diskutiert ++
Bale und Ronaldo auf den Flügelpositionen agieren dabei etwas nach vorne geschoben, wobei der Portugiese oftmals deutlich höher steht und im späteren Verlauf gegnerischer Angriffe nicht weiter zurückarbeitet. Durch diese leicht gekesselte Staffelung der Mittelfeldkette sollen Reals Gegner vor allem in der Primera Division verstärkt in die Mitte gelenkt werden. Mit Hilfe der enormen zentralen Kompaktheit, die durch die drei engen Mittelfeldakteure entsteht, drückt Real gegnerische Angriffe von dort aus wieder auf die Flügel und isoliert die meisten Gegner geschickt.
Rückzugsmuster ins 4-4-2 / Vorbereitung des offensiven Umschaltmomentes
Gegen den Ball ist Superstar Cristiano Ronaldo zumindest gegen individuell klar schwächere Gegner von der Defensivarbeit weitestgehend ausgenommen. Er verbleibt dann in höheren Spielfeldzonen, in denen er sich für den Umschaltmoment positioniert. Die Sicherung zentraler Räume, respektive des Sechserraums, übernimmt Benzema.
In der Vergangenheit ergaben sich z.B. in einigen Champions-League-Duellen gegen Borussia Dortmund Probleme, die diese Ausnahmestellung Ronaldos mit sich brachte. So verlagerte der BVB damals oftmals zunächst auf die eigene linke Seite, um ein ballseitiges Verschieben Reals zu provozieren, nur um anschließend den freien Raum hinter Ronaldo anzuvisieren. Reals Mittelfeld hatte hier enorme Probleme, eine Balance aus ballnaher Unterstützung und ballferner Absicherung zu finden, weil Ronaldos Seite oftmals einfach verwaist war.
Um gerade in der Strafraumverteidigung sicherer zu stehen, führt Real nach Überspielen des Pressings nun eine Umformungsbewegung durch, aus der sich eine flache 4-4-2-Defensivanordnung ergibt. Bale rutscht als rechter Flügelspieler in die Mittelfeldkette zurück, sodass der linke Achter auf den Flügel hinter Ronaldo herausschieben kann. Größere Kompaktheit und Stabilität in der sind die Folge.
Im 4-3-2-1 ins Angriffspressing
Im Angriffspressing nutzen die Spanier diese Saison eine 4-3-2-1-Grundformation, die durch ein Aufrücken der Flügelspieler entsteht. Karim Benzema läuft hier bereits die Innenverteidiger an und versucht den Gegner in der Regel auf die eigene rechte Seite zu lenken. Mit den beiden Achtern und Bale gibt es dort dann genügend nachschiebende Akteure, die über einfache Mannorientierungen Zugriff herstellen können.
Diese nachschiebende und letztlich durchgesicherte Art des Pressings hat den Vorteil, dass Bale und Ronaldo zunächst wenig intensive Laufwege haben. Diese entstehen wiederum erst nach der leitenden Phase des Pressings, wenn es darum geht, nachzuschieben. Weil man meistens nach rechts leitet, ist Ronaldo auch hier weitestgehend vom Pressing ausgenommen.
Fazit
Thiago Alcantaras Fehlen in den Champions-League-Duellen der Bayern mit Real dürfte im Nachhinein betrachtet die entscheidende Schwächung für die Deutschen gewesen sein. Ohne ihn gelang es dem FC Bayern kaum, geschickt in Reals Formation zu spielen, um bei den Madrilenen starkes ballseitiges Verschieben auszulösen, auf das man mit Verlagerungen hätte reagieren können. Sowohl im Hin- als auch im Rückspiel gelang es deshalb kaum, die Flügelspieler freizuspielen und über diese zu Torchancen zu kommen, während zugleich die Mitte durch Reals kompakte Strafraumverteidigung verschlossen war.
Ähnliche Probleme haben die Madrilenen durch den Ausfall von Modric. Gegen individuell schwächere Gegner schaffen sie es in der Regel, Mängel im eigenen Ballbesitzspiel und dem Kreieren von Chancen, durch ihre individuelle Qualität auszumerzen. Gerade aber in Spielen, in denen der Gegner sich geschickt anpasst, wie in der Ligapartie gegen den FC Valencia, oder in Partien gegen individuell gute Mannschaften wie Pokalgegner und Stadtrivale Atletico zeigte die Mannschaft darin doch Mängel.
Mit Luka Modric, der als überaus pressingresistent gilt, dürfte das Ballbesitzspiel der Mannschaft wieder eine weitere Facette, nämliche das bewusste Engenspiel hinzubekommen, von dem vor allem die beiden Flügelspieler profitieren werden.
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Tobias Robl
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