Real Madrid und das altbekannte Problem mit Stars und Kontinuität
Spanien 3.September.2014 Sandi Kecanovic 0
Kurz vor der Länderspielpause verliert Real Madrid im Baskenland gegen Real Sociedad mit 2:4. Auch wenn man schon beim Anblick dieses Ergebnisses überrascht ist, überrascht einen der Spielverlauf noch mehr. Nach einer 2:0-Führung verlieren die Königlichen im Anoeta gegen „La Real“ und müssen im Endeffekt eine empfindliche Schlappe einstecken. Doch diese fragwürdige Niederlage des amtierenden Champions-League-Siegers hat Gründe, die in Madrid keine unbekannten sind.
Neue Saison – neue Spieler – neue Findungsphase
Diese sechs Worte spiegeln den Verlauf der Dinge wider, die in Madrid seit Jahren ihren Lauf nehmen. Unter der Führung von Florentino Perez, dem Präsidenten Madrids, wird jedes Jahr mindestens ein Star für viel Geld geholt, der enormes Marktpotenzial hat und somit der Marke Real Madrid hilft, (noch) stärker zu werden. Ein Konzept, welches über die letzten Jahre hinweg auch funktioniert. Nur bleibt die Frage: Steht für den Präsidenten der Merengues damit überhaupt der sportliche Erfolg im Vordergrund, oder nicht? Der Bauerunternehmer verpflichtet zwar Spieler, die dank ihrer Leistung im Rampenlicht der Fanmassen stehen, denkt aber anders und weniger kontinuierlich als viele andere. Die neuen „Galacticos“, von denen in Madrid immer die Rede ist, sind Spieler, die möglichst gut vermarktet werden können und einen Haufen an Geld in die Kassen des Klubs spülen. Als die breite Masse davon sprach, dass Madrid nach dem Bale-Kauf unglaubliche Schulden habe und diese nicht abbezahlen könne, sagte ein Verantwortlicher der spanischen La Liga: „Dieser Klub hat Geld, um sich zwei Bales für 100 Millionen € zu kaufen.“ Mit James Rodriguez kam dieses Jahr ein Spieler, der für knapp 80 Millionen aus Frankreich nach Spanien wechselte.
Sportlicher Erfolg für Perez an Stelle Nummer 1?
Wie oben erwähnt, stellt der Präsident der Königlichen andere Dinge in den Vordergrund. Bestes Beispiel ist Angel Di Maria, vielleicht sogar der beste Mann der letzten Saison bei Real Madrid. Er wechselt zu Manchester United, einem der besten Klubs der englischen Fußballgeschichte, der dieses Jahr jedoch weder in der Champions League, noch in der Europa League vertreten ist. Aus der Sicht des Argentiniers fehlte es an Wertschätzung seitens der Vereinsführung, einschließlich Perez. Schon vor der WM war klar: Di Maria überlegt, den Klub zu verlassen. Während dieser Zeit nahmen die Verantwortlichen keinen konkreten Kontakt mit der früheren Nummer 22 bei Real auf, was seinen Gedanken, den Klub zu verlassen, nur noch unterstrich. Eine Vertragsverlängerung soll dem Argentinier nichts desto trotz angeboten worden sein, zumindest den Aussagen des Trainers Carlo Ancelotti zufolge: „Wir haben alles versucht, um Di Maria zu halten. Es war seine alleinige Entscheidung, den Klub zu verlassen.“ Diese Aussage dementierte Di Maria in seinem Abschiedsbrief an die Fans: „Es war nie meine Absicht diesen Klub zu verlassen. Es wurde vieles gesagt, was nicht der Wahrheit entsprach. Ich habe während der WM auf eine Reaktion der Vereinsführung gewartet, die nie kam.“
Di Maria geht nach Manchester, James kommt nach Madrid. Logisch? Auf den ersten Blick nicht. Vor allem, wenn man die Worte von Carlo Ancelotti liest: „Wir bleiben beim 4-3-3, weil wir mit diesem System schon letztes Jahr sehr gut gespielt haben.“ Real Madrid spielt also mit einem System, in dem es die Lieblingsposition des Neuzugangs aus Kolumbien nicht mal gibt. Der Spielmacher, der vom AS Monaco kam, spielt aufgrund seiner Ablöse unter hohem Druck und muss sich dabei erst auf einer neuen Position zu Recht finden. Die besten Voraussetzungen sind dem Kolumbianer bei seiner Ankunft in Madrid also nicht geboten. Und aus sportlicher Sicht macht dieser „Spielertausch“ auch keinen Sinn, ohne hiermit einen der beiden Spieler als den Besseren zu bezeichnen. Die Zeit wird jedoch zeigen, ob dies der richtige Schachzug der Königlichen war.
Keine leichte Arbeit für Carlo Ancelotti
Nachdem der Italiener das bestmögliche System für die Königlichen fand und damit im ersten Jahr die Copa del Rey und die Champions League gewann, fängt in der neuen Saison alles von vorne an. Xabi Alonso und Di Maria waren in der letzten Saison noch ein fester Bestandteil der Mannschaft, die „La Decima“ holen konnte. Nun sind beide bei anderen Top-Adressen in Europa unter Vertrag. Stattdessen wurden Toni Kroos und James Rodriguez geholt. Zwei Spieler mit riesigen Qualitäten gingen und zwei Spieler mit riesiger Qualität sind nun ein Teil des königlichen Kaders. Nun liegt es am Trainer, die neuen Spieler bestmöglich im 4-3-3 System unterzubringen. Dies wird keine leichte Aufgabe – vor allem wenn man bedenkt, dass James Rodriguez eigentlich die Rolle des Spielmachers am meisten liegt. Die Balance im Mittelfeld muss gefunden werden – so schnell wie möglich, denn: Gerade in Madrid zählt am Ende des Tages nur der Erfolg!
Sandi Kecanovic, abseits.at (in Kooperation mit madridismo.de)
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